
Gebrauchtwagenkauf von privat oder vom Händler? Wir sagen, worauf Sie beim Autokauf achten müssen und woran Sie unseriöse Händler erkennen.
Das Wichtigste in Kürze
Gebrauchtwagenkauf – unser Rat
- Gewähr.
- Ist die Sachmangelhaftung des Verkäufers, wie die Gewährleistung inzwischen heißt, für Sie wichtig? Dann ist das ein Argument für den Kauf beim Händler. Sie gilt aber nicht für Verschleiß.
- Garantie.
- Viele Händler geben beim Kauf eine Gebrauchtwagengarantie dazu. Sie läuft oft ein Jahr. Der Kunde kann sie danach verlängern. Oft haben Garantien aber Ausschlüsse, etwa für Dichtungen. Viele umfassen nur die Lohnkosten und decken beim Material lediglich einen Teil der Kosten ab.
- Tacho.
- Es kommt vor, dass Kriminelle bei Gebrauchtwagen den Tacho zurückdrehen. Verdächtig ist es, wenn im Scheckheft die Zeitabstände der Wartungen und die dazu eingetragenen Tachostände stark variieren. Oder wenn der Tacho nur 50 000 Kilometer anzeigt, ein Zettel im Motorraum aber verrät, dass der letzte Ölwechsel bei 70 000 Kilometern war.
Gebrauchtwagenkauf – von privat
Endlich ein neues Auto? Da nehmen zwei von drei Käufern einen Gebrauchtwagen. Der kostet im Schnitt 14 730 Euro, zeigen Zahlen des Kraftfahrtbundesamts (KBA) aus dem Jahr 2020. Fragt sich nur: Wo kaufen? Es gibt drei Möglichkeiten: private Verkäufer, Gebrauchtwagenhändler und Vertragshändler einer Marke. Die Vor- und Nachteile eines Kaufs von privat:
Autokauf von privat – günstiger als vom Händler
Die günstigeren Preise gibt es bei privaten Verkäufern. Oft wollen sie ihren Wagen nicht wochenlang anbieten, weil sie den neuen schon bestellt haben. Das fördert die Verhandlungsbereitschaft. Rund 31 Prozent der Leute entschieden sich im Jahr 2020 für den Kauf von privat, so das KBA. Die Autos waren im Schnitt 87 500 Kilometer gelaufen, waren 7,4 Jahre alt und kosteten 9 740 Euro.
Gewährleistung darf ausgeschlossen werden
Größter Nachteil beim Kauf von Privat ist die fehlende Gewährleistung. Privatleute dürfen die gesetzlich vorgeschriebene zweijährige Gewährleistungsfrist komplett ausschließen, Händler nicht. Dieser Ausschluss läuft aber nicht automatisch. Vielmehr muss der Verkäufer ihn ausdrücklich im Kaufvertrag formulieren. Dann steht dort zum Beispiel „unter Ausschluss jeglicher Gewähr“. Wenn er sie vergisst, übernimmt er die Gewährleistung für die vollen zwei Jahre. Aber in der Praxis nutzen fast alle privaten Verkäufer so eine Klausel.
Die Klausel „Gekauft wie gesehen“
Die Formulierung „Gekauft wie besehen“ ist für Verkäufer nicht besonders sinnvoll. Sie schließt nur die Haftung für Mängel aus, die „ein Laie ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen bei der Besichtigung erkennen kann“, urteilte das Oberlandesgericht Oldenburg (Az. 9 U 29/17). In dem Fall hatte ein Mann seinen Peugeot für 5 000 Euro an eine Frau „gekauft wie gesehen“ verkauft. Bei der Autobesichtigung waren keine Mängel zu erkennen. Später zeigte sich, dass der Wagen erhebliche, nicht vollständig und fachgerecht beseitigte Unfallschäden hatte. Die Richter in Oldenburg entschieden: Der Verkäufer muss den Wagen zurücknehmen und den Kaufpreis zurückzahlen. Die Formulierung schließe nur die Haftung für leicht erkennbare Mängel aus. Der Verkäufer verteidigte sich, auch er habe die Vorschäden nicht gekannt, die Mängel müssten vom Vorbesitzer stammen. Damit kam er nicht durch, weil Verkäufer für Mängel haften – unabhängig von ihrer Schuld.
Gewährleistung: So machen es private Verkäufer richtig
Wenn Autoverkäufer ihre Haftung für verdeckte Mängel rechtssicher ausschließen wollen, sollten sie ein gutes Vertragsformular wählen, zum Beispiel das vom ADAC. Dort steht: „Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Haftung für Sach- und Rechtsmängel verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schäden, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers beruhen sowie auf der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.“ Hier gibt es das ADAC-Formular.
Tipp: Kaufen Sie von einem privaten Verkäufer? Dann schauen Sie sich nicht nur das Auto gut an, sondern auch die Person. Macht er einen ordentlichen, verlässlichen Eindruck? Beschreibt er den Wagen ehrlich? Kann er schlüssig begründen, warum er verkauft? Das ist besonders wichtig, wenn er den Pkw nur kurze Zeit besessen hat. Privatleute sind in der Regel technische Laien. Falls das Auto einen verdeckten Mangel hat, zum Beispiel ein nur sporadisch auftretendes Klappergeräusch, das auf defekte Stoßdämpfer hinweist könnte, wissen sie oft selbst nicht davon.
Gebrauchtwagenkauf – vom Händler

Gesetzliche Gewährleistung
Mehr Sicherheit bieten Händler. Als Profis müssen sie laut Gesetz zwei Jahre Gewährleistung geben. Bei Gebrauchten dürfen sie diese Frist auf ein Jahr verkürzen. Das muss aber im Kaufvertrag stehen, sonst gelten zwei Jahre. Außerdem muss klar sein, dass die Verkürzung der Verjährung nicht gilt, wenn den Händler ein grobes Verschulden trifft. So war die Bedingung zur Verkürzung der Gewährleistung für Vorführ- und Jahreswagen bei Daimler unwirksam.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.03.2022
Aktenzeichen: III ZR 263/20
Sicht- und Funktionsprüfung
Außerdem müssen Händler das Auto checken, zumindest mit einer Sicht- und Funktionsprüfung. Zeigen sich Anhaltspunkte für Schäden, muss der Händler der Sache auf den Grund gehen. Oder er muss dem Kunden sagen, welche Anhaltspunkte vorlagen und dass er sie nicht weiter geprüft hat.
Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 25.10.2010
Aktenzeichen: 4 U 71/09).
Gebrauchtwagenhändler oder Vertragshändler?
Bleibt noch die Frage: Gebrauchtwagenhändler oder Vertragshändler? Oft gibt der Preis den Ausschlag. Autos vom Gebrauchtwagenhändler sind häufig etwas billiger. Laut Kraftfahrtbundesamt kostete ein Wagen im Jahr 2020 bei freien Händlern durchschnittlich 13 310 Euro, war 6,6 Jahre alt und 67 813 Kilometer gelaufen. Dennoch entschieden sich nur 21 Prozent der Käufer und Käuferinnen dafür. Die meisten, nämlich 48 Prozent, gingen zum Vertragshandel. Dort kosteten die Autos im Schnitt 18 570 Euro, waren 4 Jahre alt und 42 893 Kilometer gelaufen.
Kauf vom Händler – das rät der ADAC
Was empfehlenswerter ist, lässt sich pauschal kaum sagen. Der Gebrauchtwagenhandel hat bei vielen Kunden kein gutes Image. Doch letztendlich kommt es auf den Händler an und auf die Qualität seines Angebots. Gut ist es, wenn Bekannte mit einem Anbieter gute Erfahrungen gemacht haben und ihn empfehlen können. Der ADAC hat beobachtet, dass Missgriffe seltener vorkommen, wenn es sich um ein Markenautohaus handelt. Wer zum Gebrauchtwagenhändler geht, sollte auf folgendes achten:
- Innung. Der Betrieb sollte Mitglied der Kfz-Innung sein. Das zeigen die Schilder: „Meisterbetrieb der Kfz-Innung“ oder „Mitgliedsbetrieb der Kfz-Innung“ oder „Autohandel mit Qualität und Sicherheit“. Dann können Autokäufer im Streitfall eine Schiedsstelle des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe einschalten.
- Gecheckt. Der Händler sollte zusichern, dass das Auto werkstattüberprüft ist oder jüngst eine große Inspektion gemacht wurde.
- Anzeige. Der Text der Anzeige sollte mit dem Inhalt des Kaufvertrags übereinstimmen – und auch mit den mündlichen Äußerungen des Verkäufers. Sichert er mündlich etwas zu und ist nicht bereit, dies auch in den Kaufvertrag zu übernehmen, sollten Sie das vorsichtig werden lassen.
- Mängel. Ein Mängelprotokoll sollte alle Fehler auflisten. Pauschale Aussagen wie „Fahrzeug in super Zustand“ oder „Motor und Getriebe okay“ sind zu unverbindlich.
- Kilometerstand. Der Händler sollte die Kilometerleistung des Autos schriftlich im Kaufvertrag garantieren. Dort sollten keine Formulierungen stehen wie „Kilometerstand laut Tacho“ oder „laut Vorbesitzer“. Das würde offen lassen, dass die wahre Kilometerleistung höher ist und der Tacho zurückgedreht wurde.
Tipp: Schwierig sind Versteigerungen im Internet. Sehen Sie sich ein Auto unbedingt vorher selbst an. Fotos reichen nicht. Geben Sie trotzdem ein Gebot ab, müssen Sie dafür einstehen. Achtung: Eine E-Mail: „Ich kaufe Ihren Pkw“ gilt juristisch als Vertragsangebot. Der Verkäufer muss nur noch „Ja“ sagen – schon ist der Kauf abgeschlossen.
Unfall, Tacho, Verschleiß – die Details
Die meisten Probleme gibt es erst nach dem Kauf. Ob privater Verkäufer oder Händler, ob Sachmangelhaftung oder nicht: Grundsätzlich müssen die Angaben zum Auto stimmen, auch mündliche, und auch wenn die Gewährleistung ausgeschlossen wurde. Wer von Privat kauft, muss zwar in aller Regel diesen Ausschluss hinnehmen. Aber er gilt nicht grenzenlos. Nicht davon betroffen sind alle Eigenschaften des Pkw, die im Kaufvertrag stehen. Nennt der Verkäufer dort nur einen Vorbesitzer, obwohl es drei waren, darf der Käufer vom Vertrag zurücktreten und sein Geld zurückverlangen.
Oberlandesgericht Naumburg, Urteil vom 14.08.2012
Aktenzeichen: 1 U 35/12).
Vorsicht Tachomanipulation
Vor allem die angegebene Gesamtlaufleistung muss stimmen. So etwa das Landgericht Ellwangen, Urteil vom 13.06.2008, Aktenzeichen: 5 O 60/08. Doch Vorsicht: Heißt es „Kilometerstand laut Vorbesitzer“ oder „soweit bekannt“, ist die Angabe laut Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.11.2010, Aktenzeichen: VIII ZR 287/09, unverbindlich. Lassen Sie sich die Kilometerleistung unbedingt verbindlich zusichern. Den Tachostand zu manipulieren, ist einfach und kostet nur wenig. In der Praxis werden jedes Jahr tausende Pkw mit manipuliertem Tachostand verkauft, von Privatpersonen, aber auch von Händlern. Nur wenn die Kilometerleistung rechtssicher im Kaufvertrag vereinbart wurde, haben Käufer eine Chance, Geld zurückzuholen, wenn sich der Betrug später herausstellt. Hier stehen mehr Infos zu Tachomanipulation und wie Sie sich dagegen wehren.
Angaben im Pkw-Kaufvertrag müssen stimmen
Ausstattung. Ähnlich ist es mit Ausstattung und Zubehör. Wird Lederausstattung vereinbart, dürfen nicht einzelne Teile wie Kopfstützen oder die Türverkleidung nur aus Kunstleder sein (Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 17.12.2008, Aktenzeichen: 9 O 188/08). Heißt es „TÜV neu“ gewährleistet der Verkäufer damit, dass das Auto technisch der Straßenverkehrszulassungsordnung entspricht und keine erheblichen Mängel festgestellt wurden (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.03.2013, Aktenzeichen: VIII ZR 172/12).
Werksgarantie. Steht im Kaufvertrag eines Gebrauchtwagens, dass die Werksgarantie noch läuft, muss das stimmen. Die Garantie kann vorzeitig erlöschen, wenn eine der vorgeschriebenen Wartungen nicht gemacht wurde. Das erlebte ein Käufer, der beim Händler ein Auto mit nur 114 Kilometer Laufleistung erworben hatte. Nachdem er gut 11 000 Kilometer gefahren war, stellte er fest, dass der Wagen keine Werksgarantie mehr hatte, da die erste Inspektion fehlte. Der Händler argumentierte, eine Wartung sei zwar nach spätestens einem Jahr oder 30 000 Kilometern fällig gewesen. Aber bei nur 114 Kilometern hätte sie technisch keinen Sinn gemacht. Außerdem werde der Hersteller sämtliche Garantieleistungen auf Kulanz übernehmen. Damit kam er nicht durch. Eine freiwillige Kulanz ist nicht dasselbe wie der Rechtsanspruch auf Garantie, erklärte das Oberlandesgericht Zweibrücken (Urteil vom 12.12.2017, Aktenzeichen: 1 U 186/16). Der Käufer durfte das Auto zurückgeben und sein Geld zurück verlangen. Allerdings muss er für die gefahrenen Kilometer eine Nutzungsentschädigung von 855 Euro zahlen.
Achtung: Bei Gebrauchtwagen eines privaten Verkäufers dürfen Baujahr und Erstzulassung auseinander liegen. Steht „Erstzulassung 2010“ im Kaufvertrag, obwohl der Pkw 2008 gebaut wurde, ist das bei Gebrauchtwagen kein Mangel. Bei Neuwagen hingegen dürfen Käufer erwarten, dass zwischen Baujahr und Erstzulassung maximal zwölf Monate liegen.(Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.06.2016, Aktenzeichen: VIII ZR 191/15).
Falsche Angaben aus dem Inserat werden Vertragsbestandteil
Angaben im Inserat sind verbindlich. Das half einem Käufer, dessen Fiat der Verkäufer eine Klimaanlage angedichtet hatte. Sie stand zwar nicht im Kaufvertrag, doch falsche Angaben aus dem Inserat werden Vertragsbestandteil (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 26.04.2007, Aktenzeichen: I-12 U 113/06). Auch ein BMW-Käufer durfte vom Kaufvertrag zurücktreten, weil der Händler in seiner Fahrzeugbeschreibung auf dem Internetportal mobile.de geschrieben hatte: „Freisprecheinrichtung mit USB-Schnittstelle“. Im Kaufvertrag stand davon nichts, und das Auto hatte auch keine Freisprechanlage (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 21.07.2016, Aktenzeichen: 28 U 2/16).
Gebrauchtwagen: Unfallschäden sind keine Bagatelle
Unfallauto. Andere Eigenschaften dürfen Kunden als selbstverständlich voraussetzen, zum Beispiel dass das Auto unfallfrei ist. Falls nicht, muss der Verkäufer das ungefragt von sich aus sagen – auch ein privater, wenn er davon weiß (Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 06.11.2014, Aktenzeichen: 8 U 163/13). Das gilt auch für Schäden, die fachgerecht repariert wurden. Sonst darf der Kunde den Preis mindern oder – bei erheblichen Mängeln – vom Kauf zurücktreten. Da hilft auch ein Gewährleistungsausschluss nicht, denn er gilt nicht für Eigenschaften, die der Kunde üblicherweise erwarten darf. So kann er als selbstverständlich voraussetzen, dass das Auto unfallfrei ist.
Der bloße Hinweis „Unfallauto“ reicht nicht. Er ist so unbestimmt und vieldeutig, dass er keine umfassende Information des Käufers darstellt. Stattdessen muss der Verkäufer das volle Ausmaß des Schadens nennen. Er darf nichts bagatellisieren. Gibt er lediglich „reparierter Blechschaden“ an, dürfen es nur oberflächliche Schäden sein, die ordnungsgemäß repariert wurden und nicht die Fahrzeugstruktur betrafen (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2014, Aktenzeichen: I-3 U 10/13). Repariert der Händler die Unfallschäden nur teilweise und lässt den Käufer glauben, es gebe keine weiteren Schäden, handelt er arglistig (Landgericht Berlin, Urteil vom 20.12.2005, Aktenzeichen: 5 O 210/05). „Erneuerte Teile“ dürfen allenfalls wenige Monate alt sein (Kammergericht Berlin, Urteil vom 30.09.2010, Aktenzeichen: 23 U 170/09).
Marderschaden. Nicht hinweisen müssen Gebrauchtwagenhändler aber auf einen Marderschaden, der repariert wurde. Zwar müssen sie den Pkw prüfen und den Käufer über Unfallschäden aufklären. Aber Marderbisse beschädigen keine tragenden Teile. Fachgerecht repariert beeinträchtigen sie auch nicht den Wiederverkaufswert, entschied das Landgericht Aschaffenburg (Urteil vom 27.02.2015, Aktenzeichen: 32 O 216/14).
Bagatellschäden. Nicht angeben muss der Verkäufer Bagatellschäden, also Äußerlichkeiten wie kleine Lack- oder Blechschäden, urteilte der Bundesgerichtshof. In dem Fall war bei einem drei Jahre alten Mercedes aber die Heckklappe verbeult und musste neu lackiert werden. „Kein Bagatellschaden“, meinten die obersten Richter (Urteil vom 12.03.2008, Aktenzeichen: VIII ZR 253/05).
Mietwagen. Auch wenn das Auto als Mietwagen gelaufen ist, als Taxi oder als Fahrschulwagen (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 15.05.2012, Aktenzeichen: 8 O 29/11), sollte der Verkäufer dies von sich aus mitteilen. Das gilt vor allem für Händler: Viele Gerichte werten Schweigen als arglistige Täuschung. Deshalb durfte die Käuferin eines VW Passat den Wagen zurückgeben und ihr Geld zurückverlangen, weil der Pkw zuvor als Mietwagen im Einsatz war (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 31.07.2008, Aktenzeichen: 19 U 54/08). Anders sieht dies das Landgericht Kaiserslautern: Die Nutzung als Mietwagen sei heute nichts Ungewöhnliches mehr, weil immer mehr Neuwagen zunächst als Mietfahrzeug zugelassen werden. Das mindere ihren Wert nicht übermäßig (Urteil vom 25.03.2009, Aktenzeichen: 2 O 498/08).
Firmenwagen. Dass ein Auto von mehreren Firmenangehörigen abwechselnd genutzt wird, zum Beispiel von den Mitarbeitern eines Pflegedienstes für Fahrten zum Einsatz, muss ein Verkäufer nicht zwingend angeben (Landgericht Kassel, Urteil vom 27.04.2010, Aktenzeichen: 7 O 2091/08).
Mehrverbrauch. Dass Autos mehr Sprit verbrauchen als im Prospekt angegeben, ist weithin üblich. Die Industrie begründet dies damit, dass der Verbrauch in einem standardisierten Testverfahren ermittelt wird, dass sich nicht einfach auf den Alltagsgebrauch übertragen lässt. Ist der Mehrverbrauch aber allzu hoch, dürfen Käufer das Auto zurückgeben. Das gilt ab 10 Prozent Mehrverbrauch, entschied der Bundesgerichtshof (Urteil vom 08.05.2007, Aktenzeichen: VIII ZR 19/05).
Die Verbrauchswerte des Gebrauchtwagens checken
Bis 31. August 2018 galt für die Zulassung eines neuen Modells die NEFZ-Norm (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Sie erlaubte Herstellern viele Tricks bei Messfahrten. Seit 1. September 2018 gilt die neue WLTP-Norm (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicle Test Procedure). Sie orientiert sich stärker am tatsächlichen Fahrverhalten. Im Schnitt liegt der Verbrauch nach WLTP etwa 20 Prozent über NEFZ. Tipp: Schauen Sie auf die Internetseite Spritmonitor.de. Dort melden Nutzer laufend, wie viel ihr Auto verbraucht. Gibt es für ein Modell genügend Meldungen, ist die Angabe eher aussagekräftig. Allerdings gibt es natürlich keine Garantie, dass nicht auch manche Nutzer geschönte Verbrauchswerte angeben.
Mangel oder Verschleiß?
Streit gibt es immer wieder darüber, ob ein Mangel vorliegt oder nur der übliche Verschleiß. Für den gilt die Gewährleistung nicht, solange es nur die Abnutzung ist, die beim betreffenden Automodell, Alter und Laufleistung üblich ist. Wenn bei einem Pkw mit 100 000 Kilometern ein paar Monate nach dem Kauf die Bremsbeläge hin sind, ist das kein Gewährleistungsfall, sondern Verschleiß.
Allerdings sollte der Verschleiß sich beim Kauf des Autos noch in Grenzen halten. Kunden dürfen erwarten, dass ein Händler auf völlig abgenutzte Teile hinweist. Es gilt der Grundsatz, dass ein Verkäufer Bescheid geben muss, wenn der Verschleiß so weit ist, dass ein vernünftiger Autofahrer die Teile zügig in der Werkstatt austauschen ließe. Ohne diesen Hinweis läge ein Mangel vor, für den der Verkäufer haften muss.
Beispiele für hinzunehmenden Verschleiß beim Gebrauchtwagen
Defekter Auspuff eines Opel mit 113 000 Kilometern (Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13.01.2004, Aktenzeichen: 7 U 30/04).
Seltenes Blinken der ABS-Leuchte ohne Grund bei einem 16 Jahre alten Nissan Serena (Landgericht Aschaffenburg, Urteil vom 03.02.2015, Aktenzeichen: 32 O 290/14).
Verstopfter Dieselpartikelfilter bei einem Opel Zafira mit 116 000 Kilometern (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2014, Aktenzeichen: 23 S 156/13).
Abgenutzte Bremsscheiben bei 63 500 Kilometern (Landgericht Aachen, Urteil vom 23.10.2003, Aktenzeichen: 6 S 99/03).
In diesen Fällen musste der Händler nicht haften.
Mängel, für die der Verkäufer gerade stehen musste
Kabelbrand eines Opel mit 52 746 Kilometern. Kabel sind keine Verschleißteile (Amtsgericht Marsberg, Urteil vom 09.10.2002, Aktenzeichen: 1 C 143/02).
Motorschaden bei einem vier Jahre alten Mittelklassewagen mit 88 000 Kilometern. Es liegt nahe, dass dies auf einem technischen Mangel beruht, denn bei einem modernen Auto Bedienungsfehler des neuen Besitzers unwahrscheinlich (Oberlandesgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 04.03.2005, Aktenzeichen: 24 U 198/04).
Defekt an Motorsteuergerät und Drosselklappe eines Opel Zafira mit 133 000 Kilometern. Beides sind keine Verschleißteile (AG Schwäbisch Hall, Urteil vom 20.12.2011, Aktenzeichen: 5 C 557/11).
Verbrauch von 1,43 Liter Öl auf 1 000 Kilometer bei einem Nissan mit 60 500 Kilometern (AG Halle/Saale, Urteil vom 08.12.2011, Aktenzeichen: 93 C 2126/10).
Defektes Automatikgetriebe bei einem sieben Jahre alten Jahre Renault Laguna mit 84 000 Kilometern schon 1 200 Kilometer nach dem Kauf (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.06.2006, Aktenzeichen: I-1 U 38/06).
Getriebeschaden bei einem sieben Jahre alten Ford Mondeo mit 74 000 Kilometern. Getriebe halten üblicherweise mindestens 150 000 Kilometer (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.06.2008, Aktenzeichen: I-1 U 264/07). Ein Getriebeumwandler sollte sogar ein ganzes Autoleben lang durchhalten, gab das Landgericht Halle dem Fahrer eines zehn Jahre alten VW Passat mit 186 000 Kilometern Recht (Urteil vom 18.10.2012, Aktenzeichen: 4 O 1417/10).
Liegt sogar ein schwerer Mangel vor, der sicherheitsrelevant ist, kann der Käufer eines Gebrauchtwagens vom Vertrag zurücktreten. Auch wenn der Mangel nur gelegentlich auftritt, muss der Verkäufer versuchen, ihn zu finden und zu beheben. Der Bundesgerichtshof gab dem Käufer eines Volvo V 50 zum Preis von 12 300 Euro Recht. Das Kupplungspedal blieb ab und an am Unterboden hängen und der Händler verweigerte eine Reparatur (Urteil vom 26.10.2016, Aktenzeichen: VIII ZR 240/15).
Beweiserleichterung für den Käufer in den ersten sechs Monaten
Kommt es zum Streit, gilt für Kunden in den ersten sechs Monaten eine Beweiserleichterung: Dann muss der Händler beweisen, dass das Problem nicht schon zum Kaufzeitpunkt vorlag. Oft ist das kaum möglich. Fein raus war deshalb eine Holländerin, deren Auto vier Monate nach dem Kauf ausbrannte. Ob es ihre Schuld war oder schon beim Kauf ein technischer Mangel vorlag, konnte kein Sachverständiger mehr feststellen. Der Europäische Gerichtshof entschied: Der Händler haftet (Urteil vom 04.06.2015, Aktenzeichen: C-497/13).
Rücktritt, wenn Händler Mängel nicht beseitigen
Gelingt es dem Händler nicht, Sachmängel innerhalb einen angemessenen Frist zu beseitigen, ist der Käufer berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Der Verkäufer muss dem Käufer dann den Kaufpreis abzüglich einer Entschädigung für die mit dem Wagen gefahrenen Kilometer erstatten. Im Gegenzug erhält der Verkäufer den Wagen zurück.
Um die Nutzungsentschädigung zu berechnen, muss zunächst geklärt werden, wie viele Kilometer ein Wagen typischerweise schafft, bis er ausgemustert wird. Bei Kleinwagen gehen Richter meist von einer Gesamtlaufleistung von 200 000 Kilometern aus, Mittelklasse-Autos sollten für 250 000 Kilometer gut sein und große 300 000 Kilometer schaffen.
So berechnen Sie die Nutzungsentschädigung bei Gebrauchtwagen: Kaufpreis mal (Kilometer jetzt minus Kilometer bei Kauf) geteilt durch (Gesamtkilometer minus Kilometer bei Kauf) = Nutzungsentschädigung.
Rechenbeispiel: Sie haben für 15 000 Euro einen Opel Astra mit 50 000 Kilometern auf dem Tacho gekauft. Jetzt zeigt der Tacho 60 000 Kilometer an. Die Gesamtlaufleistung schätzt der zuständige Richter auf 250 000 Kilometer. Die Nutzungsentschädigung beträgt:
15 000 Euro * (60 000 km – 50 000 km) / (250 000 km – 50 000 km) = 750 Euro.
Bei Rücktritt erhalten Sie also: (15 000 Euro – 750 Euro =) 14 250 Euro.
Im Einzelfall ist die Nutzungsentschädigung nicht mit dem Kaufpreis, sondern dem wirklichen Wert eines Wagens bei Kauf zu ermitteln. Das kann die Nutzungsentschädigung reduzieren. So haben das Landgericht und Oberlandesgericht Oldenburg für einen Sportwagen entschieden, der ständig wegen Motorproblemen in der Werkstatt stand, bevor der Käufer schließlich zurücktrat. Der Verkäufer durfte statt 6 400 nur 3 200 Euro als Nutzungsentschädigung vom Kaufpreis abziehen, denn der Wert des Wagens war tatsächlich niedriger gewesen.
Landgericht Oldenburg, Urteil vom 20.09.2021
Aktenzeichen: 4 O 1176/21
Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 04.04.2022
Aktenzeichen: 2 U 245/21
Pressemitteilung der Justiz Niedersachsen
In drei Schritten zum Gebrauchtwagen
Schritt eins: Besichtigung
Macken. Vor dem Kauf ist es sinnvoll, sich über die Schwächen des Wunschmodells zu informieren. So können Käufer gezielt auf diese Stellen achten. Im Internet stehen unter Adac.de Infoblätter zu über 60 Typen. Eine Datenbank zeigt Preise gebrauchter Pkw.
Checklisten. Praktisch sind Checklisten fürs Besichtigen. Es gibt sie im Internet, etwa bei Mobile.de oder beim ADAC. Sie ersetzen keinen Fachmann, aber Ramsch kann damit auch ein Laie erkennen. Die Besichtigung sollte bei Tag sein, um den Lack besser sehen zu können. Ein Käufer sollte nach Folgendem fragen:
Zulassungsbescheinigungen. Der Teil I hieß früher Kfz-Schein, der Teil II hieß Kfz-Brief.
Inspektionsheft. Hier sind die bisherigen Wartungen mit Kilometerstand und Datum eingetragen. Käufer sollten prüfen, ob Zeitabstände und Kilometerstände realistisch sind.
Belege. Wichtig sind auch Werkstattrechnungen für eventuelle Reparaturen, ebenso der Beleg für die letzte Abgasuntersuchung. Hinzu kommen auch Tüv-Berichte, Bedienungsanleitung sowie alle Schlüssel.
Schritt zwei: Probefahrt
Zwei. Es ist ratsam, zu zweit zur Probefahrt zu gehen – am besten mit jemandem, der sich mit Autos auskennt. Selbst dann besteht das Risiko, ein aufgehübschtes, aber technisch marodes Modell zu erwischen. Sicherer ist es, wenn eine Werkstatt das Auto prüft.
Händler. Beim Händler dürfen Kunden davon ausgehen, dass das Auto für die Probefahrt vollkaskoversichert ist. Viele Händler verlangen aber zusätzlich eine Vereinbarung, falls ein Unfall passiert. Darin wird eventuell eine hohe Selbstbeteiligung festgelegt.
Privat. Beim Kauf von privat zahlt die Kfz-Haftpflichtversicherung die Schäden, die anderen entstehen, wenn der Probefahrer einen Unfall verursacht. Ist der Wagen vollkaskoversichert, muss der Probefahrer die Selbstbeteiligung tragen. Zudem verschlechtert sich der Schadenfreiheitsrabatt des Halters. Auch das muss der Probefahrer ersetzen.
Tipps: Besorgen Sie sich vor der Probefahrt einen Termin in einer Werkstatt. Sagen Sie dem Verkäufer, dass der Motor nicht schon warm gefahren sein soll. Schließlich wollen Sie sehen, dass er auch kalt anspringt und rundläuft. Checken Sie das Auto vorher auf Kratzer, damit man die nicht später Ihnen anlastet.
Schritt drei: Kaufvertrag
Formulare. Muster-Kaufverträge stehen im Internet, zum Beispiel beim ADAC. In den Vertrag sollte man die Ausweisdaten des Verkäufers eintragen, außerdem Datum und Uhrzeit. Damit wird klar, ab wann der neue Besitzer haftet, zum Beispiel für Falschparken.
Bezahlung. Die meisten Verkäufer verlangen Bargeld. Um jedes Transportrisiko bei einer so großen Geldsumme zu vermeiden, erledigt man das am besten gemeinsam in der Bank. Nicht vergessen: Der Verkäufer sollte eine Quittung für die Bezahlung der Kaufsumme ausstellen.
Versicherung. Die bisherige Versicherung geht auf den Käufer über. Er kann sie innerhalb eines Monats kündigen oder den Vertrag automatisch enden lassen, indem er beim Ummelden eine Bestätigung seiner eigenen Versicherung vorlegt.
Tipp: Kümmern Sie sich schon vor dem Kauf um eine Teil- oder Vollkaskoversicherung, wenn Sie es wünschen und das gewählte Auto keine hat. Mithilfe des Kfz-Versicherungsvergleich finden Sie den für Sie passenden Tarif. Wichtig: Die elektronische Versicherungsbestätigung (eVB) des neuen Versicherers sollte neben Haftpflichtschutz die gewünschte Vollkasko umfassen.
Unseriöse Autohändler erkennen
Bei diesen Warnzeichen heißt es „Finger weg“:
Mündlich. Der Verkäufer sichert mündlich Eigenschaften zu, will sie aber nicht schriftlich im Kaufvertrag festlegen. Mündliche Äußerungen wie „Fahrzeug durchgecheckt und top fit“ sind reine Werbesprüche ohne rechtlich verbindlichen Hintergrund (OLG Bamberg, Az. 8 U 68/00).
Inserat. Der Text stimmt nicht mit den Angaben im Kaufvertrag überein.
Kaschiert. Das Auto hat kaschierte Mängel, die der Händler nicht erwähnt, etwa überlackierte Beulen.
Checkheft. Das Inspektionsheft fehlt. Oder alle Einträge sind in derselben Handschrift mit demselben Stift notiert, obwohl die einzelnen Wartungen in verschiedenen Jahren erfolgten.
Begründung. Der Verkäufer kann keine schlüssige Begründung liefern, warum er verkauft. Das ist besonders verdächtig, wenn er das Auto nur kurze Zeit hatte: Eventuell war es ständig in der Werkstatt und er will es unbedingt loswerden.
Mängel. Es heißt „Kfz mit Mängeln“, sie werden aber nicht genau benannt.
Bastler. Der Pkw ist technisch super, wird aber als Bastlerauto verkauft. Das soll die Gewährleistung ausschließen.
Gewerblich. Der Kunde soll als Unternehmer unterschreiben. Auch das soll die Gewährleistung einschränken.
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Hallo,
guter Artikel und für mich als Auto-Laie, der gerade am überlegen ist sich ein gebrauchtes Auto zu kaufen, sehr interessant.
Ich kann aber nur, wenns geht, von Privatverkäufern abraten. Ein Bekannter von mir, hat sich über ein Online-Portal (..Adresse von test.de gelöscht..)einen Gebrauchtwagen von einem Privatkunden gekauft. Der im ersten Moment gute Deal, stellte sich im nachhinein als riesen Flop heraus.
Tage nach dem Kauf, als das Wetter besser wurde, kristallisierten sich etliche Lackschäden an Heck, Front und Tür heraus.
Somit musste er nochmal ein paar tausend Euro in die Reparatur kosten stecken, da die Gewährleistung fehlte.
Beste Grüße
Auto-Freak