Abzocke, Drohungen, Rufmord Rainer von Holst und der Gerlachreport

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Abzocke, Drohungen, Rufmord - Rainer von Holst und der Gerlachreport

Rainer von Holst steht im Zentrum der dubiosen Firmen­welten-Gruppe. Bei Finanztest meldeten sich Anleger, die bis zu 180 000 Euro verloren haben. © Foto: iStockphoto, Composing: Finanztest

Rainer von Holst sitzt in den USA, fern der deutschen Justiz. Von dort zockt er mit seinem Clan Anleger ab, die auf sichere Zinsen hoffen. Finanztest deckt erst­mals auf, wie umfang­reich sein kriminelles System ist. Investigativreporterin Ariane Lauenburg beschreibt das Von-Holst-System. Unterlagen, die uns Insider zugespielt haben, dokumentieren, wie Rainer von Holst Anleger um zig Millionen Euro prellt und Unternehmen unter Druck setzt.

Anleger werden geschädigt, Firmen unter Druck gesetzt

Die Geschichte des Rainer von Holst klingt unglaublich: Er baut über Jahre ein Abzo­ckernetz mit immer neuen Firmen auf, schädigt in Deutsch­land Zehn­tausende Anleger und nötigt Unternehmen zu schutz­geld­artigen Zahlungen. Mal heißt er Jan Faber, mal Peter Klein oder Allan Klein, mal ist er Rechts­anwalt mit, mal ohne Doktor­titel. Für Geschädigte und Straf­verfolger ist der Mann, der Anleger um Millionen von Euros gebracht hat, nicht zu fassen. Seit 2015 lebt er in den USA und zieht von dort die Strippen. Getreue, darunter seine Kinder und eine Schar Finanz­vermittler, helfen ihm.

Ein Lehr­stück über Abzocke

Von Holst ist es nicht nur gelungen, sich der Justiz zu entziehen, sondern auch unter dem Radar der breiten Öffent­lich­keit zu bleiben. In Internet­einträgen machten zwar einzelne Getäuschte ihrem Ärger Luft, das volle Bild kannte bislang aber kaum jemand. Finanztest deckt erst­mals auf, wie umfang­reich sein kriminelles System ist. Es ist ein Lehr­stück über abge­brühte Abzo­cker aus Deutsch­land und die Gesetzes­lücken, durch die sie schlüpfen.

Unternehmen werfen Gerlachreport Erpressung vor

Ehemalige Von-Holst-Mitarbeiter haben Finanztest eine Fülle interner Unterlagen übergeben, aus denen hervorgeht, wie er Anleger herein­legt und wie die Erpressung von Unternehmen durch den vermeintlich unabhängigen Online­dienst Gerlachreport funk­tioniert. Anleger und Unternehmen berichten, wie sie in die Fänge des Netzes der Firmen­welten-Gruppe aus Biele­feld gerieten. Haupt­firma der Gruppe ist die Firmen­welten AG. Sie umfasst rund 200 Unternehmen. Ableger sitzen in Groß­britannien und den USA.

Ein Mann mit vielen Namen

Rainer von Holst ist der Spiritus Rector des Firmen­welten-Imperiums. Seine Adresse gibt er mit 1014 Barclay BLVD, Princeton, NJ, 08540 USA an. Seine angegebene Bank­verbindung bei der Wells Fargo passt zu Geldzah­lungen, die von Holst oder eine seiner Firmen von Unternehmens­chefs gefordert haben. Mal ist Rainer von Holst Jan Faber, Chef­redak­teur des Online­dienstes Gerlachreport, mal Counselor Dr. Peter Klein oder Counselor Dr. Allan Klein. Gelegentlich benutzt er auch den Namen Milla Korjus, einer vor­geblich weiteren Chef­redak­teurin des Gerlachreport.

Verführerische Zins­versprechen

Den Anlegern präsentierten Finanz­vermittler im Auftrag von Rainer von Holst verführerische Angebote. Firmen wie Enercrox, Halb­strom, Summi Viri, Wurst­welten oder ein Bank­haus von Holst boten Anlegern sichere 7 Prozent Zinsen für 90 Tage oder 15 Prozent für 180 Tage, wenn diese ihnen Geld über Part­nerschafts­verträge, Beteiligungen oder Darlehen gaben. Das entspricht satten 30 Prozent Zinsen pro Jahr.

Wer schon Geld verloren hat, ist besonders empfäng­lich

Interes­senten fanden sich schnell, ausgerechnet auch unter Menschen, die gerade mit einer anderen Geld­anlage herein­gefallen waren. Dazu gehörten einige der 2 400 Anleger der insolventen Biomassefirma EEV AG in Papenburg, die seit Jahren auf die Rück­zahlung ihrer Einlagen hoffen. Gerade herein­gefallene Anleger sind für schöne Zins­versprechen besonders empfäng­lich und für Finanz­vermittler leichte Beute. Sie sind meist bereit, voll ins Risiko zu gehen, um ihre Verluste wieder wett­zumachen. Von Holst nutzte das aus. Er verschaffte sich die EEV-Adress­listen und ließ die Leute anrufen, unter anderem vom Firmen­welten-Call­center in Augs­burg.

Hohe Zinsen für „Halb­strom“-Geschäfte

Von Holst wandte sich nicht nur an Anleger der EEV-Pleitefirma, sondern warb auch Finanz­vermittler ab. Ein Ex-Vertriebs­chef der EEV etwa köderte den Berliner Filmemacher Thomas Koch* und seine Frau Anne als Anleger. Sie schlossen 2015 ohne Bedenken je einen Part­nerschafts­vertrag mit der Firma Enercrox Inc. in den USA über insgesamt 50 000 Euro mit 180 Tagen Lauf­zeit ab. Die Anlage sollte ihnen 15 Prozent Zinsen bescheren. Die Investition machte ihnen der Ex-EEV-Mann mit dem Argument schmack­haft, dass Enercrox mit der erfolg­reichen „deutschen Halb­strom­technologie“ riesige Gewinne mache. Die Kochs haben davon nichts: Auf ihr Geld warten sie bis heute vergeblich.

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Ob Black­Rock oder Enercrox (hinten), Rainer von Holst erfindet vieles. Das Bild oben zeigt auch nicht, wie behauptet, „Halb­stromgeräte“, sondern Klima­anlagen – wie das unten stehende Bild belegt. Die Bild­agentur Shutter­stock schreibt dazu „air conditioner on a building“. © Screenshot Stiftung Warentest, März 2018

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© Quelle: Shutterstock, Screenshot Stiftung Warentest, März 2018

Berater versprechen sichere Geld­anlage

Auch Rentner Armin Reese* aus Bayern fiel auf „den Quatsch mit den Halb­stromgeräten“ herein, wie er sagt. Er erinnert sich, dass ihm sein Berater, der Chef der GVA Gesell­schaft für Vermögens­aufbau KG, Volkmar Heinz, erklärte: „Ihre Geld­anlage ist absolut sicher.“ In E-Mails warb Heinz: „Die entscheidende Person im Hintergrund ist Herr Rainer von Holst, Unternehmer aus Deutsch­land und mitt­lerweile US-Staats­bürger mit Super­vernetzung und Kontakten in die Politik, Banken­welt und Wirt­schaft.“ Die Firmen­welten gebe es schon 25 Jahre. Zudem habe von Holst mit seiner Familie eine Bank in London mit 100 Millionen Pfund Eigen­kapital, die schuldenfrei sei und keine Verpflichtungen habe.

„Das sind keine Firmen-, sondern Verbrecher­welten“

Im Dezember 2015 investierte Rentner Reese 50 000 Euro, die er gerade geerbt hatte. „Ich hätte wissen müssen, dass man so hohe Zinsen nicht garan­tieren kann.“ Er hat weder seinen Einsatz noch die Zinsen bekommen: „Das sind keine Firmen-, sondern Verbrecher­welten“, sagt er heute.

Vom Bund der Sparer empfohlen

Der Anleger Heinrich Müller* glaubte, ganz auf der sicheren Seite zu sein. Schließ­lich hatte er einen Berater, der ihm vom als gemeinnützig anerkannten Bund der Sparer empfohlen worden war. Der über­redete ihn, seine Lebens­versicherungen zu kündigen. Die frei werdenden 60 000 Euro steckte Müller 2016 in eine kleine Eigentums­wohnung und in ein Darlehen an die Wurst­welten GmbH. Mit den hohen Zinsen dafür könne er locker die monatlichen Kredit­kosten für die Wohnung bezahlen, argumentierte der Finanz­vermittler.

Vermittler mit von Holst verbandelt

Wie sollte Müller ahnen, dass der vom Bund der Sparer empfohlene Berater Peter S. zum Sach­wert Kontor gehört, das Alexander von Holst führt, ein Sohn von Rainer von Holst. Und die Wurst­welten GmbH, der er sein Geld anver­traute, leitet Antonia von Holst, eine der Töchter. Fragen dazu hat der Bund der Sparer Finanztest nicht beant­wortet. Auch Filmemacher Koch und Rentner Reese wussten nicht, dass ihre Vermittler mit von Holst verbandelt waren. Hätten sie gewusst, dass alle Firmen sehr ähnliche Rendite­versprechen machten, wären sie wohl früher stutzig geworden. So aber glaubten sie Firmen­welten-Vertriebs­chef Cosimo Turturro. Der sagte, er könne die hohen Zinsen garan­tieren, weil die reiche Firmen­welten AG für die Wurst­welten, Halb­strom und Enercrox und Co hafte. Turturro ist für Anleger längst nicht mehr zu sprechen. Auch Finanztest konnte den Mann nicht erreichen.

Leicht­gläubige Vermittler

Dass die Rendite­versprechen zu gut klangen, wollen Vermittler wie Volkmar Heinz nicht begriffen haben. Einige behaupten, selbst bei Enercrox investiert zu haben. Der charismatische Rainer von Holst habe ihnen zum Beispiel auf einem Seminar 2013 in Düssel­dorf weisgemacht, dass die Stromspar­aggregate der Firma über­all in deutschen Kommunen verbaut würden. Auf Einladung der US-Regierung werde diese Technik jetzt in den USA implementiert. Halb­strom habe dort keine Mitbewerber, habe von Holst geprahlt.

Investment angeblich durch Bank­bürg­schaft abge­sichert

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Der Vermittler Dieter Born­scheuer etwa bekam eine Bestätigung einer US-Gesell­schaft, die Enercrox einen Auftrag über 250 000 Stromspargeräte von einem US-Konzern bescheinigen sollte (siehe Abbildung). In einer E-Mail hatte ihm von Holst vorgerechnet, wie gewinn­trächtig und sicher das Geschäft mit den Geräten sein sollte: „Jedes Investment ist durch eine testierte Bank­bürg­schaft in selber Höhe abge­sichert.“ Eine Flexxdent GmbH aus Mühlheim an der Ruhr bestätigte der Firmen­welten AG, dass deren Halb­stromgeräte „zu unserer vollsten Zufriedenheit laufen“. Nicht vermerkt war, dass die Flexxdent GmbH zur Firmen­welten-Gruppe gehört. Finanztest-Nach­fragen in Mühlheim an der Ruhr und an weiteren von Vermitt­lern genannten Adressen in Städten wie Friedrichs­hafen, Dort­mund und Düssel­dorf ergaben, dass die Geräte dort völlig unbe­kannt sind. Was die Von-Holst-Firmen tatsäch­lich gemacht haben, ist unklar.

Zahlungs­aufschub mit Hacker­angriffen begründet

Lange ließen sich alle vom Von-Holst-Clan einlullen. Mitarbeiter berichten, per E-Mail aus den USA habe Firmen­welten-Aufsichts­rat Rainer von Holst seine als Vorstand einge­setzte Tochter Anne angewiesen, wie lästige Kritiker auszuschalten und Anleger hinzuhalten seien. Ab 2016 behaupteten die beiden, Erpresser- und Hacker­angriffe auf Firmencomputer seien schuld daran, dass sich die Zahlungen an Anleger verzögerten. Rainer von Holst schrieb Mitarbeitern, Interes­senten und Part­nern: „Ich gebe Ihnen mein Ehren­wort, dass Ihre private Hebel­investition in unsere Produkte Halb­strom, Enercrox und Bank­haus Rainer von Holst banken­üblich besichert sind und kein unerlaubtes Bank­geschäft darstellen.“

Anleger mit immer neuen Ausreden hingehalten

Auch Anne von Holst vertröstete Anleger in Briefen. Tag und Nacht habe man geschuftet, um den Schaden durch Hacker­angriffe aufzuarbeiten, schrieb sie und versprach: „Alles wird gut.“ Groß­zügig bot sie Anlegern einen Zahlungs­aufschub von 180 Tagen an. Das war Mitte 2016. Doch gut wurde nichts. Vielmehr wurden Anleger mit immer neuen Ausreden hingehalten.

2017 gingen die ersten Firmen pleite

Im April 2017 ging zunächst die Firmen­welten AG pleite, wenig Monate später die Wurst­welten GmbH. Eine Anordnung der Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht im Herbst 2017, wonach die Wurst­welten ihre Darlehen rück­abwickeln sollten, weil es sich um unerlaubte Bank­geschäfte handelte, kam für Anleger zu spät. Die Firma war bereits vermögenslos und wurde mangels Masse vom Amts­gericht Duisburg aufgelöst.

Briefkästen in der Biele­felder Bahnhof­straße

Spätestens jetzt wusste Anleger Müller, dass der Weg zu seinem Geld „hart und steinig“ werden würde. Anne von Holst, bisher fürs Abwimmeln zuständig, war plötzlich nicht mehr erreich­bar. Müllers Kündigungs­schreiben kamen mit dem Vermerk „Adresse nicht ermittel­bar“ zurück. Kein Wunder: In der Bahnhof­straße 4 in Biele­feld, die als Haupt­sitz vieler Firmen angegeben ist, befinden sich nach Finanztest-Recherchen ohnehin nur Briefkästen.

Bank­häuser sind normale Firmen

Von Holst, der ständig neue Firmen gründet, warb derweil mit der neuen Firma Black Rock Advance für die Stromgeräte mit identischem Geschäfts­modell (siehe oben). Das britische Handels­register listet mehrere mitt­lerweile inaktive Firmen auf, deren Geschäfte der Von-Holst-Clan geleitet hat. Die Bank­häuser – mindestens vier mit unterschiedlichen Rechts­formen – sind keine echten Banken, sie heißen nur so. Ob sie Vermögen haben, ist unklar.

15 Jahre Rainer von Holst

Rainer von Holst ist der Justiz seit Langem bekannt. Hier ein Auszug seiner Biografie aus recht­licher Sicht.

2002: Verurteilung vom Amts­gericht Berlin-Tiergarten zu einer Geld­strafe wegen Betrugs in vier Fällen und wegen Vereitelung einer Zwangs­voll­stre­ckung.

2002: Rainer von Holst gibt vor dem Amts­gericht Lüneburg eine falsche eides­statt­liche Versicherung über seine Vermögens­verhält­nisse ab.

2003: Verurteilung vom Amts­gericht Mayen in Rhein­land-Pfalz zu einer Geld­strafe wegen Betrugs.

2005: Verurteilung vom Amts­gericht Mayen zu 15 Monaten auf Bewährung wegen Betrugs in zwei Fällen und falscher Aussage an Eides statt.

2007: Rainer von Holst verschafft sich Geschäfte, indem er vorgibt, Rechts­anwalt zu sein. Er wird vom Land­gericht Biele­feld auf Antrag des Biele­felder Anwalt­ver­eins zur Unterlassung verurteilt. Von Holst macht trotzdem weiter. Die Ordnungs­mittel­verfahren des Land­gerichts wegen der Verstöße werden einge­stellt, nachdem von Holst eine Vertrags­strafe an den Anwalt­ver­ein Biele­feld gezahlt hat.

2017: Ermitt­lungen der Staats­anwalt­schaft Augs­burg wegen Betrugs. Ermitt­lungen der General­staats­anwalt­schaft Bamberg, Abteilung Cyberkriminalität im Zusammen­hang mit den unseriösen Machenschaften des Online­dienstes Gerlachreport.

Eine Art Schutzgeld­erpressung

Anleger, die besonders hartnä­ckig ihr Geld forderten, nahm sich Vater Rainer von Holst, Chef der Enercrox Inc. in den USA, persönlich vor. Rentner Reese, der sich nicht abwimmeln ließ, teilte er mit, dass er sein Geld angewiesen habe. Als dieser mahnte, weil das Geld nicht kam, schreibt von Holst: „Ihre Vorgehens­weise erfüllt u. a. den Straftat­bestand der Nötigung.“ Er werde das Geld nun bei Gericht hinterlegen und eine recht­liche Klärung veranlassen. Das klingt wie ein Witz. Nötigen und Bedrängen halten andere Opfer eher für ein Spezial­gebiet von Rainer von Holst. Denn neben der Abzocke von Privat­anlegern gehört seit Oktober 2016 auch eine Art Schutzgeld­erpressung von Unternehmen zu seinen Einnahme­quellen. Damals ging sein Internetportal „Gerlachreport“ online.

Die Masche Gerlachreport: Zahlen oder Negativbe­richte

Abzocke, Drohungen, Rufmord - Rainer von Holst und der Gerlachreport

Dieses Dokument zeigt, dass Rainer von Holst Inhaber von Newsroom LLC ist. Zuletzt wechselten sich die Brief­kastenfirmen Anzago und Newsroom LLC als Heraus­geberinnen des Gerlachreport ab. Demnach steht Rainer von Holst hinter dem Gerlachreport.

In reißerischer Manier scheint der Gerlachreport auf den ersten Blick Verbraucher, Investoren und Anleger vor unseriösen Geld­anlagen zu warnen. Die Autoren werfen häufig Firmen oder ihren Chefs Betrug, Veruntreuung oder andere Straftaten vor. Sie vermischen in ihren Texten wahre Tatsachen mit frei erfundenen Behauptungen. Wehren können sich die Firmen kaum, weil Rainer von Holst alias Gerlachreport-Chef­redak­teur Jan Faber kein Impressum mit einer namentlich verantwort­lichen Person und einer ladungs­fähigen Anschrift angibt. Als Heraus­geber wird lediglich eine amerikanische Brief­kastenfirma namens Anzago mit Sitz in New York genannt. Von Holst bietet den Firmen einen Ausweg, die unlieb­samen Berichte aus der Welt zu schaffen. Wenn sie zum Beispiel PR-Verträge abschließen und dafür Geld zahlen, werden die negativen Artikel über sie entfernt.

Von Holst bedroht seine Opfer

In einer E-Mail droht Rainer von Holst einer Firmenchefin mit einem „Flur- und Kollateralschaden“, der einem „bundes­weiten Erdbeben gleich­kommt“, wenn sie nicht umge­hend zahle. „Dabei werden mit größter Wahr­scheinlich­keit sämtliche unternehmerische Strukturen zerschlagen ...“, heißt es. Finanztest liegen Entwürfe von Straf­anzeigen vor, in denen von Holst Firmenchefs Betrug vorwirft. Er droht damit, sie anzu­zeigen, wenn sie nicht sofort Geld an ihn über­weisen. Zahle man nicht, werde er die „interes­sierte Öffent­lich­keit“ informieren. „Das wird jetzt womöglich sehr schmerzhaft“ oder „Jetzt wird das Feuer aus allen Rohren eröffnet werden“ heißt es in Nach­richten auf dem Handy eines Opfers.

Gerlachreport: Rufmord und Drohungen sind Programm

Die Methoden des Rainer von Holst erlebte Finanztest selbst im Rahmen der Recherchen. Wie es die journalistische Sorgfalts­pflicht verlangt, konfrontierten wir ihn mit unseren Erkennt­nissen und baten um Stellung­nahme. Insbesondere fragten wir ihn nach den Drohungen gegen Unternehmen, deren Chefs er im Online­dienst Gerlachreport zum Beispiel als Betrüger, Verbrecher oder Terroristen verunglimpft, wenn sie keine Verträge mit der Heraus­geberfirma des Gerlachreport abschließen wollen.

Von Holst alias Jan Faber dachte gar nicht daran, unsere Fragen zu beant­worten. Als Rainer von Holst wies er jede Frage „als ein Sammelsurium von Unwahr­heiten“ zurück. Als Jan Faber, Chef­redak­teur des Gerlachreport, drohte er der Finanztest-Auto­rin, die er zuvor im Gerlachreport bereits als bestechlich und als Rufmörderin hingestellt hatte. Er werde nun eine E-Mail der Auto­rin veröffent­lichen, in der sie schreibe, dass sie die Artikel über ihn und seine Familie für einen Betrag ab 100 000 US-Dollar verändern oder beseitigen könne. Die besagte E-Mail schicke er mit. Sie ist gefälscht.

Ton und Wort­wahl sind typisch für von Holst. So setzt er auch Unternehmen unter Druck und fordert Geld von ihnen. Juristisch wehren können sich diese Opfer kaum, weil von Holst lediglich eine amerikanische Brief­kastenfirma im Impressum nennt. Ohne ladungs­fähige Anschrift – in Deutsch­land ein Muss – können die Betroffenen nicht klagen.

Das gehört zur Masche des Rainer von Holst. So kann er den Unternehmen anbieten, die rufschädigenden Artikel zu löschen, wenn sie etwa ihre Öffent­lich­keits­arbeit in seine Hände legen und dafür bezahlen. Opfer des Gerlachreport hoffen auf die Straf­verfolger, die seit Monaten ermitteln.

Autark spricht von Erpressung

Nicht alle Firmen zahlen. Einige haben Anzeige erstattet. Die Autark-Gruppe aus Berlin, vor deren dubiosen Angeboten Finanztest wieder­holt gewarnt hat, spricht offen von Erpressung (siehe Meldung Schlammschlacht mit den Gerlachreport). Finanztest liegt ein im Juni 2017 unter­schriebener Vertrag vor, nachdem die Autark-Gruppe „jeweils zum 15. eines Monats fällig“ rund 83 000 Euro an eine Von-Holst-Firma zahlen sollte, um negative Berichte zu verhindern. Vor den Anla­geangeboten der Autark-Gruppe warnt Finanztest zwar (siehe Autark-Nachrangdarlehen und Dubiose Geschäfte gehen weiter). Dies recht­fertigt jedoch keine Schmutz­kampagnen à la Rainer von Holst.

Justiz hat bislang wenig erreicht

Bislang haben Geschädigte wenig erreicht. Mehrere Staats­anwalt­schaften haben Ermitt­lungs­verfahren gegen Rainer von Holst im Laufe der Jahre „wegen Abwesenheit des Beschuldigten“ einge­stellt. Seit einiger Zeit laufen alle Verfahren wegen Rufschädigung, Beleidigungen, Verunglimpfung, übler Nach­rede, falscher Tatsachenbe­hauptungen, Erpressung und Nötigung bei der Abteilung Cyberkriminalität der General­staats­anwalt­schaft in Bamberg zusammen. Zum Stand der Ermitt­lungen wollte sich die Behörde nicht äußern. „Um den Ermitt­lungs­erfolg nicht zu gefährden“, heißt es.

Wo ist der Gerlachreport zu Hause?

Newsroom LLC. Das Impressum des Online­dienstes Gerlachreport hat wieder­holt gewechselt. Mal ist die Firma Newsroom LLC als Heraus­geberin angegeben, mal die Firma Anzago LLC – bei beiden handelt es sich um amerikanische Brief­kastenfirmen. Newsroom LLC hat keine eigene Website, der Hinweis auf die Firma ist lediglich auf den Seiten des Gerlachreport zu finden. Gegen­über einem Unternehmen, das ihm Geld zahlen sollte, hat sich Rainer von Holst als Inhaber der Newsroom LLC ausgewiesen. Gegen­über Finanztest bestreitet er, den Online­dienst Gerlachreport heraus­zugeben. Die Firma Newsroom LLC hat nichts mit der Firma Newsroom Solutions LLC zu tun, die sich auf die Darstellung von Börsen­kursen über Laufbänder unter anderem für Fernsehsender spezialisiert hat.

Anzago LLC. Bei der ebenfalls zeit­weise als Heraus­geberin benannten Firma handelt es sich angeblich um eine Holdinggesell­schaft, zu der über 40 Firmen gehören. Laut Gerlachreport hat Anzago im November 2017 die Newsroom LLC über­nommen. Als Adresse gibt Anzago 30 Wall Street in New York City an. Dieselbe Adresse findet sich auch auf der Internetseite der Firma Investconsors, die zur Unter­nehmens­gruppe Anzago gehören soll. 30 Wall Street ist eine Adresse, die viele Firmen angeben. Sie kann beim Anbieter Yourwall­stree­toffice.com für rund 50 US-Dollar aufwärts pro Monat gekauft werden.

Adressen wie Anzago.com oder Gerlachreport.com sind vermutlich Wild West Domains. Die Inhaber solcher Domains sind in den USA nicht verpflichtet, die Namen der Besitzer bekannt zu geben. Solche Domains sind hilf­reich, wenn man wie Rainer von Holst unerkannt bleiben will.

Zu den Alias-Namen des Rainer von Holst gehören Dr. Peter Klein und Milla Korjus. Beide werden neben weiteren Personen als Senior Partner der Anzago genannt, die zeit­weise anstelle der Newsroom LLC als Heraus­geberin des Gerlachreport firmierte. Die bei Anzago noch bis vor kurzem unter den Namen gezeigten Fotos der Mitarbeiter zeigen allerdings ausnahms­los Models. Die Bilder können zum Beispiel über die Bild­agentur Shutter­stock erworben werden.

Ermitt­lungen wegen Betrugs

Seit August 2017 befragt die Kriminal­polizei Augs­burg Geschädigte. Zuvor wurden Wohnungen und Büros der Von-Holst-Firmen durch­sucht. „Die Staats­anwalt­schaft Augs­burg hat gegen sieben Verantwort­liche Ermitt­lungen wegen Betrugs einge­leitet“, erklärt Ober­staats­anwalt Matthias Nick­olai. In diesem sehr komplexen Fall sei noch umfang­reiches Beweismaterial auszuwerten, sodass mit einem Abschluss der Ermitt­lungen nicht in den nächsten Wochen zu rechnen ist.

Anleger verklagen Vermittler wegen Falsch­beratung

Unabhängig von den strafrecht­lichen Ermitt­lungen klagen einige Anleger gegen ihre Vermittler wegen Falsch­beratung, weil bei den Von-Holst-Firmen wohl nichts zu holen ist. Schwierig wird auch das. Nicht jeder Vermittler ist zahlungs­fähig, selbst wenn die Anleger mit ihren Klagen durch­kommen sollten.

Vermittler fühlen sich bedroht

Natürlich hat Finanztest Rainer, Alexander, und Anne von Holst um Stellung­nahmen gebeten. Nur Familien­ober­haupt Rainer antwortete. Er weist alle Vorwürfe von sich. Einige Vermittler und Exmit­arbeiter von Rainer von Holst äußerten sich zwar, baten aber um Vertraulich­keit. Als Grund nannten sie Drohungen gegen ihre Familien, Einbrüche in ihre Büros und öffent­liche Rufschädigungen (s. Kasten Rufmord und Drohungen sind Programm). Den Schaden haben die Anleger, Firmen und Geschäfts­partner. Ob von Holst für sein kriminelles Tun jemals zur Rechenschaft gezogen werden kann, bleibt offen.

Unser Rat

Geld­anlage. Finger weg von Anbietern, die Ihnen hohe Zinsen für Ihre Geld­anlage garan­tieren. Sichere Zinsen von mehr als 2 Prozent sind derzeit am Markt nicht erziel­bar. Versprechen Finanz­vermittler Zinsen von 30 Prozent im Jahr, handelt es sich fast immer um Betrug.

Anzeige. Wenn Sie auf eine dubiose Anlage herein­gefallen sind, sollten Sie Anzeige bei der Kriminal­polizei erstatten. Nur so kann es gelingen, Anla­gehaien wie Rainer von Holst das Hand­werk zu legen.

Vorsicht. Zahlen Sie kein Geld an Vermittler oder Inkassobüros, die vorgeben, Ihr Geld zurück­holen zu können. Das klappt so gut wie nie.

Hilfe. Lassen Sie von einem auf Kapital­anlagerecht spezialisierten Anwalt prüfen, ob Sie Ihren Vermittler wegen Falsch­beratung auf Schaden­ersatz verklagen können.

Warn­liste. Wir setzen den Bund der Sparer wegen dubioser Empfehlungen, den Online­dienst Gerlachreport wegen krimineller Machenschaften sowie weitere bekannt gewordene Firmen der Firmen­welten-Gruppe auf unsere Warnliste Geldanlage.

* Namen von der Redak­tion geändert

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Gelbfüßler am 13.02.2018 um 19:23 Uhr
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gaunerundwahrheit am 13.02.2018 um 16:15 Uhr
Gerlachreport Erpressung und Rufmord

Ein Geschäft das zu funktionieren scheint, denn Rainer von Holst macht es offensichtlich vor. Deutsche Behörden haben keine Handhabe gegen ihn? Diesen Bericht sollte man dann zu den US Behörden in Deutschland übermitteln. Das die diesem Treiben von ihrem Boden aus dann Kommentarlos zusehen, wäre für mich nicht vorstellbar. In Berlin gibt es eine US Botschaft. In Frankfurt das FBI mit einer Außenstelle.

Gelöschter Nutzer am 13.02.2018 um 06:39 Uhr
@Peregrino303

Das mag man ja durchaus so sehen. Nur was hat das mit dem Artikel zu tun? Die im Artikel als verantwortlich genannten Personen leben außerhalb der deutschen Gerichtsbarkeit.

Peregrino303 am 12.02.2018 um 16:24 Uhr
Jede Art von Übervorteilung ist Verbrechen

Der geschilderte Report sollte jedem eine Warnung sein.Den Betrugsverbrechern im Kleinen und Großen sollte der Staat keine Chance geben.An erster Stelle sollte der Schutz für die Bürger stehn, besonders der Kleineigentümern .Kleinkrimminelle im Bereich Bertrug, sollten hart bestraft,Großbetrüger sollten nicht unter zehn Jahren Haft davon kommen.Der übliche Haft - Mengenrabatt bei mehreren Betrugsstraftaten sollte völlig entfallen.
Warum lässt der Gesetzgeber dies alles zu?Warum lässt er durch milde Strafen (2-3Jahre)und weniger zu,so dass diese Verbrecher neue Untaten begehen.?Sind wir etwa ein Polizeistaat wenn wir unwissende und oft ältere Menschen gewissen Schutz gewähren.Ist es Absicht eine gewisse Verwirrung zu erzeugen oder erzeugen zu lassen.?Ist dann die Achsamkeit die jeder haben sollte,durch Ablenkung außer Kraft gesetzt, bei einigen?

zaphod42 am 12.02.2018 um 15:32 Uhr
Gut zu lesen, besser als jeder Wirtschaftskrimi

Vielen Dank für den sehr guten Bericht! Auch wenn man selbst dank Finanztest nicht zu den Opfern solch windiger Geschäftemacher gehört, habe ich Mitleid mit denjenigen, die im Guten Glauben solche Geschäfte abgeschlossen haben.
FT und Frau Lauenburg vielen Dank und weiter so!!!