
Die Dispozinsen einiger Banken sind immer noch absurd hoch.
Die Stiftung Warentest hat Angebote von 1 241 Banken, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken verglichen. Der Dispozins-Vergleich zeigt: Das allgemeine Niedrigzinsniveau schlägt kaum auf diesen Kreditbereich durch. Im Schnitt liegt der Dispozins bei 9,61 Prozent und damit kaum niedriger als im vergangenen Jahr. Alle Banken veröffentlichen ihren Dispozins mittlerweile im Internet, aber einige machen leider immer noch so unklare Angaben, dass wir sie teilweise für nicht gesetzeskonform halten.
Alle Zinskonditionen seit 2010
Seit 2010 prüft die Stiftung Warentest regelmäßig bundesweit die Höhe der Dispozinsen der Kreditinstitute. Seitdem ist der Durchschnittszins zwar gesunken, aber noch nicht genug. 2020 haben die Experten von Finanztest Konditionen für insgesamt 1 241 Banken, Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken ermittelt – teilweise mit mehreren unterschiedlichen Kontomodellen Dispozinsen und Zinsen für die geduldete Überziehung für alle getesteten Banken. In unserer Datenbank finden Sie die jährliche Entwicklung der Zinskonditionen seit 2010.
Girokonto und Dispozins – das ist unser Rat
Konto überziehen. Der Dispokredit zum Girokonto ist meist der teuerste Kredit der Bank. Sie sollten ihn nur ausnahmsweise und für kurze Zeit in Anspruch nehmen.
Konto wechseln. Wenn Sie für die Kontoführung im Jahr mehr als 60 Euro bezahlen und der Dispozins deutlich über 10 Prozent liegt, sollten Sie einen Kontowechsel erwägen – vorausgesetzt, Sie nehmen den Dispo häufig in Anspruch. Details dazu finden Sie unter Bankwechsel leicht gemacht. Achten Sie auf günstige Kontoführungsgebühren und gut erreichbare Geldautomaten. Beide Angaben finden Sie in unserem Girokonten-Vergleich.
Teures Konto. Für Konten mit besonderem Service versprechen Banken zwar einen niedrigen Dispozins, dafür zahlen Sie aber hohe Kontoführungsgebühren. Oft lohnt ein solches Kontomodell nicht, auch wenn Sie den Dispo häufig nutzen. Unser Vergleich von Girokonten verrät Ihnen, welche Banken günstige Konditionen bieten.
Ratenkredit. Statt Ihren Dispo auf Dauer zu nutzen, nehmen Sie besser einen Ratenkredit auf. Günstige Angebote finden Sie im Vergleich Ratenkredite.
Beurteilungsmaßstab ist der EZB-Leitzins
Ein wichtiger Anhaltspunkt, um die Höhe des Dispozinses zu beurteilen, ist der EZB-Leitzins. Das ist der Zins, zu dem sich Banken bei der Europäischen Zentralbank Geld leihen. Aktuell liegt er bei 0 Prozent. Der Abstand zwischen EZB-Leitzins und Durchschnittsdispo lag vor der Finanzkrise Anfang 2008 bei gut 8 Prozentpunkten. Dann stieg er 2010 auf fast 12 Prozentpunkte. Aktuell liegt der Unterschied immer noch bei knapp 10 Prozentpunkten.
Günstige Zinssätze ab 0 Prozent
Einen Dispozins von 8 Prozent halten wir für noch akzeptabel. Wie der Vergleich zeigt, ist er auch nicht unrealistisch. Flächendeckend haben die Direktbanken die günstigsten Dispozinsen. Bei einigen Banken mit Online-Kontoführung beträgt der Dispo etwa 6 bis 7 Prozent. Zwar gibt es Filialbanken, die dem nahe kommen, aber Kunden sollten prüfen, zu welchem Kontomodell der Zins gehört. Finanztest beobachtet seit einigen Jahren, dass viele Banken spezielle Premiumkonten mit sehr niedrigen Dispozinsen und Extras wie einer goldenen Kreditkarte oder Versicherungen anbieten. Der Haken: Die Kontoführungsgebühr ist so hoch, dass selbst Kunden, die den Dispo regelmäßig nutzen, aufs Jahr gerechnet mehr bezahlen müssen als für ein Standardkonto mit deutlich höherem Dispozins.
Tipp: Die aktuellen Kontoführungsgebühren finden Sie im Vergleich Girokonten.
Zinserhöhung ohne Begründung
Obwohl das allgemeine Zinsniveau gleichbleibend niedrig ist, haben drei Banken ihren Dispozins erhöht. Die PSD Bank Westfalen-Lippe verteuerte bei zwei Kontomodellen den Zins um 1,4 Prozentpunkte: für das GiroClassic von 8,5 auf 9,9 Prozent und für das GiroPremium von 6,5 auf 7,9 Prozent. Die Frankenberger Bank erhöhte um 1,31 Prozentpunkte, die Raiffeisenbank Zorneding sogar um 2 Prozentpunkte.
Wir haben bei den drei Banken nachgefragt, auf welcher Grundlage die Zinssteigerung erfolgte. Nur von der PSD Bank Westfalen-Lippe bekamen wir eine Antwort. Sie hatte ihre Kunden zu Jahresbeginn ordnungsgemäß über eine zum 1. April 2020 wirksame neue Zinsgleitklausel informiert. Darin legen die Banken fest, an welchen Referenzzins sie die Höhe ihres Dispozinses koppeln. Das ist zulässig, auf diese Weise kann aber jede Bindung an einen Referenzwert durch Einhaltung der Kündigungsfrist umgangen werden.
Auch sonst dürfen Banken nicht willkürlich an den Dispozinsen herumschrauben. Seit Juni 2010 ist es Vorschrift, den Dispozins an einen Referenzwert zu koppeln, wenn eine Zinsänderung ohne Benachrichtigung des Kunden wirksam werden soll.
Ein üblicher Referenzwert ist der 3-Monats-Euribor, der Zinssatz, zu dem sich europäische Banken mit sehr guter Kreditwürdigkeit untereinander Geld leihen. Der 3-Monats-Euribor krebst seit Langem auf niedrigstem Niveau herum.
Es gab auch Zinssenkungen
17 Banken haben seit dem 1. Juni 2019 den Dispozins um mehr als 1 Prozentpunkt gesenkt. Spitzenreiter ist die Volksbank Delitzsch, die jetzt 4,95 Prozent verlangt und damit 5 Prozentpunkte weniger als zuvor. Die Volksbank Baden-Baden-Rastatt hat ihren Dispo um 4,5 Prozentpunkte auf jetzt akzeptable 7,8 Prozent gesenkt.
Finanztest erhebt die Dispozinsen deutschlandweit einmal pro Jahr. Kommentare, die vor dem 13. Oktober 2020 gepostet wurden, beziehen sich auf einen früheren Untersuchungsstand.