Der Kilometerstand bei Gebrauchtwagen muss stimmen. Hat der Wagen tatsächlich mehr gefahren als auf dem Tacho steht, haftet der Verkäufer – selbst wenn er selbst nichts von einer Tacho-Manipulation weiß und die Gewährleistung ausgeschlossen ist. Das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden. test.de erklärt die Hintergründe und gibt Tipps für Käufer und für Verkäufer.
Getriebeschaden kurz nach Kauf
Geklagt hatte der Käufer eines knapp sieben Jahre alten VW Lupo 1,2 TDI 3L. Ein Händler aus dem Raum Düsseldorf hatte den Wagen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung über das Internetportal mobile.de angeboten. Auf dem Tacho standen nicht mal 140 000 Kilometer. Schon wenige Wochen nach dem Kauf funktionierte das Getriebe nicht mehr. Fast 2 000 Euro kostete die Reparatur.
Wundersamer Kilometer-Schwund
Dem neuen Besitzer des Wagens schwante jetzt Böses. Über eine VW-Vertragswerkstatt forderte er eine so genannte „Reparationshistorik“ an. Sie ergab: Bereits im Oktober 2008 standen über 270 000 Kilometer auf dem Tacho. Bei der nächsten Reparatur im Januar 2010 waren es dann auf einmal nur noch 215 531 Kilometer, und die Anzeige sank weiter. Kurz vor Verkauf stand der Tacho bei nur noch 137 907 Kilometer. Hintergrund: Bei modernen Autos lässt sich der Kilometerstand durch elektronische Tricksereien oder den Austausch des Speicherchips verändern.
Verkäufer wollte von nichts wissen
Der Verkäufer weigerte sich, den Wagen wieder zurückzunehmen. Er habe das Auto zwei Monate vor dem Weiterverkauf mit einem Tachostand von 137 700 Kilometern auf einem Automarkt in Essen gekauft. Es wisse nichts von einer tatsächlich höheren Laufleistung. Die Gewährleistung sei ausgeschlossen und er daher nicht verpflichtet, den Wagen zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten.
Wirksame Vereinbarung
Daraufhin zog der Käufer des Wagens vor Gericht. Der Beklagte beantragte Prozesskostenhilfe, um sich gegen die Klage zu verteidigen. Doch Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf wiesen seinen Antrag ab. Die Verteidigung gegen die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Der beim Verkauf des Wagens als Laufleistung angegebene Kilometerstand führe zu einer so genannten Beschaffenheitsvereinbarung, für die der Verkäufer einzustehen hat, begründeten die Richter ihre Entscheidung. Daran ändere sich auch nicht, wenn der Verkäufer selbst womöglich gar nicht wusste, dass der Kilometerstand nicht stimmt. Auch der Gewährleistungsausschluss erfasst eine solche Beschaffenheitsvereinbarung nicht.
Vorverkäufer in der Pflicht
Immerhin: Wenn der Verkäufer richtig reagiert hat und seinerseits rechtzeitig Gewährleistungsansprüche gegen den Vorverkäufer geltend gemacht hat, kann er von diesem ebenfalls verlangen, den Wagen zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 15.11.2012
Aktenzeichen: I-3 W 228/12
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Wie immer - ne?
Haben sie das verlinkte urteil gelesen? Nein? Falls sie es lesen sollten, werden sie feststellen, daß das Gericht nirgends feststellt, daß die Gewährleistung gar nicht hätte ausgeschlossen werden dürfen. Wenn dem so ist, dann sind meine Fälle nicht "konstruiert" sondern die einzig mögliche Erklärung. .
Also in dem Text steht zwar nur „Käufer“ und „Händler“, aber man kann doch wohl in diesem Zusammenhang davon ausgehen, dass es sich um einen gewerblichen Verkauf an privat handelte. Wäre irgendetwas von ihren „konstruierten“ Sachverhalten (Händler verkauft privat sein eigenes Fahrzeug, oder an einen anderen Händler) so gewesen, wäre es doch auch nicht zu diesem Urteil gekommen. Hier haben sie doch nur wieder besserwisserisch und voreilig ihre Parolen in die Tasten gezimmert, nach dem vollkommen korrekten Hinweis auf die Sachlage von RemusRomulus haben sie schnell mal nachgelesen und gemerkt das sie Schwachsinn geschrieben haben, jetzt wollen sie ihr Gesicht wahren und konstruieren abenteuerliche Sachverhalte, die sie in ihrem ersten Kommentar zu diesem Thema in keiner Weise so einschränkend erwähnten.
Da haben sie vollkommen recht. Aus dem Urteil (verlinkt) geht leider nicht hervor, ob der Händler eventuell den Wagen privat verkauft hat und damit ein Gewährleistungsausschluß natürlich möglich wäre. Auch wäre es möglich, daß der Käufer selbst gewerblich tätig war. Dann wäre ebenfalls eine freie Vereinbarung über die Gewährleistung oder den Ausschluß derselben möglich. Aber sie haben recht: Beim gewerblichen Verkauf an einen privaten Endkunden kann die Gewährleistung nicht wirksam ausgeschlossen werden und lediglich auf mindestens ein Jahr beschränkt werden.
Zitat :
Ein Händler aus dem Raum Düsseldorf hatte den Wagen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung über das Internetportal mobile.de angeboten
Ein Händler kann grundsätzlich eine Gewährleistung nicht ausschließen. Egal wie er das formuliert. Das ist zumindestens mein Kenntnisstand.