Neben Mais und Raps ist vor allem Soja oft gentechnisch verändert. Wie viel Gentechnik steckt heute in Tofu, Bratlingen und anderen Soja-Lebensmitteln?
Sojabohnen sind nicht nur sehr eiweißreich, sondern auch äußerst vielfältig einsetzbar: für Tofu und Sojasoßen, als raffiniertes Öl in Margarine und Majonäse, in Form von Lezithin für Back- und Süßwaren. Und noch eine Besonderheit zeichnet die Hülsenfrucht aus: Fast dreiviertel der weltweit angebauten Bohnen sind inzwischen gentechnisch verändert – ausgerüstet mit neuen Eigenschaften, die sie auf dem Feld gegen Schädlinge und Unkrautvernichtungsmittel wappnen. 1996 wurde erstmals in den USA großflächig Gensoja angebaut, heute wächst sie auch in Brasilien und Argentinien in großem Maßstab.
Nicht durch Pollenflug verbreitet
Reißenden Absatz finden diese Bohnen bei uns aber nicht. Rund 80 Prozent der Deutschen lehnen Gentechnik im Essen ab, sie wollen ursprüngliche Kost. Das Problem: Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) breiten sich klammheimlich aus. Anders als bei Mais geschieht das bei Soja aber weniger auf dem Feld durch Pollenflug. Sojapflanzen bestäuben sich selbst, Pollen von Genfeldern haben kaum eine Chance. Gefährdet sind die Bohnen bei der Ernte und danach: auf Mähdreschern, Lkws, in Silos und Mühlen. Dort können sich Reste von vorher verarbeiteter gentechnisch veränderter Soja befinden. Anbieter, die ihre Produkte mit dem Siegel „ohne Gentechnik“ bewerben, müssen Ernte, Transport und Verarbeitung stark kontrollieren. Sojaprodukte dürfen das Siegel nur tragen, wenn ihr GVO-Anteil nicht über 0,1 Prozent liegt. Für tierische Produkte gelten weniger strenge Regeln (siehe Genverändert oder nicht).
Die Mehrzahl ohne Gentechnik
Wie viel Gensoja macht sich nun im Essen breit? Wir haben in einer Stichprobe zwölf pflanzliche Alternativprodukte für Fleisch untersucht: Soja-Burger, -Schnitzel, -Bratlinge. In acht Produkten, darunter sechsmal Bio, fanden wir keinen Hinweis auf Gentechnik (siehe Tabelle). Im Sojafilet von Eden und den Bioprodukten von Provamel und Taifun maßen die Experten Spuren von unter 0,1 Prozent. Es handelte sich um Roundup-Ready-Soja, eine genveränderte Sojasorte der Firma Monsanto, die gegen das von Monsanto vertriebene Unkrautvernichtungsmittel Roundup resistent ist.
Was die gemessenen GVO-Werte betrifft, könnten alle elf Produkte das Siegel „Ohne Gentechnik“ tragen, aber keines tut das. Wie viel GVO im Burger von Eyckeler Malt waren, ließ sich nicht genau ermitteln. Der Test zeigt auch: Selbst Bioprodukte sind vor „zufälligen“ Verunreinigungen im Spurenbereich nicht gefeit. Der Ökoanbau lehnt Gentechnik kategorisch ab.
Bereits ein Drittel mit Spuren

© Stiftung Warentest

Stichproben der Landesuntersuchungsämter zeigen ähnliche Tendenzen: Die Zahl der Sojaprodukte, in denen GVO über dem kritischen Schwellenwert von 0,9 Prozent nachgewiesen wurden, hat sich verringert und liegt jetzt nahezu bei null. Laut den Behörden stecken die meisten GVO in speziellen Sojagetränken für Sportler und Figurbewusste, die wenigsten in Tofu. Bereits ein Drittel der konventionellen Sojaprodukte weist Spuren genveränderter Bestandteile auf, obwohl sie offiziell nie mit Gentechnik in Berührung kamen. In Bayern stieg ihr Anteil seit 2004 um ein Viertel auf heute 42 Prozent. Der Glaube, genveränderte Pflanzen durch Sicherheitsabstände zwischen Feldern und durch Kontrollen völlig im Zaum zu halten, erweist sich als falsch.
Die Zahlen der Behörden zeigen auch: In konventionellen Sojaprodukten sind Verunreinigungen häufiger als in Bioprodukten (siehe Grafik). Und bei Mais spielen Genfunde kaum eine Rolle. Auch wir fanden bei Honig, Rapsöl oder zuletzt Reis (siehe test 8/10) in keinem Produkt veränderte Erbsubstanzen. In Lebensmitteltests nehmen wir GVO regelmäßig ins Visier.
Langzeitwirkungen unbekannt
Wie Gen-Essen langfristig auf die menschliche Gesundheit wirkt, weiß bis heute niemand. Klar ist nur, dass derzeit zugelassene genveränderte Sorten nicht akut giftig sind. Die Technik aus dem Labor bleibt vielen Menschen suspekt. Sie fürchten unkontrollierbare Entwicklungen und Schäden für Mensch und Umwelt, etwa die Wirkung genveränderter Pflanzen auf die Nahrungskette oder das biologische Gleichgewicht. Wind und Bienen können Pollen dieser Pflanzen kilometerweit tragen. Die gesetzlichen Mindestabstände von Äckern mit Gensaatgut gehen vielen nicht weit genug: 150 Meter müssen es zu konventionellen, 300 zu ökologischen Flächen sein.
So taucht seit Jahren immer wieder überraschend ein genverändertes Produkt auf. Zuletzt entdeckte Greenpeace, dass in sieben Bundesländern Mais der Firma Pioneer Hi-Bred ausgesät wurde, der Spuren einer in der EU nicht zugelassenen Genmaissorte enthielt. Die Bauern wussten nicht, was sie da aussäten. Klare Haftungsregeln für solche Fälle gibt es bisher nicht. Da Pioneer nicht haften will, bleiben die Bauern wohl auf dem Schaden sitzen.
Die Natur schlägt zurück
Dabei wehren genveränderte Pflanzen offenbar nicht dauerhaft Schädlinge und Unkräuter ab. Mancherorts schwächeln die Pflanzen bereits: Der Genbaumwolle in Indien machen neue Schädlinge zu schaffen. In den USA, Brasilien und Kanada wachsen Unkräuter, gegen die das Spritzmittel Roundup keine Wirkung zeigt. Die Folge: Die Pflanzen werden gespritzt wie früher. Eine Lösung sieht die Industrie in Kombipflanzen. In Kanada gibt es bereits Pflanzen, die sechs Wirkstoffe in sich tragen.
Studien melden Bedenken an
Bevor eine gentechnisch veränderte Sorte zugelassen wird, müssen mögliche Risiken im Tierversuch geprüft werden. Diese Tests sind meist aber nicht unabhängig, dauern nur kurze Zeit, und Ergebnisse werden oft nicht öffentlich gemacht. Einige Wissenschaftler kritisieren das stark. Einer ist der Molekularbiologe Gilles-Eric Séralini von der Universität Caen. In Fütterungsversuchen mit Ratten wies er nach, dass drei Genmaissorten bei den Tieren zu einer Schädigung von Leber und Nieren führen. Eine der Sorten, Mon810, wurde 1998 in der EU und damit auch bei uns zugelassen. Sie produziert ein Gift gegen den Maiszünsler, einen Schmetterling. Inzwischen hat Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) den Anbau verboten: „Eine Gefahr für die Umwelt“ sei nicht auszuschließen. Nach Plänen der EU-Kommission wird es in Zukunft für jeden EU-Staat leichter, im eigenen Land über den Anbau oder das Verbot transgener Pflanzen zu entscheiden.
Vom Kampf gegen den Welthunger
Glaubt man den Herstellern, bringt die Gentechnik nur Gutes: „Gentechnik kann den Welthunger bekämpfen“, werben sie. Doch die Konzerne, so der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, seien längst nicht so weit, GVO-Pflanzen zu verkaufen, die großer Trockenheit widerstehen oder höhere Erträge bringen. Er wertete die Forschungen von Monsanto, BASF, Bayer und Co. aus. Sie konzentrierten sich eher auf Genmais, -soja oder -raps, die zu Tierfutter oder Biosprit verarbeitet würden und gegen ihre eigenen Unkrautbekämpfungsmittel resistent seien, so das Fazit.
Eine internationale Forschergruppe zeigte erst kürzlich, dass auch ohne Gentechnik leistungsfähigere Pflanzen gezüchtet werden können. Es gelang ihnen, auf natürlichem Weg in Mais den Gehalt an Betakarotin, einer Vorstufe von Vitamin A, zu steigern. Gerade in armen Ländern, wo die Versorgung mit Vitamin A knapp ist, könnte das vor Erblindung schützen.
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