Immer mehr Anbieter zahlen Neukunden schon kurz nach Vertragsbeginn einen Sofortbonus von bis zu 190 Euro. Wir zeigen, welche Kunden profitieren.
Sofortbonus 190 Euro, Neukundenbonus 183 Euro, Ersparnis: mehrere hundert Euro im ersten Jahr. Das verspricht ExtraEnergie Kunden, die den Gastarif Extragas 12 Sofortbonus abschließen. Doch wo ist der Haken? Bekommt wirklich jeder Kunde diese Boni?
Diesen Fragen sind wir nachgegangen. Wir haben erstmals Tarife mit hohen Kundenboni untersucht und geprüft, an welche Bedingungen diese geknüpft sind (Tabelle: Bonusbedingungen). Außerdem haben wir für die Städte Berlin, Köln und München, in denen besonders viele unserer Abonnenten wohnen, ermittelt, welche Ersparnis ein Tarifwechsel bringt (Tabellen: Für Aktive, Für Bequeme).
Kölner mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden – so viel wird durchschnittlich in einem 130-Quadratmeter-Einfamilienhaus verbraucht – können beispielsweise im ersten Vertragsjahr bis zu 425 Euro sparen. Bei Berlinern sind es bis zu 404 Euro. Wie hoch die eigene Ersparnis ist, hängt von dreierlei ab:
- Höhe des Verbrauchs. Je höher der Verbrauch ist, desto mehr kann man sparen.
- Aktueller Preis. Jemand, der derzeit einen sehr teuren Anbieter hat, spart mehr als ein Kunde, der schon einmal in einen günstigen Tarif gewechselt ist. Bei unseren Berechnungen sind wir davon ausgegangen, dass der Musterkunde im günstigsten Tarif seines örtlichen Grundversorgers ist.
- Kundentyp. Nicht alle Tarife sind für jeden gleichermaßen geeignet. Gerade Tarife mit hohen Boni haben zwei Seiten. Im ersten Jahr sind sie günstig. Wer aber zum zweiten Jahr den Ausstieg verpasst, zahlt dann oft mehr als vor dem Wechsel.
Bequem oder aktiv? Bitte einordnen
Bevor es ans Sparen geht, müssen Kunden sich erst einmal einschätzen. Gehören sie zu den aktiven Gaskunden oder sind sie doch eher bequem? Von der Antwort hängt ab, mit welchem Tarif sie besser fahren.
Bequeme Kunden sind solche, die sich möglichst wenig mit ihrem Gastarif befassen möchten und nicht jedes Jahr den Anbieter wechseln wollen. Ihnen bringt ein Wechsel rund 237 Euro pro Jahr, wenn sie in Berlin wohnen, 20 000 Kilowattstunden im Jahr verbrauchen und vom Tarif Erdgas Smart der Gasag zur Maingau Energie in den Tarif GasSmart wechseln.
Ein aktiver Kunde dagegen wechselt jedes Jahr den Anbieter. Er kennt Kündigungsfrist und Kündigungstermin und nutzt ihn auch. Seine Ersparnis ist rund 170 Euro höher als die des Bequemen, sofern er ebenfalls in Berlin wohnt und genauso viel verbraucht. Insgesamt spart er 404 Euro im ersten Jahr, wenn er den günstigsten Anbieter wählt.
Wechselmüde Kunden zahlen drauf
Verpasst der Aktive allerdings den Kündigungstermin und wird im zweiten Jahr immer noch beliefert, setzt er seine hohe Ersparnis aufs Spiel, wie das Beispiel zeigt. Schließt unser Berliner Musterkunde bei Grünwelt den Tarif Grüngas 12 Sofortbonus ab, spart er im Vergleich zum günstigsten Tarif des örtlichen Grundversorgers Gasag 365 Euro im ersten Vertragsjahr.
Wäre er im zweiten Jahr immer noch Kunde, würde er aber rund 63 Euro mehr bezahlen als vor dem Wechsel die Gasag verlangt hat. Der Grund: Sofort- und Neukundenbonus sind zusammen höher als die Ersparnis. Die Boni bekommt der Kunde im zweiten Jahr nicht mehr. Dies führt dazu, dass er sogar ohne Preiserhöhung im zweiten Jahr mehr bezahlt als bei seinem alten Tarif.
Weniger Ärger um Bonuszahlungen
Immer mal wieder beschwerten sich Kunden in der Vergangenheit, dass einige Unternehmen die zugesagten Boni nicht bezahlen. Bonuszahlungen haben deswegen nicht überall einen guten Ruf. Doch diese Finanztest-Untersuchung zeigt: Besonders tückische Bedingungen sind eher selten.
Nur bei ExtraEnergie müssen Kunden aufpassen, dass sie dort in den vergangenen sechs Monaten keinen Vertrag desselben Tariftyps widerrufen haben. Die Firma stuft sie sonst nicht mehr als Neukunde ein und zahlt keinen Bonus.
Udo Sieverding, der Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sagt: „Stress mit Bonuszahlungen war bei uns zwar im Jahr 2013 und 2014 das Beschwerdethema Nummer eins. Das ist es inzwischen aber nicht mehr.“ Auch das Vergleichsportal Check24 bestätigt: „Deutlich weniger Kunden beschweren sich dort über unkorrekte Bonuszahlungen.“
Klage gegen ExtraEnergie
Jürgen Schröder, Energiejurist der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, sagt: „Die ExtraEnergie ist uns durch zahlreiche Beschwerden aufgefallen.“
Die Verbraucherzentrale klagt gegen das Unternehmen wegen zehn Regelungen in den allgemeinen Geschäftsbedingungen, die aber nicht die Boni betreffen. Finanztest hat die Bonusbedingungen des Tarifs „Extragas 12 Sofortbonus“ geprüft. Sie sind in Ordnung. Welche Erfahrungen Kunden haben, können wir nicht testen. Deshalb sind wir sehr an Erfahrungsberichten interessiert (E-Mails an Lesererfahrung-gas@stiftung-warentest.de).
Zum Sofortbonus haben wir bislang keine Leser-Rückmeldungen erhalten. Er wird schon kurz nach Lieferbeginn ausgezahlt. Beim Tarif Extragas 12 Sofortbonus beispielsweise erhält unser Musterkunde aus Köln spätestens 60 Tage nach Lieferbeginn 190 Euro. Der Neukundenbonus von 183 Euro wird dagegen erst nach mehr als einem Jahr in der Abschlussrechnung gutgeschrieben (Tabelle: Bonusbedingungen).
Zählerstände notieren und prüfen
Ob ExtraEnergie oder andere Anbieter – Kunden sollten nach einem Jahr prüfen, ob sie die zugesagten Boni auch erhalten haben. Rechtsanwältin Leonora Holling, Expertin für Energierecht, rät außerdem: „Der Kunde sollte die Zählerstände notieren, die er dem Unternehmen meldet, und prüfen, ob sie richtig in die Abschlussrechnung übertragen wurden. Onlinekunden, die ihre Zählerstände per Login eingeben, sollten von der Eingabemaske einen Screenshot machen.“
Keine Boni für Altkunden

Grünwelt Energie ist eine Marke von Gas.de. Kunden, die zwischen Tarifen von Gas.de und Grünwelt hin- und herwechseln, erhalten keine Boni, weil sie nicht als Neukunden gelten. Gleiches gilt für einen Wechsel zwischen Prioenergie, Hitgas und ExtraEnergie sowie für Kunden, die von EnergieGut zu Rheinpower wechseln.