Gas- und Strom­preise Bei diesen Anwälten sollten Sie aufpassen

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Dubiose Rechts­anwälte werben dafür, Geld von Strom- und Gasversorgern zurück­zufordern. Sie gehen dabei forsch vor. Energiekunden sollten aber vorsichtig sein: Rück­forderungs­ansprüche gegen Energieversorger lassen sich nur selten durch­setzen.

Mehrere Tausend Euro Rück­erstattung?

Zwei umstrittene Rechts­anwälte werben bei Strom- und Gaskunden. Diese sollen ihnen Voll­machten ausstellen, um Rück­erstattungen für unbe­rechtigte Preis­erhöhungen von ihren Versorgern zu fordern. Der eine, Matthias Kilian, verweist in einem Schreiben vom Januar 2018 auf ein Urteil des Bundes­gerichts­hofs (BGH) zu unzu­lässigen Vertrags­klauseln. Er stellt einen möglichen Erstattungs­betrag „von mehreren Tausend Euro“ über mehrere Jahre in den Raum.

Anspruch nur bei verweigertem Sonderkündigungs­recht

Die Verbraucherzentrale Nord­rhein-West­falen kommt in Beispiel­rechnungen aber nur auf Ansprüche im nied­rigen drei­stel­ligen Euro-Bereich für mehrere Jahre. Sie hat das Urteil erstritten (Az. VIII ZR 163/16). Ihre Referentin Michelle Jahn erläutert: „Einen Erstattungs­anspruch haben Kunden nur, wenn ihr Versorger ihnen vertraglich durch die allgemeinen Geschäfts­bedingungen bei Preis­erhöhungen aufgrund staatlicher Steuern, Abgaben und Umlagen ein Sonderkündigungs­recht verwehrt hat.“ Das sei unzu­lässig, „sodass Preis­erhöhungen insoweit unwirk­sam sind. Verbraucher können verlangen, ihnen die über­zahlten Beträge zu erstatten.“

Hohe Anwalts­kosten

Anwalt Kilian verlangt für den Auftrag 285 Euro plus Mehr­wert­steuer. Das ist viel. Später soll die Summe eventuell gesenkt werden.

Unser Rat

Werbung.
Sie haben telefo­nisch oder schriftlich das Angebot erhalten, Rück­forderungs­ansprüche gegen Ihren Energieversorger durch­zusetzen? Sehen Sie im Vertrag nach, ob das infrage kommt. Das ist nur der Fall, wenn der Versorger vertraglich ein Sonderkündigungs­recht bei Preis­erhöhungen aufgrund höherer staatlicher Zulagen und Ähnlichem ausschließt.
Muster­schreiben.
Sie können der Strom- oder Gasrechnung bis zu drei Jahre nach Zustellung wider­sprechen, also zum Beispiel bei Eingang am 18. Juli 2015 bis zum 18. Juli 2018. Die Verbraucherzentrale Nord­rhein-West­falen bietet ein Muster­schreiben an (verbraucherzentrale.nrw/stromio-gmbh).

Kanzlei PWB steht auf der Warn­liste

Der andere Anwalt ist Rechts­anwalt Philipp Wolfgang Beyer, wie Kilian geschäfts­führender Gesell­schafter der BKR Beyer Kilian Rechts­anwälte Part­nerschafts­gesell­schaft mbB in Jena. Auf eine Nach­frage von Finanztest teilt er mit: Versorger hätten Nach­forderungen um fast 2 000 Euro reduzieren müssen. In einem Schreiben seiner anderen Kanzlei PWB Rechts­anwälte in Jena lockt er im Februar, erste Rechts­schutz­versicherungen hätten zugesagt, die Kosten zu über­nehmen.

Die Staats­anwalt­schaft ermittelt

Auch Kilian war früher für die Kanzlei PWB tätig. Damals warben sie unter Anlegern um Mandanten für aussichts­lose Verfahren. PWB steht daher seit 2016 auf der Warnliste der Stiftung Warentest. Die Staats­anwalt­schaft ermittelt. PWB-Chef Beyer erklärt dazu aktuell, es gebe nichts Neues. Im Februar 2018 schrieb er auf der Kanzlei-Webseite, er gehe davon aus, dass sich der Vorwurf als haltlos erweisen werde.

Unseriöse Werbung

Bei Strom und Gas geht Kilian wieder forsch vor. So kündigt er im Brief an, Abrechnungen vorsorglich ungeprüft zu wider­sprechen, damit Ansprüche nicht verloren gehen. Das ist aus Sicht von Finanztest nicht ratsam. Beyer stellt klar, das komme nur in Betracht, wenn ein Mandant Unterlagen nicht mehr habe und Ansprüche zu verjähren drohten, bevor der Versorger sie noch einmal ausstelle. Wir setzen BKR wegen unseriöser Werbung auf unsere Warnliste.

Tipp: Mehr Informationen zu den Vorwürfen gegen­über der Kanzlei PWB finden Sie in unserem Special Anlegerklagen: Wie eine Anwaltskanzlei geschädigte Anleger täuscht.

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