
Deutsche Arbeitgeber sind offen für die Qualifizierungswünsche ihrer Angestellten. Das Ergebnis einer aktuellen Studie des Forsa-Instituts zur berufsbegleitenden Weiterbildung macht Bildungshungrigen Mut. Demnach freuen sich 96 Prozent der Firmen über die Fortbildungsvorschläge ihrer Mitarbeiter und unterstützen sie bei der zusätzlichen Qualifizierung für berufliche Aufgaben. Test.de zeigt, wann der Arbeitgeber Weiterbildungen zahlen muss – und wann nicht.
Fortbildungswünsche werden gefördert
Der Forsa-Umfrage zufolge sind Arbeitgeber besonders dann bereit, ihre Mitarbeiter beim Wunsch nach Weiterbildung zu unterstützen, wenn die Qualifizierung zu den Aufgaben des Angestellten passt (96 Prozent), sie ihn ans Unternehmen binden (86 Prozent) oder sie den Mitarbeiter für gute Leistungen belohnen wollen (65 Prozent). Der Beistand bei der Bildung sieht jedoch unterschiedlich aus: 80 Prozent der Betriebe beteiligen sich an den Kursgebühren, 77 Prozent stellen den Mitarbeiter während der Arbeitszeit für Bildungszwecke frei und 32 Prozent übernehmen die Kosten in voller Höhe. In vielen Fällen geschieht das freiwillig.
Angeordnete Weiterbildung geht auf Firmenkosten
Grundsätzlich gilt: Einen Rechtsanspruch darauf, dass der Chef bildungshungrigen Beschäftigten eine Zusatzqualifizierung zahlt, gib es nicht. Zumindest nicht für freiwillige Fortbildungen. Anders sieht es aus, wenn der Chef selbst eine Qualifizierung anordnet. Dann trägt er selbstverständlich die Kosten dieser Schulung. Findet die Weiterbildung nicht am Arbeitsort statt, muss der Arbeitgeber die An- und Abreise ebenfalls übernehmen und auch die Überstunden vergüten, sofern es sich zum Beispiel um ein Wochenendseminar handelt.
Arbeitgeber muss für Betriebsratsschulungen zahlen
In der Pflicht steht der Arbeitgeber auch bei Fortbildungen für Betriebsräte. Genehmigen muss er die Kurse nicht, aber er ist verpflichtet die Kosten für Schulungen, Reisen und eventuell für Spesen zu übernehmen, wenn sie für die Tätigkeit als Arbeitnehmervertreter erforderlich sind. Das betrifft zum Beispiel Bildungsangebote zum Betriebsverfassungsrecht oder zum Arbeitsschutz. Einstehen muss der Chef oft auch für Lehrgänge, die zwar nicht zwingend notwendig, aber geeignet sind, den Betriebsrat für sein Engagement zu rüsten. Über die Notwendigkeit einer Fortbildung entbrennen zuweilen Rechtsstreitigkeiten. Die Gerichte bestätigten aber jüngst, dass der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet ist, so etwa das Landesarbeitsgericht Hessen (Az. 16 TaBV Ga 168/11) oder das Arbeitsgericht Berlin (Az. 24 BV 15046/10).
Freiwilliger Fortbildungswunsch: Geld gegen Bindung
Einige Unternehmen unterstützen ihre Belegschaft auch bei eigenen Weiterbildungswünschen. Von gut qualifizierten Mitarbeitern profitiert der Betrieb schließlich – vorausgesetzt der frisch Fortgebildete verlässt die Firma nicht kurze Zeit später. Falls Arbeitgeber die Kosten für eine Qualifizierung übernehmen, binden sie den Mitarbeiter daher oft für einen bestimmten Zeitraum an sich. Das ist rechtlich zulässig, sofern die Dauer der Bildungsmaßnahme in einem angemessenen Verhältnis zur Verpflichtung an das Unternehmen steht.
Mit guten Argumenten überzeugen
Eine komplette Kostendeckung durch den Chef wünschen sich viele Mitarbeiter für ihre individuellen Weiterbildungspläne. Da dies aber auf dem guten Willen des Arbeitgebers basiert, sind Überzeugungskraft und gute Argumente gefragt. Wichtig: Bereiten Sie das Gespräch gut vor, nehmen Sie Informationsmaterial Ihrer Wunschweiterbildung mit und stellen Sie besonders heraus, welchen Nutzen das Unternehmen von Ihrer Weiterbildung hat. Die Stiftung Warentest hat dazu ausführliche Tipps zusammengestellt. Sollte der Chef dennoch „Nein“ zu Ihrem Bildungsdrang sagen, finden Sie im Leitfaden Weiterbildung finanzieren einen Überblick über Möglichkeiten der Förderung, zum Beispiel durch Bund und Länder.
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@ctpmeier
Rechtsgrundlage ist der Arbeitsvertrag und die ständige Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts.
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber die Kosten für Maßnahmen zu tragen, die er im Rahmen der Beschäftigung anordnet, so also auch für Weiterbildungen. Die Rechtsgrundlage ist die Nebenpflicht aus dem bestehenden Arbeitsvertrag.
Es kann aber rechtlich zulässige Ausnahmen geben, wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer etwas anderes vereinbart wurde. Dann nämlich, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. (Ku)
Hallo, gibt es zu dem Abschnitt " Angeordnete Weiterbildung geht auf Firmenkosten " eine Rechtsgrundlage oder ist das eine Einschätzung eines Juristen? Obwohl ich zu diesem Thema bereits ausgiebig recherchiert habe, bin ich leider immer noch nicht fündig geworden. Man erhält die unterschiedlichsten Meinungen. Aber eben nur Meinungen, ohne Verweise auf Gesetzestexte.