
Rainer von Holst. Er hatte führende Positionen in Unternehmen, bei denen Anleger Geld verloren. © Foto: iStockphoto, Composing: Finanztest
Der Anlagehai Rainer von Holst sitzt in Auslieferungshaft. Er soll Kapitalanleger in Deutschland betrogen haben. Viele seiner Unternehmen standen auf unserer Warnliste.
US-Justizministerium hat Verhaftung bestätigt
Der Anlagehai Rainer von Holst ist am 18. März 2022 in den USA verhaftet worden. Er sitzt seither in Auslieferungshaft. Das hat das US-Justizministerium auf Anfrage von test.de bestätigt. Test.de liegt das Dokument mit den Vorwürfen gegen ihn vor, mit dem die Verhaftung in den USA begründet wird. Ihm wird demnach vorgeworfen, Kapitalanleger in Deutschland betrogen zu haben sowie Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben, indem mit Hilfe von Firmen von ihm erfundene Aufwendungen in Rechnung gestellt werden konnten. Von Holst soll mit Mitgliedern seiner Familie zwischen 2011 und Dezember 2016 mit zahlreichen Firmen Anlegerinnen und Anleger dazu gebracht haben, Geld zu investieren, ohne die Absicht, dieses gewinnbringend zu investieren. Es soll vielmehr dazu verwendet worden sein, alte Anleger mit frischem Geld auszuzahlen. Ob und in welchem Umfang die Vorwürfe zutreffen oder nicht, ist offen, solange es kein Gerichtsurteil dazu gibt. Von Holsts Verteidiger teilte mit, sich derzeit nicht inhaltlich äußern zu können.
Kinder belasteten den Vater in ihrem Strafprozess schwer
Im Oktober 2019 hatte das Landgericht Augsburg drei Kinder von Holsts zu Haftstrafen zwischen zehn und 46 Monaten wegen Betrugs beziehungsweise Beihilfe zum Betrug sowie Konkursstraftaten und Veruntreuung von Arbeitsentgelt verurteilt. Außerdem bekam der Vertriebsleiter unter anderem der betrügerischen Geldanlagen Wurstwelten und Halbstrom eine Haftstrafe. Die Angeklagten hatten vor Gericht ein Geständnis abgelegt und von Holst schwer belastet. Sie bezeichneten ihn als den Kopf der Unternehmungen. Er habe die betrügerischen Anlageprodukte erfunden und kontrolliert. Das Geld sei an von Holst in den USA geflossen, wo er sich damals bereits aufhielt, um sein Leben dort zu finanzieren. Die Strafermittler verwiesen in der Begründung für die Verhaftung zudem auf ein Telefongespräch, in dem von Holst 2018 selbst gegenüber dem Partner einer Tochter geäußert habe, dass er alle bedeutenden Dokumente habe und er alle Strippen ziehen könne. Die deutsche Justiz hatte 2019 einen Haftbefehl erlassen und danach ein Auslieferungsgesuch in die USA geschickt. Es dauerte fast drei Jahre, bis von Holst festgenommen wurde.
Halbstrom-Gerät sollte Stromverbrauch halbieren können
Von Holsts Firmennetzwerk war umfangreich. Stiftung Warentest hat mehrfach davor gewarnt. Zu den Unternehmen gehörten etwa die Firmenwelten GmbH, Summi Viri GbR, Enercrox Inc., Halbstrom Partners LLP und BlackRockAdvance LLP und Halbstrom Vertriebsgesellschaft mbH, Integra Collection. Von Holst gründete die Unternehmen, übte führende Funktionen dort aus oder beriet sie zumindest. Er vermarktete zum Beispiel von 2011 bis 2016 ein Gerät, das den Stromverbrauch halbieren sollte („Halbstrom“). Der behauptete Spareffekt sei aber nicht erzielbar gewesen, schreiben die Ermittler. Das Werbematerial habe fälschlich behauptet, das Gerät werde bereits erfolgreich von Gemeinden und der Hilton-Hotelkette eingesetzt. Finanzvermittler hätten berichtet, von Holst habe Produkt- und Vertriebsschulungen durchgeführt, sich mit ihnen getroffen, mit ihnen kommuniziert und das Halbstromgerät vorgeführt.
Angeblicher Treuhänder war nicht zu finden
Eine Reihe von Unternehmen, zu deren Gründern von Holst zählte, sammelte Geld von Anlegern zur Finanzierung von Halbstrom-Geräten ein, das verzinst wieder zurückgezahlt werden sollte. Das Kapital sei aber nicht dafür eingesetzt worden, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Unter anderem seien Anleger, die sich an der Summi Viri GbR beteiligten und Geld bei der Summi Viri Plc beziehungsweise Firmenwelten Treuhand GmbH eingezahlt hätten, über die Leistungen der Halbstrom-Technologie getäuscht worden. Bei Enercrox wurde Anlegern mitgeteilt, dass es einen unabhängigen Treuhänder gebe. Dessen Internetdomain habe aber von Holst aufgesetzt. Als Geld von Anlegern eingesammelt wurde, habe von Holst bereits gewusst, dass andere Zahlungsverpflichtungen an Anleger nicht erfüllt werden konnten. Bei BlackRockAdvance sollte angeblich ein unabhängiger Treuhänder, die Asset Treuhand, die Investments der Anleger schützen. Asset Treuhand sei aber weder im Handelsregister noch an der angegebenen Adresse in Bielefeld zu finden, merkten die Ermittler an.
Bankhaus hatte keine Erlaubnis für Bankgeschäfte
Die Wurstwelten GmbH wiederum sollte angeblich eine der führenden Wurstproduktionsketten in Nordrhein-Westfalen sein. Das bei Anlegern eingesammelte Geld sollte dazu dienen, Läden aufzubauen. Nur ein kleiner Teil davon sei tatsächlich dafür verwendet worden, ergaben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Das Unternehmen habe keine Wurst selbst produziert, sondern von Großhändlern bezogen. Nur in Ausnahmen hätten die Anleger ihr Geld zurückbekommen. Von Holst war sogar Direktor einer angeblichen Bank, dem Bankhaus von Holst & Cie. Ltd. Anleger konnten dort Geld für 180 Tage verzinst anlegen. Es sollte sicher sein und in diverse Investments fließen, darunter die Zucht und Vermarktung von Bisons. Von Holst habe Vertriebstrainings durchgeführt, das eingesammelte Geld sei niemals wie angekündigt investiert worden, werfen ihm die Ermittler vor. Die erforderliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hatte das Bankhaus ebenfalls nicht.
Strafverteidiger äußert sich nicht inhaltlich zu Vorwürfen
Test.de hat von Holsts Strafverteidiger, Rechtsanwalt Florian Engert, zur Verhaftung und den Vorwürfen, die dazu führten, befragt. Er teilte mit, zum jetzigen Zeitpunkt keine Angabe zur Sache machen zu können. Die Kommunikation mit dem Mandanten in Auslieferungshaft sei nur eingeschränkt möglich, zudem müssten äußerst umfangreiche Aktenbestandteile gemeinsam aufgearbeitet werden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Augsburg gegenüber test.de ist das Ermittlungsverfahren weiter anhängig.
Heimlicher Macher hinter dubiosem Gerlachreport
Von Holst fiel auch in weiteren Zusammenhängen auf. Er war der heimliche Macher hinter dem Onlinedienst Gerlachreport, der vor unseriösen Graumarktanbietern warnen wollte. Die Warnungen dienten aber offenbar dazu, mit den im Report angeprangerten Firmen Vereinbarungen über Geldzahlungen abzuschließen. Kamen Anbieter dem nach, veröffentlichte der Gerlachreport keine negativen Berichte mehr.
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Kompliment an die engagierte Berichterstattung der Stiftung Warentest.
Von Holst bekommt jetzt wenigstens den sicheren Schutz der Justiz. Bei so massiv betrogenen Anlegern hätte das für ihn auch ganz anders ausgehen können.