Geld­wäsche-Verdacht

„Steuerfahndung ist Polizei­arbeit“

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Geld­wäsche-Verdacht - Was tun, wenn die Bank das Konto sperrt?

Steuerfahnderin. Birgit E. Orths arbeitet seit rund 20 Jahren als Steuerfahnderin – seit 2015 in einer Sonder­einheit des Landes­kriminal­amts in Nord­rhein-West­falen (NRW) © Lucrecia Althabe

In ihrem Buch „Als Steuerfahnderin auf der Spur des Geldes“ fordert Birgit E. Orths mehr Durchschlags­kraft für ihre Profession.

Warum Fahndung nicht Verwaltung ist

Warum arbeiten in Ihrer Finanzbehörde so wenige Steuerfahnder?

Die Finanz­verwaltung setzt die Steuern fest und erhebt sie. Die Straf­verfolgung ist ein kleiner Teil dieser Verwaltung. Wir Steuerfahnder machen in NRW weniger als 3 Prozent aus. Wir sind quasi Beamte des Polizei­dienstes, unsere Arbeit unterscheidet sich erheblich von der des Finanz­amts. Bei Entscheidungen über Personal oder Ausstattung werden wir oft über­sehen.

Sie fremdeln?

Unsere Finanz­verwaltung hat wenig Gespür für Straf­verfolgung und ist über­wiegend auf den fiskalischen Bereich ausgerichtet und nicht auf die Polizei­arbeit.

Wieso fordern Sie, die Geld­wäschebekämpfung zu einer Säule der Steuerfahndung zu machen?

Seit Mitte 2017 landen die Verdachts­meldungen bei der FIU, die zum Zoll gehört. Dort werden Geld­wäsche-Verdachts­meldungen bewertet. Die Steuerfahndung sollte früh einge­bunden werden, denn nur die Landes­finanz­verwaltungen verfügen über die Daten, aus denen legale und versteuerte Einkünfte ersicht­lich sind.

Wie muss man sich einen Geld­wäscher vorstellen?

Es gibt kein Täter­profil. Schmutziges Geld muss in den legalen Wirt­schafts­kreis­lauf über­führt werden. Das kann aus allen möglichen Vortaten kommen und reicht über sämtliche Delikt­felder, von Drogen­geschäften bis Terrorismus­finanzierung. So ein Drogendealer gibt vermutlich keine Steuererklärung ab.

Warum Banken Konten sperren

Banken sperren immer öfter die Konten ihrer Kunden. Wird so die Geld­wäscheprävention auf die Verbraucher abge­wälzt?

Die Banken müssen bei einem Geld­wäsche­verdacht Meldung erstatten. Über den Kunden ist der Sach­verhalt auch meist schnell aufklär­bar. Bei bestimmten Verdachts­fällen ist die Bank gehalten, das Konto zu sperren – was bei Stamm­kunden, deren Trans­aktions­verhalten man ja kennt, selten vorkommen dürfte. Anders sieht es oft bei der Nutzung von Fremd­banken oder Dritt­konten aus.

Länder wie Italien haben mit der Umkehr der Beweislast Erfolge. Wie ist der Stand hier?

Bei uns müssen Ermitt­lungs­behörden beweisen, dass das Geld aus unsauberen Quellen stammt. Hätten wir eine Beweislastumkehr wie in Italien oder Groß­britannien, müsste die Firma beweisen, dass das Geld sauber erwirt­schaftet wurde. In Groß­britannien etwa müssen Angeschuldigte den Beweis führen, dass die gegen sie vorliegenden Indizien nicht zutreffen.

Mehr Steuerfahnder bringen auch mehr Steuer­einnahmen – finanzieren sich diese Stellen nicht selbst?

Thema Cum ex: Da liegen Millionen von Euro herum und wir können sie uns holen. Aber selbst wenn wir 150 neue Stellen bekommen: Es sind auch Anreize nötig, damit sich die Leute über­haupt bewerben – denn unsere Arbeit ist heraus­fordernd und anders, als man sich den Alltag eines Finanz­beamten vorstellt.

Was muss passieren?

Wir brauchen ein eigenes Straf­verfolgungs­amt, das direkt unter­halb des Ministeriums angesiedelt ist, wie das Landes­kriminal­amt. Dann können wir die Ausbildung gestalten und kriminalistisch geschult werden. Und müssten nicht mehr Jahre diskutieren, warum wir schuss­sichere Westen brauchen.

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Hajub am 18.03.2023 um 16:01 Uhr
FATF hat Russland suspendiert

FATF Plenary suspended FATF membership of the Russian Federation on 24 February 2023

GuessWhat am 14.02.2023 um 19:18 Uhr
Banken sind nur bedingt Schuld

Super Artikel der Stiftung! Er bringt die Dinge auf den Punkt und beantworte viele Fragen.
Ich bin gewiss kein Fürsprecher von Banken. Aber diese ganzen im Artikel dargestellten Maßnahmen sind keine Erfindungen von Banken. Auch hat von sich aus keine Bank irgendein Interesse ihren Kunden hinterher zu schnüffeln, ihnen das Leben schwer zu machen oder ihnen sogar das Konto zu sperren. Die Bank verdient nur Geld, wenn sie ein gutes Verhältnis zu ihren Kunden hat. Diese ganzen Maßnahmen basieren letztlich auf staatlichen Vorgaben. Es mag Unterschiede geben, wie engagiert oder weniger engagiert eine Bank diese Vorgaben ausführt. Aber es sind und es bleiben staatliche Vorgaben. Die berechtigte Kritik der Betroffenen sollte sich also gegen die Regierung beziehungsweise die Abgeordneten richten, die solche Gesetze erlassen oder nichts dagegen tun. Und wie immer gilt: Bei der nächsten Wahl erst denken und dann kreuzen.

j-m.s am 14.02.2023 um 11:09 Uhr
selten geht es um echte Geldwäsche

Bei den Geldwäschemeldungen geht es selten um echte Geldwäsche. Die Kriminellen, die tatsächlich 50000€ aus Raubzügen haben, zahlen das nicht bei der Sparkasse Groß-Gumpen ein. Die meisten Geldwäschemeldungen sind in Wirklichkeit Verdachtsfälle auf Betrügereien, z.B. bei eBay, oder politische Spendensammlungen usf.

MK.Frankfurt am 26.01.2023 um 14:39 Uhr

Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Verstoß gg. Netiquette

BERLINFAM am 30.09.2022 um 16:17 Uhr
Wenn es nur die Kündigung wäre

Kündigung und zeitgleiche Sperrung meines Kontos bei comdirect erfolgte bei mir ohne Vorwarnung geschweige denn Begründung. 7.000 Euro in offenen Positionen mit Hebelprodukten wurden erst nach einer Woche glatt gestellt, woraus ein Verlust von ca 20% resultierte. Damit nicht genug wird mir seit nunmehr 1.5 Wochen mein Guthaben nicht überwiesen mit der Begründung, dass die zuständige Abteilung überlastet sei. Alle Formulare längst vorhanden. Man stelle sich das vor: Eine Bank ist zu beschäftigt, um eine Überweisung durchzuführen. Mir scheint, dass comdirect unter dem Vorwand von Geldwäsche Prävention ein lukratives Geschäftsmodel gefunden hat. Nämlich kleinen Kunden ihr Geld zu stehlen. Eine Anwältin nimmt sich nun der Sache an. Ich werde hier das Ergebnis dieser (kostenpflichtigen) Bemühungen posten - und kann nur alle Menschen vor der comdirect warnen. Die Geschäftspraktiken erinnern mich nicht an die einer soliden Bank, sondern stark an Fernsehberichte über organisiertes Verbrechen.