Vermögende Sparer mit Fonds von vor 2009

Mit Fonds im Depot, die sie vor Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 kauften, hatten Anleger früher gut lachen: Sogenannte Altanteile unterlagen einem Bestandsschutz. Das bedeutete, nur laufende Erträge wurden besteuert. Gewinne beim Verkauf der Anteile konnten Anleger steuerfrei einstreichen. Mit der Gesetzesreform hat sich das geändert – besonders ärgerlich für vermögende Sparer.
Verkauf. Zum Jahreswechsel 2017/2018 ermittelte die depotführende Stelle, wie viel die Fondsanteile wert sind. Alle Erträge, die bis Ende 2017 entstanden sind, bleiben weiterhin steuerfrei. Für Gewinne ab 2018 ist der Bestandsschutz aufgehoben, ein Freibetrag soll die neue Belastung mildern: Legt der Wert des Fonds ab 2018 erneut zu, sind bei Verkauf nur 100 000 Euro steuerfrei. Alles, was sich darüber hinaus ergibt, unterliegt der Abgeltungsteuer.
Beispiel: Ein Anleger mit Altanteilen kann diese nur noch teilweise steuerfrei verkaufen. Je höher der Gewinn, umso größer die Wahrscheinlichkeit, dass ein Teil der Abgeltungsteuer unterliegt: Unsere Sparerin hat vor 2009 Fondsanteile für 150 000 Euro angeschafft und verkauft sie 2028 für 445 000 Euro. Ende des Jahres 2017 betrug der Wert ihrer Anteile 275 000 Euro. Bei Verkauf wird der Betrag, der zwischen dem Ankauf und Ende 2017 entstand, nicht besteuert. Auf die Kurssteigerungen ab 2018 in Höhe von 170 000 Euro wendet die Depotbank zunächst die entsprechende Teilfreistellung an, hier 30 Prozent, und stellt bei der Sparerin dann einen Verkaufsgewinn von 119 000 Euro fest. Beim Finanzamt beantragt die Frau anschließend die Berücksichtigung ihres persönlichen Freibetrags in Höhe von 100 000 Euro.
Im Vergleich zum alten Recht verbleiben trotzdem 19 000 Euro, für die 25 Prozent Abgeltungsteuer anfallen. Nach altem Recht hätte die Anlegerin keine Steuern zahlen müssen. Nun zieht das Finanzamt 5 011 Euro Steuern ein – in jedem Fall eine Mehrbelastung für die Sparerin.
Steuern bei Verkauf Aktienfonds 2028 1 |
|
Kaufpreis vor 2009 |
150 000 Euro |
Wert am 31.12.2017 |
275 000 Euro |
Wert bei Verkauf in 2028 |
445 000 Euro |
Veräußerungsgewinn |
295 000 Euro |
Fiktiver Gewinn bis 2017 |
– 125 000 Euro |
Bleiben |
170 000 Euro |
Teilfreistellung (30 Prozent) |
– 51 000 Euro |
Gewinn aus dem Verkauf bestandsgeschützter Altanteile nach Teilfreistellung |
119 000 Euro |
Freibetrag für Altbestände |
– 100 000 Euro |
Zu versteuern |
19 000 Euro |
Fällige Steuer (26,375 Prozent Abgeltungsteuer plus Soli) |
5 011 Euro |
- 1
- Anlegerin ist unverheiratet, konfessionslos und hat den Sparerpauschbetrag bereits verbraucht.
Sparer mit Fondserträgen von unter 801 Euro

Ärgerlich ist die Reform für einige Kleinsparer mit deutschen Fonds. Der Hauptgrund dafür: Nun zahlen deutsche Fonds eine Körperschaftsteuer von 15 Prozent auf bestimmte inländische Erträge, etwa für deutsche Dividenden. Da beim Fonds weniger übrig bleibt, wird auch weniger an den Anleger ausgeschüttet. Dafür gibt es eine Teilfreistellung von der Abgeltungsteuer. Das heißt, der Anleger muss nur auf einen Teil der Erträge Steuern zahlen.
Doch diese Teilfreistellung bringt dem Kleinsparer nichts. Solange seine Erträge unter dem Sparerpauschbetrag von 801 Euro für Singles oder 1 602 Euro für Ehepaare liegen, muss der Anleger ohnehin keine Steuer zahlen. Unterm Strich bekommt er seit 2018 einfach weniger ausgezahlt als vor der Reform. Das bedeutet im Übrigen nicht, dass deutsche Fonds schlechter gestellt sind als ausländische Fonds. Tatsächlich sind vergleichbare Steuern auf Fondsebene international üblich, die sogenannten Quellensteuern. Deutsche Fonds verlieren einfach den Steuervorteil, den sie bislang hatten.
Beispiel: Im Jahr 2017 schüttet der Fonds unseres Kleinsparers 800 Euro aus. Da der Sparer in diesem Jahr bis 801 Euro Kapitalerträge steuerfrei verbuchen kann, bekommt er den vollen Ertrag aufs Konto. Bei derselben Ausschüttung 2018 muss der Fonds aber 15 Prozent Körperschaftsteuer zahlen und schüttet nur noch 680 Euro aus. Der Sparer muss zwar keine Steuern zahlen, bekommt aber weniger raus.
Deutscher Aktienfonds
Die angenommene Ausschüttung des Fonds beträgt 800 Euro.
|
2017 |
2018 |
Steuer auf Fondsebene |
0 Euro |
120 Euro (Körperschaftsteuer von 15 Prozent) |
Tatsächliche Ausschüttung |
800 Euro |
680 Euro |
Steuerpflichtig |
800 Euro |
476 Euro (nach Teilfreistellung von 30 Prozent) |
Erträge steuerfrei bis zum Sparerpauschbetrags von 801 Euro1 |
||
Ertrag, der auf dem Konto des Anlegers ankommt |
800 Euro |
680 Euro |
- 1
- Der Anleger ist alleinstehend und hat einen Freistellungsauftrag bei der Depotbank gestellt.
Sparer mit Fondserträgen von über 801 Euro

Die Reform der Investmentbesteuerung macht auch eine ganze Reihe von Anlegern zu Gewinnern. Dank der neu eingeführten Teilfreistellungen auf die Abgeltungsteuer zahlen viele inzwischen etwas weniger Steuern als früher – selbst wenn auf Ebene des Fonds nun bereits 15 Prozent Körperschaftsteuer abgezogen werden, die den Ertrag des Anlegers schmälern. Je nach Art des Fonds gibt es nämlich bis zu 80 Prozent des restlichen Ertrags steuerfrei. Ausschüttungen eines Aktienfonds sind zu 30 Prozent und die eines Immobilienfonds, der überwiegend in deutsche Immobilien investiert, sogar zu 60 Prozent steuerfrei.
Beispiel Aktienfonds
Im Fall eines Aktienfonds kann es im Vergleich zur alten Besteuerung trotz neuer Körperschaftsteuer am Ende ein paar Euro mehr aufs Konto geben. Der Fonds schüttet 5 000 Euro aus. Bis 2017 mussten auf den gesamten Ertrag, abzüglich des Sparerpauschbetrags, Abgeltungsteuer plus Soli gezahlt werden. Das führte zu einer Steuerlast von fast 900 Euro. 2018 hat sich das geändert: Der Fonds in unserem Beispiel besteht je zur Hälfte aus deutschen und ausländischen Anteilen. Der Einfachheit halber ignorieren wir ausländische Unternehmens- oder Einkommensteuern, die auf die ausländischen Ausschüttungen anfallen. Die muss der Anleger bisher wie künftig verschmerzen.
Zusätzlich fällt aber seit 2018 auch auf deutsche Erträge Körperschaftsteuer an. Wir tun also so, als würde die Hälfte der Ausschüttungen mit 15 Prozent Körperschaftsteuer belastet. Verbleiben 4 625 Euro, die an den Anleger ausgeschüttet werden: deutlich weniger als die 5 000 Euro bisher. Nach Berücksichtigung der Teilfreistellung und Abzug des Sparerpauschbetrags verbleiben noch steuerpflichtige 3 237,50 Euro. Darauf zahlt der Anleger 431,36 Euro Steuern. Ebenfalls deutlich weniger als früher und vorteilhaft für den Anleger. Durch die Steuer auf Fondsebene bleibt davon aber am Ende nur ein leichtes Plus von etwa 90 Euro auf dem Konto des Anlegers übrig.
Aktienfonds
Der Sparer ist verheiratet, hält einen Fonds mit je 50 Prozent deutschen und ausländischen Aktien und hat einen Freistellungsauftrag bei der Depotbank gestellt.
2017 |
2018 |
|
Ausschüttung nach Abzug ausländischer Quellensteuer |
||
Tatsächliche Ausschüttung |
5 000 Euro |
4 625 Euro (nach Abzug von 15 Prozent Körperschaftsteuer) |
Steuerpflichtig |
5 000 Euro |
3 237,50 Euro (nach 30 Prozent Teilfreistellung) |
Erträge steuerfrei bis zum Sparerpauschbetrag von 1 602 Euro |
||
Verbleiben zu versteuern |
3 398 Euro |
1 635,50 Euro |
Zu zahlende Steuer1 |
896,22 Euro |
431,36 Euro |
Auszahlung an den Anleger |
4 103,78 Euro |
4 193,64 Euro |
- 1
- Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag (26,375 Prozent).
Beispiel Immobilienfonds
Für die Besitzer offener Immobilienfonds ändert sich letztlich durch die Reform wenig – im besten Fall gibt es ein paar Euro mehr. In unserem Beispiel handelt es sich um einen Immobilienfonds, der mehrheitlich in deutsche Immobilien investiert. Ausgeschüttete Erträge, darunter etwa Mieteinnahmen, unterliegen der Besteuerung beim Anleger. Bei einer Ausschüttung von 5 000 Euro wie im Beispiel gehen davon abzüglich des Sparerpauschbetrags nach altem Recht 896,22 Euro Steuern ab. Seit 2018 reduziert sich die vom Anleger zu zahlende Steuer immens, denn er bekommt 60 Prozent der zu zahlenden Erträge freigestellt. Nach Teilfreistellung und Sparerpauschbetrag müssen gerade noch 21,52 Euro gezahlt werden.
Unterm Strich bleibt aufgrund der hohen Abzüge auf Fondsebene beim Immobilienfondsbesitzer wenig vom Steuerbonus übrig: Ein Immobilienfonds muss aus seinem Fondsvermögen sogar 15,825 Prozent Steuern zahlen, da zusätzlich zur Körperschaftsteuer noch der Solidaritätszuschlag anfällt. Im Beispiel landen im Geldbeutel des Anlegers nur gut 85 Euro mehr als vor der Reform. Bei einem Fonds, der in ausländische Immobilien investiert, gäbe es sogar 80 Prozent Teilfreistellung. Das verhindert eine Doppelbesteuerung, da ausländische Erträge bereits im entsprechenden Herkunftsland besteuert wurden.
Offener Immobilienfonds
Der Anleger ist verheiratet und hat bei seiner Bank einen Freistellungsauftrag gestellt. Er investiert durch den Fonds überwiegend in deutsche Immobilien.
2017 |
2018 |
|
Tatsächliche Ausschüttung |
5 000 Euro |
4 208,75 Euro (nach Abzug von 15,825 Prozent Körperschaftsteuer plus Soli) |
Steuerpflichtig |
5 000 Euro |
1 683,50 Euro (nach 60 Prozent Teilfreistellung) |
Erträge steuerfrei bis zum Sparerpauschbetrag von 1 602 Euro |
||
Verbleiben zu versteuern |
3 398 Euro |
81,50 Euro |
Zu zahlende Steuer1 |
896,22 Euro |
21,50 Euro |
Auszahlung an den Anleger |
4 103,78 Euro |
4187,25 Euro |
- 1
- Abgeltungsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag (26,375 Prozent).
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@klauskschulz: Bitte beachten Sie, dass die Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale nicht den Wertzuwachs des Fonds im laufenden Jahr besteuert, sondern nur einen Ersatz für die Besteuerung der unterjährig thesaurierten Erträge. Die thesaurierten Erträge liegen bei steigenden Kursen in der Regel weit unter den Kursgewinnen. (Für im Veranlagungsjahr 2021 erzielte Thesaurierungen fällt keine Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale an, weil der Basiszinssatz negativ ist.)
Ein Ertrag kann nur einmalig thesauriert werden. Die Erträge, die der Fonds thesauriert, stammen zum Beispiel aus den Dividendenzahlungen der gehaltenen Aktien. Es handelt sich dabei nicht um den Kursgewinn des Fonds aufgrund des Wertzuwachses an der Börse.
Die Abführung der Abgeltungssteuer auf die Vorabpauschale stellt nur eine Steuervorauszahlung statt. Beim Verkauf des Fonds wird die bezahlte Abgeltungssteuer vom Betrag der tatsächlich zu zahlen Abgeltungssteuer abgezogen. Zuvor wird aufgrund der tatsächlichen Höhe der Thesaurierungen und der tatsächlichen Kursgewinnen die Steuerschuld berechnet.
Leider habe ich noch nicht verstanden, wie die Besteuerung funktioniert wenn der Wert in einem Jahr zunimmt, im folgenden Jahr wieder sinkt und im darauffolgenden Jahr wieder steigt.
Folgendes Beispiel:
- Im 1. Jahr findet eine Wertsteigerung von 500 € statt. Daraus errechnet sich die Vorabpauschale mit der entsprechend zu zahlenden Abgeltungssteuer.
- Im 2. Jahr ergibt sich jedoch ein Wertverlust von 500 €. Folglich fällt somit keine Abgeltungssteuer an.
- Im 3. ergibt sich nun wieder eine Wertsteigerung von 500 €.
Wenn nun dafür aber wieder Abgeltungssteuer fällig wird, würde dies doch bedeuten, dass für die dieselbe Wersteigerung 2 mal Steuern berechnet würden.
@Clockwork79: Nein. Für die Berechnung, ob ein familienversichertes Mitglied zu viel verdient, um weiterhin kostenfrei familienversichert zu sein, bleibt die Teilfreistellung von Kapitaleinnahmen für die Ermittlung der Summe der Einkünfte (nach § 2 Abs. 5 a EStG, GKV Spitzenverband Grundsätzliche Hinweise Gesamteinkommen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung vom 12 Juni 2019, Seite 9) außen vor.
Guten Tag,
gilt die Teilfreistellung für ETF Gewinne auch für die Einkommensgrenze für die Familienversicherung (2021 bei 470 Euro im Monat)?
Kann mein Kind also Kaptialertärge in Höhe von ca. 470/0,7 = 671 Euro im Monat generieren ohne sich selbst versichern zu müssen?
Vielen Dank
@test100: Bitte schauen Sie sich die Grafik unter "So werden Fondserträge künftig besteuert" an. Wenn Sie einen ETF aus unserem Test gekauft haben, werden dessen Ausschüttungen so wie in der Darstellung mit Steuern belegt.
Mit der neuen Fondsbesteuerung erfolgt der Quellsteuerabzug auf der Fondsebene. Da Anleger sich die Quellensteuer nicht mehr (anteilig) vom Finanzamt zurückerstatten lassen können, gibt es die sog. Teilfreistellung. Bei einem Aktien-ETF werden 30% der Kapitalerträge von der Besteuerung freigestellt und nur die restlichen 70% des Ertrages mit der Abgeltungssteuer, dem Soli-Zuschlag und u.U. mit Kirchensteuer belegt.
Wenn sie Fragen zu einer konkreten Abrechnung haben, bitten wir Sie, sich an Ihre Bak zu wenden. (maa)