
Jetzt stellen Arbeitnehmer die Weichen für ihr Gehalt 2015. Sie korrigieren Fehler, beantragen Freibeträge und wählen die Steuerklasse klug.
Wie viel Netto vom Gehalt bleibt, hängt nicht nur vom Chef ab. Seine Grundlage sind seit 2014 die elektronischen Daten vom Bundeszentralamt für Steuern. Stimmt die Steuerklasse nicht oder fehlt ein Kinderfreibetrag, kann die Abrechnung nicht richtig sein. Arbeitnehmer können aber auch ihr Netto erhöhen. Stellen sie mit der richtigen Steuerklasse und einem Freibetrag zum Jahreswechsel die Weichen, haben sie gleich mehr im Portmonee.
Zum Jahreswechsel lohnt sich ein Blick auf die Kosten, die im neuen Jahr anfallen. Für Kinderbetreuung, Fahrten zur Arbeit oder Haushaltshilfen kommt eine Menge zusammen. Warum ein Jahr lang auf die nächste Rückzahlung per Steuerbescheid warten? Viele Arbeitnehmer können Lohnsteuerabzüge mit einem Freibetrag für Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Kosten direkt drücken.
„Vor allem Unterhaltszahlungen an den Expartner können einige tausend Euro Steuerermäßigung bringen“, sagt Steuerberater Uwe Diekmann aus Köln. Dafür ist ein Freibetrag bis zu 13 805 Euro möglich.
Ehepaare und Expartner sollten kontrollieren, ob ihre Steuerklasse noch passt. „Verdient einer mehr als 60 Prozent des gemeinsamen Bruttoeinkommens, nimmt er Steuerklasse III, der andere V, damit der Splittingtarif voll zum Tragen kommt. Auch das kann einige hundert Euro weniger Lohnsteuer ausmachen“, sagt Diekmann.
Schritt 1: Fehler korrigieren
Seit Januar 2014 sind alle Arbeitgeber verpflichtet, elektronisch abzurechnen. Die Steuerlast und damit das Nettogehalt werden durch „Lohnsteuer-Abzugsmerkmale“ bestimmt. Dazu gehören Daten wie die Steuerklasse, der Familienstand, Kinderfreibeträge, Religionszugehörigkeit, Behinderten- oder Hinterbliebenenpauschbetrag und Lohnsteuerfreibeträge. Diese Stammdaten standen früher auf der Vorderseite der Lohnsteuerkarte. Jetzt werden sie zentral in der Datenbank Elstam (Elektronische Lohnsteuer-Abzugsmerkmale) gespeichert. Laut Bundesfinanzministerium rufen etwa 1,9 Millionen Arbeitgeber Daten für ihre Gehaltsabrechnungen elektronisch ab.
Kontrollieren. Stimmt das Nettogehalt nicht, sollten Arbeitnehmer in ihrer Abrechnung zunächst die Angaben aus Elstam prüfen, mit denen der Chef rechnet. Unsere Infografik zeigt wichtige Posten.
Ob die gespeicherten Daten korrekt sind, fragen Angestellte beim Finanzamt oder im Elster-Onlineportal (elsteronline.de) ab. Für den Abruf können sie über das Portal ein elektronisches Zertifikat beantragen.
Korrigieren. Fehlen Elstam-Daten oder stimmen sie nicht, lässt sich das mit einer Korrektur der Elstam ändern. Formulare dafür gibt es beim zuständigen Finanzamt. Für einige Daten sind aber die Meldeämter zuständig. Den Antrag aus dem vergangenen Jahr aus dem Formularcenter des Finanzministeriums gibt es 2015 nicht mehr.
Stimmt beispielsweise die Zahl der Kinder, der Familienstand oder die Religionszugehörigkeit nicht, müssen sich Arbeitnehmer direkt an das Bürgerbüro der Gemeinde wenden. Das Amt erfasst eine Geburt oder Adoption genauso wie eine Heirat, einen Todesfall und den Ein- oder Austritt aus der Kirche. Diese Meldedaten werden elektronisch weitergegeben.
Heiraten Arbeitnehmer, ändert sich automatisch ihre Steuerklasse von I in IV. Gesetzliche Lebenspartner müssen das extra beantragen. Nach einer Scheidung gibt es im Folgejahr von Amts wegen die Steuerklasse I. Da der Arbeitgeber die Daten monatlich neu abruft, berücksichtigt er solche Änderungen sofort.
Schritt 2: Steuerklasse klug wählen
Ehepartner sollten jedes Jahr aufs Neue prüfen, ob sie ihre Steuerklassen günstig kombiniert haben. Das gilt seit Mitte 2013 auch für gesetzliche Lebenspartner (Bundesverfassungsgericht, Az. 2 BvR 909/06).
Mit der Wahl der Steuerklassen legen die Paare zum Beispiel fest, ob das eine Gehalt günstiger besteuert werden soll und das andere höher. Ehe- und Lebenspartner können durch einen Wechsel aber auch künftige Leistungen wie Eltern- oder Arbeitslosengeld erhöhen. Denn beide Leistungen errechnen sich nach dem Nettogehalt.
Mit welcher Steuerklassenkombination Paare den günstigsten Lohnsteuerabzug erreichen, finden sie in der erläuternden Tabelle Steuerratgeber.
Alleinerziehende wechseln am besten direkt mit der Geburt des Kindes oder der Trennung vom Ehepartner in Steuerklasse II. Verdienen sie brutto beispielsweise 3 100 Euro, haben sie im Vergleich zu Steuerklasse I monatlich 36,21 Euro mehr raus.
Für getrennte Partner kann ein Wechsel von Steuerklasse V zu I sinnvoll sein. Witwen und Witwer können die günstige Steuerklasse III nutzen. Ist ihr Partner 2014 verstorben, erhalten sie die Steuerklasse III bis Ende 2015 automatisch.
Schritt 3: Freibeträge neu beantragen
Sofort mehr Netto am Monatsende gibt es mit einem Freibetrag für Kosten, die sonst erst in der nächsten Steuererklärung abgesetzt werden können. Es geht zum Beispiel um Kinderbetreuungskosten, Fahrtkosten oder Unterhaltszahlungen. Um die Wirkung des Freibetrags im Portmonee bald zu spüren, gilt, je früher, desto besser. Am besten prüft jeder zum Jahreswechsel, für welche Kosten ein Freibetrag möglich ist.
Die meisten Freibeträge müssen 2015 neu beantragt werden. Nur Freibeträge für Hinterbliebene, Behinderte und Kinder unter 18 Jahren bleiben erhalten.
Neu beantragen können Arbeitnehmer Freibeträge für Werbungskosten von mehr als 1 000 Euro im Jahr sowie für Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen.
Beispiel für Fahrtkosten: Frau Müller fährt an 220 Tagen im Jahr 35 Kilometer zur Arbeit. Für jede Fahrt zählen 30 Cent pro Kilometer (35 km x 220 Arbeitstage x0,30 Euro = 2 310 Euro). Von diesen Werbungskosten werden 1 000 Euro Arbeitnehmerpauschbetrag abgezogen, sodass sich Frau Müller einen jährlichen Freibetrag in Höhe von 1 310 Euro (monatlich 109 Euro) eintragen lassen kann.
Beim ersten Mal reichen Arbeitnehmer den sechsseitigen „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung“ beim Finanzamt ein. Für denselben Freibetrag wie im Vorjahr oder einen geringeren Betrag reicht der vereinfachte Kurzantrag. Eine Übersicht der wichtigsten Freibeträge zeigt die Tabelle: Sechs Freibeträge für das Gehalt 2015.
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@AnjaMu: Am besten wendet sich der Betroffene an seinen Arbeitgeber. Es kann sein, dass dieser die Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht automatisiert mit dem Finanzamt abgleicht und zum Beispiel den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei seiner Abrechnung nicht berücksichtigt.
Über die Steuererklärung lässt sich das natürlich wieder heilen.
Hallo
Heute war ein Bekannter beim Finanzamt und dort sagte man Ihn das sein Kind nicht mit auf der Lohnabrechnung drauf ist. Beim Finanzamt ist es drauf. Hat er dadurch Nachteile?
Gruß
Anja