
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte jeder haben. Doch nicht jeder bekommt einen Vertrag. Da klingt das Versprechen des Berliner Versicherungsvertreters Getsurance verlockend: „In 5 Minuten zu Deiner Berufsunfähigkeitsversicherung“. Das Angebot „Getsurance Job“ gibt es nur online. Es wurde gemeinsam mit dem Liechtensteiner Lebensversicherer Squarelife entwickelt. test.de hat den Versicherungsschutz unter die Lupe genommen.
[Update 28.01.21] Insolvenzplan
Der Versicherer Nürnberger Lebensversicherung AG übernimmt Getsurance im Weg eines Insolvenzplans. Getsurance besteht unter diesem Namen fort. Der laufende Geschäftsbetrieb wird fortgesetzt. Für Bestandskunden ändert sich dadurch nichts. Alle Versicherungsverträge laufen unverändert weiter. Die Kunden werden weiterhin von ihren Ansprechpartnern bei Getsurance betreut. Die Kunden können sich mit ihren Fragen zu den Verträgen auch künftig an ihre Ansprechpartner bei Getsurance wenden.
[Update 27.10.20] Insolvenzantrag
Die Getsurance GmbH hat am 13. Oktober 2020 Insolvenz beantragt. Die Verträge der Kunden mit dem Versicherer sind von der Insolvenz nicht betroffen und Kunden werden weiterhin von Getsurance betreut. Laut Insolvenzverwalter Friedemann Schade von der Kanzlei BRL soll bis Ende 2020 geklärt sein, ob das Unternehmen Getsurance in Zukunft fortgeführt wird. [Ende Update]
Das Angebot: Job Getsurance
Über die Internetseite von Getsurance können Kunden Berufsunfähigkeitsschutz abschließen. Die Getsurance GmbH vermittelt ausschließlich Versicherungen der Squarelife Lebensversicherungs-AG . Drei Angebote stehen zur Auswahl:
- Job Premium: Finanzieller Schutz gegen Berufsunfähigkeit durch Unfälle, körperliche Krankheiten und psychische Krankheiten.
- Job Comfort: Finanzieller Schutz gegen Berufsunfähigkeit durch Unfälle und körperliche Krankheiten; psychische Krankheiten sind ausgeschlossen.
- Job Basic: Schutz nach Unfällen. Das Angebot ist noch nicht verfügbar, Details sind uns nicht bekannt (Stand 28. Juni 2017). Interessenten kommen auf eine Warteliste.
Squarelife ist ein junges Unternehmen aus Liechtenstein, seit 2013 im Versicherungsgeschäft tätig und in Deutschland kaum bekannt.
Das Versprechen: schnell, online
Getsurance fragt zunächst Eckdaten zu Person, beruflicher Tätigkeit und Einkommen ab. Anschließend müssen Kunden einfache Fragen zu ihrer Gesundheit beantworten – etwa zum Grad einer Behinderung oder schweren Erkrankungen. Bei der Frage nach psychischen Vorerkrankungen wird nach Untersuchungen und Beratungen in den zurückliegenden zehn Jahren gefragt. Je nach Gesundheitsstatus bekommen Interessierte dann Versicherungsangebote angezeigt. Entscheiden sich Kunden für ein Angebot, müssen sie weitere Gesundheitsfragen beantworten, etwa ob sie Medikamente oder Drogen nehmen und ob sie bereits stationäre Krankenhausaufenthalte hinter sich haben. Die Befragung wird sofort ausgewertet und die Kunden erhalten umgehend ein Vertragsangebot, das sie per Klick annehmen können.
Die Police kommt per PDF
Im Kleingedruckten erfolgt der Hinweis, dass möglicherweise später zusätzliche Fragen in Textform gestellt werden. Die Identität des Kunden klärt Getsurance anhand des Bankkontos des Interessenten. Die Police wird nicht per Post, sondern als PDF per E-Mail zugeschickt. „Wir arbeiten derzeit an einem Login-Bereich, in dem Kunden ihre Police und andere Dokumente zu ihrer Versicherung anzeigen und herunterladen können“, sagt Dr. Viktor Becher, Mitgründer von Getsurance.
Das sollte eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung leisten
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung bewahrt vor dem finanziellen Absturz, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder nach einem Unfall nicht mehr arbeiten kann. Ein guter Versicherer zahlt die vereinbarte Rente, wenn der Versicherte voraussichtlich für mindestens sechs Monate nicht mehr in der Lage ist, seinen zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent auszuüben.
Guter Berufsunfähigkeitsschutz mit „Job Premium“
Finanztest hat sich die Versicherungsbedingungen des Angebots „Job Premium“ angeschaut. „Die Bedingungen sind relativ gut“, sagt Projektleiterin Beate Bextermöller von Finanztest. „Allerdings müssen Kunden wissen, dass der Versicherer nicht leistet, wenn der Versicherte aufgrund einer gefährlichen Freizeitaktivität wie Bergsteigen, Kampfsport oder Fallschirmspringen berufsunfähig wird.“ Ein 30-Jähriger, der überwiegend im Büro arbeitet, zahlt bis zu seinem 67. Geburtstag rund 945 Euro im Jahr für eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 2 000 Euro. Damit gehört das Angebot zu den günstigeren auf dem Markt. Es geht aber noch preiswerter, wie unser aktueller Test von Berufsunfähigkeitsversicherungen zeigt: Unser fiktiver Interessent könnte einen vergleichbaren Schutz nämlich schon ab 813 Euro im Jahr erhalten, wenn er bei einem sehr guten Versicherer abschließt. Immerhin 31 von 73 Angeboten schnitten bei unserem Test mit Bestnote ab. Das Getsurance- Angebot „Job Premium“ war zum Testzeitpunkt noch nicht auf dem Markt und konnte nicht mitgetestet werden.

© Stiftung Warentest
„Job Comfort“: Für Kunden mit psychischer Vorerkrankung
Es ist sinnvoll, sich schon in jungen Jahren um den Berufsunfähigkeitsschutz zu kümmern. Je gesünder jemand ist, um so einfacher ist es, einen guten Vertrag zu erhalten. Psychische Vorerkrankungen sind regelmäßig eine Hürde für den Vertragsschluss. Schon eine psychologische Beratung in einer Examenskrise kann dazu führen, dass ein Versicherer den Interessenten nicht akzeptiert. Viele Versicherer bieten betroffenen Antragstellern dann zum Beispiel eine Unfallversicherung an, aber keinen Berufsunfähigkeitsschutz. Einige Vermittler empfehlen, in einigen Jahren wiederzukommen. Meistens müssen mindestens fünf Jahre ohne weitere Behandlung vergangen sein, bis ein Vertragsabschluss infrage kommt. Für diese Zielgruppe bietet Getsurance die Variante „Job Comfort“ an. Bei diesem Tarif leistet der Versicherer allerdings nicht, wenn die Berufsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung eintritt. Der Gesetzgeber definiert Berufsunfähigkeit hingegen anders: „Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann“ (§172 Versicherungsvertragsgesetz). Demnach sind alle Krankheiten als Ursache für eine Berufsunfähigkeit anerkannt.
Begriff „Comfort“ weckt falsche Erwartungen
Die Statistik zeigt indes, dass psychische Erkrankungen wie Depression, Angststörung oder Erschöpfungssyndrom die häufigste Ursache für den vorzeitigen Ausstieg aus dem Job sind. „Der Begriff Comfort ist in diesem Kontext leicht irreführend“, sagt Bextermöller. Denn Versicherte haben keinen allumfassenden Berufsunfähigkeitsschutz. Für Interessenten mit psychischer Vorerkrankung, die sonst keinen Schutz erhalten, kann das Angebot dennoch eine Möglichkeit sein, sonstige Invaliditätsrisiken abzusichern. Kunden sollten sich aber im Klaren darüber sein, dass bestimmte Diagnosen, etwa Krebs oder Rückenleiden, unter Umständen dazu führen können, dass der Versicherer nicht leistet – und zwar dann, wenn psychische Erkrankungen als mitursächlich diagnostiziert werden.
Fazit: Guter Berufsunfähigkeitsschutz nicht für jeden
Die Variante „Job Premium“ bietet einen relativ guten Berufsunfähigkeitsschutz. Der Vertragsabschluss kann komplett digital erfolgen. Der Interessent kann sich schnell durchklicken und erhält bei Fragen Hilfestellung. Das Ausfüllen komplizierter Anträge, wie bei Berufsunfähigkeitsversicherungen sonst üblich, entfällt. Die Variante „Job Comfort“ kann für Menschen mit psychischen Vorerkrankungen eine Möglichkeit sein, sonstige Invaliditätsrisiken abzusichern.
Tipp: Holen Sie Angebote von mehreren Versicherern ein. Orientieren Sie sich dabei an den sehr guten Angeboten aus unserem letzten Test von Berufsunfähigkeitsversicherungen. Vergleichen Sie die Angebote und wählen Sie bei gleichem Leistungsumfang das günstigste. Hilfe bei der Vertragssuche bietet unsere Checkliste Berufsunfähigkeitsversicherung. Wer nicht sicher ist, ob er überhaupt eine Berufsunfähigkeits-Police bekommt, findet in unserem Vergleich Berufsunfähigkeitsversicherung viele Infos und Tests, die Alternativen zur Berufsunfähigkeitsversicherung aufzeigen.
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden
Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nachrichten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglichkeit, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen.
-
- Berufsunfähigkeit kann jede und jeden treffen, aus psychischen oder körperlichen Gründen. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt in solchen Fällen eine Rente.
-
- Wer auf sein Arbeitseinkommen angewiesen ist, sollte eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen. Doch nicht jeder bekommt bezahlbaren Schutz. Die Stiftung...
-
- Eine private Krankentagegeldversicherung ersetzt Verdienstausfall bei langer Krankheit. Die Verträge enden in der Regel mit Eintritt einer Berufsunfähigkeit. Wann das...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Hallo, die BU ist nun seit einigen Jahren auf dem Markt. Es steckt nun die Nürnberger dahinter und ein großer Rückversicherer aus den USA. Es wäre toll, wenn ihr ein Update geben könntet. Danke.
Laut Aussage des Anbieters gilt schon die Inanspruchnahme von probatorischen Sitzungen bei einem Psychotherapeuten - etwa um den Bedarf an einer PT anbzuklären - als Ausschlussgrund für die "Option Psyche". Das laut Anbieteraussage auch dann, wenn der PT feststellt, dass KEIN Bedarf an einer Psychotherapie besteht. Das ist äußerst fragwürdig. Man stelle sich vor, man geht zum Zahnarzt und der sagt: "Alles in Ordnung, nur immer schön weiter putzen!" und die Zahnzusatzversicherung nimmt einen dann genau DESWEGEN nicht auf. Verkehrte Welt, aber genau diese Logik wendet der Anbieter hier an...
Kommentar vom Autor gelöscht.
Sehr geehrte Redaktion,
in Ihren Ausführungen sollten Sie m.E. einen Blick hinter die Kulissen walten lassen. Speziell hinsichtlich der Auswahl des Versicherungsträgers.
Neben den Vertragsbedingungen zählt in der Sparte mit erheblichen Prozesskostenquoten auch die Erfahrung, die Geschäftspolitik sowie das Verhalten eines Versicherers im Schadensfall. Die Gesellschaft, welche den Versicherungsschutz anbietet, hat Ihren Sitz in Lichtenstein, betreibt erst seit Ende 2015 Ihr Geschäft und hat noch keinen Gewinn erzielt.
Wir haben schon einige Streitfälle mit Versicherern mit Sitz in Lichtenstein begleitet und vertreten. Freilich ist die Frage des potenziellen Sicherungsschutzes nicht die entscheidene. Das wird durch die Aufsichtsbehörden entsprechend gut überwacht. Bei einer so weitreichenden Versicherung (wie es die Berufsunfähigkeitsversicherung für z.B. Angestellte ist) würden wir keinem Versicherungsnehmer empfehlen, dies in die Hände eines "Start-Ups" zu legen. MFG PZ LL.M. (VersR)
@jonas.forster: Vielen Dank für Ihren Hinweis.(PK)