
Rahm abschöpfen: Einige Fonds bitten Anleger im Erfolgsfall zur Kasse. Manche haben aber krude Vorstellungen © StockFood / L. Rose, J. Turré
Frech: Ein Fonds verliert 30 Prozent. Im Jahr darauf gewinnt er wieder 10 Prozent. Das definiert die Fondsgesellschaft als Erfolg und zwackt den Anlegern eine erfolgsabhängige Gebühr ab – obwohl der Fonds unterm Strich immer noch in den Miesen liegt. Der Trick ist beliebt. Um an das Geld ihrer Kunden zu gelangen, wenden Fondsgesellschaften aber noch ganz andere Kniffe an, wie unsere Untersuchung zeigt.
Erfolgsgebühren unter der Lupe
Finanztest hat weltweit anlegende Aktien- und Mischfonds mit erfolgsabhängiger Vergütung, auch Performance Fee genannt, unter die Lupe genommen. Von den 513 regelmäßig von uns bewerteten Weltaktienfonds berechnen 60 eine solche Erfolgsgebühr, bei den Mischfonds sind es 128 von 559. Wir haben uns die Wesentlichen Anlegerinformationen (WAI) dieser Fonds angeschaut. In den WAI müssen Fondsgesellschaften angeben, ob sie eine Performance Fee berechnen, wenn ja, wie sie das tun und wie hoch die Gebühr im vergangenen Geschäftsjahr war.
Fast die Hälfte der Anbieter reagiert nicht auf unsere Anfrage
Darüber hinaus haben wir die Fondsgesellschaften nach den in den vergangenen fünf Jahren vereinnahmten Erfolgsgebühren gefragt. Der Rücklauf war mau. Mehr als 40 Prozent der Anbieter haben nicht geantwortet.
Nicht erfolgreicher, aber teurer
Die Fondsgesellschaften rechtfertigen erfolgsabhängige Vergütungen oft damit, dass das Management motivierter arbeite, wenn erfolgreiches Wirtschaften extra belohnt werde. Demnach müssten Fonds mit Erfolgsgebühr besser abschneiden als Fonds ohne. Das konnten wir allerdings nicht feststellen. Auch das Gegenteil, dass sie regelmäßig schlechter wären als Fonds ohne Erfolgsgebühr, lässt sich nicht nachweisen.
Besonders große Unterschiede bei Mischfonds
Wir haben jedoch festgestellt, dass die Fonds mit erfolgsabhängiger Vergütung teurer sind – und zwar schon, bevor sie die Gebühr überhaupt berechnen. Besonders deutlich ist der Unterschied bei den Mischfonds. Die laufenden Kosten der Fonds ohne erfolgsabhängige Vergütung betragen im Durchschnitt 1,8 Prozent. Fonds mit erfolgsabhängiger Vergütung verlangen im Schnitt 2,2 Prozent – plus die Gebühr, die im Erfolgsfall hinzukommt.
Finanztest meint: Ein faires Angebot wäre, wenn Fondsgesellschaften ihren Kunden günstige Fonds anbieten würden – und eben nur im Erfolgsfall kassierten. Welche Fonds Finanztest als gut bewertet, zeigt unser Produktfinder Fonds. Dort finden Sie Informationen zu rund 18 000 Fonds aus 190 Fondsgruppen und Bewertungen zu knapp 4 000 Fonds aus 39 Gruppen.
Was heißt erfolgreich?
Die Anbieter haben oft merkwürdige Vorstellungen davon, was erfolgreich ist, wie folgende Beispiele zeigen.
Besser als der Markt. Wenn Aktien steigen und ein Fonds auch, ist das keine besondere Leistung. Erfolgreich ist ein Fonds, wenn er besser abschneidet als der Markt. Aktienfonds Welt sollten sich am Index MSCI World oder dem MSCI All Country World messen, der außer Industrie- auch Schwellenländer einbezieht.
Zehn Prozent vom Plus. Tatsächlich gibt es Weltaktienfonds, die sich nicht an einem Index messen, etwa der Fonds Loys Global (Isin LU 010 794 404 2) und der Ökovision Classic von Ökoworld (LU 006 192 858 5). Für sie ist es schon ein Erfolg, überhaupt im Plus zu liegen. Und von diesem Plus nehmen sie sich je 10 Prozent.
Hurdle Rate. Mischfonds wählen als Messlatte einen zu ihrer Anlagestrategie passenden Mix aus Aktien- und Anleihenindizes. Oder sie legen eine Rendite fest, die sie übertreffen wollen – eine Hurdle Rate. Diese Rendite sollte größer sein als null. Doch auch unter den Mischfonds haben wir welche gefunden, die alles über Null schon als Erfolg ansehen. Zum Beispiel die Fonds BL Fund Selection (LU 043 064 908 6) und Flossbach von Storch Multiple Opportunities (LU 032 357 865 7), die ebenfalls 10 Prozent Erfolgsgebühr ansetzen.
Kosten von fast sechs Prozent. Der Tradecom FondsTrader, ein Mischfonds der österreichischen Security KAG (AT 000 065 464 5) ist mit 15 Prozent am Ertrag über null beteiligt. Im Geschäftsjahr 2014/2015 (Stichtag 30. Juni) betrug die Erfolgsgebühr 2,23 Prozent, einschließlich der laufenden Kosten zahlten Anleger happige 5,98 Prozent. Die Wertentwicklung betrug im selben Jahr zwar trotzdem noch 10,5 Prozent – doch wenn sich der Anbieter so viel einverleibt, hält sich die Freude in Grenzen. In unserem Dauertest erhält der Fonds nur einen Punkt, die schlechteste Note.
Kreative Fonds: Abrechnung quartalsweise ...
Die Erfolgsgebühr wird von der Wertentwicklung nach Abzug der laufenden Kosten berechnet. Bei 15 Prozent Rendite und einer Erfolgsbeteiligung von 10 Prozent wären das 1,5 Prozent. So weit die Theorie. In der Praxis sieht es manchmal anders aus. Der Fonds Loys Global zum Beispiel hat im Geschäftsjahr 2015 ein Plus von 6,3 Prozent erwirtschaftet – nach allen Kosten. Die Erfolgsgebühr von 1,14 Prozentpunkten liegt jedoch höher als die Beteiligungsquote von 10 Prozent. Ein Grund hierfür ist, dass der Fonds nicht jährlich abrechnet, sondern quartalsweise. Zwischenzeitliche Kurssprünge schrauben die Erfolgsgebühr hoch, schlechte Quartale fallen heraus.
... oder monatsweise
Andere gehen noch dreister vor, beispielsweise die Fonds C-Quadrat Arts Total Return Dynamik (AT 000 063 473 8) und C-Quadrat Arts Total Return Balanced (AT 000 063 470 4), die die Vergütung monatlich abrechnen.
High-Watermark
Erfolgreich ist ein Fonds im Grunde auch nur dann, wenn der Anteilswert höher gestiegen ist, als er in der Vergangenheit schon einmal war. So lange ein Fonds einen früheren Höchststand nicht wieder erreicht, im Fachjargon High-Watermark genannt, so lange sollte er auch keine Performance Fee kassieren. Aber nicht alle Fonds sind so fair.
Alte Verluste interessieren nicht
Zum Beispiel der mehr als 20 Milliarden Euro schwere Mischfonds Carmignac Patrimoine (FR 001 013 510 3): Sobald der Kurs über die Messlatte steigt, verbucht der Fonds eine Erfolgsgebühr, gleich ob der Anteilspreis noch „unter Wasser liegt“. Als Messlatte dient eine hälftige Mischung aus einem Weltaktien- und einem Rentenindex. 2015 ist keine Erfolgsgebühr angefallen. Auch der beliebte Mischfonds Ethna Defensiv (LU 027 950 914 4) geht so vor. Ungeachtet alter Verluste vereinnahmt der Fonds bis zu 10 Prozent jenes Wertzuwachses, der über 5 Prozent hinausgeht. Im vergangenen Geschäftsjahr fiel keine Erfolgsvergütung an, davor waren es vergleichsweise bescheidene 0,1 Prozent.
Aufsicht setzt Riegel vor
Nach den Richtlinien der deutschen Finanzaufsicht Bafin gibt es eine Erfolgsgebühr nur, wenn vorherige Verluste wieder aufgeholt sind. Für den Verlustvortrag zählen aber nur die vergangenen fünf Jahre – was nicht immer reicht, um einen früheren Höchststand wieder zu erreichen. Außer dem Verlustvortrag sehen die Richtlinien auch vor, dass die Erfolgsgebühr nur jährlich abgerechnet werden darf, nicht etwa quartalsweise oder gar monatlich. Die Fonds dürfen die Gebühr zudem erst nach Abzug der anderen Kosten berechnen.
Höhe der Erfolgsbeteiligung nicht geregelt
Die Regeln der Bafin gelten aber nur für in Deutschland aufgelegte Fonds. Allianz, Deka, DWS und Union wenden sie auch für in Luxemburg aufgelegte Fonds an. Darüber, wie hoch die Erfolgsbeteiligung maximal sein darf, gibt es keine Vorgaben: Deka und Union genehmigen sich für die untersuchten Fonds eine Erfolgsbeteiligung von satten 25 Prozent, die Allianz nimmt 20 Prozent, die DWS legt unterschiedliche Sätze an und berechnet teilweise 15 oder 10 Prozent.
WAI geben Auskunft – meistens
Ob ein Fonds eine Performance Fee berechnet, steht in den WAI. Anleger sollten erkennen können, wie sie berechnet wird und wie hoch sie im vergangenen Geschäftsjahr war. Klingt machbar, aber nicht alle schaffen das.
- Axxion etwa, Verwalter der Fonds von Adelca, Arbor, Ganador, Smart-Invest oder Nowinta, gibt bei keinem der von uns untersuchten Fonds die zuletzt vereinnahmte Gebühr an. Auch beim Fonds LO Generation Global (LU 042 870 455 4) fehlt die Angabe (siehe Meldung Aktienfonds Welt: LO Generation Global ist zu).
- Ebenso sollte erkennbar sein, welches die Messlatte ist, an der ein Fonds seinen Erfolg misst. Sie fehlt zum Beispiel beim Ökoworld Ökovision Classic.
- Mitunter stimmen in den WAI die Zeiträume nicht überein. Die Erfolgsgebühr bezieht sich auf das letzte Geschäftsjahr, die Wertentwicklung auf das Kalenderjahr. Das ist Vorschrift. Anleger sollten sich davon nicht verwirren lassen.
-
- ETF entwickeln sich meist ein wenig schlechter als der Index, manchmal aber auch besser. Es gibt viele Gründe, warum sie sich unterscheiden – nicht nur die Kosten.
-
- Der ETF-Informationsdienst JustETF bietet in Kooperation mit dem Anlageportal Weltsparen eine Geldanlage mit fertig gemischten ETF-Welt-Portfolios mit verschiedenen...
-
- Neue Features für unseren Fondsvergleich mit 23 000 Fonds und ETF: Wir haben das Fondsrating verschärft – und präsentieren neue, erfolgreiche Anlagestrategien.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.