
Allen Versicherten steht eine umfassende, kostenlose Altersvorsorgeberatung zu. 80 Tester haben sie genutzt. Das Ergebnis überzeugt uns nicht. Trotzdem sollte jeder den Termin wahrnehmen.
Um zu verstehen, dass es sich bei der gesetzlichen Rentenversicherung um eine wahre Superbehörde handelt, reicht ein kurzer Blick auf die Zahlen: 55 Millionen Versicherte, außerdem 21 Millionen Rentner, 26 Millionen Renten, die gezahlt werden. Einnahmen im Jahr 2018: 312 Milliarden Euro, Ausgaben: 308 Milliarden Euro. Für die meisten Menschen in Deutschland ist die gesetzliche Rente nach wie vor das Rückgrat ihrer Altersversorgung.
Dass ein solcher Gigant seinen Versicherten in den deutschlandweit 163 Auskunfts- und Beratungsstellen eine optimale Beratung bietet – eine Selbstverständlichkeit. Dachten wir. Aber die Testpersonen, die wir zwischen Januar und Juli 2019 losschickten, um sich zum Stand ihrer Altersvorsorge beraten zu lassen, zeichnen ein anderes Bild. Bei der Beratung hakt es an vielen Ecken und Enden.
Unser Rat
- Das Beste draus machen.
- Die Altersvorsorgeberatung bei der Deutschen Rentenversicherung läuft nicht immer optimal. Nutzen Sie sie trotzdem. Mit guter Vorbereitung können Sie Defizite ausgleichen und erhalten einen Überblick über Alterseinkünfte und Abzüge. Wie es geht, zeigt unser Rentencheck in 7 Schritten
Beratung insgesamt schwach
Schon die Einzelanalyse der Altersansprüche – gesetzliche, betriebliche und private – lief eher durchwachsen. Sie ist der erste Schritt, wenn man eine Rentenlücke entdecken will. Beim Ermitteln der Gesamtalterseinkünfte und mit Ratschlägen zum Ausbau der Altersvorsorge halfen die Mitarbeiter der Beratungsstellen unseren Testern dann viel zu selten weiter. Besser als mangelhaft konnten wir die Rentenversicherung in diesen Punkten deshalb nicht bewerten.
In der Gesamtwertung konnte sich die Behörde noch auf ein Ausreichend retten. Es waren vor allem die Informationen zur gesetzlichen Rente selbst und das Erkunden der gesetzlichen Anwartschaften, die akzeptabel waren. Aber der Reihe nach.
Tester bei der Deutschen Rentenversicherung
Im Auftrag von Finanztest ließen sich 80 Tester zwischen Januar und Juli 2019 in den Beratungs- und Auskunftsstellen der Deutschen Rentenversicherung beraten. Sie wollten wissen, wie hoch ihre Renten später ausfallen und wie sie diese erhöhen können.
Anbieter |
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Deutsche Rentenversicherung |
AUSREICHEND (3,8) |
Teilbewertungen |
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Erkunden der Rentenansprüche (30 %) |
BEFRIEDIGEND (3,5) |
Gesetzliche Rente |
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Zusätzliche Altersvorsorge |
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Information und Auskünfte über Altersrenten (30 %) |
BEFRIEDIGEND (3,4) |
Über gesetzliche Renten |
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Über zusätzliche Altersvorsorge |
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Lösen des Beratungsanliegens (25 %) |
MANGELHAFT (4,7) |
Ermitteln der Alterseinkünfte |
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Ausbau der Altersvorsorge |
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Gesprächsverlauf (15 %) |
AUSREICHEND (3,6) |
Terminvereinbarung |
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Gesprächsbeginn |
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Gesprächsabschluss |
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Bewertung:
= Sehr gut (0,5–1,5).
= Gut (1,6–2,5).
= Befriedigend (2,6–3,5).
= Ausreichend (3,6–4,5).
= Mangelhaft (4,6–5,5).
Riester, Rürup & Co.: Rat dringend nötig
Um ihren Lebensstandard im Alter zu sichern, müssen die Menschen in Deutschland ihre Altersvorsorge zunehmend selbst in die Hand nehmen. Neben der gesetzlichen Rente sollen sie möglichst betriebliche und private Rentenanwartschaften aufbauen. So möchte es der Gesetzgeber. Die Vielzahl unterschiedlicher Ansprüche erschwert aber den Überblick über das spätere Renteneinkommen. Beim Einschätzen, ob beispielsweise ein Flickenteppich aus 28 Jahren gesetzlicher Rente, mehreren kleinen betrieblichen Anwartschaften, Ansprüchen aus einem stillgelegten Riester-Vertrag und einer Fondspolice irgendwann nach Abzug von Sozialabgaben und Steuern einmal reichen wird, kann man Rentenprofis an der Seite gut gebrauchen.
Und dafür sind die Mitarbeiter der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig. Auch das sieht der Gesetzgeber vor.
Rechtsanspruch für alle
Alle Versicherten haben den Anspruch, sich von ihnen kostenlos und umfassend – also über alle Vorsorgeformen hinweg – beraten zu lassen (Rentencheck in 7 Schritten). Versicherte sollen so die Möglichkeit bekommen, ihr späteres Gesamtrenteneinkommen einzuschätzen und Auskünfte zu erhalten, wie sie darüber hinaus für ihr Alter vorsorgen könnten. Wir wollten also wissen: Klappt das? Wir haben 80 Frauen und Männer zu Beratungsgesprächen geschickt, um sich umfassend zu ihrer Altersvorsorge beraten zu lassen.
Die Deutsche Rentenversicherung setzt sich aus 16 Trägern zusammen, beispielsweise der Deutschen Rentenversicherung Schwaben oder Hessen. Sie sind für die Auskunfts- und Beratungsstellen in ihrer Region zuständig. Pro Träger vereinbarten jeweils fünf Testpersonen, die Finanztest zuvor geschult hatte, eine Altersvorsorgeberatung in unterschiedlichen Beratungsstellen. Dort fragten unsere Tester, wie hoch ihre Altersrenten voraussichtlich sein werden.
Zudem wollten sie wissen, was sie tun könnten, um das Renteneinkommen zu erhöhen, sodass sie ihren Lebensstandard im Alter halten können.
Sie brachten alle relevanten Unterlagen wie Renteninformationen und Standmitteilungen über private oder betriebliche Anwartschaften zum Gespräch mit.
Zum Teil sehr lange Wartezeiten
Schon die Terminvereinbarung war teilweise schwierig. Bei etwas mehr als der Hälfte der Tester verlief sie aber reibungslos.
Neben kleineren Mankos – etwa 16 Mal bliebt die Buchungsbestätigung aus – nervten lange Wartezeiten.
In einer Beratungsstelle in Rheinland-Pfalz musste unser Tester zum Beispiel mehr als vier Monate auf seinen Beratungstermin warten und, obwohl er ausdrücklich eine Altersvorsorgeberatung gebucht hatte, teilte ihm die Beratungsstelle im Vorfeld mit, dass es doch ein Termin ohne Altersvorsorgeberatung sei.
In einer Stadt im Bundesland Brandenburg forderte ein Berater unseren Tester zunächst auf, sich an die Beratungsstellen anderer Städte zu wenden. Als er sagte, diese seien zu weit entfernt, forderte der Brandenburger Berater unseren Tester auf, selbst zu organisieren, dass ein Berater aus einer anderen Stadt in seine Beratungsstelle komme. Darum bemühte sich unser Tester sogar, aber ohne Erfolg.
Die Beratungsstellen der Träger Baden-Württemberg, Mitteldeutschland, Bayern Süd und Braunschweig-Hannover schnitten bei der Terminvereinbarung am besten ab, Schlusslichter waren Saarland und Oldenburg-Bremen.

Gesamtüberblick mangelhaft
Solange es sich um Information und Prüfung der gesetzlichen Rente handelte, war die eigentliche Beratung immerhin befriedigend. Wege heraus aus einer eventuellen Rentenlücke zeigten die Berater unseren Testern aber kaum. Das dafür nötige Ermitteln der gesamten Alterseinkünfte und der Rat zum Ausbau der Altersvorsorge waren ein Reinfall. Einige Beispiele zeigen, warum. In 80 Beratungen bei der gesetzlichen Rentenversicherung
- bezogen nur 15 Berater alle Rentenanwartschaften mit in die Analyse ein,
- benutzten nur 15 Berater für die systematische Erfassung der Rentenanwartschaften einen Analysebogen (siehe Anhang Artikel-PDF) und gaben ihn den Testern mit nach Hause,
- sprachen nur 14 Berater überhaupt das Thema Rentenlücke an.
Über alle Prüfpunkte hinweg zeigten sich wieder teils deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Rentenversicherungsträgern. Vorne lagen Baden-Württemberg, Nordbayern und Bayern Süd. Die Schlusslichter bildeten Rheinland, Westfalen, Oldenburg-Bremen und Mitteldeutschland.
Beratung sollte überall gut sein
Versicherte brauchen überall eine gute Beratung von der Rentenversicherung. Denn Alternativen gibt es kaum. Versicherer oder Banken sind nicht unabhängig und können allenfalls flankierend Rat geben. Sie kennen sich selten detailliert mit der gesetzlichen Rente aus. Das gilt auch für unabhängige Finanzberater. Gerichtlich registrierte, unabhängige Rentenberater sind zwar fit bei der gesetzlichen Rente. Für ihren Rat müssen Versicherte teils aber tief in die Tasche greifen.
Ein Riesenfortschritt wäre die von Rentenexperten lange geforderte Onlineplattform, auf der Versicherte alle Ansprüche abrufen können. Das Bundessozialministerium erarbeitet derzeit einen Gesetzentwurf dafür. Individuelle Beratung ersetzt diese aber nicht.
Es bleibt nur eins: Die Deutsche Rentenversicherung muss besser werden.
Die Beratungsqualität der einzelnen Rentenversicherungsträger ist unterschiedlich. Wer kann, geht nach Nordbayern oder Baden-Württemberg.
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bei der DRV in Berlin Wilmersdorf gute Erfahrungen gemacht. Mein Versicherungskonto war bereits seit Jahren geklärt, die Antragstellung verlief dementsprechend schnell und unproblematisch. Aus meiner Sicht kein ernsthafter Grund zur Beschwerde. Das Terminmanagement könnte besser sein, trotz vorab vereinbarten Termins sollte man sich auf Wartezeit einstellen.
@ronaldo59: Bitte klicken Sie auf "Heftartikel als PDF" und laden Sie sich die PDF zu diesem Artikel aus Finanztest 10/2019 herunter. Den Erfassungsbogen finden Sie in der PDF zum Artikel ganz am Ende. (TK)
wo finde ich den Erfassungsbogen zum Rentenantrag?
Meine Termin zur Rentenberatung bei der DRV in Mainz war sehr gut. Ich hatte mich gut vorbereitet. Ich hatte die Kontenklärung schon vor Jahren abgeschlossen und meine Unterlagen dabei. Der Berater hat alle meine Fragen beantwortet und auf weitere wichtige Punkte hingewiesen und erläutert.
Leider kann ich das Testergebnis nur bestätigen. Unser Termin bestand vor allem aus dem Vorlesen der Rentenauskunft durch den “Berater“. Fragen zur privaten Altersvorsorge (z.B. wie der Auszahlungsbetrag der Direktversicherung durch die Krankenkassenbeiträge gemindert wird) konnte er nicht beantworten und verwies auf die Krankenkasse.