
Steigen die Zusatzbeiträge der Kassen wirklich im kommenden Jahr, wie es derzeit überall heißt? Wir sagen, was auf Versicherte zukommen kann und was sie tun können.
Aktuelle Situation
Beitragssteigerungen von mehr als 80 Euro im Jahr durch die Anhebung der Zusatzbeiträge um 0,3 Prozentpunkte – das können Versicherte derzeit in vielen Medien lesen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Wir erklären, was auf Versicherte zukommen kann.
Allgemeiner Beitrag und Zusatzbeitrag
Das gilt: Alle Krankenkassen verlangen einen allgemeinen Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent. Dieser Wert soll weiter stabil bleiben. Dazu kommt ein Zusatzbeitrag, den jede Krankenkasse selbst festlegt – je nach ihrer finanziellen Situation. Steht eine Krankenkasse gut da, muss sie ihren Zusatzbeitrag gering halten. Steigen die Ausgaben einer Krankenkasse stärker als ihre Einnahmen, ist sie verpflichtet, ihren individuellen Zusatzbeitrag anzuheben. Für ihre Versicherten wird es dann teurer.
Wichtig für Versicherte: Die meisten Krankenkassen entscheiden traditionell zum Jahreswechsel, ob sie ihren individuellen Zusatzbeitrag erhöhen oder senken müssen. Aktuelle Beitragssätze finden Sie in unserem monatlich aktualisierten Krankenkassenvergleich von derzeit 71 Krankenkassen. Die günstigste bundesweit geöffnete Kasse verlangt derzeit einen Zusatzbeitrag von 0,69 Prozent (Beitragssatz insgesamt 15,29), bei den teuersten bundesweit offenen Kassen beträgt der Zusatzbeitrag 1,6 Prozent (16,20 Beitragssatz insgesamt).
Hinweis: Erhöht eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht. Sie können dann zu einer günstigeren Kasse wechseln. Alles Wichtige zum Kassenwechsel erfahren Sie in unserem Special Gesetzliche Krankenversicherung.
Durchschnittlicher Zusatzbeitrag
Der Zusatzbeitrag, von dem derzeit vielerorts die Rede ist, ist der sogenannte durchschnittliche Zusatzbeitragssatz. Er beträgt in diesem Jahr 1,3 Prozent und ist zunächst vor allem eine Rechengröße. Im Gespräch ist eine Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte auf dann 1,6 Prozent im kommenden Jahr.
Wichtig für Versicherte: Ob diese Erhöhung so umgesetzt wird, ist heute noch Spekulation denn:
Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wird jedes Jahr neu festgelegt. Dazu schätzt ein Expertengremium jedes Jahr bis zum 15. Oktober die Höhe der voraussichtlichen Ausgaben der Krankenkassen und die Einnahmen des Gesundheitsfonds für das folgende Kalenderjahr. Auf dieser Grundlage legt das Bundesministerium für Gesundheit den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz fest. Er wird jeweils bis zum 1. November bekannt gegeben und gilt für das komplette folgende Kalenderjahr. Relevant als Zusatzbeitrag ist er nur für bestimmte Personengruppen – etwa versicherungspflichtige Empfänger von Arbeitslosengeld II und Auszubildende, die monatlich nicht mehr als 325 Euro verdienen.
Hinweis: Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, bei einer Erhöhung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes ihren individuellen Zusatzbeitrag anzupassen. Das müssen sie nur, wenn sich an ihrer finanziellen Situation etwas ändert.
Finanzlage der Kassen
Das Defizit der gesetzlichen Krankenkassen betrug 2021 nach Angaben des Gesundheitsministeriums etwa 6,7 Milliarden Euro. Für das erste Quartal des laufenden Jahres sind die Einnahmen und Ausgaben nahezu ausgeglichen.
Der GKV-Spitzenverband, das oberste Gremium aller Krankenkassen, geht für dieses Jahr von stabilen Kassenfinanzen aus – allerdings nur, weil es inzwischen zusätzliche Mittel gibt, die den Kassen 2022 zur Verfügung stehen. Das sind etwa ergänzende Bundesmittel und die Zuführungen aus der Liquiditätsreserve. Sollten diese zusätzlichen Mittel im kommenden Jahr wegfallen, rechnet der GKV-Spitzenverband mit einem Defizit von 17 Milliarden Euro. Das Bundesgesundheitsministerium will diesem Defizit mit mehreren Maßnahmen entgegenwirken.
-
- Beiträge, Leistungen, Kosten – das gilt für Kinder, Studenten, Berufstätige und Rentner, wenn sie bei einer Krankenkasse versichert sind.
-
- Gerät eine Krankenkasse in finanzielle Schwierigkeiten, ist die Versorgung der Versicherten trotzdem nicht gefährdet. Wir zeigen, was eine Schließung bedeutet.
-
- Gesetzlich Krankenversicherte ab 35 Jahren haben Anspruch auf eine regelmäßige Gesundheitsuntersuchung, oft auch Check-Up genannt. test.de erklärt die Regelung.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.