Zu vielen Original-Arzneimitteln gibt es Nachahmerprodukte, Generika genannt. Sie sind genauso wirksam, kosten aber weitaus weniger als das Original. Nicht nur die Krankenkassen sparen damit Geld, sondern auch der Patient.
Generika sind nachgebaute Originale
Wer zuhause seine Medikamente durchsieht, entdeckt garantiert Generika. Oft ist ihr Name aus Wirkstoff und Herstellerfirma zusammengesetzt, zum Beispiel „ASS 1A Pharma“, „Ibuprofen-CT“, „Paracetamol ratiopharm“. Generika sind Original-Arzneimitteln nachgebaut – und günstiger. Das dämpft die Ausgaben der Krankenkassen. Aber auch Patienten sparen, wenn sie beim Einkauf in der Apotheke Generika verlangen.
Bis zu 90 Prozent Ersparnis möglich
Teilweise gibt es große Preisunterschiede – bei Präparaten mit und ohne Rezept. Eins der sechs Beispiele wählten wir aus aktuellem Anlass aus: 2013 kamen Generika des Potenzmittels Viagra auf den deutschen Markt. Männer müssen dafür – je nach Herstellerfirma, Dosis und Packungsgröße – etwa 65 bis 90 Prozent weniger zahlen als für das Originalpräparat. Auch bei rezeptfreien Mitteln lässt sich kräftig sparen: So kosten manche Nachahmungsmittel der Schmerz- und Fieberarznei Aspirin nicht einmal halb so viel wie das ursprüngliche Medikament.
Wirkstoff und Darreichungsform |
Originalpräparat |
Günstigstes Generikum |
Ersparnis (in Euro) |
Rezeptpflichtige Mittel |
|||
Atorvastatin |
Sortis 10 mg |
Atorvastatin 1A Pharma1 10 mg |
94,92 |
108,68 Euro |
13,76 Euro |
||
Clopidogrel |
Plavix 75 mg |
Clopidogrel Denk 75 mg |
247,86 |
273,83 Euro |
25,97 Euro |
||
Sildenafil |
Viagra 50 mg |
Sildenova 50 mg |
36,47 |
49,98 Euro |
13,51 Euro |
||
Rezeptfreie Mittel |
|||
Azetylsalizylsäure |
Aspirin |
ASS 500 1A Pharma |
3,65 |
5,65 Euro |
2 Euro |
||
Dexpanthenol |
Bepanthen |
Panthenol Heumann2 |
2,91 |
4,91 Euro |
2 Euro |
||
Magaldrat |
Riopan |
Magaldrat ratiopharm |
3,80 |
7,97 Euro |
4,17 Euro |
Legende
Stand: 1. Dezember 2014.
- 1
- Eines von mehreren gleichgünstigen Generika. Die anderen Präparate sind von AbZ, Actavis, Aristo und Basics.
- 2
- Das Präparat Panthenol Wund- und Heilcreme Jenapharm ist gleich günstig. Preise laut Lauer-Taxe, dem Medikamenten-Preisverzeichnis der Apotheken.
Generika auf dem Vormarsch
Ein neuartiges Medikament zu entwickeln, erfordert jahrelange Forschung und große Studien an Patienten. Im Gegenzug dürfen Hersteller das Mittel exklusiv vermarkten – in den ersten Jahren nach der Zulassung. Dann läuft der Patentschutz aus. Andere Pharmafirmen können nun ebenfalls Präparate mit dem Wirkstoff anbieten. Viele Krankheiten – bis hin zu Krebs und HIV – lassen sich mit Generika behandeln. Laut Arzneiverordnungsreport machten sie 2013 rund 75 Prozent aller verschriebenen Arzneimittel in Deutschland aus – fast doppelt so viel wie vor 20 Jahren. Dennoch verursachen Generika nur einen geringen Teil der gesamten Arzneimittelausgaben, was daran liegt, dass sie weniger kosten als ihre chemischen Vorbilder.
Original und Kopie müssen gleichwertig sein
Das hängt damit zusammen, dass Generika nicht komplett neu entwickelt werden müssen. Um sie auf den Markt zu bringen, dürfen Hersteller sich auf Unterlagen zum Originalpräparat beziehen, also auf vorhandene Studienergebnisse zurückgreifen. Zudem verlangt die Zulassungsbehörde den Nachweis, dass Original und Kopie gleichwertig sind („Bioäquivalenzstudie“). Unter anderem müssen die wirksamen Bestandteile in ähnlicher Geschwindigkeit und Menge in den menschlichen Körper gelangen, zum Beispiel in den Blutkreislauf.
Sonderfall biotechnologisch erzeugt
Die aufgeführten Regeln gelten für chemisch produzierte Nachahmerpräparate. Strenger sind die Anforderungen bei biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln. Diese werden in Mikroorganismen oder Zellkulturen erzeugt. Solche Wirkstoffe sind vergleichsweise teuer und neu. Dennoch gibt es schon die ersten Nachahmerpräparate. Diese sogenannten Biosimilars stimmen nicht komplett mit dem Original überein. Abweichungen lassen sich wegen der komplexen Herstellung in lebenden Organismen kaum vermeiden, dürfen der Therapie aber nicht schaden. Daher verlangt die Zulassungsbehörde bei Biosimilars unter anderem den Nachweis von Wirksamkeit und Sicherheit im Vergleich zum Original, das heißt umfangreichere Studien als bei Generika.
In der Regel ist ein Austausch unproblematisch
Ob chemisch oder biotechnologisch: Die in Deutschland erhältlichen Nachahmerprodukte sind nach anerkannten Regeln zugelassen und im Alltag bewährt. Viele Patienten bekommen wechselnde Generika aufgrund von Rabattverträgen. In der Regel ist ein solcher Austausch unproblematisch. Keinen Austausch soll es bei Wirkstoffen mit schmalem Grat zwischen Wirkung und ernsten Nebenwirkungen geben. Dazu zählen zwei immundämpfende Wirkstoffe zum Einnehmen, Ciclosporin und Tacrolimus, sowie das antiepileptische Phenytoin, das Schilddrüsenhormon Levothyroxin und Herzmittel mit Digitalis-Inhaltsstoffen. Die Liste erstellte der zuständige Gemeinsame Bundesausschuss 2014. Weitere Wirkstoffe könnten hinzukommen. Mitunter bereitet der Austausch von Generika auch individuell Probleme, etwa wegen der Handhabung oder weil er Patienten verunsichert.
Tipp: Führen Sie einen Medikamentenplan mit Wirkstoff, Dosis, Einnahmehinweisen. Das hilft, Verwechslungen zu vermeiden. Wenn Sie glauben, dass Sie ein neues Generikum nicht vertragen, sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Beide können den Austausch individuell ablehnen.
Anmerkung: Bei diesem Artikel handelt es sich um eine aktualisierte Fassung des Texts „Wirksame Kopien“ aus dem Sonderheft test Spezial Medikamente
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@Kristian72: Valsartan der Firma Mylan dura steht nicht in der Liste des BfArM. Der Wirkstoff selbst steht aufgrund der aktuellen Fälschungsvorwürfe nicht infrage. (PF)
Guten Tag,
wenn ich die Information richtig verstanden habe, sind die Valsartan-Medikamente, die in ihrer Liste stehen, nicht mehr verkaufsfähig.
Ich bitte Sie mir mitzuteilen, wie bzw. woran ich erkenn kann, dass das im Betreff stehende Valsartan mit der Zul.Nr.81921.00.00 in Ordnung ist?
Das betr. Valsartan steht in ihrer Liste, allerdings ohne Zu.-Nr.
Freundliche Grüße
H.-J. Kristan
Wir haben eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt mit den aufgeblasensten Überwachungs- und Kontrollmechanismen.
Warum ist das den offensichtlich hochbezahlten (verpennten?) Mitarbeitern des BfArM das nicht früher selbst aufgefallen??
@ACRYLATOR: Wie aus der Liste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM): http://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Pharmakovigilanz/Risikoinformationen/RisikoBewVerf/g-l/gvk-bioscience-liste-am.pdf?__blob=publicationFile&v=1 hervorgeht, ruht nur die Zulassung von "Clopidogrel Dexcel 75 mg Filmtabletten" von der Firma Dexcel Pharma. Andere Generika mit Clopidogrel dürfen weiter verkauft werden. Der Wirkstoff selbst steht aufgrund der aktuellen Fälschungsvorwürfe nicht infrage. (PF)
Ist dieser Wirkstoff bei allen Generika-Anbietern betroffen? In der Liste erscheint ein Anbieter den ich bisher nicht kannte.
Was ist wenn es für das "Molekül" viele verschiedene Etikette gibt?