Jetzt auch noch Italien
[12.07.2011] Kaum hat sich die Aufregung um Griechenland gelegt, gerät Italien in den Blickpunkt der Finanzakteure. Bisher galt das Land unter den hoch verschuldeten PIIGS-Staaten (Portugal, Irland, Italien, Griechenland, Spanien) als das am wenigsten gefährdete. An den Kapitalmärkten geht allerdings die Angst um, dass die Griechenland-Krise auch die anderen Wackelkandidaten in die Bredouille bringen könnte. test.de zeigt, wie stark Banken und Versicherungen von einer Ausweitung der Krise betroffen wären.
Die Banken warnen vor einer Kernschmelze des Finanzsystems, sollte Griechenland Pleite gehen. Das hieße dann, die Banken würden zusammenbrechen, auch Tagesgeld wäre nicht mehr sicher. Ist das nicht ein bisschen übertrieben? So groß ist Griechenland nun auch wieder nicht.
Das stimmt. Griechenland hat elf Millionen Einwohner. Die griechische Wirtschaft ist nur ungefähr ein Zehntel so groß wie die deutsche.
Die deutschen Banken haben dem griechischen Staat sowie den dortigen Banken und Unternehmen 26 Milliarden Euro geliehen. Insgesamt belaufen sich die Risiken auf rund 30 Milliarden Euro. In diesem Betrag sind nicht nur die Kredite, sondern auch Derivate enthalten – darunter könnten Kreditausfallversicherungen sein, für die die Banken gerade stehen müssten.

Sollten die Banken ihr Geld nicht oder nur zum Teil zurückbekommen, dürfte sie das nicht unmittelbar in den Ruin treiben. Eine Pleite Irlands und Portugals wäre schon schwieriger. Die Forderungen gegenüber diesen beiden Ländern betragen rund 160 Milliarden Euro. Die französischen Banken sind in Griechenland sogar Risiken in Höhe von 49 Milliarden Euro eingegangen. In Irland und Portugal haben sie sich weniger engagiert als die deutschen Banken.
Problematisch wäre eine Pleite Griechenlands deshalb, weil sie auch die ebenfalls hoch verschuldeten Länder Spanien und Italien in die Bredouille bringen könnte.
In Spanien sind die deutschen Banken mit 170 Milliarden Euro dabei, in Italien mit 164. Die Forderungen der französischen Banken gegenüber Spanien belaufen sich auf 133, gegenüber Italien auf 359 Milliarden Euro.
Gingen alle diese sogenannten PIIGS-Länder pleite, stünden hierzulande 524 Milliarden Euro auf dem Spiel, etwa ein Fünftel des deutschen Bruttoinlandsprodukts (siehe Tabelle: Risiken der Banken bei den Wackelkandidaten). Die Staaten müssten wieder die Banken retten. Ob sie das schaffen würden, wäre die Frage.
Um erst gar nicht in eine solche Situation hineinzugeraten, tüfteln EU-Politiker, der Internationale Währungsfonds und Vertreter der Banken seit Monaten gemeinsam an einem Rettungsplan, der Griechenland wirklich hilft und andere Länder vor der Ansteckung bewahrt.
Auch die Europäische Zentralbank (EZB) steckt mit drin. Sie hat seit Mai 2010 Anleihen der PIIGS-Staaten in Milliardenhöhe gekauft.
Wie tief hängen die Versicherungen da eigentlich mit drin? Die kaufen doch auch Staatsanleihen.
Ja, die Versicherer legen das Geld ihrer Lebens- und Rentenversicherungskunden sogar vor allem in Staatsanleihen an, überwiegend in Bundesanleihen.
In griechischen Anleihen liegen durchschnittlich rund 0,5 Prozent der Anlagen, sagte vor einigen Monaten der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV).
In Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien insgesamt steckt mehr Geld: Im Oktober 2010 ergab eine Umfrage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), dass deutsche Lebensversicherer rund 8,9 Prozent ihrer Kapitalanlagen in Anleihen der PIIGS-Staaten investiert hatten.
Weitere Risiken könnten in Kreditausfallversicherungen schlummern, in sogenannten CDS. Nach Auskunft des GDV ist es deutschen Versicherern jedoch untersagt, dieses Geschäft zu betreiben.
Anders in den USA: Der US-Versicherer AIG musste nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers deshalb sogar vom Staat gerettet werden.