Schock für Anleger, die Genussrechte des Windkraftspezialisten Prokon Regenerative Energien besitzen: Nach neuesten Zahlen hat die Gesellschaft Riesenverluste angehäuft. Ihr Stammkapital war Ende August aufgezehrt. Das kann die Anleger hart treffen: Sie müssen Verluste voll mittragen, die über das Stammkapital hinausgehen.
Neue Zwischenbilanz auf Seite 9 des Rundbriefs
Besinnliche Stimmung verbreitet die erste Seite des neuesten Rundbriefs der Prokon Unternehmensgruppe aus Itzehoe. Das ist der Konzern, zu dem die Prokon Regenerative Energien GmbH (PRE) gehört, die Genussrechte mit mindestens sechs Prozent Zinsen anbietet. Viele kennen sie aus der Werbung im Fernsehen, in S-Bahnen oder durch Postwurfsendungen. Rund 74 000 Anleger haben schon mehr als eine Milliarde Euro investiert. Neben einem Jahresrückblick und guten Weihnachtswünschen enthält die Titelseite des Rundbriefs den Tipp, Prokon-Genussrechte zu Weihnachten zu verschenken. Auf Seite 9 aber fangen die schlechten Nachrichten an: Die auf erneuerbare Energien spezialisierte Unternehmensgruppe gibt auf mehreren Seiten Einblick in ihre Zahlen. Darunter ist auch eine wenig erfreuliche Zwischenbilanz. Die entsprechenden Zahlen für die Tochterfirma Prokon Regenerative Energien hat Prokon leider nicht mit in den Rundbrief aufgenommen. Wer sie ansehen will, muss den weiterführenden Hinweisen folgen und die Website des Konzerns aufrufen. Die Zahlen finden sich unter dem Stichwort „Windenergie“ im Menüpunkt „Zahlen, Daten, Fakten“.
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Die Riesenverluste haben Folgen für die Anleger

Wenn Sie die Grafik anklicken, sehen Sie Ausschnitte aus den Zwischenbilanzen von Konzern und PRE.
Die Ausschnitte zeigen den Verzehr des Stammkapitals und die hohen Verlustvorträge beim Konzern und der Genussrechtsgesellschaft PRE.
Die Zwischenbilanzen sind verheerend schlecht (siehe Grafik links): Im Konzern (Prokon Unternehmensgruppe) sind bis 31. August 2013 stattliche 194,4 Millionen Euro Verlust aufgelaufen. Die Verlustvorträge schossen demnach in einem einzigen Monat in die Höhe: Zum 31. Juli dieses Jahres hatte der Konzern den Verlustvortrag noch auf – ohnehin schon hohe – 146,5 Millionen Euro beziffert. Die Tochter PRE alleine hat bis 31. August 2013 stolze 107,2 Millionen Euro Verlust angehäuft. Die Summe fließt in die Zahlen des Konzerns mit ein. Die Unternehmensgruppe äußerte sich nicht zu den Gründen für den rasanten Anstieg – ebenso wenig wie zu der Frage, warum die entsprechenden Verlustvorträge zwischenzeitlich nach unten korrigiert worden sind: Bis vor wenigen Tagen waren auf der Firmenwebsite noch Verlustvorträge von 221,1 Millionen Euro für den Konzern und 123,6 Millionen Euro für PRE ausgewiesen worden. Die Riesenverluste haben Folgen für die Anleger. Denn die Genussrechtsbedingungen von PRE sehen vor, dass Fehlbeträge zunächst den Rücklagen und dann dem Stammkapital der Gesellschaft zugewiesen wird. Gehen die Verluste noch darüber hinaus, muss das Genussrechtskapital sie voll mittragen. Der Rückzahlungsanspruch der Anleger sinkt entsprechend. Zum 31. August 2013 war das Stammkapital der Gesellschaft längst aufgezehrt. Die Unternehmensgruppe äußerte sich auf Anfrage von test.de nicht dazu, ob und gegebenenfalls um wie viel sich der Rückzahlungsanspruch schon vermindert hat.
Risikobefürchtungen bei den Wirtschaftsprüfern
Im Rundbrief verbreitet die Prokon Unternehmensgruppe noch eine weitere Schocknachricht: Der Konzern wird im endgültigen Abschluss für 2012 keinen Wert für die stillen Reserven mehr ausweisen. Die stillen Reserven sind die Differenz zwischen dem Markt- oder Verkehrswert eines Gutes und dem Buchwert, mit dem es nach den Bilanzierungsvorschriften des Handelsgesetzbuches angesetzt wird. Die Unternehmensgruppe habe entschieden, „den Risikobefürchtungen und formalen Anforderungen der Wirtschaftsprüfer“ nachzugeben und in der Konzern-Eröffnungsbilanz „abweichend von unseren Angaben im letzten Rundbrief und auf unserer Internetseite die stillen Reserven mit Null Euro zu bewerten.“ Die Prüfer hätten sich nicht mehr getraut, hinter bereits abgestimmten Berechnungen zu stehen und eine zweite Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hinzugezogen. Zu den Risiken hätten die Prüfer „ein deutlich geringeres Windangebot“ und nicht am Markt verkäufliche Projekte gezählt.
Stille Reserven haben Einfluss auf Ausschüttungen

Wenn Sie die Grafik anklicken, sehen Sie Ausschnitte aus der „Leistungsbilanz“ der PRE. Üblich wäre eine Gewinn- und Verlustrechnung.
Nach acht Monaten des laufenden Jahres hat PRE selbst vor Abschreibungen und Steuern nur knapp 13 Millionen Euro verdient. Nötig wäre allein für die Grundverzinsung ein Jahresüberschuss von mindestens 60 Millionen Euro.
Die Höhe der stillen Reserven ist für die Anleger sehr interessant. Denn in den vergangenen Jahren reichte der erwirtschaftete Jahresüberschuss mehrfach nicht, um die Grundverzinsung und Überschussbeteiligung für ihre Genussrechte abzudecken. Prokon Regenerative Energien darf aber mehr ausschütten, wenn die darüber hinausgehende Summe nachweislich durch stille Reserven abgesichert ist. Dafür sind zwar die Abschlüsse von Prokon Regenerative Energien und nicht die des Konzerns maßgeblich. Da PRE aber zum Konzern gehört, können dessen Zahlen ein wichtiger Indikator für die Lage der Tochtergesellschaft PRE sein. Für PRE liegt bislang ebenfalls kein Jahresabschluss für 2012 vor. Es wurde auch kein Nachweis über die Höhe der stillen Reserven veröffentlicht. Die Unternehmensgruppe behauptet im Rundbrief, die Verzinsung und die Rückzahlung des Genussrechtskapitals könnten „allein aus den bestehenden Projekten geleistet werden“. Nach den nun vorgelegten Zahlen ist aber zu befürchten, dass der Jahresüberschuss alleine wieder nicht für die Zinszahlungen ausreicht. Prokon Regenerative Energien weist ein operatives Ergebnis von knapp 13 Millionen Euro vor Abschreibungen und Steuern für den Zeitraum von Januar bis Ende August 2013 aus (siehe Grafik links). Das Geschäft müsste daher zwischen September und Dezember 2013 viel höhere Gewinne als in den Monaten von Januar bis August abwerfen, damit der Jahresüberschuss für die Zahlungen an die Anleger reicht. Allein für die Grundverzinsung von sechs Prozent pro Jahr sind bei mehr als einer Milliarde Euro Genussrechtskapital über 60 Millionen Euro nötig. Bei der Rückzahlung des Genussrechtskapitals müssen Anleger berücksichtigen, dass ihr Anspruch wegen der möglichen Verlustbeteiligung vielleicht ohnehin schon geschmolzen ist, und sie daher weniger zurückbekommen, als sie investiert haben.
Optimistisches Szenario
Im Rundbrief heißt es, dass „die Verzinsung und die Rückzahlung des Genussrechtskapitals allein aus den bestehenden Projekten geleistet werden“ könne. Bei dem vorgestellten Negativszenario mit weniger Wachstum unterstellt die Unternehmensgruppe allerdings, dass es gelingt, auf knapp zwei Milliarden Euro Genussrechtskapital zu kommen. Dafür müsste Prokon Regenerative Energien aber noch gewaltige Summen einwerben. Denn per Ende August wies PRE 1,1 Milliarden Euro an Genussrechtskapital aus. Aussagekräftiger wären daher Informationen darüber gewesen, wie hoch der Buchwert der Genussrechte jetzt ist und wie das Szenario ausfallen würde, wenn kein neues Genussrechtskapital gewonnen werden könnte.
Genussrechte bleiben auf der Warnliste
Die im Mai aufgelegten Genussrechte hat die Stiftung Warentest wegen hoher Risiken auf die Warnliste gesetzt. Bereits in Heft 11/2013 hat Finanztest Werbung der Unternehmensgruppe kritisiert. Darin war von einem „Spitzenplatz“ in der deutschen Wirtschaft die Rede, weil die Eigenkapitalquote inklusive Genussrechtskapital besonders hoch sei. Schon damals war aber ein deutlicher Rückgang absehbar. Die nun vorgelegten Zahlen sind noch schlechter als erwartet. Auf Anfrage von test.de verwies die Unternehmensgruppe auf ihren Rundbrief Nr. 52 sowie die laufende Aktualisierung der Zahlen auf der Website. Darin würden die Fragen weitgehend beantwortet. Wichtige Fragen wie “Warum sind die Verlustvorträge so hoch?“ und „Was ist mit den Rückzahlungsansprüchen der Anleger?“ bleiben darin aber offen.