
Mit der Barmenia und der Huk-Coburg starten zum Jahreswechsel die ersten Versicherer mit dem Pflege-Bahr-Tarif, der nun staatlich geförderten privaten Pflegegeldversicherung. test.de hat sich die Bedingungen und Leistungen der beiden Policen genau angesehen.
Was dahinter steht
Im Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz wurde sie zunächst nur erwähnt. Am 28. November 2012 wurde es dann konkret: Das Bundeskabinett beschloss die Durchführungsverordnung der staatlich geförderten ergänzenden Pflegezusatzversicherung (GEPV), auch als Pflege-Bahr bekannt. Private Krankenversicherer wie die Barmenia und die Huk-Coburg haben daraufhin neue Tarife entwickelt und sie nun auf den Markt gebracht. Verträge der geförderten Pflegeversicherung werden mit einer Zulage von 60 Euro im Jahr vom Staat gefördert, Versicherte müssen im Gegenzug einen Beitrag von mindestens 10 Euro im Monat selbst leisten. Da die gesetzliche Pflegeversicherung im Fall der Pflege nur einen Teil der Kosten übernimmt, fängt der neue Tarif einen weiteren Teil dann entstehender Ausgaben ab. Versichern kann sich jeder, der zulagenberechtigt ist. Das ist jeder, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und gesetzlich pflegeversichert ist.
Kalkulation mit Mindestgrenzen
Beitrag und Versicherungssumme sind bei der geförderten Pflegeversicherung, und so auch bei der Barmenia und der Huk-Coburg, abhängig vom Alter und dem Versicherungsbetrag des Versicherten. Auch berücksichtigen die Versicherungsunternehmen bei ihrer Kalkulation gesetzlich vorgegebene Grenzen wie den Mindestbeitrag von 15 Euro (inklusive der monatlichen Zulage von 5 Euro) und die Mindestleistung von 600 Euro in Pflegestufe III. Junge Leute bekommen mehr Leistung für den Mindestbeitrag von 15 Euro. Ältere Versicherungsnehmer zahlen dagegen deutlich mehr als 15 Euro für die Mindestleistung von 600 Euro.
Beispiel: Schließt ein 30-Jähriger einen Vertrag ab, erhält er für 15 Euro von der Barmenia im Fall von Pflegebedürftigkeit 828,72 Euro, bei der Huk-Coburg 815,22 Euro. Unterschreibt ein 50-Jähriger die geförderte Pflegeversicherung, zahlt er monatlich 24,78 Euro bei der Barmenia, um einen Betrag von 600 Euro in Pflegestufe III zu erhalten, und 22,22 Euro bei der Huk-Coburg (siehe Tabelle unten).
Geld zur freien Verfügung
Anspruch auf Leistung besteht aber auch in den anderen Pflegestufen. Die Musterbedingungen des Verbandes der Privaten Krankenversicherer (PKV) schlagen vor: In Pflegestufe 0 sollen mindestens 10 Prozent, in Stufe I 20 Prozent und Stufe II mindestens 30 Prozent der Leistung von 600 Euro der Pflegestufe III im Versicherungsfall geleistet werden. Beide, die Barmenia und die Huk-Coburg, weichen jedoch von den Empfehlungen des Verbandes ab: Sie zahlen beide in Pflegestufe I mindestens 30 und in II 60 Prozent von 600 Euro, also 180 und 360 Euro. Bei erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz wie bei der Demenz in Pflegestufe 0 halten sich die Versicherer an die monatliche Zahlung von mindestens 10 Prozent.
Beispiel: In Pflegestufe 0 bekommt der 30-Jährige bei einem regelmäßigen Beitrag von 15 Euro bei der Barmenia knapp 83 Euro und bei der Huk-Coburg 81,52 Euro.
Leistungen (pro Monat) | Barmenia | Huk-Coburg | |
in Prozent | in Euro | in Euro | |
Leistungen (pro Monat) | Barmenia | Huk-Coburg | |
in Prozent | in Euro | in Euro | |
Beitrag für 30-Jährigen | 15,00* | 15,00* | |
Pflegestufe 0 | 10 | 82,87 | 81,52 |
Pflegestufe I | 30 | 248,62 | 244,57 |
Pflegestufe II | 60 | 497,23 | 489,13 |
Pflegestufe III | 100 | 828,72 | 815,22 |
Beitrag für 50-Jährigen | 24, 78* | 22,22* | |
Pflegestufe 0 | 10 | 60,00 | 60,00 |
Pflegestufe I | 30 | 180,00 | 180,00 |
Pflegestufe II | 60 | 360,00 | 360,00 |
Pflegestufe III | 100 | 600,00 | 600,00 |
*inklusive 5 Euro staatlicher Zulage
Pros und Contras
- Keine Gesundheitsprüfung. Ein Vorteil der geförderten Pflegeversicherung ist, dass es hier keine Gesundheitsprüfung und auch keine Risikozuschläge bei Vorerkrankungen des Versicherten gibt. Damit haben beispielsweise auch chronisch Kranke mit einem hohen Pflegerisiko die Chance, sich zu versichern. Auch das Alter spielt kein Rolle.
- Vertrag kann ruhen. Gesetzlich vorgeschrieben ist außerdem, dass der Vertrag bis zu drei Jahre ruhen kann, im Fall dass der Versicherte hilfebedürftig wird und die Grundsicherung oder Sozialhilfe erhält. Die Alterungsrückstellung geht in dieser Zeit nicht verloren.
- Wartezeit. Die Versicherten können Leistungen im Pflegefall erst nach einer Wartezeit von höchstens fünf Jahren in Anspruch nehmen – gerechnet ab Vertragsabschluss. Wird der Versicherte aufgrund eines Unfalls pflegebedürftig, kann er bei der Barmenia schon vor Ablauf der fünf Jahre Leistungen der geförderten Pflegeversicherung erhalten.
- Leistung bei Demenz. Zu gering ist die Leistung bei Demenz. Wird der bei Abschluss 50-Jährige in Pflegestufe 0 eingestuft, hilft ein monatlicher Betrag von 60 Euro nur wenig weiter. Die Kosten zu decken, die dann beispielsweise bei einer Betreuung fällig werden, liegen deutlich höher. Allein ein Tag in der Tagespflege, in der Demente betreut werden, kostet schon heute in Pflegestufe 0 mehr als 70 Euro.
Finanzlücke in jeder Pflegestufe
Wer in Zukunft eine gute und professionelle Versorgung zuhause oder in einem Pflegeheim erhalten möchte, braucht viel Geld und auch mit der staatlich geförderten ergänzenden Pflegezusatzversicherung bleibt eine Finanzlücke in jeder Pflegestufe. Beispiel: Bei jemanden, der mit 30 Jahren einsteigt, bleiben nach Abzug des Anteils der gesetzlichen Pflegeversicherung in Pflegestufe III bei der Barmenia noch 1 371 Euro und bei der Huk-Coburg fast 1 385 Euro als Lücke, die beispielsweise durch die Rente gedeckt werden müssen. Beim Einstieg eines 50-Jährigen liegt die Finanzierungslücke bei beiden Versicherern sogar bei 1 600 Euro. Beide Versicherer geben unterschiedliche Möglichkeiten zum Schließen der Lücke: Während die Huk-Coburg im gleichen Tarif ohne neuen Vertrag die Verdoppelung des Pflegegeldes bis 1 200 Euro in Pflegestufe III anbietet, hat die Barmenia eine weitere zusätzliche ungeförderte Pflegeversicherung, die „Pflege Plus“, die Versicherte extra abschließen. Die deckt dann zwar weitere Kosten, der Monatsbeitrag wird dadurch aber deutlich teurer. Zudem müssen hier auch wieder Gesundheitsfragen beantwortet werden. Für Menschen mit Vorerkrankung kommt sie damit nicht mehr infrage.
Unser Fazit
Um Vorsorge für die beträchtlichen privaten Aufwendungen in der Pflege zu treffen, kann eine Zusatzversicherung durchaus nützlich sein. Auch Menschen, die bisher wegen Vorerkrankungen keine private Pflegeversicherung abschließen konnten, bringt die Möglichkeit der geförderten Pflegeversicherung Vorteile. Jedoch sollten Geringverdiener, auch wenn die Beiträge niedrig sind, sich den Abschluss genau überlegen. Der Grund: Die Leistungen der Versicherung werden im Pflegefall auf die Grundversorgung angerechnet. Hinzu kommt, dass Pflegetagegeldpolicen sich nur für Versicherte eignen, die ein sicheres Einkommen haben und die Beiträge dauerhaft zahlen können. Kündigt der Kunde den Vertrag, sind die bis dahin gezahlten Beiträge weg. Zu bedenken ist dabei auch, dass eine Privathaftpflichtpolice, der Berufsunfähigkeitsschutz und die private Altersvorsorge wichtiger sind als eine Pflegeversicherung.
Allein der Schnelltest zur Huk und der Barmenia zeigt: Ein Vergleich der Angebote lohnt. Weitere Versicherer werden nachziehen. Die Stiftung Warentest bleibt dran am Thema.