Finanzmärkte Ever­grande – ein über­schätzter Problemfall

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Finanzmärkte - Ever­grande – ein über­schätzter Problemfall

Immobilien in China. Die Preise dafür sind zuletzt gefallen. © picture alliance / Zhao Qirui / Costfoto

Die drohende Pleite des Immobilien­konzerns Ever­grande erschüttert die interna­tionalen Finanzmärkte. Doch für lang­fristig orientierte Anleger besteht kein Grund zur Sorge.

Probleme sind schon lange bekannt

Ever­grande, der zweitgrößte Immobilien­entwickler Chinas, ist mit Verbindlich­keiten von etwa 300 Milliarden US-Dollar hoch verschuldet. Die wirt­schaftlichen Probleme des Konzerns sind seit Jahren bekannt und haben sich zuletzt durch die Schwäche des chinesischen Immobilienmarktes nur verschärft. Für Börsenkenner kam die Entwick­lung aber nicht über­raschend.

Ever­grande hat an den Börsen keine Bedeutung

Für die interna­tionalen Aktienmärkte ist Ever­grande bedeutungs­los. Der Börsen­wert des Unter­nehmens war selbst vor dem Kurs­verfall der vergangenen Monate sehr gering. Aktuell beträgt sein Anteil am Aktien­index MSCI China nur noch 0,02 Prozent, Ende Mai 2021 waren es noch 0,09 Prozent. Im breiten Schwellenländer­index MSCI Emerging Markets, den auch viele Normal­anleger als ETF besitzen, ist die Aktie nur in Spuren­elementen zu finden.

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Pessi­misten befürchten eine Kettenre­aktion

Pessi­mistische Investoren fühlen sich an die Pleite der Lehman-Bank erinnert, die 2009 den Höhe­punkt der globalen Finanz­krise markierte. Sie befürchten im Falle eines Konkurses eine Kettenre­aktion, die andere Immobilien­konzerne und den Finanzsektor mitreißen könnte. Wir halten diese Ängste für stark über­trieben.

Regierungs­interventionen mit Folgen

Schwerwiegender waren die staatlichen Über­griffe auf welt­bekannte chinesische Internet­konzerne wie Alibaba oder Tencent. Diese Aktien sind Schwergewichte in den Schwellenländerindizes und haben allein seit Februar 2021 deutlich über 40 Prozent ihres Markt­wertes einge­büßt. Der breite Aktien­index MSCI World ist im selben Zeitraum allerdings trotzdem um mehr als 10 Prozent gestiegen.

Schwellenländer mit zusätzlichen Risiken

Aktien aus Schwellenländern wie China, Indien oder Russ­land, sogenannten Emerging Markets, sind für Anleger eine sinn­volle Depot­ergän­zung. Allerdings sollte man darauf gefasst sein, dass die Wert­schwankungen größer sein können als bei Unternehmen aus Industrieländern. Die Börsen in Schwellenländern sind noch längst nicht so gefestigt, liquide und vielfältig wie etwa die Wall Street. Außerdem lassen sich in vielen Ländern politische Einflüsse kaum kalkulieren.

Beimischung ist durch­aus sinn­voll

Da die Schwellenländer lang­fristig bessere Wachs­tums­aussichten und oft eine güns­tigere Demografie als die Industrienationen haben, bieten sie aus Anlegersicht auch große Chancen. Wir halten es für sinn­voll, wenn auch Unternehmen aus China und Co. im Fonds­depot dabei sind. Dafür eignen sich allerdings nur breit streuende ETF, die den Index Emerging Markets (EM) oder einen breiten Nach­haltig­keits­index mit dem Finanztest-Siegel „1. Wahl“ abbilden. Eine Alternative sind Welt-ETF, die sowohl Industrie- als auch Schwellenländer enthalten. Im Index MSCI All Country World (ACWI) sind Schwellenländer mit rund 12 Prozent vertreten.

Kurs­einbrüche sind an den Börsen normal

Dass die deutlichen Kurs­verluste der vergangenen Tage so viel Wirbel verursachen, hat auch einen anderen Grund: Anleger sind durch den scheinbar unauf­halt­samen Aufwärts­trend der Aktienmärkte verwöhnt. Aktuell liegen die Kurse markt­breiter Welt­aktien-ETF immer noch deutlich über den länger­fristigen Durch­schnitts­werten. Das ist ein Indiz für einen starken Aufwärts­trend. Solche Phasen wurden in der Vergangenheit immer wieder durch deutliche Einbrüche oder gar Crashs unterbrochen, wie zuletzt im Februar/März 2020.

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