Der Freiberufler Wolfgang Kamphausen hat eingezahlt. Der Beamte Bertram Wilmer auch. Die Verwaltungsangestellte Kathrin Lange will es auf jeden Fall machen. Freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung sind für viele wieder attraktiv geworden – gerade angesichts der niedrigen Zinsen und der schlechten Anlageerfolge vieler Versicherer für ihre Kunden mit einer privaten Rentenversicherung, Riester- oder Rürup-Rente.
Daher lohnen sich freiwillige Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung selbst für Menschen, die früher einen großen Bogen um diese Form der Altersvorsorge gemacht hätten (Tabelle Gesetzliche Rente vs. Rürup-Rente).
Viele können einzahlen
Für Pflichtversicherte gibt es allerdings engere Grenzen als für freiwillig Versicherte. Viel Freiheit beim Einzahlen haben:
- Freiberufler und Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind,
- Hausfrauen und -männer,
- Beamte,
- vor 1955 geborene Mütter, die trotz Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf die für eine Regelaltersrente nötige Mindestversicherungszeit von fünf Jahren kommen. Sie können die bis dahin fehlenden Monate mit freiwilligen Beiträgen auffüllen, wenn sie das Rentenalter erreicht haben.
Alle genannten Personengruppen können ihren freiwilligen Beitrag frei wählen zwischen dem Mindestbeitrag von monatlich 84,15 Euro (1 009,80 Euro im Jahr) und dem Höchstbeitrag von monatlich 1 187,45 Euro (14 249,40 Euro im Jahr). Dazwischen ist jeder Beitrag möglich.
Mehr Rente für Pflichtversicherte
In der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte können ihren Pflichtbeitrag dagegen nicht nach eigenem Gusto mit freiwilligen Beiträgen aufstocken. Diese Möglichkeit der Höherversicherung wurde 1997 abgeschafft.
Pflichtversicherte haben nur zwei Chancen auf ein freiwilliges Rentenplus. Sie können:
- für Zeiten ihrer Schul- und Hochschulausbildung Beiträge nachzahlen,
- und Rentenabschläge für einen vorzeitigen Rentenbeginn erst ausgleichen, aber doch bis zur Regelaltersgrenze arbeiten. Sie bekommen ab dann für den gezahlten Ausgleichsbetrag Monat für Monat mehr Rente.
Rentenabschläge ausgleichen
Wer Rentenabschläge ausgleichen möchte, muss derzeit mindestens 55 Jahre alt sein. Ab 1. Juli ist dies schon ab 50 Jahren möglich. So steht es im Flexirenten-Gesetz. Interessenten haben also fünf Jahre länger Zeit, Beiträge zu „strecken“ und müssen nicht so viel Geld auf einmal in die Hand nehmen. Teilzahlungen sind auch aus steuerlichen Gründen sinnvoll. Ledige können als Altersvorsorgeaufwendungen derzeit insgesamt Beträge bis 22 767 Euro im Jahr geltend machen, Verheiratete bis 45 534 Euro. Alle Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zählen hierbei mit.
Weitere Voraussetzung: Bis zum geplanten Beginn seiner vorzeitigen Altersrente muss der Erwerbstätige mindestens 35 Jahre versichert sein. Schul- und Hochschulbesuch ab dem 17. Lebensjahr, Arbeitslosigkeit und Berücksichtigungszeit für Kindererziehung zählen für diese Mindestversicherungszeit mit.
Jeder Monat vorgezogene Rente kostet 0,3 Prozent Abschlag. Wer 1954 geboren wurde und mit 63 Jahren in den Ruhestand gehen will, bekommt 9,6 Prozent Rente weniger. Beim Jahrgang 1964, der regulär mit 67 Jahren in Rente geht, sind es 14,4 Prozent Abschlag.
Auch Schwerbehinderte haben die Möglichkeit, ihre Abschläge bei Rentenbeginn mit 63 Jahren auszugleichen. Bei ihnen fallen sie allerdings etwas geringer aus.
Die Berechnung der Abschläge ist kompliziert. Doch das macht die Deutsche Rentenversicherung für jeden Versicherten, der die Voraussetzungen für einen vorgezogenen Rentenbeginn erfüllt.
Beispiel: Ein 1958 geborener Mann kann mit 66 Jahren regulär in Rente gehen. Seine Rente läge dann bei 1 309 Euro. Bis zu seinem 63. Geburtstag kommt der Arbeitnehmer nach heutigem Stand auf eine monatliche Bruttorente von 1 218 Euro, wenn er in den alten Bundesländern bis dahin 40 Jahre lang durchschnittlich verdient hat. Bei Rentenbeginn mit 63 Jahren beträgt der Abschlag 10,8 Prozent (36 Monate x 0,3). Das ergibt knapp 132 Euro, so dass 1 086 Euro übrig bleiben. Davon gehen Steuern und Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag ab.
Um den Abschlag für die Frührente mit 63 auszugleichen und auf die vollen 1 218 Euro Bruttorente zu kommen, muss der Versicherte 33 602 Euro aufwenden. Geht er dann doch regulär mit 66 Jahren in den Ruhestand und zahlt drei weitere Jahre Beiträge wie bisher, wird aus dem Abschlagsausgleich ein Rentenplus. Die Bruttorente vor Steuern und Abgaben beträgt dann voraussichtlich 1 441 Euro. Zur ursprünglichen Rente von 1309 Euro sind 132 Euro aus dem Ausgleich hinzugekommen.
Geringerer Abschlag im Osten
Für Versicherte in den neuen Bundesländern gelten zwar die gleichen prozentualen Abschläge. Wegen des derzeit noch niedrigeren Rentenwerts im Osten bedeutet dies jedoch in Euro einen geringeren Abschlag. Also ist auch weniger Geld für einen Ausgleich nötig.
Der Ausgleich lohnt sich für Versicherte in den neuen Ländern derzeit besonders. Denn sie bekommen für weniger Einzahlung mehr Rente als in den alten Ländern. Erst im Jahr 2025 ist dieser Vorteil komplett vorbei.
Wenn der Versicherte den Ausgleichsbetrag einmal an die Deutsche Rentenversicherung bezahlt hat, ist er an diese Entscheidung gebunden. Er kann die Summe nicht zurückverlangen. Allerdings kann er bis kurz vor einem möglichen vorzeitigen Rentenbeginn entscheiden: Will er wirklich vorzeitig abschlagfrei in Rente oder mehr Rente ab regulärem Rentenbeginn?
Kaum ein Versicherter macht jedoch bisher von diesem Angebot Gebrauch. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung Bund zahlten im Jahr 2014 nur 967 Versicherte einen Ausgleichsbetrag. Die Verwaltungsangestellte Kathrin Lange will diese Möglichkeit aber nutzen (Beispielfall: Vollzeitjob).
Versicherte müssen nicht den vollen Abschlag ausgleichen. Sie können das auch nur für einen Teil machen. Wenn sie sich fürs Weiterarbeiten bis zur Regelaltersgrenze entscheiden, fällt das Rentenplus entsprechend kleiner aus.
Rente für die Schulzeit
Pflichtversicherte haben noch eine zweite Möglichkeit für ein Rentenplus mit freiwilligen Beiträgen: Sie können für die Zeit ihrer Schulausbildung zwischen dem 16. und 17. Geburtstag freiwillig Beiträge nachzahlen. Dies gilt beispielsweise für alle Abiturienten. Auch „Bummelstudenten“, die mehr als acht Jahre lang studiert haben, können für ihr Studium nach dem achten Jahr Beiträge in die Rentenversicherung nachzahlen.
Im Jahr 2015 haben insgesamt nur 1 645 Versicherte freiwillige Beiträge für Ausbildungszeiten nachgezahlt, so ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung Bund. Nur ein Bruchteil aller Versicherten hat also diese Chance auf ein Rentenplus genutzt.
Dafür ist auch nicht bis kurz vor der Rente Zeit: Wer noch Rente für seine Schul- oder Hochschulzeit haben und Beiträge nachzahlen will, muss das vor seinem 45. Geburtstag tun. „Für viele ist dies noch kein Alter, in dem sie sich intensiv mit ihrer Rente befassen“, sagt die Vizevorsitzende des Bundesverbandes der Rentenberater, Anke Voss. Ihr Verband fordert daher, diese Altersgrenze auf 50 Jahre zu erhöhen.
Doch das Bundesarbeitsministerium lehnt dies ab. Freiwillige Nachzahlungen für Ausbildungszeiten, „könnten in erster Linie von Personen geleistet werden, die sich dadurch einen besonderen Vorteil erhoffen“, heißt es in einer ablehnenden Stellungnahme des Ministeriums zu einer Petition des Rentenberaters Walter Vogts. Dies gehe „zu Lasten der gesamten Versichertengemeinschaft“ und widerspreche „dem Solidarprinzip der Rentenversicherung“.
Eine merkwürdige Auffassung von Solidarität. Nicht pflichtversicherte Freiberufler und Selbstständige sowie Beamte haben viel länger Zeit. Sie können mit Anfang 60 noch freiwillig in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen und sich neben ihrer Rente aus einem berufsständischen Versorgungswerk oder ihrer Pension eine Zusatzrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sichern. Im Gegensatz zu Pflicht- versicherten sind sie nicht an die bereits genannten Voraussetzungen (Abschlagsausgleich nur bei mindestens 35 Jahren Versicherungszeit und Nachzahlungen für Ausbildungszeiten nur bis zum 45. Lebensjahr) gebunden. Sie können laufend Beiträge in beliebiger Höhe zwischen 84,15 Euro und 1 187,45 Euro im Monat zahlen. Diese Mindest- und Höchstbeiträge werden jedes Jahr neu festgelegt.
Günstige Zusatzrente
Wolfgang Kamphausen war vor seiner Zeit als selbstständiger Apotheker in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Doch um die Mindestversicherungszeit von fünf Jahren für eine gesetzliche Altersrente zu erfüllen, fehlten ihm noch 17 Monate. Kamphausen zahlte dafür im Jahr 2014 den Mindestbeitrag ein, damals insgesamt 1 445,85 Euro. Dieser Beitrag zusammen mit den Pflichtbeiträgen, die er als Auszubildender Anfang der siebziger Jahre gezahlt hat, bringen dem 67-Jährigen nun eine monatliche Bruttorente von knapp 100 Euro. „Eine sehr günstige Sache“, findet Kamphausen. Allerdings sei die Rentenversicherung auch „ein Lotteriespiel: Entscheidend ist, wie lange man lebt.“ Kamphausen hat allerdings schon nach gut drei Jahren Rentenlaufzeit gewonnen; seine Beiträge hat er längst wieder heraus.
Auch der 58-jährige Beamte Bertram Wilmer zahlt freiwillig Rentenbeiträge. Er hat nur noch wenige Jahre bis zum Ruhestand. Die Tabelle Gesetzliche Rente vs. Rürup-Rente zeigt: Für Menschen seiner Generation lohnt das Einzahlen besonders. Denn bis 2021 sind die Beitragssätze festgeschrieben und das Rentenniveau sinkt nur minimal. Wilmer fährt damit besser als mit einer Rürup-Rentenversicherung.
Unser Rat
Versicherte. Mit freiwilligen Beiträgen ihre Rente erhöhen können freiwillig Versicherte und – in engen Grenzen – auch Pflichtversicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Beitrag nachzahlen. Freiwillig Versicherte können bis zum 31. März für das Vorjahr nachzahlen, für Pflichtversicherte ist das Alter entscheidend. Wie viel Rente es für welchen Beitrag gibt, können Sie im Internet ausrechnen (ihre-vorsorge.de, Suchwort: freiwillige Beiträge).
Nicht abwimmeln lassen. Als Selbstständiger oder Beamter müssen Sie manchmal hartnäckig sein, wenn Sie freiwillige Beiträge zahlen wollen. Weisen Sie bei Schwierigkeiten darauf hin, dass Sie sich laut Paragraf 7 Sozialgesetzbuch VI freiwillig versichern und Beiträge zahlen können.
Informationen. Ausführliche Informationen zum Thema gibt es in unserem E-Book Mit freiwilligen Beiträgen mehr Rente sichern. Sie können es für 3,99 Euro im test.de-Shop herunterladen.
Leseraufruf
Haben Sie Anregungen oder Fragen zu unseren Artikeln über die gesetzliche Rente? Welche Erfahrungen haben Sie mit der Deutschen Rentenversicherung gemacht? Schreiben Sie uns bitte eine E-Mail an rente@stiftung-warentest.de.
-
- Sparen hilft, um im Alter nicht arm zu sein. Die Finanztestexpertinnen zeigen, wie Frauen ihre Renten-Situation verbessern und der Teilzeitfalle entkommen können.
-
- Sparen fürs Alter – aber wie? Ob Immobilienkauf, Pflegeabsicherung oder Vermögensaufbau – wir zeigen, wie Sie auch mit über 50 noch finanzielle Weichen stellen können.
-
- Viele Menschen können früher in Rente gehen. Wer lange gearbeitet hat, muss dabei kaum Einbußen hinnehmen. Wir bringen alle wichtigen Informationen zur Rente mit 63.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Kommentar vom Autor gelöscht.
@Klippenland: Solange Sie noch nicht die Regelaltersrente erreicht haben, können Sie noch freiwillige Beiträge nachzahlen. Der Beginn der Regelaltersrente ist abhängig von Ihrem Geburtsdatum. Unter dem folgenden Link finden Sie weitere Informationen zum Geburtsjahr und dem Beginn der Regealtersrente: https://www.test.de/rentenversicherung-5156247-0/ Ob es Vorteile für Sie bringt, wenn das Geld von einer Abfindung stammt oder es direkt vom Arbeitgeber eingezahlt wird, können wir Ihnen leider nicht sagen. (PK)
Bis wann kann freiwillig in die Rentenkasse eingezahlt werden? Ist es auch möglich, wenn die Voraussetzungen für die Rente mit 63 erfüllt sind, z. B. mit 63 und 4 Monaten noch freiwillige Einzahlungen zu leisten? Bringt es Vorteile, wenn der Arbeitgeber direkt einzahlt? Z. B. Geld aus einer Abfindung? Was ist zu beachten?
@sabib: Freiwillig Versicherte können bis zum 31. März für das Vorjahr nachzahlen, für Pflichtversicherte ist das Alter entscheidend. Bis zum 45. Geburtstag können Sie Beiträge für Zeiten zwischen dem 16. und 17. Geburtstag nachzahlen. Wenn Sie inzwischen 50 Jahre alt sind, dann können Sie Abschläge für eine vorzeitige Rente mit 63 leisten, siehe: "Weg 1: freiwillig einzahlen". (AK)
Rente nachzahlen
Leider habe ich bei meinem Anruf (heute 25.Sept.17) bei der Rentenversicherung zu diesem Thema erfahren,das nur Nachzahlungen für das vergangene Jahr und nur bis zum März des neuen Jahres, möglich sind. Lt Sachbearbeiterin gilt die Regelung der Nachzahlung, nur für freiwillig Versicherte gelten und nicht für gesetzlich Versicherte. Es wurde u.a.danach gefragt ob ich selbstständig wäre,oder Hausfrau.
Ich bin angestellt und alleinstehend.
Wenn dem was mir heute telefonisch gesagt wurde stimmt, ist die Information von Stiftung Warentest falsch. ...Oder?! wer kann mir da helfen?!
Ich würde gerne einige Zeiten nachzahlen um meine Rente aufzubessern.