Jeden Tag ein neues touristisches Highlight, ohne das Hotel wechseln zu müssen. Flusskreuzfahrten bieten viel Abwechslung – und das Ufer ist immer in Sichtweite.
Punkt 21 Uhr legt das Schiff vom Liegeplatz mit dem Zungenbrechernamen Nemzetközi Hajóállomás nahe der Budapester Innenstadt ab. Ein Großteil der Gäste hat sich zur Auslaufparty auf dem Sonnendeck versammelt, einige mit dem im Bordmagazin empfohlenen Drink „Unicum“ für 2 Euro. Zur bombastischen Musik von Vangelis („Conquest of Paradise“) gleitet die rund 125 Meter lange Arosa Riva gemächlich unter den beleuchteten Donaubrücken hindurch. Rechts und links des Flusses stehen dicht gedrängt Monumentalbauten, die im festlichen Licht der Scheinwerfer noch prächtiger als am Tage aussehen. Viele Kreuzfahrtgäste bestaunen ergriffen die Szenerie, andere fotografieren wie wild. Am Tag zuvor war das Schiff in Wien, am nächsten Mittag wird es in der slowakischen Hauptstadt Bratislava einlaufen. Drei sehenswerte Metropolen in drei Tagen, ohne das Hotel wechseln zu müssen – das gibt es nur auf einer Flusskreuzfahrt.
Nachfrage um 15 Prozent gestiegen
Hauptzielgruppe für Flussreisen sind flexible und zahlungskräftige Best Ager, wie die Reiseindustrie die Älteren liebevoll nennt. Flussreisen sind für reifere Jahrgänge besonders attraktiv, denn im Gegensatz zu Hochseekreuzfahrten ist hier immer Land in Sicht, und seekrank wird auch keiner. Die Annehmlichkeiten an Bord und das behagliche Dahingleiten durch schöne Landschaften verbunden mit interessanten Landausflügen wissen aber auch immer mehr jüngere Gäste zu schätzen. Die Nachfrage nach Flussreisen ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. 2008 wurden rund 15 Prozent mehr Flusskreuzfahrten verkauft als im Jahr davor. Knapp 384 000 Gäste bescherten den Reedereien im letzten Jahr einen Umsatz von 442,9 Millionen Euro. Denn billig sind die Flussreisen nicht. Für die sechs bis acht Tage, die die Urlauber an Bord verbrachten, zahlten sie im Durchschnitt 1 154 Euro. Hinzu kommen oft noch An-und Abreise und Nebenkosten. Die meisten von uns befragten Anbieter setzen auf weiteres Wachstum, nur einer strich die Segel: Die 5-Sterne-Kreuzfahrtschiffe „Mozart“, „Casanova“ und „Heidelberg“ werden künftig nicht mehr für Peter Deilmann fahren. Die Reederei hat für die Flussreisesparte Insolvenz angemeldet. In der Premiumklasse macht sich die Wirtschaftskrise deutlich bemerkbar, vor allem das Ausbleiben der amerikanischen und englischen Gäste. Der Umsatzeinbruch bei Deilmann soll mehr als 50 Prozent betragen haben. Auch Sea Cloud musste die Reißleine ziehen, das Luxusschiff River Cloud verschwindet 2010 vom deutschen Markt. Die beliebtesten Ziele für Flusskreuzfahrten sind die Donau, der Rhein, die Elbe sowie Flüsse in Frankreich, in Russland und in der Ukraine. Die ebenfalls sehr gefragten Nilkreuzfahrten werden vorwiegend in Verbindung mit Rundreisen oder Badeferien in Ägypten angeboten, ebenso die eher exotischen Fernziele wie Amazonas, Mekong oder Jangtse. Wir haben einen Überblick über die wichtigsten Schiffe auf Donau, Rhein, Elbe und Rhône/Saône von sieben bedeutenden Anbietern zusammengestellt (siehe Tabelle).
Meistens Vier-Sterne-Komfort
Gut zwei Drittel der Schiffe bietet Vier-Sterne-Komfort, ein Viertel liegt im preiswerteren Drei-Sterne-Bereich und nur noch drei Flussliner locken mit Luxus, alle drei auf der Donau. Da der Platz auf einem Kreuzfahrtschiff naturgemäß begrenzt ist, muss man bei der Geräumigkeit fast immer Abstriche machen. Die meisten Zweibettkabinen – auf den Flussschiffen liegen sie immer außen – sind mit 10 bis 12 Quadratmetern nicht gerade großzügig bemessen. Selbst die größeren Kabinen können vom Platzangebot her gerade mal mit Lowbudget- oder Hostel-Zimmern konkurrieren. In den preiswerten Kabinen im unteren Deck kann es außerdem zu Lärmbelästigung durch die Motoren kommen, und sie haben nur kleine Fenster. Für die Panoramasicht auf den oberen Decks muss man deutlich tiefer in die Tasche greifen. Die Restaurants sind dafür meist so groß, dass alle Gäste zur gleichen Zeit Platz finden. Essen in zwei Schichten gehört der Vergangenheit an. Während A-Rosa für alle Mahlzeiten ein Buffet anbietet, servieren die sechs anderen befragten Veranstalter zumindest das Abendessen, und es gibt eine feste Tischordnung. Bei A-Rosa kann der Gast gegen Aufpreis an einem Abend unter dem Motto „Weinwirtschaft“ ein serviertes Menü und Weine der Region genießen.
Zur leckeren Jause aufs Achterdeck
Essen spielt an Bord eine Hauptrolle. Kaum hat man sich vom Frühstücksbüfett erhoben, bittet die Lautsprecherdurchsage zur leckeren Jause auf dem Achterdeck. Wenig später steht das Mittagessen bereit, dann Kaffee und Kuchen, und das Abendessen lockt wieder mit vielen Köstlichkeiten. Auf einigen Flussschiffen wird auch noch ein Mitternachtsessen serviert, ähnlich wie bei Hochseekreuzfahrten. Der Fitnessbereich, wo man sich die angefressenen Pfunde wieder abtrainieren könnte, ist, wenn überhaupt vorhanden, meist sehr klein. Ebenso der Pool, der auch nur auf wenigen Schiffen zu finden ist. Eine Sauna gehört zumindest auf den neueren Vier-Sterne-Schiffen dagegen fast schon zur Standardausrüstung. Landausflüge müssen nicht immer per Bus stattfinden. Für sportliche Kreuzfahrtgäste werden sie immer häufiger als Fahrrad- oder Nordic-Walking-Tour angeboten. Man kann aber auch auf eigene Faust losziehen, was zumindest preiswerter ist.
Schiffsbewertungen im Internet
Wer wissen möchte, welche Erfahrungen andere Urlauber mit Kreuzfahrtschiffen gemacht haben, wird im Internet fündig. Zum Beispiel unter www.holidaycheck.de, wo es neben Hotel- auch viele Schiffsbewertungen gibt. Alle Flussliner aus unserer Tabelle haben wir aber nicht gefunden, und für viele gibt es nur wenige Kommentare, was die Aussagekraft einschränkt. Insgesamt kommen die Kreuzfahrtschiffe aber nicht schlecht weg. Die meisten werden mit 4,5 bis 5,5 von 6 möglichen Ankern bewertet. Mitunter, vor allem bei älteren Schiffen, hagelt es aber auch harsche Kritik. So würde zum Beispiel nur einer von drei Gästen die „Danubia“ von Phoenix Reisen weiterempfehlen. Bei der „Deltastar“ von nicko tours gehen die Meinungen weit auseinander. Die Bewertungen reichen von 1,3 bis 5,8, weiterempfohlen hat das Schiff nur knapp die Hälfte der neun Kritiker. Und die „Bellissima“ fand gar keiner schön. Ihre Weiterempfehlung beträgt null Prozent. Allerdings gibt es für dieses Schiff auch nur zwei Bewertungen.
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