
Rainer von Holst steht im Zentrum der dubiosen Firmenwelten-Gruppe. Bei Finanztest meldeten sich Anleger, die bis zu 180 000 Euro verloren haben. © Foto: iStockphoto, Composing: Finanztest
Rainer von Holst sitzt in den USA, fern der deutschen Justiz. Von dort zockt er mit seinem Clan Anleger ab, die auf sichere Zinsen hoffen. Finanztest deckt erstmals auf, wie umfangreich sein kriminelles System ist. Investigativreporterin Ariane Lauenburg beschreibt das Von-Holst-System. Unterlagen, die uns Insider zugespielt haben, dokumentieren, wie Rainer von Holst Anleger um zig Millionen Euro prellt und Unternehmen unter Druck setzt.
Anleger werden geschädigt, Firmen unter Druck gesetzt
Die Geschichte des Rainer von Holst klingt unglaublich: Er baut über Jahre ein Abzockernetz mit immer neuen Firmen auf, schädigt in Deutschland Zehntausende Anleger und nötigt Unternehmen zu schutzgeldartigen Zahlungen. Mal heißt er Jan Faber, mal Peter Klein oder Allan Klein, mal ist er Rechtsanwalt mit, mal ohne Doktortitel. Für Geschädigte und Strafverfolger ist der Mann, der Anleger um Millionen von Euros gebracht hat, nicht zu fassen. Seit 2015 lebt er in den USA und zieht von dort die Strippen. Getreue, darunter seine Kinder und eine Schar Finanzvermittler, helfen ihm.
Ein Lehrstück über Abzocke
Von Holst ist es nicht nur gelungen, sich der Justiz zu entziehen, sondern auch unter dem Radar der breiten Öffentlichkeit zu bleiben. In Interneteinträgen machten zwar einzelne Getäuschte ihrem Ärger Luft, das volle Bild kannte bislang aber kaum jemand. Finanztest deckt erstmals auf, wie umfangreich sein kriminelles System ist. Es ist ein Lehrstück über abgebrühte Abzocker aus Deutschland und die Gesetzeslücken, durch die sie schlüpfen.
Unternehmen werfen Gerlachreport Erpressung vor
Ehemalige Von-Holst-Mitarbeiter haben Finanztest eine Fülle interner Unterlagen übergeben, aus denen hervorgeht, wie er Anleger hereinlegt und wie die Erpressung von Unternehmen durch den vermeintlich unabhängigen Onlinedienst Gerlachreport funktioniert. Anleger und Unternehmen berichten, wie sie in die Fänge des Netzes der Firmenwelten-Gruppe aus Bielefeld gerieten. Hauptfirma der Gruppe ist die Firmenwelten AG. Sie umfasst rund 200 Unternehmen. Ableger sitzen in Großbritannien und den USA.
Ein Mann mit vielen Namen
Rainer von Holst ist der Spiritus Rector des Firmenwelten-Imperiums. Seine Adresse gibt er mit 1014 Barclay BLVD, Princeton, NJ, 08540 USA an. Seine angegebene Bankverbindung bei der Wells Fargo passt zu Geldzahlungen, die von Holst oder eine seiner Firmen von Unternehmenschefs gefordert haben. Mal ist Rainer von Holst Jan Faber, Chefredakteur des Onlinedienstes Gerlachreport, mal Counselor Dr. Peter Klein oder Counselor Dr. Allan Klein. Gelegentlich benutzt er auch den Namen Milla Korjus, einer vorgeblich weiteren Chefredakteurin des Gerlachreport.
Verführerische Zinsversprechen
Den Anlegern präsentierten Finanzvermittler im Auftrag von Rainer von Holst verführerische Angebote. Firmen wie Enercrox, Halbstrom, Summi Viri, Wurstwelten oder ein Bankhaus von Holst boten Anlegern sichere 7 Prozent Zinsen für 90 Tage oder 15 Prozent für 180 Tage, wenn diese ihnen Geld über Partnerschaftsverträge, Beteiligungen oder Darlehen gaben. Das entspricht satten 30 Prozent Zinsen pro Jahr.
Wer schon Geld verloren hat, ist besonders empfänglich
Interessenten fanden sich schnell, ausgerechnet auch unter Menschen, die gerade mit einer anderen Geldanlage hereingefallen waren. Dazu gehörten einige der 2 400 Anleger der insolventen Biomassefirma EEV AG in Papenburg, die seit Jahren auf die Rückzahlung ihrer Einlagen hoffen. Gerade hereingefallene Anleger sind für schöne Zinsversprechen besonders empfänglich und für Finanzvermittler leichte Beute. Sie sind meist bereit, voll ins Risiko zu gehen, um ihre Verluste wieder wettzumachen. Von Holst nutzte das aus. Er verschaffte sich die EEV-Adresslisten und ließ die Leute anrufen, unter anderem vom Firmenwelten-Callcenter in Augsburg.
Hohe Zinsen für „Halbstrom“-Geschäfte
Von Holst wandte sich nicht nur an Anleger der EEV-Pleitefirma, sondern warb auch Finanzvermittler ab. Ein Ex-Vertriebschef der EEV etwa köderte den Berliner Filmemacher Thomas Koch* und seine Frau Anne als Anleger. Sie schlossen 2015 ohne Bedenken je einen Partnerschaftsvertrag mit der Firma Enercrox Inc. in den USA über insgesamt 50 000 Euro mit 180 Tagen Laufzeit ab. Die Anlage sollte ihnen 15 Prozent Zinsen bescheren. Die Investition machte ihnen der Ex-EEV-Mann mit dem Argument schmackhaft, dass Enercrox mit der erfolgreichen „deutschen Halbstromtechnologie“ riesige Gewinne mache. Die Kochs haben davon nichts: Auf ihr Geld warten sie bis heute vergeblich.

Ob BlackRock oder Enercrox (hinten), Rainer von Holst erfindet vieles. Das Bild oben zeigt auch nicht, wie behauptet, „Halbstromgeräte“, sondern Klimaanlagen – wie das unten stehende Bild belegt. Die Bildagentur Shutterstock schreibt dazu „air conditioner on a building“. © Screenshot Stiftung Warentest, März 2018

© Quelle: Shutterstock, Screenshot Stiftung Warentest, März 2018
Berater versprechen sichere Geldanlage
Auch Rentner Armin Reese* aus Bayern fiel auf „den Quatsch mit den Halbstromgeräten“ herein, wie er sagt. Er erinnert sich, dass ihm sein Berater, der Chef der GVA Gesellschaft für Vermögensaufbau KG, Volkmar Heinz, erklärte: „Ihre Geldanlage ist absolut sicher.“ In E-Mails warb Heinz: „Die entscheidende Person im Hintergrund ist Herr Rainer von Holst, Unternehmer aus Deutschland und mittlerweile US-Staatsbürger mit Supervernetzung und Kontakten in die Politik, Bankenwelt und Wirtschaft.“ Die Firmenwelten gebe es schon 25 Jahre. Zudem habe von Holst mit seiner Familie eine Bank in London mit 100 Millionen Pfund Eigenkapital, die schuldenfrei sei und keine Verpflichtungen habe.
„Das sind keine Firmen-, sondern Verbrecherwelten“
Im Dezember 2015 investierte Rentner Reese 50 000 Euro, die er gerade geerbt hatte. „Ich hätte wissen müssen, dass man so hohe Zinsen nicht garantieren kann.“ Er hat weder seinen Einsatz noch die Zinsen bekommen: „Das sind keine Firmen-, sondern Verbrecherwelten“, sagt er heute.
Vom Bund der Sparer empfohlen
Der Anleger Heinrich Müller* glaubte, ganz auf der sicheren Seite zu sein. Schließlich hatte er einen Berater, der ihm vom als gemeinnützig anerkannten Bund der Sparer empfohlen worden war. Der überredete ihn, seine Lebensversicherungen zu kündigen. Die frei werdenden 60 000 Euro steckte Müller 2016 in eine kleine Eigentumswohnung und in ein Darlehen an die Wurstwelten GmbH. Mit den hohen Zinsen dafür könne er locker die monatlichen Kreditkosten für die Wohnung bezahlen, argumentierte der Finanzvermittler.
Vermittler mit von Holst verbandelt
Wie sollte Müller ahnen, dass der vom Bund der Sparer empfohlene Berater Peter S. zum Sachwert Kontor gehört, das Alexander von Holst führt, ein Sohn von Rainer von Holst. Und die Wurstwelten GmbH, der er sein Geld anvertraute, leitet Antonia von Holst, eine der Töchter. Fragen dazu hat der Bund der Sparer Finanztest nicht beantwortet. Auch Filmemacher Koch und Rentner Reese wussten nicht, dass ihre Vermittler mit von Holst verbandelt waren. Hätten sie gewusst, dass alle Firmen sehr ähnliche Renditeversprechen machten, wären sie wohl früher stutzig geworden. So aber glaubten sie Firmenwelten-Vertriebschef Cosimo Turturro. Der sagte, er könne die hohen Zinsen garantieren, weil die reiche Firmenwelten AG für die Wurstwelten, Halbstrom und Enercrox und Co hafte. Turturro ist für Anleger längst nicht mehr zu sprechen. Auch Finanztest konnte den Mann nicht erreichen.
Leichtgläubige Vermittler
Dass die Renditeversprechen zu gut klangen, wollen Vermittler wie Volkmar Heinz nicht begriffen haben. Einige behaupten, selbst bei Enercrox investiert zu haben. Der charismatische Rainer von Holst habe ihnen zum Beispiel auf einem Seminar 2013 in Düsseldorf weisgemacht, dass die Stromsparaggregate der Firma überall in deutschen Kommunen verbaut würden. Auf Einladung der US-Regierung werde diese Technik jetzt in den USA implementiert. Halbstrom habe dort keine Mitbewerber, habe von Holst geprahlt.
Investment angeblich durch Bankbürgschaft abgesichert

Der Vermittler Dieter Bornscheuer etwa bekam eine Bestätigung einer US-Gesellschaft, die Enercrox einen Auftrag über 250 000 Stromspargeräte von einem US-Konzern bescheinigen sollte (siehe Abbildung). In einer E-Mail hatte ihm von Holst vorgerechnet, wie gewinnträchtig und sicher das Geschäft mit den Geräten sein sollte: „Jedes Investment ist durch eine testierte Bankbürgschaft in selber Höhe abgesichert.“ Eine Flexxdent GmbH aus Mühlheim an der Ruhr bestätigte der Firmenwelten AG, dass deren Halbstromgeräte „zu unserer vollsten Zufriedenheit laufen“. Nicht vermerkt war, dass die Flexxdent GmbH zur Firmenwelten-Gruppe gehört. Finanztest-Nachfragen in Mühlheim an der Ruhr und an weiteren von Vermittlern genannten Adressen in Städten wie Friedrichshafen, Dortmund und Düsseldorf ergaben, dass die Geräte dort völlig unbekannt sind. Was die Von-Holst-Firmen tatsächlich gemacht haben, ist unklar.
Zahlungsaufschub mit Hackerangriffen begründet
Lange ließen sich alle vom Von-Holst-Clan einlullen. Mitarbeiter berichten, per E-Mail aus den USA habe Firmenwelten-Aufsichtsrat Rainer von Holst seine als Vorstand eingesetzte Tochter Anne angewiesen, wie lästige Kritiker auszuschalten und Anleger hinzuhalten seien. Ab 2016 behaupteten die beiden, Erpresser- und Hackerangriffe auf Firmencomputer seien schuld daran, dass sich die Zahlungen an Anleger verzögerten. Rainer von Holst schrieb Mitarbeitern, Interessenten und Partnern: „Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, dass Ihre private Hebelinvestition in unsere Produkte Halbstrom, Enercrox und Bankhaus Rainer von Holst bankenüblich besichert sind und kein unerlaubtes Bankgeschäft darstellen.“
Anleger mit immer neuen Ausreden hingehalten
Auch Anne von Holst vertröstete Anleger in Briefen. Tag und Nacht habe man geschuftet, um den Schaden durch Hackerangriffe aufzuarbeiten, schrieb sie und versprach: „Alles wird gut.“ Großzügig bot sie Anlegern einen Zahlungsaufschub von 180 Tagen an. Das war Mitte 2016. Doch gut wurde nichts. Vielmehr wurden Anleger mit immer neuen Ausreden hingehalten.
2017 gingen die ersten Firmen pleite
Im April 2017 ging zunächst die Firmenwelten AG pleite, wenig Monate später die Wurstwelten GmbH. Eine Anordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht im Herbst 2017, wonach die Wurstwelten ihre Darlehen rückabwickeln sollten, weil es sich um unerlaubte Bankgeschäfte handelte, kam für Anleger zu spät. Die Firma war bereits vermögenslos und wurde mangels Masse vom Amtsgericht Duisburg aufgelöst.
Briefkästen in der Bielefelder Bahnhofstraße
Spätestens jetzt wusste Anleger Müller, dass der Weg zu seinem Geld „hart und steinig“ werden würde. Anne von Holst, bisher fürs Abwimmeln zuständig, war plötzlich nicht mehr erreichbar. Müllers Kündigungsschreiben kamen mit dem Vermerk „Adresse nicht ermittelbar“ zurück. Kein Wunder: In der Bahnhofstraße 4 in Bielefeld, die als Hauptsitz vieler Firmen angegeben ist, befinden sich nach Finanztest-Recherchen ohnehin nur Briefkästen.
Bankhäuser sind normale Firmen
Von Holst, der ständig neue Firmen gründet, warb derweil mit der neuen Firma Black Rock Advance für die Stromgeräte mit identischem Geschäftsmodell (siehe oben). Das britische Handelsregister listet mehrere mittlerweile inaktive Firmen auf, deren Geschäfte der Von-Holst-Clan geleitet hat. Die Bankhäuser – mindestens vier mit unterschiedlichen Rechtsformen – sind keine echten Banken, sie heißen nur so. Ob sie Vermögen haben, ist unklar.
15 Jahre Rainer von Holst
Rainer von Holst ist der Justiz seit Langem bekannt. Hier ein Auszug seiner Biografie aus rechtlicher Sicht.
2002: Verurteilung vom Amtsgericht Berlin-Tiergarten zu einer Geldstrafe wegen Betrugs in vier Fällen und wegen Vereitelung einer Zwangsvollstreckung.
2002: Rainer von Holst gibt vor dem Amtsgericht Lüneburg eine falsche eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse ab.
2003: Verurteilung vom Amtsgericht Mayen in Rheinland-Pfalz zu einer Geldstrafe wegen Betrugs.
2005: Verurteilung vom Amtsgericht Mayen zu 15 Monaten auf Bewährung wegen Betrugs in zwei Fällen und falscher Aussage an Eides statt.
2007: Rainer von Holst verschafft sich Geschäfte, indem er vorgibt, Rechtsanwalt zu sein. Er wird vom Landgericht Bielefeld auf Antrag des Bielefelder Anwaltvereins zur Unterlassung verurteilt. Von Holst macht trotzdem weiter. Die Ordnungsmittelverfahren des Landgerichts wegen der Verstöße werden eingestellt, nachdem von Holst eine Vertragsstrafe an den Anwaltverein Bielefeld gezahlt hat.
2017: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg wegen Betrugs. Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg, Abteilung Cyberkriminalität im Zusammenhang mit den unseriösen Machenschaften des Onlinedienstes Gerlachreport.
Eine Art Schutzgelderpressung
Anleger, die besonders hartnäckig ihr Geld forderten, nahm sich Vater Rainer von Holst, Chef der Enercrox Inc. in den USA, persönlich vor. Rentner Reese, der sich nicht abwimmeln ließ, teilte er mit, dass er sein Geld angewiesen habe. Als dieser mahnte, weil das Geld nicht kam, schreibt von Holst: „Ihre Vorgehensweise erfüllt u. a. den Straftatbestand der Nötigung.“ Er werde das Geld nun bei Gericht hinterlegen und eine rechtliche Klärung veranlassen. Das klingt wie ein Witz. Nötigen und Bedrängen halten andere Opfer eher für ein Spezialgebiet von Rainer von Holst. Denn neben der Abzocke von Privatanlegern gehört seit Oktober 2016 auch eine Art Schutzgelderpressung von Unternehmen zu seinen Einnahmequellen. Damals ging sein Internetportal „Gerlachreport“ online.
Die Masche Gerlachreport: Zahlen oder Negativberichte

Dieses Dokument zeigt, dass Rainer von Holst Inhaber von Newsroom LLC ist. Zuletzt wechselten sich die Briefkastenfirmen Anzago und Newsroom LLC als Herausgeberinnen des Gerlachreport ab. Demnach steht Rainer von Holst hinter dem Gerlachreport.

In reißerischer Manier scheint der Gerlachreport auf den ersten Blick Verbraucher, Investoren und Anleger vor unseriösen Geldanlagen zu warnen. Die Autoren werfen häufig Firmen oder ihren Chefs Betrug, Veruntreuung oder andere Straftaten vor. Sie vermischen in ihren Texten wahre Tatsachen mit frei erfundenen Behauptungen. Wehren können sich die Firmen kaum, weil Rainer von Holst alias Gerlachreport-Chefredakteur Jan Faber kein Impressum mit einer namentlich verantwortlichen Person und einer ladungsfähigen Anschrift angibt. Als Herausgeber wird lediglich eine amerikanische Briefkastenfirma namens Anzago mit Sitz in New York genannt. Von Holst bietet den Firmen einen Ausweg, die unliebsamen Berichte aus der Welt zu schaffen. Wenn sie zum Beispiel PR-Verträge abschließen und dafür Geld zahlen, werden die negativen Artikel über sie entfernt.
Von Holst bedroht seine Opfer
In einer E-Mail droht Rainer von Holst einer Firmenchefin mit einem „Flur- und Kollateralschaden“, der einem „bundesweiten Erdbeben gleichkommt“, wenn sie nicht umgehend zahle. „Dabei werden mit größter Wahrscheinlichkeit sämtliche unternehmerische Strukturen zerschlagen ...“, heißt es. Finanztest liegen Entwürfe von Strafanzeigen vor, in denen von Holst Firmenchefs Betrug vorwirft. Er droht damit, sie anzuzeigen, wenn sie nicht sofort Geld an ihn überweisen. Zahle man nicht, werde er die „interessierte Öffentlichkeit“ informieren. „Das wird jetzt womöglich sehr schmerzhaft“ oder „Jetzt wird das Feuer aus allen Rohren eröffnet werden“ heißt es in Nachrichten auf dem Handy eines Opfers.
Gerlachreport: Rufmord und Drohungen sind Programm
Die Methoden des Rainer von Holst erlebte Finanztest selbst im Rahmen der Recherchen. Wie es die journalistische Sorgfaltspflicht verlangt, konfrontierten wir ihn mit unseren Erkenntnissen und baten um Stellungnahme. Insbesondere fragten wir ihn nach den Drohungen gegen Unternehmen, deren Chefs er im Onlinedienst Gerlachreport zum Beispiel als Betrüger, Verbrecher oder Terroristen verunglimpft, wenn sie keine Verträge mit der Herausgeberfirma des Gerlachreport abschließen wollen.
Von Holst alias Jan Faber dachte gar nicht daran, unsere Fragen zu beantworten. Als Rainer von Holst wies er jede Frage „als ein Sammelsurium von Unwahrheiten“ zurück. Als Jan Faber, Chefredakteur des Gerlachreport, drohte er der Finanztest-Autorin, die er zuvor im Gerlachreport bereits als bestechlich und als Rufmörderin hingestellt hatte. Er werde nun eine E-Mail der Autorin veröffentlichen, in der sie schreibe, dass sie die Artikel über ihn und seine Familie für einen Betrag ab 100 000 US-Dollar verändern oder beseitigen könne. Die besagte E-Mail schicke er mit. Sie ist gefälscht.
Ton und Wortwahl sind typisch für von Holst. So setzt er auch Unternehmen unter Druck und fordert Geld von ihnen. Juristisch wehren können sich diese Opfer kaum, weil von Holst lediglich eine amerikanische Briefkastenfirma im Impressum nennt. Ohne ladungsfähige Anschrift – in Deutschland ein Muss – können die Betroffenen nicht klagen.
Das gehört zur Masche des Rainer von Holst. So kann er den Unternehmen anbieten, die rufschädigenden Artikel zu löschen, wenn sie etwa ihre Öffentlichkeitsarbeit in seine Hände legen und dafür bezahlen. Opfer des Gerlachreport hoffen auf die Strafverfolger, die seit Monaten ermitteln.
Autark spricht von Erpressung
Nicht alle Firmen zahlen. Einige haben Anzeige erstattet. Die Autark-Gruppe aus Berlin, vor deren dubiosen Angeboten Finanztest wiederholt gewarnt hat, spricht offen von Erpressung (siehe Meldung Schlammschlacht mit den Gerlachreport). Finanztest liegt ein im Juni 2017 unterschriebener Vertrag vor, nachdem die Autark-Gruppe „jeweils zum 15. eines Monats fällig“ rund 83 000 Euro an eine Von-Holst-Firma zahlen sollte, um negative Berichte zu verhindern. Vor den Anlageangeboten der Autark-Gruppe warnt Finanztest zwar (siehe Autark-Nachrangdarlehen und Dubiose Geschäfte gehen weiter). Dies rechtfertigt jedoch keine Schmutzkampagnen à la Rainer von Holst.
Justiz hat bislang wenig erreicht
Bislang haben Geschädigte wenig erreicht. Mehrere Staatsanwaltschaften haben Ermittlungsverfahren gegen Rainer von Holst im Laufe der Jahre „wegen Abwesenheit des Beschuldigten“ eingestellt. Seit einiger Zeit laufen alle Verfahren wegen Rufschädigung, Beleidigungen, Verunglimpfung, übler Nachrede, falscher Tatsachenbehauptungen, Erpressung und Nötigung bei der Abteilung Cyberkriminalität der Generalstaatsanwaltschaft in Bamberg zusammen. Zum Stand der Ermittlungen wollte sich die Behörde nicht äußern. „Um den Ermittlungserfolg nicht zu gefährden“, heißt es.
Wo ist der Gerlachreport zu Hause?
Newsroom LLC. Das Impressum des Onlinedienstes Gerlachreport hat wiederholt gewechselt. Mal ist die Firma Newsroom LLC als Herausgeberin angegeben, mal die Firma Anzago LLC – bei beiden handelt es sich um amerikanische Briefkastenfirmen. Newsroom LLC hat keine eigene Website, der Hinweis auf die Firma ist lediglich auf den Seiten des Gerlachreport zu finden. Gegenüber einem Unternehmen, das ihm Geld zahlen sollte, hat sich Rainer von Holst als Inhaber der Newsroom LLC ausgewiesen. Gegenüber Finanztest bestreitet er, den Onlinedienst Gerlachreport herauszugeben. Die Firma Newsroom LLC hat nichts mit der Firma Newsroom Solutions LLC zu tun, die sich auf die Darstellung von Börsenkursen über Laufbänder unter anderem für Fernsehsender spezialisiert hat.
Anzago LLC. Bei der ebenfalls zeitweise als Herausgeberin benannten Firma handelt es sich angeblich um eine Holdinggesellschaft, zu der über 40 Firmen gehören. Laut Gerlachreport hat Anzago im November 2017 die Newsroom LLC übernommen. Als Adresse gibt Anzago 30 Wall Street in New York City an. Dieselbe Adresse findet sich auch auf der Internetseite der Firma Investconsors, die zur Unternehmensgruppe Anzago gehören soll. 30 Wall Street ist eine Adresse, die viele Firmen angeben. Sie kann beim Anbieter Yourwallstreetoffice.com für rund 50 US-Dollar aufwärts pro Monat gekauft werden.
Adressen wie Anzago.com oder Gerlachreport.com sind vermutlich Wild West Domains. Die Inhaber solcher Domains sind in den USA nicht verpflichtet, die Namen der Besitzer bekannt zu geben. Solche Domains sind hilfreich, wenn man wie Rainer von Holst unerkannt bleiben will.
Zu den Alias-Namen des Rainer von Holst gehören Dr. Peter Klein und Milla Korjus. Beide werden neben weiteren Personen als Senior Partner der Anzago genannt, die zeitweise anstelle der Newsroom LLC als Herausgeberin des Gerlachreport firmierte. Die bei Anzago noch bis vor kurzem unter den Namen gezeigten Fotos der Mitarbeiter zeigen allerdings ausnahmslos Models. Die Bilder können zum Beispiel über die Bildagentur Shutterstock erworben werden.
Ermittlungen wegen Betrugs
Seit August 2017 befragt die Kriminalpolizei Augsburg Geschädigte. Zuvor wurden Wohnungen und Büros der Von-Holst-Firmen durchsucht. „Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat gegen sieben Verantwortliche Ermittlungen wegen Betrugs eingeleitet“, erklärt Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai. In diesem sehr komplexen Fall sei noch umfangreiches Beweismaterial auszuwerten, sodass mit einem Abschluss der Ermittlungen nicht in den nächsten Wochen zu rechnen ist.
Anleger verklagen Vermittler wegen Falschberatung
Unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen klagen einige Anleger gegen ihre Vermittler wegen Falschberatung, weil bei den Von-Holst-Firmen wohl nichts zu holen ist. Schwierig wird auch das. Nicht jeder Vermittler ist zahlungsfähig, selbst wenn die Anleger mit ihren Klagen durchkommen sollten.
Vermittler fühlen sich bedroht
Natürlich hat Finanztest Rainer, Alexander, und Anne von Holst um Stellungnahmen gebeten. Nur Familienoberhaupt Rainer antwortete. Er weist alle Vorwürfe von sich. Einige Vermittler und Exmitarbeiter von Rainer von Holst äußerten sich zwar, baten aber um Vertraulichkeit. Als Grund nannten sie Drohungen gegen ihre Familien, Einbrüche in ihre Büros und öffentliche Rufschädigungen (s. Kasten Rufmord und Drohungen sind Programm). Den Schaden haben die Anleger, Firmen und Geschäftspartner. Ob von Holst für sein kriminelles Tun jemals zur Rechenschaft gezogen werden kann, bleibt offen.
Unser Rat
Geldanlage. Finger weg von Anbietern, die Ihnen hohe Zinsen für Ihre Geldanlage garantieren. Sichere Zinsen von mehr als 2 Prozent sind derzeit am Markt nicht erzielbar. Versprechen Finanzvermittler Zinsen von 30 Prozent im Jahr, handelt es sich fast immer um Betrug.
Anzeige. Wenn Sie auf eine dubiose Anlage hereingefallen sind, sollten Sie Anzeige bei der Kriminalpolizei erstatten. Nur so kann es gelingen, Anlagehaien wie Rainer von Holst das Handwerk zu legen.
Vorsicht. Zahlen Sie kein Geld an Vermittler oder Inkassobüros, die vorgeben, Ihr Geld zurückholen zu können. Das klappt so gut wie nie.
Hilfe. Lassen Sie von einem auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Anwalt prüfen, ob Sie Ihren Vermittler wegen Falschberatung auf Schadenersatz verklagen können.
Warnliste. Wir setzen den Bund der Sparer wegen dubioser Empfehlungen, den Onlinedienst Gerlachreport wegen krimineller Machenschaften sowie weitere bekannt gewordene Firmen der Firmenwelten-Gruppe auf unsere Warnliste Geldanlage.
* Namen von der Redaktion geändert
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Bitte immer daran denken: Gier frisst Hirn!!!
Ein Geschäft das zu funktionieren scheint, denn Rainer von Holst macht es offensichtlich vor. Deutsche Behörden haben keine Handhabe gegen ihn? Diesen Bericht sollte man dann zu den US Behörden in Deutschland übermitteln. Das die diesem Treiben von ihrem Boden aus dann Kommentarlos zusehen, wäre für mich nicht vorstellbar. In Berlin gibt es eine US Botschaft. In Frankfurt das FBI mit einer Außenstelle.
Das mag man ja durchaus so sehen. Nur was hat das mit dem Artikel zu tun? Die im Artikel als verantwortlich genannten Personen leben außerhalb der deutschen Gerichtsbarkeit.
Der geschilderte Report sollte jedem eine Warnung sein.Den Betrugsverbrechern im Kleinen und Großen sollte der Staat keine Chance geben.An erster Stelle sollte der Schutz für die Bürger stehn, besonders der Kleineigentümern .Kleinkrimminelle im Bereich Bertrug, sollten hart bestraft,Großbetrüger sollten nicht unter zehn Jahren Haft davon kommen.Der übliche Haft - Mengenrabatt bei mehreren Betrugsstraftaten sollte völlig entfallen.
Warum lässt der Gesetzgeber dies alles zu?Warum lässt er durch milde Strafen (2-3Jahre)und weniger zu,so dass diese Verbrecher neue Untaten begehen.?Sind wir etwa ein Polizeistaat wenn wir unwissende und oft ältere Menschen gewissen Schutz gewähren.Ist es Absicht eine gewisse Verwirrung zu erzeugen oder erzeugen zu lassen.?Ist dann die Achsamkeit die jeder haben sollte,durch Ablenkung außer Kraft gesetzt, bei einigen?
Vielen Dank für den sehr guten Bericht! Auch wenn man selbst dank Finanztest nicht zu den Opfern solch windiger Geschäftemacher gehört, habe ich Mitleid mit denjenigen, die im Guten Glauben solche Geschäfte abgeschlossen haben.
FT und Frau Lauenburg vielen Dank und weiter so!!!