
Das Laowa 4mm f/2.8 Fisheye mit seiner weit nach vorn ragenden Linse. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Für weniger als 300 Euro bietet der chinesische Anbieter Venus Optics ein Fischauge-Objektiv mit extrem großem Blickwinkel. Zum Start war das Objektiv nur für Micro-Four-Thirds-Kameras unter anderem von Panasonic und Olympus erhältlich. Nun hat Venus Optics nachgelegt – mit Varianten für Canon EF-M-, Fujifilm XF- und Sony E-Bajonett. Die Experten der Stiftung Warentest haben ausprobiert, was die Laowa-4mm-Optik taugt – und waren positiv überrascht.
Viel Blickwinkel für wenig Geld

Das Objektiv bietet einen außergewöhnlich weiten Blickwinkel. © Stiftung Warentest
Die technischen Daten des Extrem-Weitwinkel-Objektivs Laowa 4mm f/2.8 Fisheye lesen sich beeindruckend: Das 4mm-Objektiv ermöglicht einen Blickwinkel von 210 Grad! Dabei ist das Objektiv mit einer Maximalblende von 2.8 auch noch ziemlich lichtstark. Zudem ist es recht kompakt und mit rund 135 Gramm nicht sonderlich schwer. Der chinesische Anbieter verkauft das Objektiv auf seiner Website für sehr günstige 199 US-Dollar. Bei einem solchen Direktimport kommen allerdings noch Zoll und Einfuhrumsatzsteuer hinzu, und Reklamationen könnten kompliziert werden. Bei deutschen Fotohändlern ist das Objektiv für rund 280 Euro zu haben – das ist immer noch ziemlich günstig.
Mechanische Optik auf digitaler Kamera

Das mechanische Objektiv passt unter anderem auf Kameras des Micro-Four-Thirds-Systems von Olympus und Panasonic. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Dafür funktioniert die Optik komplett mechanisch: Fokussiert wird mit dem Fokusring, und auch die Blende muss der Nutzer von Hand direkt am Objektiv einstellen. Eine Blendensteuerung über das Kameragehäuse ist nicht möglich. Um ein solches manuelles Objektiv auf einer modernen Digitalkamera betreiben zu können, muss der Nutzer im Kameramenü zunächst die Option „Auslösen ohne Objektiv“ aktivieren. Dann fotografiert es sich damit am Besten mit Zeitautomatik (Modus „A“, für „aperture priority“, also Blendenvorwahl). Beim manuellen Fokussieren können Funktionen wie Lupe oder Focus Peaking helfen.
Objektive im Test
Testergebnisse für 54 Objektive, darunter solche mit Festbrennweiten, Tele-, Reise- und Standard-Zooms finden Sie in unserem großen Vergleichstest Objektive.
Fischauge sei wachsam

Die Frontlinse ragt weit hervor. Zum Schutz ist eine solide Metallkappe mitgeliefert. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser
Die mechanische Verarbeitung macht einen soliden Eindruck. Beim Hantieren mit dem Objektiv ist dennoch Vorsicht geboten: Die Frontlinse ragt wie bei solchen Objektiven üblich stark hervor – darum heißen sie auch „Fischauge“ (Englisch: „Fisheye“). So ist die Linse sehr exponiert für Fingerabdrücke und Kratzer. Zum Schutz vor letzteren liefert der Anbieter eine stabile Metallkappe mit, die das gesamte Objektiv umhüllt. Auch beim Fotografieren muss der Nutzer aufpassen: Aufgrund des extrem großen Blickwinkels kann es leicht passieren, dass die Hand, mit der er die Kamera hält, mit aufs Bild gerät.
Überzeugende Bildqualität

Das Laowa eignet sich auch für Nahaufnahmen. Die runden Fisheye-Bilder lassen sich auf Wunsch entsprechend zuschneiden. © Stiftung Warentest
Als typisches Fisheye-Objektiv liefert das Laowa-4mm kreisförmige Bilder mit extremen Verzerrungen. Die mögen durchaus ihren Reiz haben, meist wird der Nutzer aber wohl eher einen rechteckigen Bildausschnitt nutzen. An den Rändern zeigen die Bilder wie bei solchen Objektiven üblich deutliche Farbsäume. Zur Bildmitte hin sind sie allerdings überraschend scharf und kontrastreich. Auch die kaum vermeidbaren Streulichteffekte sind durch die Vergütung der Linsen auf ein erfreulich geringes Niveau reduziert. Besonders gemessen am günstigen Preis ist die Bildqualität insgesamt beeindruckend gut.
Fazit: Günstiger Einstieg ins extreme Weitwinkel
Wer eine Kamera mit Canon EF-M-, Fujifilm XF- oder Sony E-Bajonett beziehungsweise mit Micro Four Thirds-Bajonett besitzt und gern mal mit extrem weiten Blickwinkeln experimentieren möchte, findet in dem Laowa-Fischauge einen guten und günstigen Einstieg. Neben ungewöhnlichen Fotos kann das Objektiv durchaus auch für verrückte Video-Experimente interessant sein.
Dieser Schnelltest ist am 12.09.2019 auf test.de erschienen. Wir haben ihn am 12.02.2020 aktualisiert.
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@Raffael8899: Die Fertigkeiten und das Wissen chinesischer Hersteller sollten nicht unterschätzt werden. Piraterie und Nachbau sind in diesem Fall jedenfalls auszuschließen, weil das Laowa 4 mm / 2,8 weltweit das erste derartige Objektiv in dieser kompakten Bauform ist. Venus Optics (Anhui Changgeng Optics Technology Co., Ltd) gibt an, dass es über zwanzig Jahre Entwicklungserfahrung hat und früher auch für japanische und deutsche Gerätehersteller gearbeitet hat: venuslens.net/story/
Inwieweit da ein Wissenstransfer stattgefunden hat, werden wir vermutlich nicht herausbekommen können. Falls es Verletzungen von Patent- oder Schutzrechten geben sollte, würden die betreffenden Anbieter dagegen vorgehen können.
Vielleicht auch mal interessant: de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaftsspionage
(Bu)
Es ist hinlänglich bekannt, wie sich China zu solchem Know-How Zugang verschafft:
Stichworte sind Piraterie, Nachbau, Industrie-Spionage etc.
Statt "Made in China" müsste es heißen "Imitated by China"
Es ist echt interessant, wie China sich in so gut wie allen Bereichen der Produktion verbessert. Solangsam habe ich den Eindruck, das die chinesischen Produkte ihren schädlichen Ruf schrittweise verlieren. Japanische und amerikanische Cmputertechnik wird zum Teil nur noch in China produziert - und die Qualität scheint immer wieder zu stimmen. Und nun wird im Bereich der Kameratechnologie nachgezogen. Echt beeindruckend, was dieses Land in den letzten Jahren für Fahrt aufnimmt.