Zu vielen Originalmedikamenten gibt es Nachahmerpräparate, Generika genannt. Sie sind genauso wirksam – und günstiger als das Original. Darum wird ihre Marktbedeutung immer größer. Kürzlich allerdings sorgten mehrmals Medienberichte über gefälschte Bioäquivalenzstudien bei Verbrauchern für Verunsicherung. Die Arzneimittelexperten der Stiftung Warentest erklären, warum Patienten dennoch in der Regel nicht zum Original greifen müssen – und was sich durch den Kauf von Generika sparen lässt.
Günstige Kopien
Wer zu Hause seine Medikamente durchsieht, entdeckt garantiert Generika. Oft besteht ihr Name aus Wirkstoff plus Herstellerfirma, etwa „ASS 1A Pharma“, „Ibuprofen-CT“, „Paracetamol ratiopharm“. Generika sind Original-Arzneimitteln nachgebaut – und günstiger. Das verringert Ausgaben für Krankenkassen und Patienten. Doch sind sie auch sicher? Das fragen sich Verbraucher, seit in jüngerer Zeit Berichte über mangelhafte Generika-Studien durch die Medien gingen.
Kritische Mängel bei Bioäquivalenzstudien
Zuletzt hatte es im Sommer 2017 Probleme gegeben. Anlass waren laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) unzuverlässige Daten aus Bioäquivalenzstudien der indischen Firma Micro Therapeutic Research Labs. Solche Untersuchungen sind Voraussetzung für die Zulassung eines Generikums. Sie sollen belegen, dass die wirksamen Bestandteile in ähnlicher Menge und Geschwindigkeit im Körper verfügbar sind wie beim Original. Das Bundesinstitut ordnete an, dass die Zulassung von 13 Medikamenten ruht. Eine Liste der Mittel findet sich unter bfarm.de.
Verkaufsstopp für Hunderte von Medikamenten
Der Vorfall ist nicht der erste seiner Art. Den Anfang hatte ein besonders spektakulärer Fall im Jahr 2015 gemacht. Nachdem Mängel bei Zulassungsstudien der indischen Firma GVK Biosciences bekannt wurden, hatte die europäische Arzneimittelbehörde Anfang 2015 einen Verkaufsstopp für 700 Medikamente empfohlen. Auch damals handelte es sich ausschließlich um Generika und es waren diverse deutsche Präparate betroffen. Aufgefallen waren die Verstöße bei einer Inspektion durch die französische Arzneimittelbehörde. „Das Konzept der Inspektionen bewährt sich“, kommentiert Bfarm-Sprecherin Cibura. Kontrolleure aus verschiedenen EU-Staaten seien regelmäßig in ausländischen Pharmafirmen unterwegs. Das diene der Arzneimittelsicherheit in der EU und helfe, Probleme wie die jetzt zu entdecken und abzustellen.
Keine Gesundheitsgefahr
Hinweise auf eine Patientengefährdung liegen dem Bfarm nicht vor – bei keinem der bisherigen Fälle. Wer betroffene Mittel nimmt und deshalb Bedenken hat, soll sie der Behörde zufolge nicht eigenmächtig absetzen, sondern das weitere Vorgehen mit dem Arzt besprechen.
Generika auf dem Vormarsch
Generika machen inzwischen mehr als 75 Prozent aller verordneten Medikamente in Deutschland aus. Dennoch verursachen die Nachahmerpräparate nur einen geringen Teil der Arzneimittelausgaben. Ein neuartiges Medikament zu entwickeln, erfordert jahrelange Forschung. Im Gegenzug dürfen Hersteller das Mittel exklusiv vermarkten – aber nur die ersten Jahre nach Zulassung. Dann läuft der Patentschutz aus und andere Firmen können ebenfalls Präparate mit dem Wirkstoff auf den Markt bringen und auf vorhandene Studien zurückgreifen. Zusätzlich verlangt die Zulassungsbehörde den Nachweis, dass Original und Kopie gleichwertig sind, etwa durch die bereits erwähnten Bioäquivalenzstudien.
Patienten und Krankenkassen sparen
In der Summe sind Generika viel günstiger als Originalarzneien – was Patienten und Krankenkassen sparen hilft. Um ihre Ausgaben weiter zu senken, schließen Letztere mit Pharmafirmen Rabattverträge ab. Viele Patienten bekommen daher wechselnde Generika. In der Regel ist ein solcher Austausch unproblematisch.
Rabattverträge: Arznei im Austausch
Patienten erleben oft ein Bäumchen-wechsel-dich: Der Arzt verschreibt seit Jahren das gleiche Medikament – und der Apotheker übergibt immer wieder ein anderes Präparat. Vormals weiße Tabletten sind dann zum Beispiel plötzlich blau. Bei den ausgetauschten Mitteln handelt es sich um verschiedene Generika, also um Nachahmerpräparate mit demselben Wirkstoff. Der Grund für die Wechsel: Rabattverträge.
- Sparpreis für Kassen.
- Diese Verträge gibt es seit 2006. Pharmafirmen geben der Krankenkasse auf den offiziellen Verkaufspreis Rabatt. Versicherte bekommen nur entsprechende Präparate, aller Auswahl zum Trotz. Jede Kasse macht eigene Rabattverträge – normalerweise für zwei Jahre. Wechselt die Kasse danach den Anbieter, kann das zum Austausch von Präparaten führen.
Kein Austausch in einigen Fällen
Keinen Austausch soll es geben, wenn bereits kleine Änderungen der Dosis die Wirkung einer Arznei deutlich verändern oder ernste Nebenwirkungen erzeugen können. Zu diesen Mitteln zählen zwei immundämpfende Wirkstoffe zum Einnehmen (Ciclosporin und Tacrolimus), einige Antiepileptika (Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Primidon, Valproinsäure), einige starke Schmerzmittel, Herzmittel mit Digitalis-Inhaltsstoffen, das Schilddrüsenhormon Levothyroxin sowie Blutgerinnungshemmer mit Phenprocoumon.
Offizielle Listen erstellt
Die Aufstellung stammt vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) – einem Gremium, das hierzulande über die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung entscheidet. Eine Liste, die der GBA seit 2014 führt, nennt alle Wirkstoffe.
Tipp: Ob Ihre Arznei von der Regelung betroffen ist, überprüfen Apotheker vor der Abgabe. Wenn Sie meinen, ein neu verordnetes oder ausgewechseltes Generikum nicht zu vertragen, setzen Sie es nicht eigenmächtig ab. Sprechen Sie stattdessen mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Beide können überlegen, ob eine andere Lösung infrage kommt. Führen Sie eine Liste mit Ihren Medikamenten – mit Wirkstoff, Dosis, Einnahmehinweisen. Das hilft, den Überblick zu behalten.
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Dieses Special ist am 10. Dezember 2016 erstmals auf test.de erschienen. Es wurde am 21. Februar 2018 aktualisiert.
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