
Mehr als 50 Krankenkassen haben ihren Beitragssatz zum Jahresanfang erhöht. Wir sagen, was Versicherte tun können, falls sie jetzt wechseln wollen.
Aktuelle Situation
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz für gesetzlich Krankenversicherte für 2023 wurde vom Gesundheitsministerium Anfang November von 1,3 auf 1,6 Prozentpunkte angehoben. Für die Kassen ist dies nicht bindend (siehe unten). Wie hoch der Zusatzbeitrag einer Krankenkasse ist, hängt von ihrer eigenen Finanzsituation ab. Mittlerweile haben alle Kassen ihre neuen Beitragssätze für 2023 bekannt gegeben.
Zusatzbeiträge 2023
Alle 71 Krankenkassen, die in unserer Datenbank enthalten sind, haben uns inzwischen ihre neuen Werte ab Januar 2023 genannt. Diese sind bereits in unserem Krankenkassenvergleich enthalten:
- Teurer: 54 Krankenkassen erhöhen ihren Beitragssatz um 0,06 bis 0,70 Prozentpunkte.
- Günstiger: 2 Krankenkassen senken ihren Beitrag – eine um 0,14 Prozentpunkte, die andere um 0,31 Prozentpunkte.
- Keine Änderung: 15 Krankenkassen lassen ihren Beitragssatz unverändert.
Sparen durch Wechsel
Wer sparen möchte, kann zu einer günstigeren Kasse wechseln. Je nach Einkommen ist die Ersparnis unterschiedlich hoch. Verdient jemand etwa 3 000 Euro im Monat, liegt sie bei rund 126 Euro im Jahr, wenn der Versicherte von einer teuren Kasse mit 1,6 Prozent Zusatzbeitrag zu einer günstigen Kasse mit 0,90 Prozent wechselt. Gutverdiener mit einem Gehalt von 4 987,50 Euro (Beitragsbemessungsgrenze 2023, Einkünfte, die über der Grenze liegen, sind beitragsfrei) oder mehr, sparen rund 209 Euro im Jahr. Wichtig: Bei Selbstständigen verdoppelt sich die Ersparnis, da sie auch die Beiträge allein aufbringen. Sonst teilen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Beiträge je zur Hälfte.
Keine Information per Brief
Neu für Versicherte: Die Kassen müssen zwar noch über Beitragsänderungen informieren, dies aber bis Ende Juni 2023 nicht mehr schriftlich per Brief tun. So sieht es das neue Finanzstabilisierungsgesetz vor, das vom Gesundheitsministerium auf den Weg gebracht wurde – um (Porto-)Kosten einzusparen.
Eine Information auf der Webseite oder in der Mitgliederzeitschrift ist derzeit ausreichend. Versicherte sollten daher besonders gut aufpassen, um eventuell eine Kündigungsfrist nicht zu verpassen. Sie können regelmäßig auf der Homepage ihrer Kasse oder im Mitgliedermagazin nachschauen. Wie es ab Juli 2023 weitergeht, ist derzeit noch offen.
Tipp: Sie finden die neuen Beitragssätze in unserem Krankenkassenvergleich. Dieser wird fortlaufend aktualisiert.
Allgemeiner Beitrag und Zusatzbeitrag
Alle Krankenkassen verlangen einen allgemeinen Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent. Dieser Wert ist 2023 stabil geblieben. Dazu kommt ein Zusatzbeitrag, den jede Krankenkasse selbst festlegt – je nach ihrer finanziellen Situation. Steht eine Krankenkasse gut da, muss sie ihren Zusatzbeitrag gering halten. Steigen die Ausgaben einer Krankenkasse stärker als ihre Einnahmen, ist sie verpflichtet, ihren individuellen Zusatzbeitrag anzuheben. Für ihre Versicherten wird es dann teurer.
Sonderkündigungsrecht bei Änderungen
Erhöht eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Sie können dann zu einer günstigeren Kasse wechseln.
Beispiel: Verlangt die Krankenkasse seit Januar 2023 einen höheren Beitrag, können Versicherte bis Ende Januar kündigen. Die Frist beträgt zwei Monate zum Monatsende. Versicherte sind dann ab April Mitglied bei einer neuen Krankenkasse. Bis dahin müssen sie den höheren Zusatzbeitrag ihrer bisherigen Kasse zahlen.
Regulärer Kassenwechsel
Das Sonderkündigungsrecht ist für alle interessant, die noch nicht 12 Monate Mitglied bei ihrer Kasse sind. Denn normalerweise ist ein Wechsel erst nach dieser Zeit möglich. Wer dagegen schon ein Jahr oder länger bei seiner Kasse Mitglied ist kann jederzeit die Krankenkasse wechseln.
Tipp: Alles Wichtige zum Kassenwechsel erfahren Sie in unserem Special Gesetzliche Krankenversicherung. Dort finden Sie auch alle Informationen zu den Extraleistungen der einzelnen Kassen. Ausgewertet werden mehr als 200 Kriterien. Auch sie können je nach individuellem Bedarf einen erheblichen geldwerten Vorteil bedeuten und den Wechsel zu einer anderen Kasse empfehlenswert machen.
Durchschnittlicher Zusatzbeitrag
Der Zusatzbeitrag ist 2023 von zuvor 1,3 Prozent auf 1,6 Prozent angehoben worden. Der Wert wird jedes Jahr neu festgelegt. Dazu schätzt ein Expertengremium immer bis zum 15. Oktober eines Jahres die Höhe der voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen und die Einnahmen des Gesundheitsfonds für das folgende Kalenderjahr. Auf dieser Grundlage legt das Bundesministerium für Gesundheit den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz fest. Er wird jeweils bis zum 1. November bekannt gegeben und gilt für das komplette folgende Kalenderjahr. Relevant als Zusatzbeitrag ist er nur für bestimmte Personengruppen – etwa versicherungspflichtige Empfänger von Arbeitslosengeld 2 und Auszubildende, die monatlich nicht mehr als 325 Euro verdienen.
Hinweis: Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, bei einer Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes ihren individuellen Zusatzbeitrag anzupassen. Das müssen sie nur, wenn sich an ihrer finanziellen Situation etwas ändert.
Finanzlage der Kassen
Das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen betrug 2021 nach Angaben des Gesundheitsministeriums etwa 6,7 Milliarden Euro. Für das erste Quartal in 2022 waren die Einnahmen und Ausgaben nahezu ausgeglichen.
Der GKV-Spitzenverband, das oberste Gremium aller Krankenkassen, ist für das Jahr 2022 insgesamt von stabilen Kassenfinanzen ausgegangen, weil es zusätzliche Mittel gab, die den Kassen zur Verfügung standen. Das waren etwa ergänzende Bundesmittel und die Zuführungen aus der Liquiditätsreserve. Sollten diese zusätzlichen Mittel 2023 wegfallen, rechnet der GKV-Spitzenverband mit einem Defizit von 17 Milliarden Euro. Das Bundesgesundheitsministerium will diesem Defizit mit mehreren Maßnahmen entgegenwirken.
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@LarsLarsen62: Ja, das ist wirklich ärgerlich, das die Krankenkassen ihre Mitglieder nicht mehr schriftlich über Beitragserhöhungen informieren müssen. Das ist eine Entscheidung des Bundesgesundheitsministeriums und sie wurde im Finanzstabilisierungsgesetz festgelegt. Begründet wird das damit, dass (Porto-)Kosten eingespart werden sollen. Wir haben diese Informationen in der Meldung noch ergänzt.
Finanzstabilisierungsgesetz:
https://dserver.bundestag.de/btd/20/034/2003448.pdf
Was sind denn das für verbrauchunfreundliche Methoden?
Jede normale Firma hätte mit solchen Methoden ein Problem bekommen, bis hin zur Unwirksamkeit der Preiserhöhung.
Stiftung Warentest bringt dies als unkommentierte Meldung, nennt keine Begründung oder gesetzliche Grundlage, als wäre dies die normalste Sache der Welt.
Für mich sieht es so aus als ob hier etwas möglichst verheimlicht werden soll.
Das hätte ich von einem Verbrauchermagazin anders erwartet und frage mich, ob mein Abo noch sinnvoll ist.