
2018 hat sich für Fondsanleger Grundlegendes geändert. Die Neuerungen betreffen Besitzer deutscher und ausländischer Fonds und alle, die in Immobilienfonds investiert haben. Anfang 2019 kam eine weitere Neuerung hinzu: Erstmals ziehen die depotführenden Stellen Steuern für die Vorabpauschale ab. Wir haben uns umgehört, wie Banken und Fondsgesellschaften mit dem Steuerabzug umgehen. test.de stellt die Regeln vor und beantwortet häufige Leserfragen zur Investmentsteuer.
Neue Steuer für Investmentfonds
Für Fondsanleger bedeutete der Jahresbeginn 2018 eine Zäsur: Alle Fondsanteile galten am 31. Dezember 2017 als fiktiv verkauft und an Neujahr als neu angeschafft. Ab diesem Zeitpunkt begann eine neue Ära der Investmentfondsbesteuerung mit geänderten Spielregeln. Die wichtigsten sind:
- Deutsche Fonds zahlen nun auf bestimmte Erträge 15 Prozent Körperschaftsteuer und können daher weniger ausschütten oder reinvestieren.
- Sparer bekommen zum Ausgleich Freistellungen von der Abgeltungsteuer. Sie gelten für deutsche und für ausländische Fonds.
- Vor 2009 gekaufte Anteile haben ihre Steuerfreiheit verloren.
Die Reform gilt für alle Fondsanleger, also auch diejenigen, die nach dem Konzept des Finanztest-Pantoffel-Portfolios ein ETF-Depot mit börsengehandelten Indexfonds aufgebaut haben.
Weniger Aufwand für Anleger
Der Aufwand für Anleger hat sich reduziert. Viele Aufgaben, die ihnen bisher zufielen, erledigen nun Depotbanken. Sparer sollten sich aber nicht blind auf ihre Depotbank verlassen, sondern wissen, was die Reform für sie und ihre Geldanlage bedeutet.
Was Sie in Sachen Vorabpauschale beachten sollten
Widersprechen. Banken können die Steuer auch innerhalb eines eingeräumten Disporahmens abbuchen. Dem können Sie widersprechen. Dann müssen Sie allerdings wie früher eine Steuererklärung machen und Ihre Erträge dem Finanzamt selbst mitteilen.
Freistellen. Wollen Sie den Steuerabzug vermeiden, nutzen Sie Ihren Freistellungsauftrag. Weil die Steuer auf die Vorabpauschale erstmals Anfang 2019 abgezogen wird, sollten Sie Ihren Sparerpauschbetrag für das Jahr frühzeitig verteilen. Im Rahmen des Sparerpauschbetrags von 801 Euro (1 602 Euro für Paare) müssen Sie keine Steuern zahlen (mehr Details im Unterartikel So funktioniert die Vorabpauschale).
Fondsgesellschaften zahlen Steuer direkt aus dem Fondsvermögen
Sichtbar wirkt sich die Reform ab 2018 zum Beispiel bei den regelmäßigen Ausschüttungen eines Fonds aus. Auf den Konten der Anleger landet weniger Geld, denn der Fiskus besteuert nicht mehr nur die Erträge des Sparers. Nun zahlen bereits die Fondsgesellschaften direkt aus dem Fondsvermögen Körperschaftsteuer auf deutsche Dividenden, deutsche Mieterträge und auf Gewinne aus dem Verkauf deutscher Immobilien. Erst der Rest wird an den Anleger ausgezahlt.
Altersvorsorge bleibt verschont
Von dieser Körperschaftsteuer verschont bleiben ausländische Dividenden und Immobilienerträge, Gewinne aus Wertpapierverkäufen, aus Termingeschäften sowie Zinserträge. Schutz genießen auch staatlich geförderte Altersvorsorgeprodukte: Bei Riester- und Rürup-Fondspolicen und -sparplänen fällt keine Körperschaftsteuer an.
Teilfreistellungen entlasten Anleger
Als Ausgleich für geringere Erträge hält das Investmentsteuerreformgesetz für Anleger eine Entschädigung bereit. Sie müssen nicht mehr für die gesamten Erträge Abgeltungsteuer abführen, sondern nur noch auf einen Teil. Die Höhe dieser Teilfreistellung hängt von der Fondsart ab:
- Bei einem Fonds, der fortlaufend mehr als 50 Prozent in Aktien anlegt, bekommt der Privatanleger 30 Prozent der Ausschüttungen steuerfrei.
- Bei einem Mischfonds mit wenigstens 25 Prozent Aktienanteil sind es 15 Prozent.
- Besitzer von Immobilienfondsanteilen bekommen eine Freistellung von 60 Prozent. Investiert der Fonds vor allem in ausländische Immobilien (zu mindestens 51 Prozent), sind sogar 80 Prozent steuerfrei.
Die Teilfreistellungen gelten für alle Erträge, also Dividenden und Verkaufsgewinne – egal ob inländisch oder ausländisch. Gleichzeitig ersetzt die neue Methode die Anrechnung der im Ausland gezahlten ausländischen Quellensteuern im Rahmen der Steuererklärung. Für viele Anleger erübrigt sich so eine Menge Papierkrieg.
Keine Teilfreistellung für reine Swaps
Manche Investmentfonds nimmt das neue Gesetz aber von den Teilfreistellungen aus: Sogenannte fully funded Swaps besitzen keine oder wenige echte Kapitalbeteiligungen, sondern bilden den Markt überwiegend durch Tauschgeschäfte künstlich nach. Ihre Erträge werden künftig nicht freigestellt und sind steuerlich benachteiligt. Sie sind auf dem Markt aber nur selten erhältlich. Die meisten Indexfonds (ETF) bilden nur einen aus steuerlicher Sicht unbedenklich kleinen Teil ihrer Kapitalbeteiligungen künstlich nach, so auch alle von Finanztest empfohlenen Swap-ETF. Sie profitieren von den Teilfreistellungen, da sie mehr als die Hälfte ihrer Investitionen in echten Anlagen halten.
System der Abgeltungsteuer
Die neue Körperschaftsteuer für Fondsgesellschaften und die teilweise freigestellten Erträge beim Sparer brechen das 2009 eingeführte System der Abgeltungsteuer auf: Bisher wurden nur aufseiten der Anleger Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden und Verkaufsgewinne mit 25 Prozent Abgeltungsteuer belastet. Hinzu kamen Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Die pauschale Besteuerung ist bequem für Sparer, weil Depotbanken Steuern automatisch einbehalten und an das Finanzamt abführen, ohne den persönlichen Steuersatz der Sparer kennen zu müssen. Das verschont den Anleger grundsätzlich davor, Erträge in der Steuererklärung angeben zu müssen.
Bis 2017 mussten Anleger Erträge in der Steuererklärung angeben
Bei Fonds, die Erträge nicht oder nur teilweise ausschütten, geriet die automatische Besteuerung an ihre Grenzen: Wenn sogenannte thesaurierende Investmentfonds Erträge im Vermögen wieder ansammeln, landet beim Anleger zunächst kein Geld. Steuerpflichtig ist es trotzdem. Deutsche Fonds wiesen deshalb „ausschüttungsgleiche Erträge“ aus und führten dafür Steuern ab. Anders ausländische Fonds, wie viele derzeit populäre Indexfonds (ETF): Von ihren Erträgen erfuhr das Finanzamt bisher nicht automatisch. Es war auf die Ehrlichkeit der Anleger angewiesen, die von Hand ihren „ausschüttungsgleichen Ertrag“ in der Steuererklärung angeben mussten. Oft geschah das nicht. Manche Anleger deckten Erträge verbotenerweise erst bei Verkauf auf und zahlten somit auch erst dann Steuern.
Vorabpauschale für thesaurierende Fonds
Die Reform stopfte dieses Schlupfloch und führte für alle thesaurierenden Fonds die sogenannte Vorabpauschale ein (So funktioniert die Vorabpauschale). Diesen fiktiven Ertrag ermittelt die depotführende Stelle und rechnet ihn dem Anleger am ersten Werktag des Folgejahres zu – für 2018 erstmals am 2. Januar 2019. Er ist Grundlage dafür, wie viel Steuern der Sparer jährlich zahlen muss. Die Höhe der Vorabpauschale berechnet sich nach dem Wert des Fondsanteils am Jahresanfang. Dieser wird mit 70 Prozent des Basiszinssatzes multipliziert, den die Deutsche Bundesbank zum Jahresanfang errechnet. Für 2018 beträgt der Basiszins 0,87 Prozent. Für das Jahr 2019 wird der Basiszins für die Vorabpauschale laut Bundesbank 0,52 Prozent betragen.
Abgerechnet wird zum Schluss
Der Fiskus kann Sparer ausschüttender und thesaurierender Fonds im Laufe der Haltedauer verschieden stark mit Abgeltungsteuer belasten. Das gleicht sich aber am Ende wieder aus. Denn mit der Reform ändern sich auch die Regeln für den Verkauf von Anteilen: Bei ausschüttenden Fonds erhalten Anleger über die Jahre Erträge aus dem Fondsvermögen, die sie versteuern. Wertsteigerung, Verkaufsgewinn und die darauf zu zahlende Steuer fallen dann kleiner aus. Anders bei thesaurierenden Fonds. Insbesondere ein niedriger Basiszins führt während der Haltedauer zu geringen Vorabpauschalen und entsprechend wenig Steuer – ein zeitlicher Vorteil gegenüber ausschüttenden Fonds. Da wiederangelegte Erträge den Wert des Fonds steigern, ist beim Verkauf ein größerer Betrag zu versteuern. Die Vorabpauschalen werden aber auf den späteren Verkaufsgewinn angerechnet, damit es nicht zu einer Doppelbesteuerung kommt.
Verkaufsgewinne durch Teilfreistellung begünstigt
Beim Verkauf gleicht sich bei beiden Fondsarten die unterschiedliche Steuerbelastung im Verhältnis zum Gesamtertrag aus. Alle Verkaufsgewinne sind – egal ob aus ausschüttenden oder thesaurierenden Fonds – zusätzlich durch Teilfreistellung begünstigt. Wird ein Fonds mit Verlust verkauft, erhöht sich dieser Verlustbetrag durch die Anrechnung bereits versteuerter Vorabpauschalen. Über eine Steuererklärung kann der Anleger seinen Verlust feststellen und im gleichen oder in folgenden Jahren mit anderen Kapitalerträgen verrechnen lassen.
Altbestände nicht länger steuerfrei
Klare Nachteile entfaltet die Reform für Sparer, die ihre Anteile vor 2009 erworben haben. Solche „Altanteile“ genossen bisher Bestandsschutz und blieben von der Abgeltungsteuer bei Verkauf verschont. Nur laufende Erträge wie Dividenden unterlagen ihr. Das garantierte Sparern, dass sich die 2009 eingeführte Steuer nicht zu ihrem Nachteil auswirkte. Das Versprechen ist nun zum Teil gebrochen: Für Kursgewinne gibt es seit Anfang 2018 nur noch einen persönlichen Freibetrag von 100 000 Euro. Alles darüber hinaus wird besteuert.
Kein Grund zur Panik
Grundsätzlich besteht aber kein Grund zur Panik: Erst ab 2018 wird gerechnet, bis Ende 2017 aufgelaufene Kursgewinne bleiben endgültig steuerfrei. Es müssen schon einige Hunderttausend Euro im Depot liegen, ehe der Anleger in den nächsten Jahren tatsächlich Steuern zahlen muss. Ehepaare haben zudem für das gemeinsame Depot die doppelte Summe – also 200 000 Euro – frei. Bei Verkauf behält die Depotbank allerdings zunächst Steuern ein. Das Finanzamt gewährt anschließend den Freibetrag, wenn der Verkauf in der Steuererklärung mitgeteilt wird, und erstattet den zu viel gezahlten Betrag. Auch Verluste, die mit Altanteilen ab 2018 entstanden sind und bei Verkauf realisiert werden, finden Berücksichtigung: Anleger können sie wie üblich mit anderen positiven Kapitalerträgen verrechnen lassen.
Altanteile verschenken
Vermögende haben Spielräume. Wer damit rechnet, den Freibetrag bald zu sprengen, könnte Teile des Vermögens an Verwandte verteilen und so den Freibetrag von 100 000 Euro vervielfachen. Bei der ordentlichen Schenkung eines Depots geht nämlich auch der Bestandsschutz für Altanteile über. So können auch Kinder oder Enkel in Zukunft in den Genuss des Freibetrags kommen. Es gibt aber keinen Grund zur Eile: Das Bundesfinanzministerium hat auf Anfrage von Finanztest klargestellt, dass eine Schenkung auch in kommenden Jahren so möglich ist, dass Beschenkte ein Recht auf den Freibetrag erhalten.
Schenkung schriftlich dokumentieren
Probleme mit dem Finanzamt bekommt, wer Vermögen zum Schein verschenkt, aber weiterhin darüber verfügt oder es sich später zurückholt. Der Fiskus kann dann einen Gestaltungsmissbrauch unterstellen, Gewinne dem Schenker zuschlagen und Steuern nachfordern. So wie bei einem Ehepaar aus Rheinland-Pfalz, das seinen minderjährigen Kindern Aktien schenkte, danach aber Teile des Bestands in deren Namen verkaufte, um ihre Ausbildung zu finanzieren (Az. 2 K 2395/15). Zwar geht dieser Fall noch vor den Bundesfinanzhof (Az. IX R 19/17), doch wer sichergehen will, sollte die Schenkung schriftlich in einem Schenkungsvertrag festhalten und sich klarmachen: Geschenkt ist geschenkt. Es ist notwendig, der Depotbank mitzuteilen, dass es sich um eine Schenkung handelt. Jede Bank sollte dafür ein Formular bereithalten, mit dem die „unentgeltliche Depotübertragung“ beantragt wird. Wird das versäumt, greift der Fiskus gleich zu.
Klar Schiff im Depot
Die Reform kann Anlass sein, das eigene Depot auszumisten. Wer einen schlecht laufenden Fonds hat, sollte sich davon endlich trennen, egal ob die Steuerregeln jetzt besser oder schlechter für ihn sind. Eine gute Geldanlage rechnet sich unabhängig von der Besteuerung. Das Steuerrecht kann sich auch wieder ändern.
Tipp: Mehr zum Thema finden Sie in unserem Vergleich Fonds und ETF im Test und in unseren FAQ Fondsbesteuerung ab 2018.
Die Reform kann ein guter Anlass sein, das Depot auszumisten und schlecht laufende Investmentfonds zu verkaufen.
Dieses Special ist im Januar 2017 auf test.de erschienen. Es wurde seitdem mehrfach aktualisiert, zuletzt am 13. Oktober 2020. Zuvor gepostete Nutzerkommentare beziehen sich auf frühere Versionen.