Gefälschte Kosmetika Lukrativer als Drogen­handel

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Gefälschte Kosmetika - Lukrativer als Drogen­handel

Puzzle­spiel. In mühsamer Klein­arbeit gelingt es Zöll­nern, Plagiate aufzuspüren und damit zu verhindern, dass sie in den Handel kommen.

Wer auf dem Markt Parfüms zum Schnäpp­chen­preis angeboten bekommt, kann sicher sein: Original­produkte sind das nicht. Das ist nicht nur ein wirt­schaftliches und juristisches Problem, sondern kann auch gesundheitliche Folgen haben, wie die Experten der Stiftung Warentest erklären.

Die Zoll­beamten im Hamburger Hafen hatten mal wieder den richtigen Riecher: In zwei aus China kommenden Containern stellten sie Anfang des Jahres etwa 30 000 Flakons mit gefälschtem Parfüm sicher. Darunter Produkte so bekannter Hersteller wie Hugo Boss, Chanel, Joop und Lacoste. Offensicht­liche Recht­schreib­fehler auf den Verpackungen der kontrollierten Duftwässer bestätigten den Verdacht der Zöllner (siehe Foto). Die Spürnasen halfen, einen wirt­schaftlichen Schaden von etwa 3 Millionen Euro zu verhindern. Nun wartet die gefakte Ware in Hamburg auf ihre Vernichtung.

Sind die Rabatte zu groß, stimmt meist was nicht

Diese Aktion war ein – wohl vorbereiteter – Glücks­griff. Insgesamt haben die Beamten damit aber gerade mal die Spitze eines Eisbergs abge­tragen. Das Angebot an gefälschten Parfüms und Körper­pflege­mitteln aller Art nimmt welt­weit stark zu. Wer durch die Touristenzentren dieser Welt schlendert, bekommt auf Flohmärkten und Basaren, auch in vermeintlich seriösen Geschäften häufig zweifelhafte Schnäpp­chen offeriert. Auch das Internet ist eine Fund­stelle.

Für den Laien ist der Preis meist der einzige zuver­lässige Anhalts­punkt, um eine Fälschung zu erkennen: Bei Parfüms, die zuhause 80 Euro oder mehr kosten und am Urlaubs­ort für 15 Euro angeboten werden, sollten die Alarm­glocken läuten.

Selbst Taschentücher werden gefälscht

Es sind mitt­lerweile nicht nur hoch­wertige Kosmetika, sondern vermehrt auch alltägliche Körper­pflege­mittel, die gefälscht werden: Shampoos, Papiertaschentücher oder Haarfärbe­mittel. Auch damit lässt sich viel Geld machen. „Mehr als im Drogen­handel“, vermutet Martin Rupp­mann, Geschäfts­führer des Verbands der Vertriebs­firmen Kosmetischer Erzeug­nisse (VKE). Meist kommt die gefälschte Ware aus Fern­ost, oft aber auch aus Russ­land und der Türkei. Im vergangenen Jahr beschlagnahmte der Zoll Parfüms und Kosmetikartikel im Wert von fast 23 Millionen Euro – gegen­über 2011 ein Plus von fast 900 Prozent.

Wirkungs­lose Cremes in Originalbehältern

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Chanel No. 5. Auffällige Schreib­fehler wie Chamele gibt es immer seltener. Die Plagiate werden perfekter.

Es ist nicht immer so einfach wie in Hamburg, wo Recht­schreib­fehler auf die zweifelhafte Herkunft der Produkte hinwiesen. Solche Fehler werden zum Teil übrigens mit Absicht gemacht, um Ansprüche aus dem Markenrecht abzu­wehren. Diese Versuche haben sich hier­zulande aber meist als untauglich erwiesen.

Die Fälscher werden immer raffinierter, frecher und erfindungs­reicher. Manchmal führen Händler dem Interes­senten beim Kauf Original­produkte vor. In der Verpackung finden sich dann nur Billigflakons mit gering­wertigen Flüssig­keiten, deren Duft schnell verfliegt, oder Tiegel mit wirkungs­losen Cremes. Besonders dreist: Originalbehälter, womit auch immer befüllt.

Nicht nur Laien haben Schwierig­keiten, am Äußeren ein Plagiat zu erkennen. Selbst die Experten der Marken­hersteller kommen häufiger ins Grübeln als früher. „Wir sind mitt­lerweile dazu überge­gangen, wie andere Firmen auch, jedes Produkt mit einer speziellen Codierung zu versehen“, verrät Guido Baumgartner, Leiter der Abteilung Marken­schutz beim Parfüm- und Kosmetik­konzern Coty.

Gesundheitliche Risiken inklusive

Wer trotz allem einen dieser vermeintlichen Edelflakons im Bad haben möchte, geht auch gesundheitliche Risiken ein: Minderwertige Inhalts­stoffe können Allergien oder Hautrei­zungen hervorrufen. Fraglich ist auch, ob die verwendeten Substanzen, zum Beispiel Konservierungs- und Duft­stoffe, in Europa zugelassen sind.

Hersteller befürchten Image­schaden

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Nicht nur Parfüm. Neben teurer Kosmetik fälschen Produktpiraten häufig auch normale Körper­pfle­geartikel.

Gefälschte Kosmetik­produkte bedrohen nicht nur die Gesundheit und die Urlaubs­kasse der Verbraucher. „Sie fügen den Herstel­lern der Originalware Schäden in Millionenhöhe zu“, erklärt VKE-Geschäfts­führer Martin Rupp­mann.

Besonders fürchten Kosmetik­hersteller den Image­schaden. „Wenn ein Produkt gesundheitliche Probleme bereitet, wird das schnell mit dem aufgedruckten Hersteller des Originals in Verbindung gebracht, auch wenn es sich um eine Fälschung handelt“, sagt Martin Rupp­mann. Kein Wunder, dass die Kosmetik­hersteller in kriminalistischer Klein­arbeit und in Zusammen­arbeit mit den Behörden versuchen, Fälschern auf die Spur zu kommen und ihnen das Hand­werk zu legen.

Wer mit Sicherheit das Original besitzen möchte, dem bleibt zweierlei: Es in einem der auto­risierten Fach­geschäfte und Parfümerien zu kaufen. Und die Bereitschaft, auf große Schnäpp­chen zu verzichten.

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