
Der Genossenschaftspionier Hermann Schulze-Delitzsch ziert die Fassade eines Wohnhauses in seiner Geburtsstadt Delitzsch in Sachsen. © Dan Kollmann
Eine bezahlbare Wohnung bekommen, was fürs Klima tun – das sind zwei Ziele, die Menschen heute dazu bewegen, einer Genossenschaft beizutreten. Mitglieder zeichnen Anteile und beteiligen sich damit an einem Unternehmen. Die meisten Angebote sind seriös. Doch immer wieder nutzen Abzocker das gute Image. Sie locken mit hohen Renditeversprechen in ihre dubiosen Angebote. Die Stiftung Warentest sagt, wie Sie unseriösen Angeboten auf die Spur kommen und bietet auch eine Checkliste.
Die Idee, zusammen etwas zu erreichen, was einzelne nicht schaffen, ist heute so modern wie im 19. Jahrhundert, als Vordenker wie Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch den Grundstein für diese Unternehmensform legten. Sie zeigten damit etwa Landwirten und Arbeitern einen Weg, um durch gemeinsames Wirtschaften der Armut entkommen zu können. Das gute Image rührt unter anderem daher, dass Genossenschaften seltener als andere Unternehmensformen insolvent werden. Die etwa 900 Volks- und Raiffeisenbanken stützen sich sogar im Krisenfall gegenseitig.
Tipp: Weitere Infos zum Thema Genossenschaften finden Sie in unserem Spezial „So erkennen Sie unvorteilhafte Angebote von Genossenschaften“.
Das bietet unser Genossenschafts-Special
Hintergrund. Eine Genossenschaft ist ein Unternehmen. Wenn Sie Genossenschaftsanteile zeichnen, werden Sie Mitunternehmer. Wir erklären, warum es wichtig ist, vor dem Beitritt einen Blick in die Satzung zu werfen, welche Rechte und Pflichten Sie als Mitglied haben und worauf Sie sich einstellen müssen, wenn Sie wieder ausscheiden. Wir sagen, wie unseriöse Anbieter Interessenten anlocken und warum sie es schaffen, Lücken bei der Kontrolle von Genossenschaften auszunutzen.
Porträts. Anhand von vier Beispielen lernen Sie das breite Spektrum kennen, in dem Genossenschaften tätig sind. Wir stellen vor: Eine Genossenschaftsbank, eine Wohnungsbaugenossenschaft mit Spareinrichtung, eine Einkaufsgenossenschaft und eine Energiegenossenschaft.
Checkliste. Wie merke ich, ob eine Genossenschaft unseriös ist? Wir nennen sieben Kriterien, die auf ein unseriöses Angebot hindeuten können.
Heftartikel. Sie haben Zugriff auf das PDF zum Artikel aus Finanztest 4/19.
Vom Förderzweck überzeugt sein
Wer einer Genossenschaft beitritt, beteiligt sich an einem Unternehmen, das seine Mitglieder beispielsweise wirtschaftlich oder sozial fördern muss. So schreibt es das Genossenschaftsgesetz vor. Ein Interessent sollte von dem Zweck überzeugt sein. Für ein kurzfristiges Engagement sind Genossenschaften außerdem nicht gedacht. Sie schütten Dividenden an ihre Mitglieder aus, wenn sie Überschüsse erzielen. Einige wenige haben eine Spareinrichtung. Sie nehmen Spareinlagen der Mitglieder an und verzinsen sie.
Schwarze Schafe werben mit hohen Renditen
Als reine Kapitalanlagen eignen sich Genossenschaftsanteile nicht. Einige schwarze Schafe werben aber mit hohen Renditen. Sie missbrauchen die gute Idee, gemeinsam mit anderen wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Projekte zum Vorteil der Mitglieder zu fördern. Manche locken mit dubiosen Mitteln, andere fördern vor allem ihre Führungsriege auf Kosten der Mitglieder.
Mehrere Genossenschaften stehen auf unserer Warnliste
Lücken im Genossenschaftsgesetz machen das möglich. Kontrolleure und Aufsicht tauschen nicht alle Informationen aus. Das Land Brandenburg hat daher Ende 2018 einen Gesetzesentwurf eingebracht, der den Informationsaustausch zwischen Prüfungsverbänden, die Genossenschaften kontrollieren, und der staatlichen Aufsicht verbessern soll. Mehrere Genossenschaften stehen auf der Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest. Aufgefallen sind uns zudem zwei Prüfungsverbände, die mehrere auf der Warnliste stehende Genossenschaften geprüft haben.
Checkliste: Warnzeichen erkennen
Je mehr der folgenden Merkmale auf eine Genossenschaft zutreffen, desto mehr spricht dagegen, dort Mitglied zu werden.
Große Versprechen. Die Genossenschaft wirbt Mitglieder mit hohen Renditen, weist aber nicht auf die Risiken einer unternehmerischen Beteiligung hin. Keine Ratenzahlpläne abschließen (siehe links)!
Offensive Vertriebsmethoden. Callcenter oder externe Vertriebe werben aggressiv für Mitgliedschaften. Das deutet auf einen provisionsorientierten Vertrieb hin, der eigentlich nicht erlaubt ist.
Personelle Verflechtung. Die Führungsriege der Genossenschaft ist verwandtschaftlich, personell oder wirtschaftlich mit dem Vertrieb oder mit Geschäftspartnern der Genossenschaft verbunden.
Verspätete Abschlüsse. Die Generalversammlung muss spätestens sechs Monate nach Geschäftsjahresende stattfinden. Dort ist der Jahresabschluss festzustellen und anschließend zu veröffentlichen.
Fernliegende Investitionen. Wohnungsbaugenossenschaften investieren in Hotels, Einkaufszentren oder Immobilienfonds – auch im Ausland – statt in Immobilien, in denen Mitglieder wohnen können.
Unklarer Förderzweck. Der Geschäftszweck ist nur schwammig beschrieben. Es ist nicht klar, wo das Kapital der Genossenschaft investiert werden soll.
Fehlende Mitsprache. Neue Mitglieder werden nur als investierende Mitglieder ohne oder ohne volles Stimmrecht aufgenommen und haben nichts zu sagen.
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Sehr geehrte Frau Veronika Panzer. Wir haben im System leider Ihren Namen so nicht finden können. Insofern können wir den hier getätigten Vorwurf nicht resümieren. Bitte melden Sie sich bei der GF unter den auf Ihren Schreiben abgedruckten Kontaktdaten. Laut Satzung Artikel 5 Absatz 1 ist eine Kündigung möglich und wird selbstverständlich auch bearbeitet. Wenn Sie so freundlich wären offizielle Kanäle oder Telefonnummern zu wählen können wir sicher ein eventuelles Missverständnis aufklären, respektive aber auf jeden Fall helfen. Mit freundlichen Grüßen. Kathrin Pflanz (Vertriebsleitung)
Hallo Robinsoncrussow,
wie sind Sie an die Geno-Anteile gekommen?
Über einen Finanzvermittler oder direkt über die Agronaro-Geno oder sonst wie?
Danke für Ihre Antwort.
Freundlichen Gruß
Denowie2009
@Robinsoncrussow: Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung nur raten, die Finger davon zu lassen. Einzahlungen werden schnell bearbeitet, aber sobald man kündigt und eine Auszahlung fordert, wird man plötzlich ignoriert und der Auseinandersetzungsanteil ist trotz vorher kommunizierter toller Entwicklung plötzlich angeblich 0. Ich wäre heilfroh, wenn ich irgendwann einen Bruchteil meines Investments wieder sehen würde. Daher leider ganz klar "schwarzes Schaf"
Als ich Sie vor 3 Jahren – bevor ich mich bei der AVG beteiligt hatte – bei Ihnen nach einer Bewertung erkundigt hatte, konnten sie mir NICHTS darüber erzählen.
Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, brauchen Sie auch nicht mehr vor dem Hochwasser zu warnen. Eine Genossenschaft in Liquidation kann sowieso keine Mitglieder mehr aufnehmen!
Ich hatte mir damals von Ihnen zumindest eine grobe Einschätzung der Risiken gewünscht. Leider wurde ich enttäuscht.
Hallo zusammen,
ich würde vor dem Kauf von Anteilen jeden dringend empfehlen die Bilanzen der letzten Jahre der Genossenschaft zu prüfen. Die meisten Genossenschaften sind dazu verpflichtet Ihre Bilanzen auf der Internetseite https://www.bundesanzeiger.de zu publizieren.
Darüber hinaus sollte man sich im Vorfeld auch etwas Fachliteratur zu legen in den beispielsweise die wichtigsten Finanzkennzahlen von Genossenschaften vorgestellt werden. Hier kann ich beispielsweise, dass Buch - Raus aus der Niedrigzinsfalle empfehlen:
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