Die neue Flexirente bietet drei Wege zum Rentenplus. Mit freiwilligen Beiträgen, mehr Hinzuverdienst im Alter und Arbeit noch im Ruhestand lässt sich die Rente steigern.
Eine Möglichkeit, ihre gesetzliche Rente durch freiwillige Beiträge zu erhöhen, kann Kathrin Lange nicht mehr nutzen. Die zweite will sie sich nicht entgehen lassen.
Die Mutter von zwei Kindern hat erst vor Kurzem erfahren, dass sie bis zu ihrem 45. Geburtstag Beiträge für ihre Schulzeit zwischen dem 16. und 17. Geburtstag hätte nachzahlen können. Doch für die 47-Jährige ist es zu spät. Nicht nur für sie. „Die Bestimmung im Sozialgesetzbuch ist weitgehend unbekannt“, sagt Rentenberater Markus Vogts. „Warum steht dazu nichts in der Renteninformation?“, fragt Lange. Diese Information gibt es jedes Jahr für alle Versicherten ab 27 Jahre, die mindestens fünf Beitragsjahre haben – allerdings ohne den Hinweis, dass sie Beiträge für Ausbildungszeiten nachzahlen können.
Die zweite Chance für mehr Rente durch freiwillige Einzahlungen kann Lange nach ihrem 50. Geburtstag am Schopf packen. Dann kann sie neben Pflichtbeiträgen Sonderzahlungen leisten, um den fälligen Abschlag bei einer vorgezogenen Rente mit 63 Jahren auszugleichen. Bei einem „berechtigten Interesse“ ist die Einzahlung sogar schon vorher möglich, so das Sozialgesetzbuch.
Überweist Lange den Ausgleich für den Abschlag an die Deutsche Rentenversicherung, bekommt sie schon mit 63 ihre volle Rente. Sie kann auch bis zu ihrem regulären Rentenbeginn mit 67 Jahren weiterarbeiten. Dann erhöht der zusätzliche Beitrag ihre Rente.
Ein Rentenplus durch Sonderzahlungen – das ist einer von drei Wegen, wie Menschen seit 2017 zu einer höheren gesetzlichen Rente kommen können (mehr dazu Weg 1: Freiwillig einzahlen).
Tipp: Die Deutsche Rentenversicherung muss Sie kostenlos so beraten, dass Sie Ihren Rentenanspruch voll ausschöpfen können. Telefonische Beratung und die Adresse einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe gibt es unter der Nummer 0 800/ 10 00 48 00. Bei Zweifeln oder Streit mit der Rentenversicherung wenden Sie sich an einen unabhängigen, gerichtlich zugelassenen Rentenberater (Adressen zum Beispiel unter rentenberater.de). Eine Erstberatung kostet etwa bis zu 220 Euro. Fragen Sie auch nach der Rentenbesteuerung.
Mehr Rente für arbeitende Rentner
Mehr Rente erwerben im Ruhestand – auch das geht. Ältere Arbeitnehmer, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze noch arbeiten möchten, können seit 1. Januar 2017 auf die Versicherungsfreiheit verzichten, mit der sie sich Beiträge zur Rentenversicherung sparen. Zahlen sie und der Chef Beiträge, können sie weitere Ansprüche erwerben und ihre Rente erhöhen. So regelt es das Gesetz zur Flexirente. Mehr dazu Weg 2: Länger arbeiten.
Und wer schon vor der Regelaltersgrenze eine Rente bezieht, kann ab 1. Juli 2017 leichter hinzuverdienen. Die starren Hinzuverdienstgrenzen, die bisher Frührentner im Blick haben mussten, fallen weg (mehr dazu Weg 3: Frührente und Arbeit).
2018 gibt es noch mehr Änderungen
Mit dem Gesetz zur Flexirente setzt die Bundesregierung den Reigen der Rentenreformen fort. Auf drei weitere Änderungen hat sich die Große Koalition noch Ende 2016 verständigt: Renten in den neuen Bundesländern sollen schrittweise an die in den alten Ländern angeglichen werden. Erwerbsminderungsrenten für Neurentner sollen erhöht und Betriebsrenten stärker gefördert werden. Diese drei Maßnahmen sollen aber erst 2018 in Kraft treten.
Darüber hinaus haben Regierungs- und Oppositionsparteien weitere Reformvorschläge. Das Thema wird im Bundestagswahlkampf 2017 eine wichtige Rolle spielen.
Schöne neue Rentenwelt?
Flexibler in den Ruhestand und noch dazu mit mehr Rente aufgrund von freiwilligen Beiträgen, einem Hinzuverdienst im Alter oder gar mit beidem – ist das die schöne neue Rentenwelt?
Sicher, vielen Senioren geht es gut. Wie aus dem jüngsten Alterssicherungsbericht der Bundesregierung hervorgeht, haben Arbeiter und Angestellte, die heute im Ruhestand sind, im Durchschnitt ein Nettoeinkommen von 1 316 Euro im Monat, meist aus der gesetzlichen Rente. Betriebsrenten und andere Einkünfte kommen hinzu. Beamte im Ruhestand haben im Durchschnitt 2 594 Euro, ehemals Selbstständige 1 435 Euro.
Rente ist Abbild des Arbeitslebens
Nur 3 Prozent der 65-Jährigen und Älteren sind auf die Grundsicherung angewiesen, die im Durchschnitt gut 788 Euro beträgt, deren Höhe aber vom Wohnort abhängt. Diese staatliche Leistung erhalten Bedürftige im Alter und Erwerbsgeminderte. Bereits jetzt ist absehbar, dass die Zahl der Grundsicherungsempfänger steigt. So bekommen Ruheständler in den alten Ländern, die 2015 in Rente gegangen sind, im Durchschnitt nur eine gesetzliche Altersrente von 785 Euro im Monat. Ohne zusätzliche Einkünfte, etwa aus einer Betriebsrente, kommen sie damit nicht einmal auf Grundsicherungsniveau. In den neuen Bundesländern erhalten die Neurentner immerhin 917 Euro gesetzliche Rente. Betriebsrenten und private Rentenversicherungen sind dort jedoch nicht so verbreitet.
Die Rente ist ein Abbild des Arbeitslebens: Wer sehr wenig verdient, wird im Alter arm sein. Das Bundesarbeitsministerium macht diese Gleichung auf: Wer mit seiner Rente nach einem 45-jährigen Arbeitsleben in Vollzeit auf eine höhere Rente als die Grundsicherung kommen will, muss derzeit knapp 12 Euro in der Stunde verdienen.
Doch bei vielen ist es weniger. Daten des Ministeriums für 2014 zeigen, dass rund 20 Prozent aller Beschäftigten für weniger als 10 Euro in der Stunde arbeiten. Und der Anteil der Niedriglohnempfänger steigt. Eine Rente, die zum Leben reicht, ist für Menschen mit derzeit geringem Einkommen nur möglich, wenn sie einen besser bezahlten Job finden. Ansonsten müssen sie im Ruhestand hinzuverdienen.
Teilzeit ist schlecht für die Rente
Auch Auszeiten vom Job oder Teilzeitarbeit für die Jahre der Kindererziehung wirken sich negativ aufs Gehalt aus – und damit auch auf die Rente. Frauen sind davon am meisten betroffen. Laut dem Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin (WZB) bekamen Frauen 2014 im Schnitt 43 Prozent weniger Rente als Männer. Mit Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen ließen sich nur begrenzt Rentenanwartschaften aufbauen.
Ob dies bei künftigen Rentnerinnen viel besser aussehen wird, ist fraglich. Auch im Jahr 2012 arbeiteten 69 Prozent der erwerbstätigen Mütter auf Teilzeitbasis, bei den erwerbstätigen Vätern waren es nur 5 Prozent.
Kathrin Lange ist nach der Geburt ihres ersten Kindes von Voll- auf Teilzeitarbeit umgestiegen (Beispielfall: Vollzeitjob). Weil sie nun seit 14 Jahren entsprechend weniger Beiträge in die Rentenkasse zahlt, ist auch ihr Rentenanspruch geschrumpft.
Wer viele Jahre lang Teilzeit arbeitet, hat keine Chance auf die Standardrente in Höhe von derzeit 1 197 Euro. Sie gibt es nach 45 Jahren Arbeit mit Durchschnittsverdienst. Noch beträgt die Standardrente vor Steuern 48 Prozent des Durchschnittslohns. Da die Renten aber nicht mehr strikt an die Lohnentwicklung gekoppelt sind, steigen sie langsamer als die Löhne. Das Rentenniveau sinkt.
Rente unter Druck
Weil die Lebenserwartung steigt, weniger Kinder geboren werden und immer weniger Beschäftigte einer wachsenden Zahl von Ruheständlern gegenüberstehen, bröckelt die Basis der Rentenversicherung. Denn die Beiträge der Aktiven werden gleich als Renten an die Ruheständler weitergereicht.
Aufgrund der steigenden Lebenserwartung wird eine Rente immer länger gezahlt. Im Jahr 1960 konnte ein Ruheständer damit rechnen, zehn Jahre lang Rente zu beziehen. Heute sind es im Durchschnitt knapp 20 Jahre.
Länger arbeiten und später in Rente – das ist ein oft gehörter Vorschlag. Rentenbeginn erst mit 70, fordert die Jugendorganisation der Unionsparteien. Das war schon einmal das Rentenalter in Deutschland – bis 1916. Damals wurde es von 70 auf 65 Jahre gesenkt.
Ein weiterer Vorschlag lautet, den Rentenbeginn an die Lebenserwartung zu koppeln: „Für jedes Jahr zusätzlicher Lebenserwartung acht Monate länger arbeiten“, meint der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher. „Die Menschen werden also nach 2030 länger als bis 67 Jahre arbeiten müssen“, sagte er der Zeitung „Rheinische Post“.
Wer heute Ende vierzig ist, weiß nicht, wie lange er arbeiten muss. Tatsache ist: Die Menschen leben im Durchschnitt länger. Ein heute 50-jähriger Mann hat im Durchschnitt noch knapp 30 Jahre vor sich, eine gleichaltrige Frau noch 34 Jahre. Angesichts dieser Aussichten wollen viele heute etwas fürs spätere Rentenplus tun – so wie Kathrin Lange.
Auf einen Blick und laufend aktualisiert finden Sie unsere Informationen zur gesetzlichen Rentenversicherung auf unserer Themenseite Gesetzliche Rente.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
@Klippenland: Solange Sie noch nicht die Regelaltersrente erreicht haben, können Sie noch freiwillige Beiträge nachzahlen. Der Beginn der Regelaltersrente ist abhängig von Ihrem Geburtsdatum. Unter dem folgenden Link finden Sie weitere Informationen zum Geburtsjahr und dem Beginn der Regealtersrente: https://www.test.de/rentenversicherung-5156247-0/ Ob es Vorteile für Sie bringt, wenn das Geld von einer Abfindung stammt oder es direkt vom Arbeitgeber eingezahlt wird, können wir Ihnen leider nicht sagen. (PK)
Bis wann kann freiwillig in die Rentenkasse eingezahlt werden? Ist es auch möglich, wenn die Voraussetzungen für die Rente mit 63 erfüllt sind, z. B. mit 63 und 4 Monaten noch freiwillige Einzahlungen zu leisten? Bringt es Vorteile, wenn der Arbeitgeber direkt einzahlt? Z. B. Geld aus einer Abfindung? Was ist zu beachten?
@sabib: Freiwillig Versicherte können bis zum 31. März für das Vorjahr nachzahlen, für Pflichtversicherte ist das Alter entscheidend. Bis zum 45. Geburtstag können Sie Beiträge für Zeiten zwischen dem 16. und 17. Geburtstag nachzahlen. Wenn Sie inzwischen 50 Jahre alt sind, dann können Sie Abschläge für eine vorzeitige Rente mit 63 leisten, siehe: "Weg 1: freiwillig einzahlen". (AK)
Rente nachzahlen
Leider habe ich bei meinem Anruf (heute 25.Sept.17) bei der Rentenversicherung zu diesem Thema erfahren,das nur Nachzahlungen für das vergangene Jahr und nur bis zum März des neuen Jahres, möglich sind. Lt Sachbearbeiterin gilt die Regelung der Nachzahlung, nur für freiwillig Versicherte gelten und nicht für gesetzlich Versicherte. Es wurde u.a.danach gefragt ob ich selbstständig wäre,oder Hausfrau.
Ich bin angestellt und alleinstehend.
Wenn dem was mir heute telefonisch gesagt wurde stimmt, ist die Information von Stiftung Warentest falsch. ...Oder?! wer kann mir da helfen?!
Ich würde gerne einige Zeiten nachzahlen um meine Rente aufzubessern.