
Der Genossenschaftspionier Hermann Schulze-Delitzsch ziert die Fassade eines Wohnhauses in seiner Geburtsstadt Delitzsch in Sachsen. © Dan Kollmann
Günstig einkaufen, wohnen oder etwa sparen – das bieten Genossenschaften. Meist sind sie solide. Dubiose gibt es aber auch.
8 000 eingetragene Genossenschaften
Eine bezahlbare Wohnung bekommen oder sich für die Energiewende einsetzen – das sind zwei Ziele, die Menschen heute dazu bewegen, einer Genossenschaft wie der Wohnungsgenossenschaft Carl Zeiss oder Greenpeace Energy beizutreten. In Deutschland gibt es etwa 8 000 eingetragene Genossenschaften (e. G.) mit 23 Millionen Mitgliedern und vielen verschiedenen Zielen. Mehr als 1 800 sind Wohnungs- und etwa 860 sind Energiegenossenschaften.
Unser Rat
- Fördern.
- Beteiligen Sie sich nur an einer Genossenschaft, wenn Sie deren Förderzweck unterstützen, etwa günstige Wohnungen bereitzustellen. Als reine Kapitalanlage eignen sich Genossenschaftsanteile nicht. Wenn Sie Anteile an einer Genossenschaft zeichnen, beteiligen Sie sich an einem Unternehmen. Läuft es schlecht, verlieren Sie Ihren Einsatz zum Teil oder ganz. Eventuell müssen Sie sogar Geld nachschießen, falls die Satzung dies so vorsieht.
- Sparen.
- Einige Genossenschaften bieten Festgeld oder Sparpläne an, allerdings oft nur ihren Mitgliedern aus der Region. Eine staatliche Einlagensicherung gibt es nicht. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht überwacht die Spareinrichtungen aber. Es gibt auch einen freiwilligen Sicherungsfonds, der noch nie einspringen musste. Andere Anlageangebote von Genossenschaften an ihre Mitglieder, etwa Nachrangdarlehen, sind kaum reguliert und riskant.
An einem Unternehmen beteiligen
Mitglieder zeichnen Anteile und beteiligen sich damit an einem Unternehmen. Die meisten Angebote sind seriös. Doch immer wieder nutzen Abzocker das gute Image. Sie locken Interessierte oft mit hohen Renditeversprechen in ihre dubiosen Angebote. Wir erklären, welche Rechte und Pflichten Mitglieder einer Genossenschaft haben, stellen vier Beispiele vor und geben Hinweise, wie sich Interessierte vor schwarzen Schafen schützen.
Genossenschaften seltener als andere Unternehmensformen insolvent
Die Idee, zusammen etwas zu erreichen, was einzelne nicht schaffen, ist heute so modern wie im 19. Jahrhundert, als Vordenker wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch den Grundstein für diese Unternehmensform legten. Sie zeigten damit etwa Landwirten und Arbeitern einen Weg, um durch gemeinsames Wirtschaften der Armut entkommen zu können. Das gute Image liegt unter anderem daran, dass Genossenschaften seltener als andere Unternehmensformen insolvent werden. Die etwa 900 Volks- und Raiffeisenbanken stützen sich sogar im Krisenfall gegenseitig.
Renditen stehen nicht im Mittelpunkt
Genossenschaften schütten außerdem Dividenden an ihre Mitglieder aus, wenn sie Überschüsse erzielen. Einige wenige haben eine Spareinrichtung. Sie nehmen Spareinlagen der Mitglieder an und verzinsen sie. Als reine Kapitalanlagen eignen sich Genossenschaftsanteile aber nicht. Eckhard Ott, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands (DGRV) in Berlin, erklärt: „Eine reine Dividendengenossenschaft ist unzulässig, da die Mitglieder nicht aktiv gefördert werden.“ Mit hohen Renditen werben aber einige schwarze Schafe. Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V., warnt daher: „Die Gefahr eines Verlustes der Geschäftsanteile für die Mitglieder ist hier relativ groß.“
Genosse werden
Wer einer Genossenschaft beitritt, beteiligt sich an einem Unternehmen, das seine Mitglieder beispielsweise wirtschaftlich oder sozial fördern muss. So schreibt es das Genossenschaftsgesetz vor. Ein Interessent sollte von dem Zweck überzeugt sein. Der Förderzweck und die wichtigsten Rechte und Pflichten des Unternehmens und seiner Mitglieder sind in der Satzung niedergelegt. Interessenten sollten vor einem Beitritt einen Blick hineinwerfen. Wer zum Beispiel in einem Krisenfall auf keinen Fall weiteres Geld zahlen möchte, muss darauf achten, dass die Satzung solche Nachschüsse ausschließt.
Darin sind auch die Mitbestimmungsrechte geregelt. In der Regel hat jeder Genosse eine Stimme, unabhängig von der Anzahl seiner Anteile – manchmal aber auch gar keine. Das kann ein Warnzeichen sein. In der Satzung ist außerdem geregelt, wann und zu welchen Bedingungen Mitglieder ausscheiden. Für ein kurzfristiges Engagement sind Genossenschaften nicht gedacht. Wer Mitglied werden will, zeichnet einen oder mehrere Anteile und überweist den dafür fälligen Betrag. Oft verlangen Genossenschaften darüber hinaus ein Eintrittsgeld, eine Art Gebühr für den Eintritt, die allein der Genossenschaft zugutekommt und im Falle des Ausscheidens nicht zurückgezahlt wird.
Genosse sein
Genossen haben Mitbestimmungs- und Informationsrechte. Ab 1 500 Mitgliedern sieht es die Satzung häufig vor, dass die Mitglieder Vertreter wählen, die für sie die Vertreterversammlung besuchen. Bei kleineren Genossenschaften haben sie das Recht, selbst zur Generalversammlung zu gehen, Fragen und Anträge zu stellen, über die Verwendung des Gewinns und andere wichtige Fragen mit abzustimmen.
Jede Genossenschaft muss einem Prüfungsverband angehören. Die Prüfer schauen sich die Zahlen an und beurteilen, ob die Geschäftsführung ordnungsgemäß ist. Bei der General- oder Vertreterversammlung ist über wesentliche Feststellungen oder Beanstandungen aus der Prüfung zu berichten. Üben die Prüfer Kritik, sollten die Mitglieder nachfragen und Gegenmaßnahmen anstoßen. Mitglieder dürfen während der Versammlung auch das zusammengefasste Ergebnis des Prüfungsberichts einsehen. Auf Antrag des Prüfungsverbands oder auf Beschluss der Versammlung ist der Prüfungsbericht ganz oder in Teilen zu verlesen. Mitglieder dürfen auch Einblick in die Mitgliederliste nehmen.
Aus der Genossenschaft ausscheiden
Mitglieder gehören ihrer Genossenschaft oft ein Leben lang an. Es ist trotzdem möglich zu kündigen. In der Regel dauert es aber deutlich mehr als ein Jahr von der Kündigung bis zum endgültigen Abschied. Ist wirtschaftlich alles im Lot, bekommen sie ihren ursprünglich eingezahlten Betrag für ihre Anteile ohne Eintrittsgeld zurück – vom Vermögenszuwachs des Unternehmens bekommen sie nichts ab. Verluste können aber den Wert der Anteile vermindern. Es kann sein, dass Genossen weniger zurückbekommen, als sie eingezahlt haben.
Tipp: Mehr Informationen über Sparangebote von Wohnungsgenossenschaften finden Sie in unserem Test Sparangebote von Wohnungsgenossenschaften.
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Sehr geehrte Frau Veronika Panzer. Wir haben im System leider Ihren Namen so nicht finden können. Insofern können wir den hier getätigten Vorwurf nicht resümieren. Bitte melden Sie sich bei der GF unter den auf Ihren Schreiben abgedruckten Kontaktdaten. Laut Satzung Artikel 5 Absatz 1 ist eine Kündigung möglich und wird selbstverständlich auch bearbeitet. Wenn Sie so freundlich wären offizielle Kanäle oder Telefonnummern zu wählen können wir sicher ein eventuelles Missverständnis aufklären, respektive aber auf jeden Fall helfen. Mit freundlichen Grüßen. Kathrin Pflanz (Vertriebsleitung)
Hallo Robinsoncrussow,
wie sind Sie an die Geno-Anteile gekommen?
Über einen Finanzvermittler oder direkt über die Agronaro-Geno oder sonst wie?
Danke für Ihre Antwort.
Freundlichen Gruß
Denowie2009
@Robinsoncrussow: Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung nur raten, die Finger davon zu lassen. Einzahlungen werden schnell bearbeitet, aber sobald man kündigt und eine Auszahlung fordert, wird man plötzlich ignoriert und der Auseinandersetzungsanteil ist trotz vorher kommunizierter toller Entwicklung plötzlich angeblich 0. Ich wäre heilfroh, wenn ich irgendwann einen Bruchteil meines Investments wieder sehen würde. Daher leider ganz klar "schwarzes Schaf"
Als ich Sie vor 3 Jahren – bevor ich mich bei der AVG beteiligt hatte – bei Ihnen nach einer Bewertung erkundigt hatte, konnten sie mir NICHTS darüber erzählen.
Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, brauchen Sie auch nicht mehr vor dem Hochwasser zu warnen. Eine Genossenschaft in Liquidation kann sowieso keine Mitglieder mehr aufnehmen!
Ich hatte mir damals von Ihnen zumindest eine grobe Einschätzung der Risiken gewünscht. Leider wurde ich enttäuscht.
Hallo zusammen,
ich würde vor dem Kauf von Anteilen jeden dringend empfehlen die Bilanzen der letzten Jahre der Genossenschaft zu prüfen. Die meisten Genossenschaften sind dazu verpflichtet Ihre Bilanzen auf der Internetseite https://www.bundesanzeiger.de zu publizieren.
Darüber hinaus sollte man sich im Vorfeld auch etwas Fachliteratur zu legen in den beispielsweise die wichtigsten Finanzkennzahlen von Genossenschaften vorgestellt werden. Hier kann ich beispielsweise, dass Buch - Raus aus der Niedrigzinsfalle empfehlen:
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