
Der Finanzdienstleister AWD muss einem Anleger Schadenersatz wegen Falschberatung zahlen. Laut Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg hatte ein AWD-Berater einem Anleger Beteiligungen an Filmfonds vermittelt und Verlustrisiken verharmlost. Auch vor dem Landgericht Braunschweig hat der AWD eine Schlappe hinnehmen müssen.
AWD muss Käufer von Filmfonds entschädigen
Der Finanzdienstleister AWD ist zum Schadenersatz verurteilt worden. Den klagenden Anleger muss er nun so stellen, wie wenn dieser seine Beteiligungen an den Filmfonds der Internationalen Medienfonds GmbH & Co. Produktions KG (IMF) nie gekauft hätte. Die Filmfonds waren von der Deutschen Capital Management AG (DCM) initiiert und vom AWD vertrieben worden. Das Oberlandesgericht Naumburg sprach dem Anleger für seine Beteiligungen am Filmfonds IMF 2 rund 14 000 Euro Schadenersatz zu. Eine Revision gegen das Urteil hat das Gericht nicht zugelassen.
Berater muss über Prospektfehler aufklären
Die Haftung des AWD begründete das Oberlandesgericht mit mehren Beratungsfehlern des AWD-Mitarbeiters. Dabei wertete es eine „Gesprächsnotiz zur Vermittlung eines Medienfonds“ als Beratungsprotokoll. In dem Protokoll sei auf das erhöhte Totalverlustrisiko bei einem Filmfonds nicht hingewiesen worden. Auch die Prospekte zum IMF 1 und IMF 2 seien diesbezüglich fehlerhaft und verharmlosten das Totalverlustrisiko. Da der AWD-Mann bei der Beratung den fehlerhaften Prospekt benutzt habe, stand für das Gericht fest, dass er falsch beraten habe. Der AWD-Berater habe dem Kläger und seiner Ehefrau zudem nicht mitgeteilt, dass es sich bei Beteiligungen an Filmfonds um eine spekulative Anlage handele, die keine sichere Altersvorsorge biete.
Gericht weist Verjährungseinrede zurück
Im Verfahren meinte der AWD: Die Angelegenheit ist verjährt, da der Kauf der Filmfondsanteile mehr als drei Jahre zurückgelegen habe. Doch dieser Ansicht folgte das Oberlandesgericht Naumburg nicht. Die Verjährung beginne für jeden einzelnen Anspruch wegen Beratungsfehler erst dann, wenn der Anleger von der Pflichtverletzung bei der Beratung erfahre. Ausschüttungskürzungen seien zum Beispiel kein ausreichendes Alarmzeichen. Im vorliegenden Fall ging das Gericht davon aus, dass der Kläger die Verharmlosung des Totalverlustrisikos erst durch seinen Rechtsanwalt erfahren habe.
Auch Landgericht Braunschweig sieht Beratungsfehler
Der AWD hat noch eine weitere Schlappe vor Gericht erlitten. Auch das Landgericht Braunschweig hat jetzt gegen den Finanzdienstleister geurteilt. Zugrunde lag der Fall eines Ehepaars, dem ein AWD-Vermittler den Fonds IMF 3, also eine Unternehmensbeteiligung, als sichere Geldanlage empfohlen haben soll. Dabei gehört das Produkt zur höchsten Risikostufe. Gegen das Urteil will der AWD Berufung einlegen.
Falsche Sicherheit suggeriert
Die Urteile beim Landgericht Braunschweig und beim Oberlandesgericht Naumburg hat Rechtsanwältin Petra Brockmann von der Bremer Kanzlei Hahn erstritten. Beide Fonds haben nach ihren Angaben von 2001 bis 2003 bei rund 15 000 Anlegern insgesamt 280 Millionen Euro eingesammelt. In den Verkaufsprospekten wurde dabei der Eindruck erweckt, bei der Finanzierung der Spielfilme bestünden nur Gefahren wie „Krieg, Bürgerkrieg, Aufstände, radioaktive Verseuchungen oder Erdbeben“ sowie Verlust des Negativs und „Talentausfall“. Dabei kann nach Überzeugung des Oberlandesgerichts Naumburg ein Totalverlust bereits dann eintreten, „wenn sich nur das Ausfallrisiko verwirklicht, das heißt das Publikum die produzierten Filme nicht wie erwartet annimmt“. Durch die gehäufte Verwendung von Begriffen wie „Sicherungskette“ und deren „plastische grafische Darstellung“ sei psychologisch wirkungsvoll eine überhaupt nicht bestehende Sicherheit suggeriert worden.
AWD auf Warnliste von Finanztest
Der Finanzdienstleister AWD, der wegen seiner dubiosen Beratungsmethoden bereits mehrere Jahre auf der Warnliste der Zeitschrift Finanztest stand, ist nun seit einiger Zeit erneut auf der Liste. Der Vorwurf: Der AWD habe bei der Vermittlung von Filmfonds hohe Provisionen kassiert und Anleger darüber nicht aufgeklärt. Auch der österreichische AWD steht auf der Warnliste – wegen des Vorwurfs, Tausende Anleger falsch beraten zu haben. Gegen den AWD Österreich hat der Wiener Verein für Konsumenteninformation (VKI) – eine Partnerorganisation der Stiftung Warentest – kürzlich ein wichtiges Urteil erstritten.
Urteil Landgericht Braunschweig: Az. 5 O 1976/10, nicht rechtskräftig
Urteil OLG Naumburg, Az. 5 U 187/11, Revision nicht zugelassen, nicht rechtskräftig
[12.08.2013] Österreichische Verbraucherschützer ziehen Vorwurf der Falschberatung zurück: VKI und Swiss Life Select (ehemals AWD Österreich) einigen sich auf Vergleich