Die gentechnisch veränderte Maissorte 1507 steht vor der Zulassung in der Europäischen Union. Sie wäre nach der Maissorte Mon810 die zweite, die dann dort angebaut wird. Das wirft Fragen auf: Wie verbreitet sind gentechnisch veränderte Pflanzen auf unseren Äckern? Woher können sonst noch Bestandteile gentechnisch veränderter Organismen in unsere Lebensmittel kommen? Haben Verbraucher eine Chance, sie zu erkennen? Wofür steht das Siegel „Ohne Gentechnik“? test.de gibt Antworten.
Bevölkerungsreiche Länder haben entschieden
Die gentechnisch veränderte Maissorte 1507 steht vor der Zulassung in der Europäischen Union. Das folgt aus einer Abstimmung unter EU-Ministern am Dienstag, bei der die Einwohnerzahl eines Landes maßgeblich über das Gewicht der jeweiligen Stimme entschied. So sprachen sich bevölkerungsreiche Länder wie Spanien und Großbritannien für den Anbau aus. Deutschland enthielt sich. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten indes – 19 von 28 – stimmte dagegen. Damit gibt es nach den Regeln der EU keine qualifizierte Mehrheit dafür oder dagegen. Jetzt liegt die Entscheidung bei der EU-Kommission – und es ist von einer Zulassung auszugehen, da die Europäische Union keine Einwände erhebt. Wann die Kommission die offizielle Entscheidung für den Anbau trifft, steht noch nicht fest.
Kritiker sorgen sich um Artenvielfalt
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) bewertet den Genmais 1507 als sicher für Mensch, Tier und Umwelt. Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es keine Bedenken gegen die Anbau. Kritiker befürchten allerdings Risiken für die Umwelt und für die Artenvielfalt. Schmetterlinge, Honig- und Wildbienen könnten gefährdet werden. Der Mais, den die US-Saatgutfirma Dupont Pioneer entwickelt hat, wird bereits seit Jahren in den USA, Kanada und mehreren Ländern Lateinamerikas angebaut. Längst darf er als Lebens- und Futtermittel in die EU importiert werden. Der neue Mais soll zwei Vorteile bieten: Er bildet ein Insektizid gegen Raupen wie den ernteschädigenden Maiszünsler. Und er ist gleichzeitig unempfindlich gegenüber dem Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat. Allerdings nützt das in der EU wenig, weil Glufosinat nur noch eingeschränkt und in Deutschland gar nicht mehr genutzt werden soll.
Tiere fressen Genpflanzen
In der EU wird zurzeit nur eine gentechnisch veränderte Pflanze kommerziell angebaut: die Maissorte Mon810 vom Agrarkonzern Monsanto. Sie kommt vor allem in Spanien und Portugal auf die Felder. Deutschland erteilte 2009 ein Anbauverbot für diese Maissorte. Doch Gentechnik gelangt noch über andere Wege in die Europäische Union: Dazu zählen gentechnisch veränderte Importpflanzen wie bestimmte Soja- und Rapssorten, zum Beispiel aus den USA, Kanada und China. Daraus werden Lebens- und Futtermittel hergestellt. Auch Landwirte in Deutschland füttern ihr Vieh damit. Gentechnisch veränderte Pflanzen fallen genauso unter den Begriff gentechnisch veränderte Organismen (GVO) wie gentechnisch veränderte Mikroorganismen. Mit ihrer Hilfe produziert die Industrie beispielsweise Enzyme, Vitaminen und Aromen. In der EU sind bislang etwa 50 gentechnisch veränderte Organismen zugelassen.
Was erlaubt ist und was nicht
Lebensmittel mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen sind erlaubt – wenn die GVO zugelassen sind und das Produkt entsprechend gekennzeichnet ist. Ganze gentechnisch veränderte Organismen wie Gemüse, Obst oder Fleisch hingegen dürfen nicht in den den deutschen Handel. Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gibt es nur vereinzelt Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Zutaten enthalten – wie Schokoriegel aus den USA oder Sojaöle aus dem Asia-Shop. Diese Zutaten müssen gekennzeichnet werden, etwa mit einer Fußnote wie „genetisch verändert“.
Was Verbraucher nicht erkennen
Die Kennzeichnungspflicht entfällt, wenn die GVO-Bestandteile weniger als 0,9 Prozent der jeweiligen Zutat stellen und sich nachweisbar technisch nicht vermeiden lassen. Anteile bis 0,1 Prozent pro Zutat gelten als zufällig und brauchen ebenfalls nicht deklariert zu werden. Und auf keinem Lebensmittel muss stehen, wenn es Zusatzstoffe enthält, die mit Hilfe von GVO hergestellt wurden. Genauso wenig müssen Milch, Fleisch und Eier einen Gentechnik-Hinweis tragen, wenn sie von Tieren stammen, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden. Die Tier-Mägen bauen die DNA der Pflanzen nämlich normalerweise ab. Doch neuere Studien deuten an, dass die Genveränderung mitunter doch im Endprodukt nachweisbar ist.
Jedes vierte Soja-Produkt mit Gentechnikspuren
Die amtliche Lebensmittelüberwachung in Deutschland untersucht regelmäßig Lebensmittel auf Bestandteile von gentechnisch veränderten Pflanzen. Das Fachportal transgen hat die Ergebnisse von 2012 aus 10 von 16 Bundesländern online aufbereitet. Grundlage sind Proben von insgesamt 2 000 Lebensmitteln. Danach erwies sich jedes vierte Sojaprodukt als GVO-positiv. Auch in vielen Import-Honigen fanden sich Spuren und sechs Prozent der Maisproben fanden sich GVO. Doch nur sieben sojahaltige und drei maishaltige Lebensmittel lagen mit ihrem GVO-Anteil über dem Schwellenwert von 0,9 Prozent. Dazu zählten zum Beispiel Maischips von den Philippinen. Kennzeichnungsverstöße blieben somit die Ausnahme, ebenso Funde nicht zugelassener gentechnisch veränderter Pflanzen wie etwa Papayas.
Testergebnisse der Stiftung Warentest
Auch Tests der Stiftung Warentest zeigen, dass falsch deklarierte GVO-Bestandteile in Lebensmitteln derzeit kein Problem darstellen. In den vergangenen Jahren fanden die Tester kein Lebensmittel, das eine Zutat mit einem GVO-Anteil von mehr als 0,1 Prozent aufwies. Selbst Sojaprodukte überschritten diesen Wert nicht. Im Test von Basmati-Reis aus Asien und Rapsöl, in dem theoretisch gentechnisch veränderte Saaten aus Kanada oder den USA verarbeitet sein könnten, konnte keine gentechnisch veränderte Erbsubstanz nachgewiesen werden.
Milch „ohne Gentechnik“
Wenn Verbraucher auf Lebensmittel Wert legen, die bewusst ohne Gentechnik hergestellt werden, können sie sich an zwei Siegeln orientieren: Das freiwillige Siegel „Ohne Gentechnik“ des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik steht auf etwa 1 000 Lebensmitteln, vor allem auf Milch und Milchprodukten. Das Siegel erhalten nur Produkte, deren Anbieter nachweisen, dass sie weder GVO-Zutaten noch Zusatzstoffe auf GVO-Basis einsetzen und auch zufällige Beimischungen soweit wie möglich ausschließen. Auch das Bio-Siegel verspricht eine Produktion ohne Gentechnik. In der Biolandwirtschaft ist sie grundsätzlich tabu. Doch Bienen oder Wind können Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen auf Öko-Anbaugebiete tragen. Auch in Lebensmittellagern kann es zu Vermischungen kommen. Daher darf das Bio-Siegel auch noch auf Produkten stehen, die nachweislich versehentlich belastet wurden, solange maximal 0,9 Prozent der Zutat gentechnisch verändert sind.
Tipp: Ausführlichere Infos zum Thema Gentechnik finden Sie in der März-Ausgabe von test – ab 28. Februar 2014 am Kiosk schon 27. Februar auf test.de.
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ach Gott, ach Gott,- Sie gehen den Gentechpfuschern aber bereitwillig auf den Leim....
Wenn die Natur selbst etwas verändert, was sie als sinnvoll erachtet, ist das etwas völlig anderes! Der Mensch in seiner Hybris (nicht nur "hybrid") wähnt sich gescheiter als die Natur, ist es aber nicht. Er kennt nämlich kaum einen Bruchteil von Zusammenhängen und Wechselwirkungen und auch nicht die Gesetze, die dahinterstehen. Die Ängste sind nicht dubios, sondern im Gegenteil leider berechtigt. Weder funktioniert die behauptete Widerstandsfähigkeit, noch die Erübrigung von Pestiziden,- im Gegenteil!
Es werden mehr gebraucht, was Monsanto und Co aber freut, weil noch mehr money. Daß die Insekten, die Bodenbeschaffenheit u.a. deutlich geschädigt werden, sowohl durch GVO, als auch die Pestizide, wird ignoriert oder verschwiegen. Ich hatte ein persönliches Gespräch mit dem kanadischen Farmer Percy Schmeiser, der durch Europa reiste, um die Leute aufzuklären, was damit wirklich praktisch passiert.
Als kritischer Verbraucher möchte ich das Recht haben auf GVO verzichten zu können und nicht mangels deutlicher Kennzeichnung es unwissend konsumieren zu müssen.
Meiner Meinung nach sollte alles gekennzeichnet sein, unabhängig davon, ob es nun nachweisbar ist oder nicht und auch unabhängig von einem %ualen Schwellenwert an GVO-Anteilen.
Nur weil ein kausaler Zusammenhang bisher nicht belegt ist, heißt es nicht, dass es ihn nicht gibt. Vielleicht wurde er nur nicht untersucht oder ist (noch) nicht belegbar...
Asbest wurde auch jahrelang verbaut und man meinte es sei unschädlich mangels gegenteiliger Beweise.
Erfreulich an dem Artikel ist, dass er viel Information bietet
und nicht die bei diesem Thema häufige Panikmache enthält.
Anscheinend hat man bei der Stiftung Warentest dazugelernt.
Seit 40 Jahren gibt es die Gentechnik und noch nie konnte nachgewiesen werden das aus ihr für den Menschen schädliche Lebensmittel hervorgegangen sind.
Leider gibt es eine Kultur der Gentechnik Panikmache in Deutschland, ich kann nur jedem ans Herz legen sich gründlich mit dem Thema auseinander zusetzen und nicht auf Pseudo Argumente hereinzufallen.
Warum ist Gen-Mais eigentlich so schlecht für den Menschen?
Verursacht Gen-Mais (nachweislich) Krankheiten?
Wenn ja, welche und wodurch?
Was unterscheidet eigentlich eine künstliche Gen-Veränderung von einer natürlichen Gen-Veränderung? Warum ist das Eine schlecht und das Andere gut?
Vermutlich werde ich keine Antworten auf die Fragen erhalten, weil die ganze Kampagne nur auf gefühlsduseliger Panikmache beruht!