Gesundes Knie, krankes Knie Die besten Knieschoner

1

Was tut den Knien gut, was schadet, wie sind sie vor Verletzungen und Arthrose zu schützen, wann helfen Operationen? Alle Infos, damit ein nimmermüdes Verschleißteil fit bleibt.

Zu Beginn läuft das größte Gelenk des Menschen wie geschmiert durchs Leben. Ständiges Beugen und Strecken macht ihm gar nichts aus. Knie funktionieren unermüdlich wie eine Maschine. Solange alles gut geht, überwindet der Mensch Treppen im Sauseschritt, springt, hüpft, tanzt und rennt. Wenn das Telefon klingelt, schnellt er vom Sofa in die Höhe – dank elastischer, spannkräftiger Kniegelenke. Viele Menschen auf der Welt sitzen entspannt in der Hocke, um auf den Bus zu warten. Auch diese Position ist für die Knie übrigens eine beachtliche Leistung.

Anfällig für Verschleiß, Verletzungen

Doch unsere Knie sind anfällig für Verletzungen und Verschleiß. Sie müssen deshalb gepflegt und „gewartet“ werden. Insbesondere bei besonderer Beanspruchung im Beruf oder durch (Freizeit-)Sport. Es geht darum, dass die Knie Belastungen möglichst lange „stemmen“ und wir auch noch im Alter schmerzfrei laufen können – ohne dass es im Scharnier hör- und fühlbar knackt.

Leitzentrale ist das Gehirn

Ein Knie ist ein hochkompliziertes Gebilde. Es muss in besonderem Maße Anforderungen an Beweglichkeit und Stabilität genügen. Die einzelnen Strukturen des Drehscharniergelenks müssen perfekt aufein­ander abgestimmt sein. Der aufrechte Stand und Drehungen sind so möglich, Bewegungen werden abgefedert. Erst das Zusammenspiel aller Komponenten macht das Kniegelenk stabil (siehe auch Grafik). Dabei hilft ein fein abgestimmtes Kommunikationssystem, die sensomotorische Steuerung: In und um das Kniegelenk sind Rezeptoren verteilt. Sensoren in den Gelenkkapseln und Muskeln liefern dem Gehirn Informationen über die Positionierung im Raum. Reize werden an das Zentralnervensystem weitergeleitet. Die Leitzentrale Gehirn ist stets über Lastzustand, Überdehnung, Bewegung, Drehung der Kniegelenke informiert. Es kann die Muskulatur dazu bewegen, auf unterschiedliche Anforderungen in geeigneter Weise zu reagieren.

Hohe Belastungen aushalten

Ein Knie muss, je nach Körpergewicht und Aktivität, viel aushalten. Die Kraft, mit der die Kniescheibe auf den Oberschenkelknochen wirkt, kann ein Vielfaches des Körpergewichts überschreiten. Beim Gehen beträgt sie etwa die Hälfte der vorhandenen Kilogramm, beim Treppensteigen bereits nahezu das dreieinhalbfache Gewicht und bei tiefen Kniebeugen mehr als das siebeneinhalbfache. Gewichtheber verdreifachen diese Last noch einmal. Und wer zum Beispiel einen Sprung von einer Mauer wagt, setzt die komplizierte Gelenkkonstruktion einer Last aus, die dem 24-Fachen des Körpergewichts entsprechen kann.

Beine auch mal baumeln lassen

Um eine übermäßige Abnutzung zu verhindern und das Verletzungsrisiko für die Knie zu verringern, lässt sich etwas tun – am besten rechtzeitig durch:

  • Gewichtsabnahme,
  • Bewegung entsprechend dem Motto „Viel bewegen, wenig belasten“,
  • Fördern der Muskelkraft, der muskulären Stabilität der Kniegelenke.

Wer darauf verzichtet, den bestraft das Leben: Übergewicht erhöht den Druck auf den Knorpel. Bereits 3 bis 5 Kilo weniger Gewicht lindern Kniebeschwerden. Dabei kommt es zum Stoffaustausch: Neue Nährstoffe gelangen aus der Gelenkflüssigkeit in den Knorpel, verbrauchte Stoffe gelangen vom Knorpel zur Gelenkflüssigkeit, die sie abtransportiert. Wird der Knorpel unterversorgt, sterben Knorpelzellen ab. Das kann auch bei Bewegungsmangel der Fall sein. Bei Bewegung kommt per Muskelpumpe Gelenkflüssigkeit an den Knorpel und ernährt ihn. Bei Druckbelastung des Kniegelenks und des Knorpels wird er wieder ausgepresst. Ein extremes Negativbeispiel ist das Gewichtheben: Dass Gelenke extremen Belastungen ausgesetzt werden, schadet dem Gelenkknorpel. Er gibt zu viel Flüssigkeit ab, verliert an Elastizität und Festigkeit, wird anfällig für Verletzungen. Nur durch Gelenkflüssigkeit wird er „geschmiert“ und ernährt.

Tipp: Besser ist es, die Beine auch mal baumeln zu lassen. Das tut den Knien gut.

Vorbild ist das Barfußlaufen

„Kniebewusstsein“ fängt schon beim Gehen an. Vorbild ist das Barfußlaufen. Beim Gehen ist es wichtig, die Stöße beim Auftritt über weiche Sohlenmaterialien und eine dämpfende Außensohlenkonstruktion abzuschwächen. Joggingschuhe sollen den Aufprall des Fußes abfedern und durch Stabilität ein zu starkes Einknicken verhindern. „Es gibt neuartige Schuhkonzeptionen, die ein positives Wechselspiel zwischen Körper­belastung und Muskelarbeit provo­zieren. Sowohl das Nervensystem als auch die Muskulatur müssen dann arbeiten, um Gangstabilität sicherzustellen“, so der Essener Biomechaniker Professor Ewald Hennig (siehe „Kniegesund laufen“).

Spezialschuhe als Trainingsgerät können für einen besseren Gang sorgen. Damit soll es möglich sein, gezielt Muskulatur aufzubauen. Auch von Physiotherapeuten eingesetzte Verfahren wie die Spiraldynamik helfen, die richtigen Bewegungsmuster zu erlernen – saubere Bewegungen schonen die Gelenke.

Muskulatur schützt das Knie

Besonders wichtig ist es, die Muskulatur zu kräftigen, die das Kniegelenk umgibt. Starke Muskeln ermöglichen stabile Bewegungsabläufe, bieten somit den besten Gelenkschutz. Das Scharnier wird entlastet. Ein kräftiger Muskelmantel am Knie lindert auch einen bereits vorhandenen Reizzu­stand im Kniegelenk, der möglicherweise Knieschmerzen auslöst. Er kann Knorpelverschleiß verhindern oder abschwächen.

„Eine kräftige und schnell reagierende Oberschenkelmuskulatur kann das Kniegelenk führen und übermäßige Drehbewegungen verhindern“, weiß Professor Joachim Grifka, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Physikalische Therapie und Schmerzmedizin, Orthopädische Uniklinik Regensburg. Wer gut trainiert ist, hat ein geringeres Verletzungs- und Verschleißrisiko. Kniegymnastik hilft: „Die Mus­kulatur soll trainiert, Bewegungsfähigkeit und Koordination verbessert werden“, sagt Professor Grifka, Verfasser des Ratgebers „Die Knieschule“ (rororo, 9,95 Euro).

Übungen gegen das „Wackelknie“

Im Mittelpunkt jeder Vorsorge und Therapie steht die Stabilisierung des Gelenks. Ein wackeliges Kniegelenk beschleunigt die Abnutzung des Knorpels und somit Arthrose. Schon Tanzen, Hüpfen auf einem Minitrampolin, Zähneputzen auf einem Bein, das Ausbalancieren auf der Stufen- oder Bordsteinkante stärkt die Muskulatur rund ums Knie und verbessert ihr Geschick. Auch Übungen auf der Power-Plate, einem Vibrationsfitnessgerät, eignen sich hierfür gut. Moderates Krafttraining, zum Beispiel im Fitnessstudio, eignet sich ebenfalls sehr, die Oberschenkelmuskulatur zu kräftigen (siehe auch Übungen).

100 000 Kreuzbänder reißen im Jahr

Bereits eine unbedachte Drehung aus dem Stand heraus – und ein Knie kann Schaden nehmen. Sogar aus dem Auto auszusteigen, kann mit einem Knieband- oder Kreuz­band­riss enden. Besonderen Belastungen sind die Knie aber im Sport ausgesetzt. Sportliche Aktivitäten fordern ihren Preis, nicht nur bei Profis: Jedes Jahr werden etwa 400 000 Menisken verletzt. Jeder zweite wird operiert. Rund 100 000 Kreuzbänder reißen ganz oder teilweise. Weitere Knieverletzungen wie Bänderzerrungen und Sehnenansatzreizungen kommen hinzu.

Vor allem Freizeitsportler betroffen

Betroffen von Knieschäden sind hauptsächlich Jüngere, vor allem Freizeitsportler. „Riskant fürs Knie sind Sportarten wie Fußball, Mountainbiken, Skifahren, Carven auf Kunstschnee“, so Professor Andreas Imhoff, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Spezielle Orthopädische Chirurgie und Sportmedizin am Münchner Klinikum rechts der Isar. „Vor allem beim Skifahren und Snowboarden vergessen viele Skiläufer, dass vorab ein mehrwöchiges Aufbautraining für die Muskulatur fällig ist.“

Frauen verletzen sich bei gleicher Belastung übrigens schneller als Männer. Ihr Muskelmantel um das Kniegelenk ist nicht so stark, das Gewebe aufgrund weiblicher Hormone insgesamt elastischer.

Verletzungen, Operationsverfahren

Verletzungen können ohne chirurgischen Eingriff ausheilen, zum Beispiel bei Bänderverletzungen. Oft muss aber operiert werden. Was ist zu tun und zu beachten?

Kreuzbandriss. Kreuzbandrisse betreffen meist das vordere Kreuzband. Nach einer Schmerzphase zu Beginn ist das Knie oft schmerzfrei wieder belastbar. So kann ein Riss gelegentlich auch übersehen werden. Tipp: Gehen Sie nach einer Verdrehung des Kniegelenks mit folgender Schwellung stets zum Orthopäden. Im Ernstfall wird meist zur Operation geraten – der Stabilität des Knies zuliebe und wegen Folgeschäden wie Arthrose (siehe „Interview“ und unten Neue Therapie ohne Operation).

Verletzungen der Seitenbänder. Akute Dehnungen und Risse werden meist durch Ruhigstellen des Kniegelenks in einer leichten Kniebeuge behandelt. So heilen die zerrissenen Teile, sodass nach etwa sechs Wochen eine ausreichende Narbe um das Band entsteht und das Kniegelenk wieder zunehmend belastet werden kann.

„Springerknie“. Schmerzhafte Entzündungen von Sehnen und Muskelansätzen im Kniescheibenbereich lassen sich durch eine Dehnung des Oberschenkelmuskels – zum Entspannen der Kniescheibensehne – lindern, ebenso durch entzündungshemmende Medikamente und Enzyme sowie eine Stoßwellentherapie.

Meniskusschäden. Kaputte Knorpelpuffer wurden früher entfernt. In 80 Prozent dieser Fälle entsteht allerdings nach zehn Jahren Arthrose. Unbehandelt führt ein Meniskusschaden aber zum Verschleiß des Gelenkknorpels. Gelöste oder zum Teil gelöste Meniskusteile werden deshalb per Spülung entfernt, verbleibende feste Meniskusanteile (minimalinvasiv) geglättet.

Natürliche und künstliche Implantate

Heute wird versucht, vom Meniskus so viel zu retten wie möglich: Ist der halbmondförmige „Stoßdämpfer“ im Kniegelenk gerissen, wird er zusammengenäht. Bleiben zwei Drittel erhalten, sind kaum Folgeschäden zu befürchten. Fehlt mehr als ein Drittel des Meniskus, muss ein Implantat erwogen werden – entweder eines menschlichen Spenders oder ein künstlicher Meniskus, der in das Kniegelenk transplantiert wird. Spender-Menisken sind allerdings rar und werden oftmals abgestoßen.

Bei den künstlichen Implantaten gibt es zwei Varianten. Zum Beispiel auf Basis von Rinderbindegewebe oder aus Kunststoff. Das schwammartige Fasergeflecht auf Basis von Rinderbindegewebe, das Kollagen-Meniskus-Implantat (CMI), wird während der Kniegelenkspiegelung zugeschnitten und eingepasst. Körpereigene Zellen wandern nach und nach in das Gerüst ein und wandeln sich im Knie zu meniskusartigem Gewebe um. Das CMI ist jedoch oft zu weich und daher langfristig nicht stabil. Es darf nicht zu großen Belastungen ausgesetzt werden. Langzeiterfahrungen zu CMI stehen noch aus.

Das seit dem Sommer 2008 zugelassene Implantat Actifit aus Kunststoff (Polyure­than) wird an die noch vorhandenen Meniskusreste angenäht. Das biologisch abbaubare Implantat liefert eine Matrix, in die Blutgefäße einwachsen können. So bildet sich Gewebe, das einem Meniskus ähnlich ist, was die Heilung beschleunigt. Allerdings gibt es auch zu diesem Implantat noch keine langfristigen Erfahrungen, laut Professor Grifka aber Hinweise auf zum Teil grobe Knorpelzerstörungen. Bei entzünd­lichen und degenerativen Gelenkerkrankungen sind beide Implantate nicht anwendbar. Für alle künstlichen Implantate gilt: Instabilitäten im Knie, zum Beispiel wegen eines Kreuzbandrisses, Fehlstellungen und Knorpelschäden, sollten behoben sein.

Neue Therapie ohne Operation

Es muss aber nicht immer eine Operation sein. Beim Kreuzbandriss zum Beispiel gibt es einen neuen Therapieansatz. Bei der „biologischen Heilung“ (Healing Response) wird auf den Ersatz des Kreuzbandes verzichtet. Entwickelt in den USA, wird sie hierzulande bislang erst von wenigen Orthopäden eingesetzt. Eine erste Studie wurde am Universitätsklinikum Gießen-Marburg durchgeführt: „Wenn bei einem Teilriss mindestens 20 Prozent der Fasern des vorderen Kreuzbandes durchgängig erhalten sind und der wichtige ernährende Schleimhautschlauch ebenfalls zu großen Teilen vorhanden ist, ist das Verfahren grundsätzlich einsetzbar“, direkt nach der Verletzung oder innerhalb der ersten zwei Wochen.

Nervenfasern werden geschont

Bei einer Kniegelenkspiegelung wird das Knochenmark im Ausrissbereich des Kreuzbandes mehrfach eröffnet, Blut und Stammzellen werden freigesetzt. Zwischen Knochen und Kreuzband bildet sich Narbengewebe. Das Kreuzband haftet wieder am Knochen an. Im Unterschied zur Operation werden so Nervenfasern geschont. Für die Einheilung muss das Knie mit einer Schiene für drei Wochen meist in Streckstellung bleiben. „Nach zwei Jahren Erprobung beträgt die Erfolgsrate laut Studie etwa 87 Prozent. Die erfolgreich Behandelten sind nach etwa drei bis sechs Monaten wieder fit“, so Dr. med. Erhan Basad, Leitender Oberarzt, Uniklinik Gießen-Marburg. Bei 13 Prozent der Patienten heilt das Kreuzband nicht an. Dann muss eine Ersatzsehne her.

Nachbehandlung und Aufbautraining

Wichtig sind Nachbehandlung und Aufbautraining. Kurz nach einer Operation folgen Streck- und Beugeübungen. Dabei schützt eine Schiene das Knie und erlaubt eine geführte Bewegung. Ab der dritten Woche kann das Knie voll belastet werden. Nach sechs Wochen ist Radfahren erlaubt, nach drei Monaten Joggen, Stop-und-­go-Bewegungen. Sechs Monate nach dem Eingriff kann auch ein Balltraining wieder beginnen. Aber Geduld muss sein: Es dauert etwa ein Jahr, bis das Kniegelenk nach einer Operation wieder fit ist – wenn man nicht gerade Hochleistungssportler ist.

1

1 Kommentar Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

charlydesue am 09.02.2018 um 07:03 Uhr

Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Schleichwerbung

volleyballworld.de am 27.10.2013 um 11:02 Uhr
sehr lehrreich und gut geschrieben

Danke für diesen tollen Artikel. War sehr hilfreich.
Wir beschäftigen uns auf www.volleyballworld.de auch mit dem Thema Knieschoner und importieren zum Teil auch selbst.