Gastritis Alternative Therapie gegen Magen­probleme

0

Schät­zungs­weise 33 Millionen Menschen in Deutsch­land tragen ein Bakterium mit sich herum, das auf den Magen schlagen kann: Helicobacter pylori. Entzündungen der Magen­schleimhaut oder Geschwüre in Magen und Zwölffingerdarm gehen häufig auf diesen Erreger zurück. Normaler­weise kommen drei Medikamente zum Einsatz, um ihn zu bekämpfen. Offen­bar gibt es jetzt eine wirk­samere Alternative. test.de erklärt, was es damit auf sich hat.

Schmerzhafter Selbst­versuch für den Nobel­preis

Magen­schmerzen, Völlegefühl, Sodbrennen – so kann sich eine akute Entzündung der Magen­schleimhaut bemerk­bar machen. Die Entdeckung, dass dafür oft das Bakterium Helicobacter pylori verantwort­lich ist, brachte dem Australier Barry Marshall 2005 den Nobel­preis – vorher aber Magen­schmerzen und Übel­keit. Um seine These zu beweisen, schluckte er im Selbst­versuch große Mengen der Bakterien und entwickelte schon nach kurzer Zeit eine Magen­schleimhaut­entzündung, Gastritis genannt.

Tipp: Unser Buch „Magen und Darm“ enthält viele Infos und Erklärungen zu den Themen Sodbrennen, Bauch­zwicken und Verstopfung. Es hilft Ihnen, Ursachen zu erkennen und bei Beschwerden richtig zu handeln. Das Buch ist für 18,90 Euro im Shop auf test.de erhältlich. Unsere Bewertungen von Medikamenten bei Magen- und Darm­problemen finden Sie in der Medikamentendatenbank.

Bakterium greift Magen­schleimhaut an

Die Magen­schleimhaut schützt die Magenwand vor der aggressiven Magensäure. Wird die Schleimhaut gereizt oder geschädigt, kann sie sich entzünden und die Schutz­funk­tion nicht voll aufrecht­erhalten. Schuld kann das Bakterium Helicobacter pylori sein. Um sich vor der aggressiven Magensäure zu schützen, neutralisiert es seine Umge­bung, bringt dadurch aber die empfindliche Regulierung der Magensäure­produktion durch­einander. Dadurch können Schleimhaut und Magenwand Schaden nehmen. Mögliche Folgen: Geschwüre in Magen und Zwölffingerdarm und im schlimmsten, aber seltenen Fall bösartige Tumore.

Stan­dard­therapie mit zwei Antibiotika und Säure­blocker

Wird der Keim bei Beschwerden nachgewiesen, muss ihn eine sogenannte Eradikations­therapie beseitigen. In Deutsch­land werden dafür üblicher­weise diese drei Medikamente einge­setzt:

Clari­thromycin. Das Antibiotikum Clari­thromycin reichert sich in den Zellen der Magen­schleimhaut an und greift den Erreger dort kontinuierlich an.

Amoxicillin. Ein zweites Antibiotikum namens Amoxicillin unterstützt diese Wirkung.

Protonenpumpenhemmer. Da die meisten Antibiotika in der sauren Umge­bung des Magens nicht optimal wirken können, wird außerdem ein sogenannter Protonenpumpenhemmer einge­nommen. Er hemmt die Säure­produktion.

Das Problem: Immer häufiger versagt diese Therapieform, weil die Bakterien resistent gegen das Antibiotikum Clari­thromycin sind. Im Falle einer Infektion mit einem solchen resistenten Bakterien­stamm sind alternative Therapie­optionen wichtig.

Neue Studie: Größere Erfolge für Vierfach­therapie

Für Helicobacter pylori werden in einem solchen Fall vier Medikamente kombiniert, die Patienten zehn Tage nehmen müssen: Die beiden Antibiotika Tetra­zyklin und Metronidazol und ein Bismutsalz müssen jeweils nach dem Aufstehen, mittags, abends und noch einmal vor dem Schlafen­gehen geschluckt werden. Morgens und abends kommt außerdem ein Protonenpumpenhemmer hinzu. Aktuelle, aussagekräftige Studien, die die Wirk­samkeit der beiden Medikamenten-Kombis vergleichen, sind in Deutsch­land Mangelware. Doch eine staatlich finanzierte Studie aus Taiwan – wo eine ähnliche Resistenzlage wie in Deutsch­land herrscht – zeigt: Die Vierfach­therapie ist wirk­samer. Für über 1 080 Teilnehmer verglich die Studie unter anderem die gängige Dreifach­therapie über 14 Tage mit einer Kombination aus vier Medikamenten, die der Vierfach­therapie hier­zulande sehr ähnlich ist. Das Ergebnis: Sechs Wochen nach Ende der Therapie war bei 84 Prozent der Patienten mit der herkömm­lichen Stan­dard­therapie der Magenkeim nicht mehr nach­weisbar. Unter den Patienten, die die bismuthaltige Vierfach­therapie bekommen hatten, waren es sogar 90 Prozent. Wenn die Medikamente jeweils korrekt bis zum Ende einge­nommen wurden, war der Unterschied zwischen Dreifach- und Vierfach­therapie noch etwas größer – zugunsten der Kombination aus vier Medikamenten.

Vierfach­therapie wird häufiger abge­brochen

Aber: Mit insgesamt 14 Pillen an vier verschiedenen Einnahme­zeit­punkten pro Tag ist die Vierfach­therapie komplizierter als die gängige Dreifach­therapie mit nur sechs Pillen an zwei Einnahme­zeit­punkten. Außerdem birgt die Vierfach­therapie ein größeres Risiko für Neben­wirkungen. Sehr häufig treten Schwarz­färbung des Stuhls, Durch­fall, Übel­keit und ein schlechter, metallischer Geschmack im Mund auf. Häufig kommt es außerdem zu Verdauungs­problemen oder Kopf­schmerzen. In der Studie brach jeder Zehnte die Vierfach­therapie deshalb ab. Das sind deutlich mehr Abbrecher als bei der herkömm­lichen Behand­lungs­weise. Fazit: Die Dreifach­therapie ist in Deutsch­land weiterhin die erste Wahl, um den Magenkeim Helicobacter pylori zu beseitigen. Nur falls das Risiko für eine Clari­thromycin-Resistenz besteht, sollte die Vierfach­therapie zum Einsatz kommen.

Keim führt nicht immer zu Beschwerden

Beruhigend: Nicht jeder, der den Keim hat, muss eine der Therapien über sich ergehen lassen. In Deutsch­land tragen schät­zungs­weise 40 von 100 Menschen den Keim in sich. Die Infektion führt aber nur bei etwa 4 bis 8 von ihnen zu einer Entzündung der Magen­schleimhaut oder zu Geschwüren. Die Infektion mit dem Bakterium geht vermutlich häufig auf die Kindheit zurück – das Bakterium wird im engen Kontakt mit der Familie weiterge­geben. Einen Nach­weistest auf den Helicobacter pylori führen Ärzte etwa bei den typischen Beschwerden wie anhaltenden oder immer wieder auftretenden Magen­schmerzen oder Sodbrennen durch. Ein Test ist außerdem bei „Risikopatienten“ wichtig: Das sind alle, die schon mal ein Magen­geschwüre hatten und denen eine Dauer­therapie mit sogenannten nicht-steroi­dalen Antirheumatika (NSAR) bevor­steht. Medikamente dieser Gruppe – zu der Ibuprofen, Diclofenac oder Acetylsalicylsäure gehören – können die Magen­schleimhaut schädigen. Liegt zusätzlich eine Infektion mit dem Magenkeim vor, ist das Risiko für Folge­erkrankungen erhöht. Ein Nach­weis des Keims ist unter anderem in Stuhl-, Blut- und Gewebs­proben, aber auch durch einen Atemtest möglich.

„Zielscheibe“ für Antibiotika verändert sich

Um fest­zustellen, ob jemand resistente Magenkeime in sich hat, muss der Arzt im Gespräch verschiedene Risiko­faktoren abklären. So haben beispiels­weise Patienten aus Süd-Ost-Europa ein höheres Risiko. Das gilt auch für alle, die zuvor schon aus anderen Gründen mit einem Antibiotikum derselben Wirk­gruppe, den sogenannten Makroliden, behandelt worden sind. Denn das könnte dazu geführt haben, dass sich der Helicobacter-Stamm auf die Angriffs­strategie des Antibiotikums einge­stellt und dadurch eine Resistenz entwickelt hat.

Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden

Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nach­richten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglich­keit, Newsletter aus verschiedenen Themen­gebieten auszuwählen.

test.de-Newsletter bestellen

0

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.