
Flugreise. Kann jemand sie nicht antreten, haben er oder sie meistens gute Gründe, bekommmen aber vom Ticketpreis kaum etwas zurück. © Getty Images / Ralf Hettler
Wer Flüge storniert, verliert meist Geld, kann aber Steuern und Gebühren zurückfordern. Billigairlines blocken. Stornodienste wie Geld-fuer-flug.de holen etwas zurück.
Bundesgerichtshof entscheidet gegen Lufthansa-Passagiere
Früher gab es noch Gerichte, die Kunden nach einer Ticketstornierung eine Erstattung von bis zu 100 Prozent des Ticketpreises zusprachen. Diese Rechtsprechung hat aber mit dem Storno-Urteil des Bundesgerichtshofs einen Dämpfer erfahren (Az. X ZR 25/17; siehe Flugstorno: Lufthansa-Passagiere verlieren vor Gericht). Der BGH hat entschieden, dass Lufthansa-Kunden, die „nicht stornierbare“ Tickets gekauft haben, nur den Teil der Ticketkosten erstattet verlangen können, der auf Steuern (Luftverkehrsteuer) und Gebühren (etwa Lufthafensicherheitsgebühr) entfällt. Diese Positionen muss eine Airline erstatten, weil sie die Beträge im Stornofall und bei Nichtantritt gar nicht abführt. Zwar können sich Flugreisende mit einer Reiserücktrittsversicherung für unvorhersehbare Ereignisse wie Krankheit versichern. So eine Versicherung zahlt aber zum Beispiel nicht, wenn man wegen eines unerwarteten beruflichen Termins verhindert ist.
Unser Rat
- Erstattung fordern.
- Wenn Sie einen Flug storniert oder einfach nicht angetreten haben, können Sie von der Fluggesellschaft die im Flugpreis enthaltenen Steuern und Gebühren zurückverlangen. In den beiden von uns hier berichteten Fällen geht es zum Beispiel um rund 50 Euro. Machen Sie Ihren Anspruch direkt bei der Airline geltend – auch wenn Sie über Vermittler wie Fluege.de gebucht haben. Nutzen Sie den Musterbrief der Verbraucherzentrale. Erstattungsansprüche verjähren erst nach drei Jahren. Bis Ende 2018 können Sie also Steuern und Gebühren für Flüge zurückverlangen, die Sie im Jahr 2015 ungenutzt gelassen haben.
- Sich wehren.
- Bei den Fluggesellschaften Lufthansa und Eurowings klappt die Erstattung meist reibungslos. Insbesondere bei Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet müssen Sie aber mit Widerstand rechnen. Mahnen Sie die Erstattung von Steuern und Gebühren dennoch einmal schriftlich an. Danach können Sie einen Anwalt einschalten, den die Fluggesellschaft im Erfolgsfall auch bezahlen muss. Auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht (dgfr.de) finden Sie Spezialisten.
- Stornodienst einschalten.
- Wenn Sie schnell an Ihr Geld wollen und bereit sind, dafür einen Risikoabschlag hinzunehmen, können Sie Ihren Anspruch an den Stornodienst Geld-fuer-flug.de verkaufen. Lassen Sie sich dort ein Angebot machen.
Lufthansa und Eurowings erstatten Steuern und Gebühren
Kunden von Lufthansa und Eurowings sind gut dran. Beide Fluggesellschaften weisen Steuern und Gebühren vergleichsweise transparent aus. Kunden können die Erstattung per E-Mail, Fax oder Telefon einfordern, meist kommt das Geld reibungslos. Anders ist das bei ausländischen Billigairlines, wie der Fall des Münchners Carsten Schmidt zeigt. Dieser hat vor Kurzem einen Flug mit der ungarischen Billigairline Wizz Air von Memmingen nach Timisoara in Rumänien aus privaten Gründen stornieren müssen. Flugkosten für ihn und seine Frau insgesamt hin und zurück: 101 Euro.
Wizz Air und Ryanair verstoßen gegen Transparenzgebot
Nur 53 Euro davon entfielen laut Buchungsunterlagen auf den reinen Flugpreis. 48 Euro sind Steuern und Gebühren – vermutlich. Genau weiß man es nicht, denn die ungarische Airline dröselt den Ticketpreis nicht auf. Das verstößt zwar gegen das Transparenzgebot aus Artikel 23 der EU-Verordnung 1008/2008. Das stört die ausländischen Billigfluggesellschaften aber nicht. Bei der irischen Gesellschaft Ryanair erhält der Kunde bei der Buchung nur eine einzige Zahl genannt, den Gesamtticketpreis. Wer nicht genau weiß, wie viel Steuern und Gebühren er gezahlt hat, weiß auch nicht, was er zurückfordern soll.
Weitere Schikane der Billigairlines: die Bearbeitungsgebühr
Wizz-Air-Kunden müssen bei Rückerstattungen zwischen 60 und 80 Euro „Stornierungsgebühr“ zahlen. Bei Ryanair fällt eine „Verwaltungsgebühr“ von 20 Euro pro Fluggast an. Der Bundesgerichtshof hält solche Bearbeitungsgebühren zwar für unzulässig (Az. I ZR 220/14). Auch das beeindruckt die Billigflieger aber offenbar nicht. Hätte Carsten Schmidt Wizz Air selbst angeschrieben und seine Rückerstattung geltend gemacht, hätte er wegen der Bearbeitungsgebühr zurückerhalten: 0 Euro.
Anwalt oder Geld-fuer-flug.de?
Carsten Schmidt blieben also nur zwei Wege, um gegen Wizz Air vorzugehen: Anwalt oder der Dienst Geld-fuer-flug.de. Mit einem guten Rechtsanwalt hätte der Münchner vielleicht die 48 Euro herausholen können. Aber das hätte sicher etwas gedauert. So lange wollte Schmidt nicht warten. Deshalb wandte er sich an den Stornodienstleister Geld-fuer-flug.de. Das junge Unternehmen aus Düsseldorf hat von Investoren 25 Millionen Euro bekommen. Mit dem Geld kauft es nun in großen Mengen Rückerstattungsansprüche von Passagieren auf.
Geld-fuer-flug.de zahlt nur einen Bruchteil – dafür aber sofort
Der Fluggast, der seinen Anspruch an den Dienst verkauft, erhält als Kaufpreis nicht 100 Prozent der Steuern und Gebühren wieder, sondern nur einen Bruchteil. Carsten Schmidt hat für seinen Wizz-Air-Flug 20 Euro von Geld-fuer-flug.de bekommen. Besser als gar nichts. Aber Geld-fuer-flug.de wird nun als neuer Inhaber der Forderung mit seinen Anwälten gegen Wizz Air vorgehen und die volle Summe Steuern und Gebühren einfordern – notfalls auf dem Gerichtsweg.
Easyjet schließt Erstattung in Geschäftsbedingungen aus
Ryanair und Wizz Air sind zwei der Hauptgegner von Geld-fuer-flug.de. Ein dritter ist Easyjet. Der britische Billigflieger schließt in seinen Geschäftsbedingungen die Erstattungen gleich ganz aus, wenn der Kunde den Flug aus persönlichen Gründen nicht antreten kann und die Stornierung später als 24 Stunden nach der Flugbuchung erfolgt. Nur die britische Passagierabgabe APD, die bei einem Start vom Vereinigten Königreich aus fällig wird, betrachtet Easyjet als erstattungsfähig. Das Landgericht Frankfurt etwa hält einen solchen Erstattungsausschluss jedoch für unwirksam (Az. 2-24 O 8/17; nicht rechtskräftig).
Nicht immer kommen die Billigairlines mit ihren juristischen Tricks durch
Um dem deutschen Gesetz und der deutschen Rechtsprechung zu entgehen, erklären Billigairlines in ihren Geschäftsbedingungen ausländisches Recht für anwendbar. Bei Ryanair soll irisches Recht gelten, bei Wizz Air ungarisches und bei Easyjet das Recht von England und Wales. Das Amtsgericht Simmern hat die Ryanair-Klausel allerdings in einem Fall für unwirksam erklärt (Az. 32 C 571/16). Der Wiesbadener Reiserechtsexperte Holger Hopperdietzel sagt: „Kunden aus Deutschland können also in Deutschland auf Basis deutschen Rechts auf Erstattung klagen.“
Ticket über Reiseportal gekauft? Erstattung direkt von der Airline fordern!
Geld-fuer-flug.de kauft auch Tickets von Kunden, die über Flugvermittler wie Fluege.de oder Opodo.de gebucht haben. Bis zu 100 Euro verlangen die Vermittler selber für die Bearbeitung einer Erstattung. Aber auch in diesen Fällen ist die Airline Vertragspartner. Das heißt: Kunden von Flugvermittlern können die Erstattung direkt von der Airline einfordern.
Bequem für Vielflieger
Auch Lufthansa- und Eurowings-Kunden nutzen den Dienst. Vielflieger Alex Liermann hat im Herbst 2017 einen Eurowings-Flug von Berlin nach Düsseldorf Geld-fuer-flug.de angeboten. Der Berliner hat wenig Lust, in der Telefon-Hotline einer Airline zu warten. Der Flug hatte 90 Euro gekostet, 50 Euro waren Steuern und Gebühren. Geld-fuer-flug.de bot 40 Euro. Liermann hätte bei einem Verkauf also 10 Euro Abschlag gehabt.
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- Betroffene eines Flugausfalls können einen zeitnahen Ersatzflug oder Erstattung des Ticketpreises fordern. In bestimmten Fällen haben sie Anspruch auf Entschädigung.
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- Souvenirs verlängern Urlaubsgefühle. Doch manche führen zu Ärger mit dem Zoll. Stiftung Warentest erklärt, bei welchen Andenken Reisende draufzahlen und was verboten ist.
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- Bei Ärger mit einem Unternehmen ist eine Schlichtungsstelle erste Wahl. Bei Konflikten zwischen Nachbarn oder in der Familie eignet sich eine Schlichtung oder Mediation.
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2016 hatte EW einen Flug Köln-SXF einfach komplett gestrichen,vermutlich wegen geringer Auslastung des A330(!), der beim Online-CheckIn sichtbar leer war. Ca. 6 Wochen später (allerdings erst nach 2. E-Mail) kam die EU-Kompensation (250 Euro) aufs Konto, die komplette Flugerstattung schon früher. Sie begründeten die Verspätung wegen der Hochsaison (ist irgendwo plausibel).
LH überwies die Gebühren bisher immer zügig und automatisch, wenn ich mal online einen Flug absagen musste.
United (2015 TXL-EWR) hatte zwar (24-Std.-Verspätung=Absage) nur ein schlecht kopiertes Formular für die EU-Kompensation. Aber nach Anruf in FRA wäre eine Bestätigung vor Ort nicht nötig: Daher auf seinen Tipp hin als Brief (Einschreiben+Rückschein) nach Houston (Texas!) geschickt und tatsächlich kam 3-4 Wochen später eine nette Mail und nochmal einige Wochen später aus London eine PrePaid-Kreditkarte mit 600 Euro drauf! :-) Auch die Erstattung des Premium-Economy-Aufschlags erfolgte automatisch.
Mein Flug im Mai 2018 ist von Ryanair komplett storniert worden . Gründe wurden vor Ort nicht genannt. Im Nachhinein wurde mitgeteilt, dass die Flugstornierung wegen schlechtem Wetter erfolgt sei; obwohl zahlreiche andere Flüg zur gleichen Zeit abgegangen sind.
Lt. Flightright deshalb keine Ansprüche auf Entschädigung nach EU-Recht.
Erstattungsanspruch deshalb direkt an Ryanair gerichtet - wochenlang nichts gehört. Auf Nachfrage bei Opodo dann telefonisch erfahren, dass Ryanair an Opodo 175,98 € erstattet hat, die jetzt an mich weitergeleitet werden sollen.
Ohne meine Nachfrage hätte Opodo den Betrag wahrscheinlich vereinnahmt. Wie der Betrag sich zusammensetzt und ob eine Bearbeitungsgebühr abgezogen wurde - ????????????
@ neminemlaedere,
ich habe die Erfahrung bei Lufthansa auch mal gemacht. Mir wurde beim check-in 300 Euro geboten, wenn ich den nächsten Flug nehmen würde (mit einer anderen Airline, der nocht 10 Minuten früher ging). Ich nahm das Angebot an, vom Lufthansa Station Manager wurde mir ein Voucher für mich und meinen Frau über jeweils 300 Euro ausgestellt.
Nach der Landung in FRA bin ich zum Lufthansa Servicebüro dort wurden mir nach Vorlage der Voucher die Summe auf die Kreditkarte gutgeschrieben. Also alles sehr positiv.
@tomvs: Bei einer Verschiebung durch die Fluggesellschaft ist die Rechtssprechung eigentlich sogar noch eindeutiger auf der Seite der Passagiere: Das stellt nämlich streng genommen eine Stornierung durch die Fluggesellschaft dar. Und das bedeutet: Die Fluggesellschaft muss das Ticket vollständig zurückzahlen, nicht nur 95%.
https://rechtecheck.de/flug-verschoben/
Ich habe glücklicherweise sehr positive Erfahrungen gemacht.
Ich habe 12 Tage vor Abflug nach Japan meine Flüge stornieren müssen.
Mit Hilfe des Musterbriefes der Verbraucherzentrale Brandenburg und Infos aus meiner weiteren Internetrecherche (u.a. auch hier) habe ich meinen Anspruch auf Rückerstattung von 95% des Ticketpreises per Einwurfeinschreiben geltend gemacht. Die Kommunikation mit ANA war sehr freundlich sowie sachlich und nach 2 Monaten wurde das Geld zurückerstattet.
Ich werde mit Sicherheit die ANA bei meinen künftigen Flügen preferieren. Nicht nur wegen der fairen Abwicklung in diesem Fall.
Tipp:
Nach Stornierung bei der Buchungsstelle und der Airline (!) nach Möglichkeit regelmäßig auf der Buchungsseite schauen, ob die Flüge ausgebucht sind und dann einen Screenshot zur Beweissicherung machen. Das kann hilfreich sein, wenn sich die Airline uneinsichtig zeigen sollte.
Habe ich nicht gebraucht.