Arbeiten im Ruhestand wird immer häufiger. Doch brutto für netto – das war einmal: Frührentner mit Minijob müssen neuerdings Rentenbeiträge zahlen. Sie können sich allerdings befreien lassen. Finanztest erklärt, wie Rentner die neuen Regeln nutzen.
Schluss mit „brutto für netto“

Im Jahr 2005 besserten rund 698 000 Ruheständler ab 65 Jahren ihre Rente mit einem Minijob-Gehalt auf. Im Jahr 2015 waren es schon 943 000. Und die Menschen, die vor dem 65. Geburtstag in Frührente gegangen sind und in einem Minijob arbeiten, sind da noch gar nicht mitgezählt. 450-Euro-Jobs sind bei Rentnern so beliebt, weil der Lohn bisher ohne Abzüge, also brutto für netto, ausgezahlt wurde. Seit Januar 2017 gilt jedoch das Flexi-Renten-Gesetz. Nun sind Minijobber rentenversicherungspflichtig. Das bedeutet: Wer nicht aktiv wird, bekommt nicht die vollen 450 Euro überwiesen.
Befreiung von der Rentenversicherungspflicht beantragen
Wer einen gewerblichen Minijob ausübt, etwa als Küchenhilfe in einem Restaurant, bekommt 16,65 Euro von seinen 450 Euro abgezogen. Bei einem Minijob in einem privaten Haushalt sind es sogar 61,65 Euro pro Monat. Minijobber, die die Rentenabzüge vermeiden wollen, müssen die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht bei ihrem Arbeitgeber beantragen (siehe Unser Rat). Nicht aktiv werden müssen Frührentner, wenn sie ihren Minijob vor 2017 begonnen haben. Damals galt für sie noch keine Rentenversicherungspflicht. Sie genießen Bestandsschutz.
Minijob erhöht die Rente im Alter
Lässt sich ein Frührentner mit Minijob nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien, erhöhen seine Beiträge zwar die Rente. Dieses Rentenplus ist aber sehr klein.
Beispiel: Ein Frührentner arbeitet ein Jahr lang in einem gewerblicher Minijob. In einem Jahr zahlt er 199,80 Euro in die Rentenkasse ein (12 × 16,65 Euro). Diese Beiträge erhöhen die Altersrente, die er ab Erreichen seiner Regelaltersgrenze bis zu seinem Tod erhält, um 89 Cent pro Monat. Erst nach rund 19 Jahren hat er also seine Rentenbeiträge heraus.
Rentenplus bei Minijob in Altersrente
Lohnender sind eigene Renteneinzahlungen für Minijobber, sobald sie ihre Regelaltersgrenze erreicht haben. Diese Grenze ist das Alter, in dem Arbeitnehmer regulär in Rente gehen. Früher lag sie bei 65 Jahren. Bei 1964 und später Geborenen beträgt sie 67 Jahre. Sobald ein Frührentner dieses Datum erreicht hat, ist er in seinem Minijob rentenversicherungsfrei. Er bekommt den 450-Euro-Lohn also voll ausgezahlt. Abgesehen von den üblichen Rentenanpassungen verändert sich die Höhe seiner Rente dann nicht mehr. Handeln müssen nur diejenigen Altersrentner, die freiwillig in die Rentenkasse einzahlen wollen (siehe Unser Rat). Die 199,80 Euro Rentenbeiträge für ein Jahr Minijob (450 Euro) bewirken dann ein Rentenplus von 4,92 Euro pro Monat. Diese Einzahlungen hat der Rentner nach drei Jahren und fünf Monaten heraus. Ob er das will, muss jeder für sich selbst entscheiden.
Neue Regeln für Hinzuverdienst
Das Flexi-Renten-Gesetz ändert auch die Hinzuverdienstregeln für Rentner. Für Minijobber hat das aber kaum Auswirkungen. Ab Juli 2017 dürfen Frührentner pro Kalenderjahr ohne Anrechnung auf die Rente 6 300 Euro brutto hinzuverdienen. Die Höhe des Monatslohns spielt keine Rolle mehr. Wer etwa ab Oktober 2017 in Frührente geht, kann in den drei restlichen Monaten des Jahres monatlich 2 100 Euro brutto hinzuverdienen.
Minijobber dürfen maximal 5 400 Euro pro Jahr verdienen
Für Minijobber gelten aber eigene Lohngrenzen. Wer das Privileg „450 Euro brutto für netto“ behalten will, darf wirklich nicht mehr als 450 Euro pro Monat verdienen, maximal 5 400 Euro pro Jahr. Wer mehr als 5 400 Euro, aber weniger als 6 300 Euro bekommt, erhält zwar die Rente ungekürzt, muss aber von seinem Minijob-Lohn Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung abführen.
Wann die höhere Hinzuverdienstgrenze etwas bringt
Von der 900 Euro höheren Hinzuverdienstgrenze profitieren Frührentner mit Minijob nur in Ausnahmefällen: Wird der Kollege eines Minijobbers zum Beispiel unerwartet für vier Wochen krank und kompensiert der Minijobber den Ausfall durch Mehrarbeit, ist sein Mehrverdienst über den 5 400 Euro nach den Minijob-Regeln ausnahmsweise nicht nachteilig. Und solange der Rentner unter 6 300 Euro bleibt, wird auch seine Rente voll ausgezahlt.
Das bringt ein 450-Euro-Job für die Rente
Rentner |
Beginn des Minijobs |
Grundregel für Minijobber |
Plus bei Monatsaltersrente durch ein Jahr 450-Euro-Job |
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Ohne eigene Einzahlungen |
Mit eigenen Einzahlungen |
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Frührentner mit Altersrente vor Erreichender Regelaltersgrenze |
Ab 2017 |
Rentenversicherungspflicht; Minijobber bekommt automatisch vom 450-Euro-Gehalt Beiträge abgezogen. Wer das nicht will, muss Antrag auf Befreiung stellen. |
3,62 Euro |
4,51 Euro |
Vor 2017 |
Rentenversicherungsfrei; wer den vor 2017 begonnenen Job heute noch ausübt, erhält Minijob-Lohn ohne Abzüge. Wer freiwillig Beiträge einzahlen will, um die Rente leicht zu erhöhen, kann Verzicht auf Freiheit beantragen. |
3,62 Euro |
4,51 Euro |
|
Altersrentner nach Erreichen der Regelaltersgrenze (normale Rente ab 65 bis 67 ohne Abschläge) |
Unerheblich |
Rentenversicherungsfrei; Minijobber kann auf Freiheit verzichten. Erst die Einzahlung eigener Beiträge führt dazu, dass auch die Arbeitgeberbeiträge rentenerhöhend wirken. |
– |
4,92 Euro |
Quelle der Berechnungen: Deutsche Rentenversicherung |
Ehrenamt und Trainerarbeit lohnen
Ehrenamtlich oder als Übungsleiter können Frührentner mit Minijob unbesorgt hinzuverdienen. Einnahmen aus diesen Tätigkeiten werden auf die Rente und bei der Minijob-Lohngrenze nicht angerechnet. Bis zu 2 400 Euro pro Jahr dürfen sie etwa als Sporttrainer oder Betreuer zusätzlich anrechnungsfrei hinzuverdienen. Auch Lohn für ein Ehrenamt etwa als Vereinsvorstand oder Platzwart bleibt bis 720 Euro pro Jahr anrechnungs- und steuerfrei.
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@nicolo15: Nein, nach Informationen der Deutschen Rentenversicherung hat jemand keinen Anspruch auf Reha-Maßnahmen gegenüber der Deutschen Rentenversicherung mehr, sobald er eine Altersrente (mindestens zwei Drittel der Vollrente) bezieht oder beantragt hat. (Quelle: http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Inhalt/2_Rente_Reha/02_reha/02_leistungen/allgemeines/ausschlussgruende.html) (PK)
Erwerbe ich als Renter(Frührenter) durch die Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen in einem Minijob auch Ansprüche auf Leistungen zur Rehabilitation in der Rentenversicherung?
@Stiftung Warentest
Vielen Dank für die Klarstellung. Problem erkannt und meine Behauptung zurückgezogen. Diese wichtige Kleinigkeit hatte ich übersehen.
Vielleicht sollte man dann nur noch darauf hinweisen, dass eine Zahlung des Eigenanteils VOR Erreichen der Regelaltersrente sich bei Beziehern einer Hinterbliebenenrente aber dennoch als sinnvoll erweisen könnte, da sich dann u.U. durch den Pauschalabzug bei der Einkommensanrechnung ein geringeres anzurechnendes Einkommen ergeben kann (sofern man natürlich durch eigene Rente und Minijob über dem Freibetrag liegt).
@acme76: Mit dem Flexirentengesetz hat sich etwas Entscheidendes geändert. Bislang galt für die Zeit VOR Erreichen der Regelaltersgrenze: Der Arbeitgeber musste den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung zwar zahlen, der Beitrag wirkte sich aber nicht rentenerhöhend aus, solange nur der Arbeitgeber Beiträge zahlte. Das ist seit dem 1. Januar 2017 anders, nun gilt VOR Erreichen der Regelaltersgrenze: Selbst wenn der Minijobber nichts einzahlt, erhöht allein der Arbeitgeber Beitrag bei einem 450-Euro-Job die Rente um 3,62 Euro pro Monat. Wenn sich der Frührentner entscheidet, auch Beiträge zu zahlen, steigt dieses Rentenplus um weitere 89 Cent pro Monat (auf insgesamt 4,51 Euro). Den jährlichen Rentenbeitragszahlungen eines Minijobbers (12 mal 16,65 Euro = 199,80) stehen also nicht die gesamten 4,51 Euro pro Rentenmonat gegenüber (denn 3,61 Euro davon bekommt er ja sowieso, auch wenn er selbst nichts einzahlt), sondern nur die 89 Cent. Und stellt man die Jahreszahlung des Minijobbers in Höhe von 199,80 dem Rentenplus gegenüber, hat er seine Einzahlungen nach 18,7 Rentenjahren wieder raus. NACH Erreichen der Regelaltersgrenze gilt etwas anderes: ohne die Einzahlung des Rentners wirken die Arbeitgeberbeiträge nicht rentenerhöhend. Entscheidet sich der Rentner nun pro Monat 16,65 Euro Rentenbeiträge zu zahlen, werden damit auch die Arbeitgeberbeiträge rentenwirksam. Aus Perspektive des Minijobbers gilt also: im ersten Fall führen seine 16,65 Euro Rentenbeiträge pro Monat "nur" zu einem Plus von 89 Cent, im zweiten Fall bewirken die 16,65 Euro einen monatliches Rentenplus von (zusammen) 4,92 Euro (ohne seine Einzahlungen würde sich die Rente gar nicht erhöhen, auch nicht um 3,61 €!). Deswegen ist die Einzahlung in die Rentenkasse für Minijobber nach Erreichen der Regelaltersgrenze finanziell lukrativer als vor Erreichen dieser Grenze. (Der Grund dafür, dass das Rentenplus nach Erreichen des Regelaltersgrenze 4,92 Euro und nicht nur 4,51 Euro beträgt, liegt in der von Ihnen beschriebenen 0,5-Prozent-Steigerung nach Erreichen der Regelaltersgrenze). Die im Artikel genannten Zahlen sind mit der Rentenversicherung abgestimmt. Einen Fachaufsatz zum Thema finden Sie hier: http://www.weitblick-heidelberg.igm.de/downloads/artikel/attachments/ARTID_81868_HkbeJP?name=flexirentengesetz.pdf ; die relevanten Informationen stehen dort auf Seite 7, Buchstabe d) (dda)
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