
Außen knusprig, innen zart: Wer Fleisch optimal zubereiten will, braucht Erfahrung. Oder er kennt die wissenschaftlichen Erkenntnisse. test.de stellt zehn Tricks von Kochforschern aus den USA vor, mit denen Braten, Steaks und Burger perfekt gelingen – von Garen bei niedrigen Temperaturen über Panieren in drei Schichten bis Würzen mit Rubs.
Kniffe aus der Laborküche „America’s Kitchen“
Eine 250 Quadratmeter große Küche in Boston, USA: Dort arbeiten mehr als drei Dutzend Köche im Namen der Wissenschaft. Bis zu 70 Mal bereiten sie beliebte Gerichte zu, experimentieren mit Temperaturen, Garzeiten, Zutaten. Forscher begleiten die Versuche, leiten daraus Erkenntnisse ab und verfeinern Traditionsrezepte. Die Laborküche – in den USA als „America’s Kitchen“ bekannt – verbreitet ihre Arbeitsergebnisse in einer Kochshow und in Büchern. Die Stiftung Warentest stellt zehn der dort erarbeiteten Kniffe vor, mit denen Braten, Steaks und Burger perfekt gelingen, und erklärt, warum sie funktionieren.
Trick 1: Braten bei 120 Grad garen
Dicke Bratenstücke sollten bei niedriger Temperatur garen, empfehlen die US-Experten. Sie haben zwei gleichgroße Rindfleischstücke aus der hohen Rippe mit Temperatursonden ausgerüstet, auf ein tiefes Backblech gelegt und bei unterschiedlicher Hitze in den Backofen geschoben. Das Ziel: 52 Grad Celsius im Kern, was der Garstufe „blutig“ entspricht. Das eine Fleischstück garte bei 230 Grad in zwei Stunden, das andere benötigte bei 120 Grad drei Stunden. Fazit: Zeit bedeutet beim Braten Genuss. Die Testesser beschrieben das bei Niedrigtemperatur gegarte Rippenstück als sehr saftig, das andere als überwiegend sehr trocken und fest. Die Wiegeprobe bestätigte diesen Eindruck: Der Drei-Stunden-Braten hatte nur 9,4 Prozent seines Gewichts über verdunstendes Wasser eingebüßt, der andere 24,2 Prozent.
Trick 2: Nachträglich scharf anbraten
Viele Rezepte empfehlen, Rinderfiletbraten für eine schöne Kruste vor der Ofenphase scharf in der Pfanne anzurösten. Doch die Testköche raten ab. Die Kruste bildet sich erst nach relativ langer Zeit, sodass die oberen Schichten ungewollt durchgaren. In Versuchen erwies sich nachträgliches Anbraten als überlegen – also den gegarten Braten von allen Seiten für vier bis acht Minuten in der Pfanne bräunen.
Trick 3: In der Ruhe liegt der Saft
Ein Braten muss ruhen, damit der Saft im Fleisch bleibt – der altbekannte Küchenkniff bestätigte sich beim Aufschneiden von fünf Schweinebraten. Einen davon tranchierten die Köche direkt aus dem Ofen in 1 Zentimeter dicke Scheiben. Die anderen vier Braten kamen zum Ruhen unter Alufolie und wurden im Zehn-Minuten-Takt nacheinander zerlegt. Dabei fingen die Testköche den austretenden Saft auf und verglichen die Mengen: Der Braten direkt aus dem Ofen hatte 10 Esslöffel Flüssigkeit verloren, der, der zehn Minuten ruhen durfte, nur 4 Esslöffel. Mickrige 2,5 Esslöffel Saft flossen aus dem Stück, das 20 Minuten Pause hatte, und je 1 Esslöffel aus den Braten, die 30 und 40 Minuten unter Alufolie lagerten.
Trick 4: Schmoren geht schneller
Vor allem fettreiches Fleisch aus Schulter, Rippe und Keule lässt sich im geschlossenen Bräter prima schmoren. Dafür so viel Flüssigkeit zugeben, dass das Fleisch zur Hälfte darin liegt; je nach Fleischgröße ein bis drei Stunden bei etwa 150 Grad garen. Im Bräter herrschen sanfte Temperaturen, die den Siedepunkt von Wasser – also 100 Grad – nicht überschreiten. Der Dampf im Bräter verkürzt die Garzeit gegenüber dem Langzeitbraten teils um die Hälfte.
Ein Versuch mit 200-Gramm-Stücken aus der Rinderschulter zeigt, was beim Schmoren passiert: Sie garten in Brühe in vakuumversiegelten Kunststoffbeuteln – anderthalb Stunden in 88 Grad heißem Wasser. Am Ende hatte jedes Stück etwa 25 Gramm Gewicht verloren, die Beutel enthielten 25 Gramm mehr Flüssigkeit. Das Fleisch war nicht besonders bissfest, aber saftig-butterweich. Der Schmorsud hatte ein komplexes Aroma – ideal für die Soße.
Trick 5: Steaks im Ofen vorgaren
Egal, ob dicke oder dünne Steaks – Vorgaren im Ofen lohnt sich, sagen die US-Test-Köche. Sie empfehlen: den Ofen auf 135 Grad Celsius aufheizen, Steaks in der Fettpfanne hineinschieben und warten, bis die gewünschte Kerntemperatur erreicht ist. Bei 4,5-Zentimeter-Stücken liegt sie für die Garstufe „medium“ bei 54 Grad, bei 2,5-Zentimeter-Steaks gelten 38 bis 41 Grad als ideal. Das Vorgaren dauert je etwa eine halbe Stunde; die Steaks reifen praktisch im Zeitraffer und werden mürbe. Danach brauchen dicke Steaks in einer heißen Pfanne und etwas Öl nur noch 3 Minuten von jeder Seite angebraten zu werden.
Tipp: Wer zusätzlich die Längsseiten je 1,5 Minuten brät, erhält Extra-Röstaromen: Stellen Sie das Steak mit einer Bratzange hochkant in die Pfanne. Dann 10 Minuten unter Alufolie ruhen lassen. Beachten Sie, dass die Steaks dabei noch nachgaren.
Trick 6: Mittelgrobes Hack für Burger
Wenn das Innenleben des Hamburgers eine gummiartige Konsistenz hat, besteht es nach Diagnose der Testköche meist aus dem falschen Hack. Je feiner es ist, desto mehr Eiweiß setzt sich frei und verklebt es. Zu grob darf das Hack aber auch nicht sein. Es hält sonst das Hamburgerfleisch, den Patty, nur schlecht zusammen. Mittelgrobes Hack ist ideal für lockere Pattys.
Tipp: Hack nicht vorm Kneten salzen, da sich sonst zu viel Fleischprotein löst. Das verstärkt Kleistereffekte, ebenso wie langes Kneten. Drücken Sie eine Mulde in die Patty-Oberfläche, um die hitzebedingte Aufwölbung auszugleichen. Garen Sie das Fleisch mindestens zwei Minuten bei 70 Grad Celsius durch, das tötet Keime ab. Mittelgrobes Hack lässt sich beim Fleischer bestellen oder aus Rinderteilstücken per Fleischwolf oder Küchenmaschine selbst durchdrehen.
Trick 7: Panieren mit drei Schichten
Eine knusprige Hülle fürs Fleisch – das soll eine perfekte Panade sein. Die Testköche wollten ihr Geheimnis ergründen und panierten Schweineschnitzel mit Panko, einem sehr feinen Weizenpaniermehl aus der asiatischen Küche: Das erste Schnitzel wurde nur damit umhüllt, das zweite mit Ei und Panko und das dritte mit Mehl, Ei und Panko. Nach der Zubereitung fiel von der ersten Probe – nur mit Panko – die Panade ab. Bei der zweiten mit Ei und Panko hielt sie besser. Aber nur die dritte, dreischichtige Probe hatte den ersehnten Knuspermantel. Der Grund: Das Fleischeiweiß bindet Mehl zu einer Schicht, auf der das Ei gut haftet und dann das Panko-Mehl verklebt.
Tipp: Lassen Sie das panierte Fleisch einige Minuten ziehen, bevor Sie es braten.
Trick 8: Fleisch im Voraus salzen
Anders als Hackfleisch profitieren ganze Stücke, wenn sie lange vorm Zubereiten gesalzen werden. Dann dringt das Salz bis ins Innere vor, löst Muskeleiweiß, lockert die Struktur und steigert das Wasserbindevermögen. Versuche mit Hähnchenbrustfilets veranschaulichen das Prinzip: Eins rieben die US-Köche mit Salz ein und lagerten es 18 Stunden im Kühlschrank. Ein anderes Filet wurde erst kurz vorm Garen im Ofen gesalzen. Beim Verkosten war das eingesalzene Filet saftig-würzig, das andere aber trocken und wenig aromatisch.
Trick 9: Knoblauch für die Marinade
Die Testköche untersuchten, was Marinaden für Fleisch bringen. Ihr Fazit: Die Aromen von Kräutern und Gewürzen aus Öl-Marinaden ziehen nur etwa 3 Millimeter ins Fleisch ein – selbst nach sehr langer Einwirkzeit. Auch Säuren wie Zitronensaft, Jogurt und Wein wirken nur an der Oberfläche und machen sie nach einigen Stunden breiig. In den Fleischkern schaffen es nur wenige Aromastoffe wie die von Zwiebeln und Knoblauch sowie Sojasoße und Salz. Salz sollte in keiner Marinade fehlen.
Trick 10: Würzen mit Rubs
Die Alternative zur Marinade heißt Rub – der trockene Gewürz-Kräuter-Salz-Mix aromatisiert dickes Fleisch auch in tiefen Schichten, sollte bei einem Braten möglichst über Nacht einwirken. Auf Steaks können Rubs direkt vorm Garen.
Tipp: Rubs gibts fertig zu kaufen, sie lassen sich aber auch gut selbst machen. Zum Beispiel Kaffee und Vanille Rub fürs Grillfleisch? Zum Rezept.
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für einen gelungenen Braten und saftige Steaks dürften nur Vegetarier als unwichtig für das Gelingen mit Amerikaner-Tricks betrachten -- eine TEST-Redaktion nicht! Interesse für und am Qualitäts-Beef kommt anders als früher (vor dem BSE-Skandal) aktuell ja kaum noch aus Great Britain, sondern vom ausgeprägten Interesse und Bewusstsein für gutes (Rind-)Fleisch bei quasi jedem Nordamerikaner since old Cowboy times - vor Ort in jedem Supermarkt nachprüfbar. Hierzulande wäre es an der Zeit, durch Fleischvergleichs-Tests in publikumszugängigen Magazinen immer wieder Wege zu gesundem und zugleich geschmackvollem Fleischgenuss aufzuzeigen, besonders für diesbezüglich jahrzehntelang betrogene DDR-Bürger. Testergebnisse dürfen also nicht erst am Herd beginnen, sondern in dauerhaft zuverlässigen Mastbetrieben als den Lieferanten von auszuwählenden Fleischereien zunächst in den größeren Städten.
Kochforscher – ein nettes Wort ;-) Die Tricks sind aber sehr hilfreich, vielen Dank für die Übersichtliche Auflistung!