
Jede Erwerbsbiografie ist ein Lebenslauf, der Geld bringt.
Wer Lücken im Versicherungsverlauf findet und rechtzeitig Belege einreicht, hat die Chance auf mehr Rente. Doch wie sind die Informationen des Rentenversicherers zu verstehen? Was zählt wie für die Rente? Und was sind eigentlich Entgeltpunkte? Die Altersvorsorge-Experten der Stiftung Warentest erklären, wie Sie Ihren Rentenverlauf lesen und worauf Sie achten müssen, wenn Sie Rentenzeiten nachweisen möchten.
Renteninformation: Wie oft kommt sie, was steht drin?
Jedes Jahr liegt die kurze Renteninformation der Deutschen Rentenversicherung (DRV) im Briefkasten. Sie sagt, wann die Rente beginnt und wie hoch sie voraussichtlich in drei Fällen sein wird: bei Erwerbsminderung, wenn die Person ab sofort nicht mehr verdient, und wenn sie bis zum Renteneintritt verdient, wie in den fünf Jahren zuvor.
Einkommen wird zu Entgeltpunkten
Die Rentenhöhe hängt im Wesentlichen von der Höhe des beitragspflichtigen Einkommen ab. Dies wird in Entgeltpunkte umgerechnet. Doch auch Zeiten ohne Verdienst können sich auf die Rente auswirken. Jeder Monat zählt – vor allem für jene, die wenig gearbeitet haben. Für den Anspruch auf die reguläre Altersrente zum Beispiel müssen mindestens fünf Beitragsjahre auf dem Konto stehen. Auch für andere lohnt es sich, nach Lücken im Versicherungsverlauf zu schauen.
Wann bekommen Sie eine Versicherungsverlauf zugeschickt?
Dieser Versicherungsverlauf und die Renteninformation werden erstmals verschickt, sobald Versicherte fünf Jahre lang Beiträge gezahlt haben und mindestens 27 Jahre alt sind. Der Verlauf kommt dann erst wieder mit 43 Jahren – und ab 55 alle drei Jahre mit der ausführlicheren Rentenauskunft. Man kann ihn unter Angabe der Sozialversicherungsnummer telefonisch bei der DRV bestellen oder mit einigem technischen Aufwand online einsehen. Im Verlauf steht chronologisch, wer die Daten gemeldet hat, Zeitraum, Höhe der Bezüge und der Status. Was sich hinter Abkürzungen verbirgt und wo welche Informationen stehen, erklären wir am Beispiel unten.
So lesen Sie Ihren Versicherungsverlauf

Unsere Bildergalerie zeigt, wie die Informationen Ihres Rentenversicherers zu verstehen sind.

1. Beschäftigung. Arbeitszeiten und Bruttoverdienst werden vom Arbeitgeber gemeldet. Dafür stehen die Kürzel SVN, DEÜV, DÜVO oder SVA.

2. Freiwillige Beiträge. Wer nicht pflichtversichert ist, kann freiwillige Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen. BEVO steht für bargeldlose Einzahlung. Der Betrag ergibt einen Beitragswert, aus dem die Entgeltpunkte errechnet werden.

3. Arbeitslosigkeit. Wird angerechnet, wenn bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Bei Arbeitslosengeld zahlt sie die Beiträge. Gibt es eine Sperrfrist, zählt diese „Überbrückungszeit“ nicht für die Rente.

4. Berufliche Ausbildung. Es gibt zusätzliche Entgeltpunkte auf den Verdienst. Die Zeit muss als berufliche Ausbildung im Verlauf genannt sein. Beleg: Lehrvertrag.

5. Schule und Studium. Bis zu acht Jahre zählen für bestimmte Versicherungszeiten. Auch ein Studium im Ausland gilt. Muss belegt werden.

6. Kindererziehung. Für die ersten 36 Monate nach der Geburt des Kindes gibt es pro Jahr rund einen Entgeltpunkt. Verdient die Mutter in der Zeit aber zu viel, hat sie nichts von diesen Punkten.

7. Krank. Ist der Versicherte länger als sechs Wochen krank, zahlt die Krankenkasse Krankengeld und Versicherungsbeiträge. Die Zeit wird angerechnet.
Kontenklärung: Was zählt wie für die Rente?
Wer noch Belege über nicht im Verlauf gespeicherte Zeiten hat, reicht sie mit dem Antrag auf Klärung des Versicherungsverlaufs (als Download) bei der Rentenversicherung ein.
„Nicht zu lange warten“
„Mit der Kontenklärung sollte man nicht zu lange warten“, sagt DRV-Experte Dirk Manthey. „Einige Dokumente sind Jahrzehnte später nur noch schwer zu beschaffen.“ Welche Zeiten sich wie auswirken, hängt von der Gesamtversicherungszeit ab. Bei Berufsausbildung, bezahlten Praktika, die vor und nach dem Studium vorgeschrieben sind, sowie Beschäftigung meldet der Arbeitgeber Zeiten und Verdienst – ebenso bei Minijobs. Ändern lassen sich Angaben nur mit Gehaltsabrechnungen. Selbstständige, die sich versichert haben, erhalten jährlich eine Beitragsbescheinigung.
Wenn Sie im Ausland arbeiten
Wer im EU-Ausland oder einem Land mit Sozialversicherungsabkommen arbeitet und nicht in die deutsche Rentenkasse einzahlt, reicht die Belege über die dortige Beschäftigung mit der Kontenklärung ein.
Schule und Studium
Zu den Zeiten, die angerechnet werden, aber selbst nachgewiesen werden müssen, gehört der Schulbesuch. Er zählt ab dem Alter von 17 Jahren. Beleg: Abschlusszeugnis. Angerechnet wird auch die Suche nach einem Ausbildungsplatz – und zwar ab einem Monat. Dafür braucht man den Bescheid „ausbildungsplatzsuchend“ der Bundesarbeitsagentur. Zwischen Schule und Studium oder Lehre werden bis zu vier Monate Übergangszeit angerechnet. Fachhochschul- oder Universitätsstudium belegen Studienbuch oder Immatrikulations- und Exmatrikulationsbescheinigungen. Bei Abschluss ist das Abschlusszeugnis nötig.
Kindererziehungszeiten
Kindererziehungszeiten wirken sich auf zweierlei Weise auf die Rente aus:
Zum einen erhält die Mutter ab dem Folgemonat der Geburt drei Jahre jeweils rund einen Entgeltpunkt – und zwar zusätzlich zu Entgeltpunkten aus einem Job. Hier gibt es aber eine Höchstgrenze: insgesamt werden ihr pro Jahr nicht mehr als zwei Entgeltpunkte gutgeschrieben. Die Geburt wird automatisch gemeldet, trotzdem sind die Kindererziehungszeiten bei der DRV zu beantragen. Auf Antrag erhalten statt der Mutter der Vater oder Verwandte die Kindererziehungszeiten. Auch für weitere Kinder gibt es jeweils die volle Kindererziehungszeit. Wer sein Kind im Ausland erzieht und nicht in die deutsche Rentenkasse einzahlt, erhält nur im Ausnahmefall Rentenpunkte.
Zum anderen wird der Mutter oder der Erziehungsperson die Zeit von der Geburt des ältesten Kindes bis zum zehnten Geburtstag des jüngsten Kindes auf die Versicherungszeit angerechnet. Beleg: Geburtsurkunde. Diese Berücksichtigungszeit steht am Ende des Verlaufs.
Wehrdienst, FSJ/FÖJ, Bufdi, Krankheit
Auch für Wehrdienst, ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr und Bundesfreiwilligendienst werden Beiträge gezahlt und diese automatisch gemeldet. Von Krankenkassen kommen Zeiten und Beiträge für Menschen, die krank sind und Krankengeld erhalten.
Arbeitslosigkeit
Zeiten der Arbeitslosigkeit meldet die Agentur für Arbeit. Bei Arbeitslosengeld fließen Rentenversicherungsbeiträge. Nachweis: Arbeitslosenmeldung. Zahlt die Rentenversicherung Übergangsgeld für Reha oder berufliche Wiedereingliederung, übernimmt sie die Beiträge und meldet das. Rentenversicherungsbeiträge gibt es auch für Pflegende (Glossar).
Scheidung
Wurde bei einer Scheidung ein Versorgungsausgleich vereinbart, bei dem einem Partner Entgeltpunkte dazugerechnet werden, muss das am Ende des Verlaufs notiert sein.
Neue Länder: Was bei der Rente im Osten anders ist
Hat jemand in der DDR gearbeitet oder ist bei einer Firma in den neuen Ländern tätig, steht im Verlauf „Zeiten im Beitrittsgebiet“. Das Gehalt wird mit einem Faktor hochgerechnet, das gibt mehr Entgeltpunkte. Der Rentenwert, mit dem die Punkte multipliziert werden, ist noch bis 2024 niedriger als in den alten Ländern.
Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung
In der DDR wurde der Verdienst im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung eingetragen (SVA). Fehlzeiten wegen Krankheit wurden als „Arbeitsausfalltage“ notiert. Diese werden angerechnet. Die Mutterschutzzeit betrug 20 Wochen.
Freiwillige Zusatzrentenversicherung
Beiträge für die freiwillige Zusatzrentenversicherung der DDR (FZR) fließen in die Rente ein. Daneben gab es Zusatz- und Sonderversorgungssysteme, die Zuschläge für bestimmte Berufsgruppen vorsahen. Über diese Ansprüche (AAÜG) gibt es immer wieder Streit vor Gericht.
Ersatzzeit für politische Häftlinge
Wer in der DDR in politischer Haft saß, bekommt dies als „Ersatzzeit“ angerechnet.
Wenn Sie den Rentenantrag stellen
Für die Rentenberechnung gilt jeweils das aktuelle Rentenrecht. Beim Stellen des Rentenantrags wird das Konto noch einmal geprüft. Auch nach Eingang des Rentenbescheids sind Korrekturen möglich.
Betriebsrenten und private Alterssicherung
Ab 2023 soll die jährliche Information über die zu erwartende Rente auch Betriebsrenten und private Alterssicherung umfassen.
Tipp: Ausführliche Informationen zur Rente finden Sie in unserem Special Gesetzliche Rentenversicherung.
Glossar: Was die Begriffe bedeuten
Renteninformation
Kommt einmal im Jahr und sagt, wann die reguläre Rente beginnt und wie hoch sie voraussichtlich sein wird.
Versicherungsverlauf
Listet Zeiten des Erwerbslebens auf: Ausbildung, soziales Jahr, Studium, Arbeit, Kindererziehung, Arbeitslosigkeit, Krankheit. Gibt es auf Antrag.
Kontenklärung
Auch auf Antrag. Der Versicherte überprüft seinen Versicherungsverlauf, korrigiert falsche Einträge und reicht mit dem ausgefüllten Fragebogen Belege für fehlende Zeiten ein.
Pflichtbeitragszeit
Es werden automatisch Rentenversicherungsbeiträge gezahlt. Arbeitet der Versicherte, zahlen er und sein Arbeitgeber (DEÜV, DÜVO, SVN). Bezieht er Sozialleistungen, zahlt der Sozialleistungsträger Beiträge.
Nicht versicherungspflichtige geringfügige Beschäftigung
Ein Minijob, bei dem nur der Arbeitgeber Beiträge zahlt. Das gibt einen geringeren Rentenzuwachs.
Sozialleistungsträger
Zahlen Unterstützungsleistungen: Krankenkasse (Sozl.), Rentenversicherung, Agentur für Arbeit (AFG).
Übergangsgeld
Wird während einer Reha von der Rentenversicherung gezahlt.
Pflege von Angehörigen
Pflegekasse oder Pflegeversicherung zahlen auf Antrag Beiträge. Wirkt sich auf die Rente des Pflegenden aus, wenn die Pflegeperson mindestens Pflegegrad 2 hat und mindestens zehn Stunden in der Woche gepflegt wird.
Kindererziehungszeiten
Pro Kind gibt es rund drei Entgeltpunkte. Bei Geburten vor 1992 sind es 2,5. Dazu wird die Zeit bis zum zehnten Lebensjahr des jüngsten Kindes bei der Rentenhöhe berücksichtigt.
Entgeltpunkte
Abhängig vom Jahresverdienst. Liegt er im Durchschnitt, gibt es einen Entgeltpunkt, sonst mehr oder weniger. Alle Punkte werden später mit dem aktuellen Rentenwert multipliziert. Das ergibt die Rentenhöhe.
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