
Die Preisbremsen für Strom und Gas sind beschlossen und sollen die stark gestiegenen Energiepreise abfedern. Was Kunden jetzt wissen müssen.
Preisbremsen für Gas und Strom kommen
Viele Gas- und Stromkunden machen sich derzeit Sorgen: Sie haben eine erhebliche Preiserhöhung erhalten oder haben Fragen zu aktuellen Entwicklungen wie den Preisbremsen für Strom und Gas, den Energiepreispauschalen, der Soforthilfe für Dezember oder auch noch zur längst gekippten Gaspreisumlage. Über diese aktuellen Entwicklungen informieren wir kostenfrei. Im kostenpflichtigen Ratgeber der Stiftung Warentest gibt es Antworten und Tipps zu Preiserhöhungen, gebrochenen Preisgarantien und Ärger in der Grundversorgung.
Deshalb lohnt sich der Ratgeber Energiekrise für Sie
Tipps rund um Energieverträge
Wir haben für Sie die wichtigsten Tipps zu folgenden Themen zusammengestellt: Was tun bei einer drastischen Preiserhöhung? Was tun bei einer Erhöhung trotz Preisgarantie oder bei einer Kündigung durch den Versorger? Ihr Grundversorger möchte Sie in die teurere Ersatzversorgung einordnen, ist das gerechtfertigt? Ehemalige Kunden von Stromio oder Gas.de erfahren, wie sie auch jetzt noch Schadenersatz berechnen und verlangen.
Entlastung für Gaskunden
Wir haben für drei Musterhaushalte ermittelt, was die beschlossenen Entlastungen (Energiepreispauschale, Reduzierung der Mehrwertsteuer und Zahlung des Dezemberabschlags) in diesem Jahr bringen.
Rechner
Unser Rechner hilft Gaskunden, die regelmäßig ihre Zählerstände ablesen, ihren Verbrauch von Kubikmeter in Kilowattstunden umzurechnen. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn Sie wissen wollen, für welchen Verbrauch die reduzierte Mehrwertsteuer anfällt.
Heftartikel als PDF
Nach dem Freischalten erhalten Sie die Heftartikel aus Finanztest 12/22 und 01/23 zum Download.
Preisbremsen für Gas und Strom kommen
Preisbremsen sind beschlossen
Der Bundesrat hatte am 16. Dezember 2022 den Gesetzentwürfen zur Einführung einer Preisbremse für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und für die Strompreisbremse zugestimmt.
Gaspreisbremse: 12 Cent pro Kilowattstunde
Ab März 2023 wird ein Grundkontingent von 80 Prozent des Gasverbrauchs für Verbraucher maximal 12 Cent pro Kilowattstunde kosten. Die Differenz zum tatsächlich mit dem Versorger vereinbarten Preis übernimmt der Staat. Herangezogen werden soll die Verbrauchsprognose, auf dessen Grundlage der Septemberabschlag 2022 berechnet wurde.
Zur Deckelung des Preises auf 12 Cent sagte die Vorsitzende der Gaskommission Veronika Grimm: „Das entspricht ungefähr dem Preisniveau, das man in Zukunft erwarten wird.“ Weitere Steuern und Abgaben sollen auf die 12 Cent nicht anfallen.
Die Gaspreisbremse greift zum 1. März 2023. Für die Monate Januar und Februar 2023 sollen die Zahlungen rückwirkend erfolgen. Die Gaspreisbremse gilt bis spätestens Ende April 2024.
Entlastungsbeispiel für Gaskunden
Wie hoch die Entlastung ist, hängt vom Gasverbrauch und dem aktuellen Preis des individuellen Energietarifs ab: Würde ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 15 000 Kilowattstunden Gas nach einer Preiserhöhung 20 Cent pro Kilowattstunde zahlen, läge sein Jahrespreis ohne Preisbremse bei 3 000 Euro. Mit der Preisbremse zahlt er dagegen insgesamt nur 2 040 Euro, also 960 Euro weniger. Denn für 80 Prozent seines Verbrauchs werden nur 12 Cent pro Kilowattstunde berechnet.
Strompreisbremse: 40 Cent pro Kilowattstunde
Der Bundesrat stimmte am 16. Dezember 2022 auch Entlastungen für Stromkunden zu: Der Strompreis für private Verbraucher sowie kleine und mittlere Unternehmen wird ab 1. Januar 2023 auf höchstens 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Das gilt für 80 Prozent des historischen Verbrauchs (Vorjahresverbrauchs). In den 40 Cent sind Netzentgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen enthalten.
Die Entlastung für Januar und Februar 2023 erfolgt rückwirkend. Ab März wird dann die Differenz zwischen dem Preis des regulären Tarifs und der Preisobergrenze von 40 Cent monatlich automatisch von den Versorgern direkt mit dem Abschlag verrechnet. Die Strompreisbremse endet ebenfalls spätestens 30. April 2024.
Die Preisbremse für Strom und Gas gilt nur für den Kilowattstundenpreis. Für den monatlichen Grundpreis gilt die Höhe des aktuellen Tarifs.
Boni und Dividendenverbot für Versorger
Damit die Unternehmen die Preise nicht über Gebühr erhöhen, werden unter anderem folgende Regelungen gelten:
- Energieversorgungsunternehmen dürfen nach Inkrafttreten des Gesetzes bis einschließlich 31. Dezember 2023 ihre Arbeitspreise nicht einfach so erhöhen. Die Versorger müssen ihre Preissteigerungen an das Bundeskartellamt melden und auf Nachfrage nachweisen, warum ihr Preis gestiegen ist.
- Unternehmen, die mehr als 50 Millionen Euro vom Staat erhalten, um den Preisdeckel für das 80-Prozent-Kontinent zu zahlen, dürfen keine variablen Vergütungsbestandteile (Boni) an Mitglieder der Geschäftsleitung und Aufsichtsorgane zahlen. Auch die Zahlung von Dividenden an Aktionäre oder andere Gewinnausschüttungen sind verboten (ausgenommen sind nur Ausschüttungen an den Bund und die Kreditanstalt für Wiederaufbau).
Hinzu kommt: Die Energieunternehmen dürfen keine Neukundenvergünstigungen zahlen, die höher als 50 Euro sind. Ein Blick auf die Neukundentarife der Vergleichsportale zeigt: Die Zeit der hohen Boni ist vorbei. Viele Firmen zahlen keine Boni mehr oder halten sich an die 50-Euro-Grenze.
Preisbremsen für Gas und Strom kommen
Hohe Rückzahlungen für Gas- und Stromsparer
Hat ein Haushalt am Jahresende weniger verbraucht als prognostiziert, bekommt er Geld zurück. Dabei wird für jede eingesparte Kilowattstunde der Kilowattstunden-Preis des aktuellen Tarifs erstattet. Dies gilt für Strom und Gas gleichermaßen.
Dass sich Energiesparen lohnt, zeigt das Beispiel eines Musterhaushalts mit einem Jahresverbrauch für Gas von 15 000 Kilowattstunden (kWh) und dessen Gastarif laut Vertrag 20 Cent pro kWh kostet: Spart dieser Haushalt 20 Prozent Gas (3 000 kWh) ein, würden ihm in der Jahresrechnung 600 Euro gutgeschrieben. Denn jede eingesparte kWh würde mit dem Preis des regulären Tarifs, also 20 Cent, vergütet. So kann er seine Jahreskosten von 2 040 Euro (mit Preisbremse) auf 1 440 Euro drücken.
Tipp: Weitere Informationen und Tipps zum Energiesparen finden Sie auf unserer Themenseite Energiesparen.
Soforthilfe Gas für Dezember 2022
Am 19. November 2022 trat bereits das Gesetz über die Dezembersoforthilfe in Kraft. Darin ist geregelt, dass der Bund die Kosten für den Dezember-Abschlag für Gas und Fernwärme übernimmt. Die soll Gas- und Fernwärmekundinnen und Kunden helfen, den Zeitraum bis zur Einführung der Gaspreisbremse im März 2023 zu überbrücken. Im Dezember entfiel die Pflicht, vertraglich vereinbarte Voraus- oder Abschlagszahlungen zu leisten. Der Staat übernahm ein Zwölftel der Jahreskosten für Haushalte und Unternehmen mit einem Jahresverbrauch bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden (siehe „Soforthilfegesetz für Gas und Wärme“). Dennoch gezahlte Beträge müssen Erdgaslieferanten in der nächsten Rechnung berücksichtigen.
Das heißt für die Jahresendabrechnung: Dem Kunden wird 1/12 des Jahresverbrauchs nicht berechnet. Dieser wird auf Basis des Verbrauchs seines Septemberabschlags berechnet. Für diesen Verbrauch wird der im Dezember gültige Arbeits- und Grundpreis zugrundegelegt. Preiserhöhungen zwischen Oktober und Dezember werden also berücksichtigt.
Haushalte in Mehrfamilienhäusern. Für Haushalte in Mehrfamilienhäusern, die ihre Gaskosten über die Betriebs- und Nebenkosten abrechnen, gilt: Wenn die monatlichen Vorauszahlungen noch nicht erhöht wurden, soll die Entlastung in die Jahresabrechnung 2022 einfließen. Haushalte, deren Betriebskostenvorauszahlung bereits wegen gestiegener Gaskosten in den vergangenen neun Monaten erhöht wurde, müssen entweder den Erhöhungsbetrag (die Differenz zwischen alter und neuer Vorauszahlung) nicht bezahlen, oder er fließt als Gutschrift in die Jahresabrechnung 2022 ein.
Steuern. Die Besteuerung der Einmalzahlung ist für das Veranlagungsjahr 2023 vorgesehen. Geplant ist, sie als geldwerter Vorteil ab dem „solidaritätszuschlagspflichtigen Einkommen von 72 000 Euro“ zu versteuern.
Mehrwertsteuerreduzierung seit 1. Oktober
Die Mehrwertsteuer auf die Lieferung von Gas ist wie geplant seit 1. Oktober 2022 von 19 auf 7 Prozent reduziert worden. Die Absenkung gilt bis zum 31. März 2024. Die Reduzierung gilt auch für Fernwärme und für Flüssiggas (siehe Rundschreiben S. 4).
Gaspreisumlage wurde kurzfristig gekippt
Die eigentlich zum 1. Oktober 2022 geplante Gasbeschaffungsumlage trat nicht wie geplant in Kraft. Kundinnen und Kunden, deren monatlicher Abschlag bereits um die Beschaffungsumlage in Höhe von rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde (kWh) erhöht wurde, wird der Umlagebetrag laut Bundeswirtschaftsministerium rückerstattet. Drei weitere Umlagen – Gasspeicher-, Bilanzierungs- und Konvertierungsumlage – sind aber wie geplant gekommen. Zusammen machen sie weniger als 1 Cent pro Kilowattstunde aus.
Zwei Umlagen gestiegen, eine neu
Auf Gaskunden können seit 1. Oktober 2022 eine neue und zwei gestiegene Umlagen zugekommen sein. Die Versorger sind nicht verpflichtet diese Mehrkosten an die Verbraucher weiterzugeben. Sie dürfen es aber.
- Gasspeicherumlage. Sie ist neu und liegt bei 0,059 Cent je Kilowattstunde. Die Umlage federt die Kosten für das Füllen der Gasspeicher ab.
- Zwei Umlagen höher. Seit Oktober können die Bilanzierungs- und die Konvertierungsumlage gestiegen sein. Beide sollen Gasnetz und -transport stabil halten. Zusammen kosten sie 0,6 Cent pro Kilowattstunde. Sie sind nicht neu, lagen aber vorher bei null Cent.
Diese Mehrkosten verursachen alle Umlagen zusammen
Wurden alle Umlagen weitergegeben, ist der Preis ohne Mehrwertsteuer um 0,67 Cent pro Kilowattstunde Gas gestiegen. Ein Musterhaushalt mit 18 000 Kilowattstunden Jahresverbrauch würde für alle Umlagen und bei 7 Prozent Mehrwertsteuer 129 Euro jährlich mehr bezahlen.
Gasversorgung ist nicht gefährdet
Die Bundesnetzagentur stuft die Situation im Lagebericht vom 2. Januar 2023 als „angespannt“ ein, die Versorgungssicherheit sei aber weiterhin „gewährleistet“. Gut zu wissen: Deutschland ist inzwischen deutlich unabhängiger von russischem Gas. Andere Länder wie Belgien und Norwegen ersetzen große Teile der russischen Lieferungen. Außerdem haben die deutschen Privathaushalte und die Industrie ihren Verbrauch im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 14,7 Prozent gesenkt, so der BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Hinzu kommt: Die Gasspeicher sind derzeit mit 90,2 Prozent gut gefüllt (Stand 2.1.2023).
Preisbremsen für Gas und Strom kommen
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- Ist ein Strom- oder Gasversorger insolvent, sollten Kundinnen und Kunden schnell handeln. Die Stiftung Warentest sagt, was in diesem Fall zu tun ist.
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- Ohne Aufwand in einen günstigeren Strom- oder Gastarif wechseln? Das kann ein Wechselservice übernehmen. Wie gut das klappt, zeigen Recherchen der Stiftung Warentest.
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- Einen günstigen Gasvertrag wünschen sich viele Haushalte bei den steigenden Preisen. Für den Tarifwechsel lassen sich ein Vergleichsportal oder ein Wechselservice nutzen.
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@Stiftung_Warentest schrieb: "Eine starke Absenkung des Vorjahresverbrauches in 2022 wird nicht gesondert belohnt. Die dadurch erwirkte Ersparnis geht bei normalen Haushaltskunden in den Vorjahresverbrauch mit ein"
Das ist nicht die ganze Wahrheit. Tatsächlich werden wir nämlich bestraft(!), weil wir schon in 2022 unseren Stromverbrauch drastisch auf 70 % eingeschränkt hatten. In 2023 schaffen wir es deshalb keinesfalls, unseren Verbrauch noch einmal zu senken, um unter die 80% Grenze zu fallen. Deshalb werden wir ab Januar 2023 für 20% unseres Verbrauchs den höheren Marktpreis bezahlen müssen. Und das nur deshalb, weil wir das Richtige getan haben und uns zum Wohl der Gemeinschaft freiwillig eingeschränkt haben. Das ist ziemlich bitter!
@FrankSichmann: Ja, die Berechnung der Gaspreisbremse erfolgt anhand der Abschläge. Das ist der vom Erdgaslieferanten für September 2022 prognostizierte Verbrauch, auf den das Gesetz abstellt:
FAQ des Bundesministeriums zur Gaspreisbremse:
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/F/faq-gaspreisbremse.pdf?__blob=publicationFile&v=12
@ko.rmoran: Im Regelfall wird der Vorjahresverbrauch herangezogen. Eine starke Absenkung des Vorjahresverbrauches in 2022 wird nicht gesondert belohnt. Die dadurch erwirkte Ersparnis geht bei normalen Haushaltskunden in den Vorjahresverbrauch mit ein.
Verbraucherinnen und Verbraucher sollen bis spätestens zum 1. März 2023 von ihrem Stromversorger über ihre Entlastung informiert werden. Der Versorger teilt dabei als wichtigste Information die bisherige und die ab dem 1. März 2023 vorgesehene Höhe der vertraglichen Abschlagszahlung oder Vorauszahlung mit. Aus der Differenz der beiden Beträge können Verbraucher ihre finanzielle Be- und Entlastung durch die Kosten für Strom in kommenden Monaten ersehen.
Darüber hinaus teilt der Versorger die Höhe des Entlastungskontingentes und den
individuellen Entlastungsbetrag mit.
Im Regelfall wird bei Haushaltskunden die jeweilige Jahresverbrauchsprognose des Netzbetreibers herangezogen, der auf dem Vorjahresverbrauch basiert. Das Entlastungskontingent ist dann 80 Prozent oder 70 Prozent dieser Jahresverbrauchsprognose.
Nur im Ausnahmefall, wenn die Entnahmestelle nicht über ein Standardprofil bilanziert wird, beträgt das Entlastungskontingent 80 Prozent oder 70 Prozent des Verbrauchs des Kalenderjahres 2021.
FAQ des Bundesministeriums zur Strompreisbremse:
www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/F/faq-strompreisbremse.pdf?__blob=publicationFile&v=4
Wir haben in unserem Gasvertrag (Vertrag im Januar 2022 abgeschlossen) einen voraussichtlichen Verbrauch von 10000 kWh stehen. Daraus wurde ein monatlicher Abschlag durch den Versorger festgelegt, der auch im September galt. Wir haben jetzt es so verstanden, das der September-Abschlag, der auf Grundlage der 10000 kWh errechnet wurde, dazu führt, das der Prognoseverbrauch auch 10000 kWh beträgt und davon dann 80% subventioniert werden. Ist das richtig?
Wir haben in unserem Haushalt bereits ab ca. Mai 2022 massiv Strom gespart. Gleichzeitig haben wir ebenfalls ab Mai 2022 unseren monatlichen Abschlag freiwillig um ca. 25% angehoben, um spätere hohe Nachzahlungen abzumildern. Zum Ende 2022 haben wir den Verbrauch auf etwas unter 70% unter unseren langjährigen Durchnitt gesenkt.
Die Frage ist nun: Von welchem Referenz-Verbrauch und von welchem Stichtag ausgehend wird die Strompreisbremse berechnet?
Wird der freiwillig von uns erhöhte Abschlagsbetrag als Grundlage hergenommen? Zählt der bereits seit Mai 2022 massiv reduzierte Verbrauch als Vorjahres-Referenzverbrauch? Beides hätte für uns, wenn es so wäre, massive Nachteile. Vor allem, weil wir kaum in der Lage sind, den jetzigen Stromverbrauch von 70% noch einmal um 20% zu reduzieren, um unter die 80%-Strompreisbremse zu fallen. Wir würden dann für unsere vorausschauende Sparsamkeit bestraft und müssten für 20% unseres Stroms den hohen Marktpreis bezahlen.