Wilde Beeren haben jetzt Saison. Vor allem in Süddeutschland mahnt der Volksmund, dass die Beeren mit Eiern des Fuchsbandwurms verunreinigt sein könnten. Doch Forscher halten die Übertragung des gefährlichen Parasiten über wilde Beeren für sehr unwahrscheinlich. Das Risiko gehe in erster Linie vom direkten Kontakt mit infizierten Füchsen und auch Hunden aus. test.de erklärt die Forschungslage und sagt, was Waldspaziergänger beachten sollten.
Parasit löst alveoläre Echinokokkose aus
Brombeeren, Himbeeren, Blaubeeren – am Wegesrand und in Wäldern reifen sie jetzt wieder. Gängige Meinung ist, dass bodennah wachsende Früchte über Fuchskot mit Eiern des Fuchsbandwurms verunreinigt seien, Menschen sich infizieren könnten. Der Parasit kann bei Menschen die lebensgefährliche alveoläre Echinokokkose auslösen.
Übertragung durch direkten Kontakt mit Füchsen
Doch Experten beruhigen: „Die wissenschaftlichen Belege für die Übertragung durch Beeren sind sehr dürftig“, sagt Professor Peter Kern, der an der Universität Ulm zum Fuchsbandwurm forscht. Gefährdet sei, wer direkten Kontakt mit infizierten Füchsen habe. Selten nehmen auch Hunde die Wurmeier etwa beim Schnüffeln nahe Fuchsbauten oder Fressen infizierter Mäuse auf. Füchse und Hunde erkranken selbst nicht, können die Eier aber beispielsweise über Kotreste am Fell oder wohl auch damit kontaminierten Waldboden an den Menschen weitergeben. Ganz genau sind die Infektionswege noch nicht geklärt. Der Mensch muss Hunderte Eier aufnehmen, um zu erkranken. Katzen spielen als Überträger nur eine untergeordnete Rolle, weil sich die Eier in ihrem Darm schlecht entwickeln.
Tipp: Berühren Sie keine Füchse, die beispielsweise tot am Straßenrand liegen. Wer direkten Kontakt mit Füchsen und auch mit Hunden hat, sollte sich danach immer sehr gründlich die Hände waschen.
Bis zu 15 Jahre dauert die Infektion
Das Robert-Koch-Institut (RKI) registriert im Jahrbuch meldungspflichtiger Krankheiten 2016 für Deutschland 26 Fälle von Alveolärer Echinokokkose. Die meisten Fälle traten offenbar nach Infektionen hierzulande auf. Die Krankheit ist zwar sehr selten, verläuft aber äußerst schwer: Die Eier verwandeln sich im Körper der Infizierten zu Larven, die sich vor allem in der Leber – zum Teil auch in Lunge und Gehirn – absetzen. Dort wachsen sie tumorartig weiter, was Blutgefäße und Gallengänge beeinträchtigt. Organversagen ist die Folge. Von der Aufnahme der Eier bis zum Ausbruch der ersten Symptome können bis zu 15 Jahre vergehen. In vielen Fällen lässt sich die Krankheit nicht mehr nur durch chirurgische Eingriffe behandeln. Die Betroffenen bekommen dann eine Chemotherapie, um das Parasitenwachstum zu verlangsamen.
Größtes Risiko in Bayern und Baden-Württemberg
Traditionell gelten bestimmte Regionen wie die schwäbische Alb und Oberschwaben in Baden-Württemberg und das Allgäu in Bayern als Risikogebiete, weil dort viele Füchse mit dem Bandwurm infiziert sind. Tendenziell nimmt die Zahl der befallenen Füchse auch in nördlicheren Bundesländern zu. Das liegt unter anderem wohl auch daran, dass seit Ausrottung der Tollwut immer mehr Füchse in Deutschland leben.
Tipp: Wenn Sie wissen möchten, ob Sie in einem Risikogebiet für den Fuchsbandwurm leben, fragen Sie bei der für Sie zuständigen Gesundheitsbehörde nach.
Hundebandwurm löst weitere Form der Echinokokkose aus
Mehr Menschen in Deutschland leiden an einer anderen Form der Echinokokkose, der zystischen Echinokokkose – 70 Fälle wurden laut Robert-Koch-Institut 2016 für Deutschland gemeldet. Der verantwortliche Erreger ist der Hundebandwurm, der nach Übertragung auf den Menschen im Körper große Zysten entstehen lassen kann. Diese lassen chirurgisch und auch chemotherapeutisch besser behandeln als das tumorartige Gewebe der Alveolären Echinokokkose. Zur Infektion kommt es meist dort, wo schlechte hygienische Bedingungen in der Haustierhaltung herrschen – beispielsweise in Afrika, Südamerika sowie Teilen Asiens und Südeuropas.
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden
Mit den Newslettern der Stiftung Warentest haben Sie die neuesten Nachrichten für Verbraucher immer im Blick. Sie haben die Möglichkeit, Newsletter aus verschiedenen Themengebieten auszuwählen.
-
- Viren waren kein Problem bei den Himbeeren und Heidelbeeren im Test. Gefrostete Himbeeren sind weniger keimbelastet als frische, bei den Heidelbeeren liegen zwei...
-
- Von Hundehaufen bis Leinenzwang: Viele Regeln für Hundehalter sind durch Gesetze und Verordnungen geregelt. Die Experten der Stiftung Warentest erklären, was wichtig ist.
-
- Ob aus Blüten oder Beeren, ob für Cocktails, Saft oder Küchlein mit Vanillesoße: Holunder hat viel zu bieten. Noch bis in den Juli sind die Blüten zu ernten. Aus ihnen...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.