
Schon wieder ein Problem mit Zulassungsstudien für Medikamente: Erst 2015 wurden viele Arzneimittel vom Markt genommen, nachdem Mängel bei Studien der indischen Firma GVK Biosciences bekannt geworden waren. Nun gibt es einen neuen Fall, diesmal bei der indischen Firma Semler Research Center (SRC). Abermals sind Generika, also Nachahmerprodukte von Originalmedikamenten, betroffen.
Nur manche Präparate waren bereits zugelassen
Im aktuellen Fall empfiehlt die Europäische Arzneimittelbehörde EMA einen Verkaufsstopp für mehr als 300 Arzneimittel, darunter auch 40 deutsche. „Die meisten Präparate befanden sich erst im laufenden Zulassungsverfahren, waren also ohnehin noch nicht auf dem Markt“, sagte Sabine Cibura, Sprecherin des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), auf Anfrage von test.de. Für die übrigen – elf an der Zahl – habe die Behörde am 8. August 2016 das Ruhen der Zulassungen angeordnet. Die Präparate dürfen in Apotheken nicht mehr abgegeben werden und finden sich in einer Liste des BfArM. Sie dienen zum Beispiel zur Behandlung von rheumatischen Gelenkbeschwerden, Bluthochdruck, HIV-Infektionen oder Malaria. Es sind keine Arzneien darunter, die die Stiftung Warentest für ihr Angebot Medikamente im Test bewertet hat.
Nur rezeptpflichtige Generika betroffen
Bei sämtlichen Präparaten handelt es sich um rezeptpflichtige Mittel – und ausschließlich um Generika. Das sind günstigere Nachahmerprodukte, die auf den Markt kommen, wenn bei den Originalmedikamenten der Patentschutz abgelaufen ist. Die indische Firma Semler Research Center (SRC) hatte dafür im Auftrag verschiedener Pharmakonzerne sogenannte Bioäquivalenzstudien durchgeführt. Solche Untersuchungen sind Voraussetzung für die Zulassung eines Generikums und sollen belegen, dass die wirksamen Bestandteile in ähnlicher Menge und Geschwindigkeit im menschlichen Körper verfügbar sind wie beim Originalmedikament.
Kritische Mängel bei Studien
Bei den Studien der indischen Firma kam es laut dem BfArM „zu erheblichen Verstößen“. Aufgefallen sei dies bei Inspektionen durch die US-amerikanische Zulassungsbehörde FDA sowie die Weltgesundheitsorganisation WHO. Dabei zeigten sich unter anderem „kritische Mängel in der Studiendurchführung, inklusive der Manipulation von Probandenproben“. Daher hat das BfArM das Ruhen der deutschen Zulassungen angeordnet, vorerst bis zum 15. August 2017. Gut zu wissen: „Uns liegen für die betroffenen Medikamente keine Hinweise auf eine mangelnde Wirksamkeit oder eine Gefährdung der Patientensicherheit vor“, sagte BfArM-Sprecherin Cibura. Daher sei auch kein Rückruf auf Patientenebene vorgesehen. „Wer entsprechende Medikamente nimmt und nun Bedenken hat, sollte sie nicht einfach absetzen, sondern mit dem Arzt oder Apotheker sprechen.“
Erst kürzlich ähnliche Probleme bei anderer indischer Firma
Der Vorfall ist der zweite in dichter Folge. Nachdem Mängel bei Zulassungsstudien der indischen Firma GVK Biosciences bekannt worden waren, hatte die europäische Arzneimittelbehörde Anfang 2015 einen Verkaufsstopp für 700 Medikamente empfohlen. Die betroffenen deutschen Mittel sind auf einer anderen Liste des BfArM nachzulesen. Auch damals handelte es sich ausschließlich um Generika und die Verstöße waren bei einer Inspektion durch die französische Arzneimittelbehörde aufgefallen. „Das Konzept der Inspektionen bewährt sich“, kommentierte BfArM-Sprecherin Cibura. Kontrolleure aus verschiedenen EU-Staaten seien regelmäßig in ausländischen Pharmafirmen unterwegs. Das diene der Arzneimittelsicherheit in der EU und helfe, Probleme wie die jetzt zu entdecken und abzustellen.
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