
© Thinkstock, Amazon, Saturn, Apple
Wer Schutz für Elektrogeräte kauft, ist bei Mängeln geschützt – mitunter auch bei Sturz und Diebstahl. Nicht jede Garantie überzeugt.
Testergebnisse für 43 Garantieverlängerungen 12/2015
Schock! Das neue Handy fällt runter und das Display ist zersplittert. Das fürs Studium wichtige Notebook wurde gestohlen. Der teure Kaffeeautomat ist nach zweieinhalb Jahren schon kaputt.
Verkäufer von Elektrogeräten muss das alles nicht kümmern. Für die Schusseligkeiten ihrer Kunden und Diebstahl haften sie nicht. Und ihre gesetzliche Haftung für Produktmängel endet zwei Jahre nach Kauf.
Weil die Elektronikmärkte und Versicherungsgesellschaften unsere Ängste um teure Elektronikartikel kennen, bieten geschulte Verkäufer noch kurz vor dem Gang an die Kasse Zusatzgarantien an.
Zu den wichtigen Versicherungen gehören solche Zusatzgarantien zwar nicht. Niemand geht pleite, weil sein Handy heruntergefallen ist oder der Fernseher seinen Geist aufgibt. Dennoch schlafen viele Verbraucher besser mit einer solchen zusätzlichen Absicherung.
Wie aus einer Leserumfrage von Finanztest und Berichten von Verbraucherbeschwerdestellen hervorgeht, versprechen sich viele Kunden von solchen Zusatzgarantien aber oft mehr, als sie im Schadensfall tatsächlich bringen.
Finanztest hat deshalb die Garantien großer Märkte und Onlineshops getestet. Das Ergebnis: Viele Garantien sind nicht nur teuer. Sie halten im Kleingedruckten auch so manch üble Überraschung parat.
Schutz ohne Zusatzkosten
Verbraucher haben bei Produktmängeln die zweijährige Gewährleistung vom Verkäufer sicher. Oft profitieren sie zusätzlich auch von einer zweijährigen Garantie des Herstellers (Tabelle Schutz für Elektrogeräte), und das ohne Zusatzkosten. Spätestens ab dem dritten Jahr nach dem Gerätekauf haben Kunden also meist keinen Schutz mehr. Den Austausch des defekten Waschmaschinenmotors müssen sie selbst bezahlen.
Garantie mit Reparaturkostenschutz
Hier setzen die von den Fachmärkten angebotenen und oft „Garantieverlängerung“ genannten Zusatzgarantien an. Einfache Garantieverlängerungen sichern Kunden über die ersten zwei Jahre hinaus gegen Reparaturkosten ab (Tabelle Garantieverlängerung 12/2015). Ist das Gerät nicht mehr zu reparieren oder übersteigen die Reparaturkosten den Zeitwert, bekommt der Kunde entweder ein Ersatzgerät oder den Zeitwert ausgezahlt.
Unsere Leserumfrage zeigt: Kunden schließen solche Zusatzgarantien zum Beispiel für Geräte wie Waschmaschinen oder teure Fernseher ab.
Garantie mit erweitertem Schutz
Vor allem für mobile Geräte wie Handys, Tablets oder Notebooks werden außerdem erweiterte Garantien angeboten, die neben der Reparatur von Produktmängeln auch Schutz bei Sturz, Flüssigkeitsschäden und Diebstahl versprechen (Tabelle Garantieverlängerung 12/2015). Auch hier gilt: Kann das Gerät noch repariert werden, übernimmt die Zusatzgarantie die Kosten. Liegt ein Totalschaden vor, gibt es ein Ersatzgerät oder Geld – manchmal auch nur einen Gutschein.
Fünf Haken in den Bedingungen
Garantiegeber ist oftmals nicht der Verkäufer selbst. Die Händler vertreiben Versicherungen zum Beispiel vom Versicherer Ergo (Amazon) oder der Axa (Cyberport). Im Kleingedruckten unterscheiden sich die Produkte zum Teil stark. Finanztest erklärt, was das Kleingedruckte bedeutet.
1. Nur Gebrauchtgerät als Ersatz
Bei Totalschäden und nach einem Diebstahl sehen viele Garantien als Ersatz ein „gleichwertiges“ Gerät vor. Da das eigene Gerät ja schon gebraucht war, müssen Kunden beim Ersatz ebenfalls mit einem gebrauchten Gerät rechnen.
Einige wenige Garantieverlängerungen heben sich positiv von der Konkurrenz ab: etwa die „PlusGarantie“ von Media Markt und Saturn, die „Basis Garantie“ von Expert und die „MaxiGarantie“ von Medimax. Mit diesen Garantien können Kunden ein Neugerät bekommen.
2. Selbstbehalt bei Schaden
Einige Versicherer verlangen im Schadensfall einen Selbstbehalt. Kunden, die den „ExtraSchutz“ bei Cyberport gekauft haben, müssen zum Beispiel 10 Prozent vom Kaufpreis des Elektrogeräts als Selbstbehalt zahlen, wenn ihr Handy etwa wegen eines Sturzes repariert werden muss. Bei einem 800 Euro teuren Handy sind das 80 Euro.
3. Verschleiß nicht mitversichert
Schäden, die durch Verschleiß entstehen, sind über einfache Garantieverlängerungen in aller Regel nicht versichert. Von den 30 erweiterten Garantieverlängerungen bieten 13 umfassenden Verschleißschutz ab Vertragsbeginn. Elf Zusatzgarantien versichern Verschleiß gar nicht. Einige bieten nur eingeschränkten Verschleißschutz, indem sie zum Beispiel nur bestimmte Geräteteile wie den Akku absichern.*)
4. Verweis auf Hersteller und Verkäufer
Bei vielen Garantieverlängerungen beginnt der Schutz erst nach Herstellergarantie und der Gewährleistung vom Händler, bei Produktfehlern also erst ab Jahr drei nach Kauf.
Das kann problematisch werden. Viele Geschäfte verweigern Kunden ab Monat sieben nach Kauf die Reparatur, so eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer dann Produkte von Herstellern wie Apple besitzt, die nur ein Jahr Herstellergarantie anbieten, muss Reparaturen im zweiten Jahr nach dem Kauf möglicherweise selbst bezahlen.
Einige wenige Garantieverlängerungen lösen das Problem, weil sie ohne Wenn und Aber Schutz bereits ab Kauf gewähren: Dazu gehört die „48 Monate Langzeit-Garantie“ von Conrad Electronic, die „PlusGarantie“ von Media Markt und Saturn und der „AppleCare Protection Plan“.
5. Eingeschränkter Diebstahlschutz
Fünf von acht untersuchten Zusatzgarantien mit Diebstahlschutz schränken den Schutz im Kleingedruckten so stark ein, dass Kunden zum Beispiel nicht versichert sind, wenn ihnen ein Handy aus einem abgestellten Rucksack gestohlen wird.
Nicht zum Abschluss drängen lassen
Die Mitarbeiter in den Elektromärkten werden zum Teil gut trainiert, um die Käufer auch zum Abschluss der Zusatzgarantien zu bewegen. Für die Märkte ist das leicht verdientes Geld. Sie bekommen von den Versicherungsgesellschaften Provision.
Aber auch die Mitarbeiter profitieren. Ein ehemaliger Lehrling eines Marktes berichtet Finanztest, dass er durch die Zahlungen des Versicherers Wertgarantie sein Lehrlingsgehalt von 800 Euro um etwa 150 Euro pro Monat aufbessern konnte.
Verbraucher bekommen nicht nur den Verkaufsdruck der Mitarbeiter zu spüren. Für zusätzlichen Druck sorgt, dass die Zusatzgarantie manchmal nur mit dem Gerätekauf abgeschlossen werden kann.
Der Kunde kann also nicht erst das Gerät kaufen und über die Zusatzgarantie zuhause nachdenken. So ist es etwa bei Alternate, Media Markt und Saturn.
Die gute Nachricht: Wer den Kauf einer Zusatzgarantie bereut, kann ihn in der Regel innerhalb von 14 Tagen widerrufen.
*) Korrigiert am 18.11.2015.
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Kommentar vom Autor gelöscht.
Eigentlich fühlen wir doch beide gleich, @MacUser, nur bei den Versicherungsbedingungen empfinde ich versteckten Bedeutungswettbewerb unter den Schutzanbietern nicht nur als allgemeinschädlich, sondern inzwischen zum Würgen, weil unter den Vertragschließungen auf kleine Übervorteilungen im Versicherungsfall "am Ende" ausgerichtet. Deshalb plädiere ich für einheitliche Grundregeln, z.B. hohe Kostenlatte z.B. bei mitversichertem Fallenlassen oder Verschwinden eines kurzlebigen Smartphones, abhängig vom Zeitabstand zum ersten Versicherungstag. Kundenfreundlichkeit und Versicherungsfreiheit sollten jedenfalls nicht länger "marktwirtschaftliche" Manipulationsmasse sein.
@Antefix
Was glauben Sie denn passiert mit den Smartphone-Versicherten Kunden, wenn ein neues iPhone rauskomm! Richtig! Das zwischenzeitlich völlig alte, unbrauchbare Smartphone ist heruntergefallen. Ups! Den Betrug dürfen alle anderen ehrlichen Versicherungsnehmer mitzahlen.
Was sollen einheitliche Regelwerke (ich denke, Sie meinen AVB) bewirken? Letztendlich gibt es Vertragsfreiheit, Sie können heute auf dem Markt frei wählen. Wollen Sie dies aufgeben? Zudem die Schadenregulierung trotz AVB immer noch sehr individuell gehandhabt wird. Wo der eine "günstigere" Versicherer alles ablehnt (irgendwoher muss ja die Ersparnis kommen), reguliert der andere Versicherer halt ein wenig kundenfreundlicher.
werden mit einer Zusatzversicherung also nicht unbedingt aufgehoben. Könnte mir sogar vorstellen, dass vermeintlich ganz pfiffige Elektronikspielzeugbesitzer etc. ihren Liebling nach Auslauf der Gewährleistung ganz zufällig überfordern oder diebstählen lassen, um ihre abgeschlossene 'ZuVer' mal zu testen. Oder wenigstens nicht umsonst bezahlt zu haben, wenn's ein niegelnagelneues Ersatzgerät od. -modell geben könnte: Denn welcher Markenbetrieb will sich mit 'Rebuilt' or 'Refurbished'-Ware seine schnellebigen Markenkonsumer vergraulen? - Ach, hier lesen auch ganz ehrliche ShitstormCreaters? Eben, und das wissen auch die Spezialversicherer und der mit allen Wassern gewaschene Prof. Dr. Hirsch als deren Ombudsmann. Deshalb tut sich die Nachweispflicht 438 BGB nach 115 Jahren Existenz heutzutage auch so schwer. Weshalb ich Verbraucherschützern empfehle, sich (z.B. bei BuMin Justiz) dafür stark zu machen, dass sich alle Spezialversicherer über einheitliche Norm- und Regelwerke einigen.
@MacUser: Es sind nur sehr wenige Zusatzgarantien, die nach einem Totalverlust bzw.- schaden tatsächlich ein Neugerät geben oder 100 Prozent vom Kaufpreis erstatten. Erhält der Verbraucher diese Garantie, so ist dies ein klarer Vorteil für ihn. Steht der Anspruch auf das Neugerät in den Garantiebedingungen und weigert sich der Garantiegeber dennoch, das Neugerät zu stellen, kann sich der Kunden effektiv wehren: indem er sich etwa an die kostenfreie Schlichtungsstelle der Versicherungen wendet (versicherungsombudsmann.de; sofern Garantiegeber ein Versicherer ist) oder vor Gericht zieht. Die (wenigen) Zusatzgarantien, die dem Kunden im Kleingedruckten explizit einen Anspruch auf ein Neugerät bzw. 100 Prozent vom Kaufpreis zugestehen, sind in den Test-Tabellen positiv hervorgehoben. Allerdings bekommt der Kunde nicht in jedem Versicherungsfall ein Neugerät. Hat das Gerät einen reparablen Effekt, zahlt der Garantiegeber die Reparaturkosten. Nur wenn ein Totalschaden (Gerät irreparabel defekt) bzw. Totalverlust (Diebstahl) eingetreten ist, kommt ein Neugerät/100 Prozent vom Kaufpreis in Frage. (dda)