Interview: Kein Grund zur Panik
[12.05.2010] Auch für die anderen Wackelkandidaten haben die Euroländer und der IWF Milliarden bereitgestellt. Trotzdem machen sich viele Anleger Sorgen um ihre Ersparnisse: Was wird aus dem Euro, kommt eine Inflation? Finanztest-Expertin Karin Baur erläutert im Interview auf test.de, welche Auswirkungen die Krise für Anleger hat.
Erst die Finanzkrise, nun die Krise in Griechenland und Inflationsängste im Euroraum. Müssen sich Sparer Sorgen um ihre Geldanlagen machen?
Karin Baur: Wer Geld bei der Bank in Form von Tages- und Festgeld hat, muss sich nicht sorgen. Die Beträge sind durch die Einlagensicherung geschützt. Mit der Griechenlandkrise haben diese Anlagen ohnehin nichts zu tun.
Rentenfonds investieren in Anleihen, unter anderem auch in Staatsanleihen von Griechenland oder den anderen Wackelkandidaten. Viele Anleger mit Rentenfonds Euro fürchten nun, dass sie mit ihrer sicher geglaubten Anlage Verluste machen.
Karin Baur: Die Sorge ist zurzeit unbegründet. Die Kurse von Rentenfonds haben immer schon geschwankt. Natürlich haben sich die Kursverluste der griechischen Staatsanleihen in der Wertentwicklung der Rentenfonds bemerkbar gemacht – aber kaum. Euro-Rentenfonds mit einem vergleichsweise hohen Anteil an griechischen Staatsanleihen haben im April zwischenzeitlich 1 Prozent verloren. Das macht aus einer sicheren Geldanlage längst noch keine riskante. Sollte die Krise aber auf andere Länder übergreifen, wie zum Beispiel Portugal oder Spanien, dann dürfte sich das in den Fonds stärker bemerkbar machen.
Und wenn Anleger nun sehr vorsichtig sind - sollten Sie ihre Rentenfonds verkaufen?
Karin Baur: Nicht unbedingt. Zunächst einmal sollten die Anleger schauen, was ihr Rentenfonds eigentlich macht. Kauft er nur Staatsanleihen? Nur Unternehmensanleihen? Beides? Gefährdet sind im Moment nur die Staatsanleihen der Wackelkandidaten, die sogenannten PIIGS-Länder. Das sind Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien. Wer Sorge hat, dass sich die Lage zuspitzt, sollte einen Fonds mit hohem PIIGS-Anteil verkaufen. Wer einen aktiv gemanagten Fonds hat, kann bei seiner Bank oder der Fondsgesellschaft nachfragen, wie die aktuelle Strategie aussieht. Möglicherweise hat der Fondsmanager die Reißleine bereits gezogen und umgeschichtet. Anleger, die ganz auf Nummer Sicher gehen wollen, kaufen am besten einen Rentenindexfonds, der ausschließlich in deutsche Staatsanleihen investiert.
Und was ist mit der Angst vor einer drohenden Inflation - ist sie begründet?
Karin Baur: Die Inflation ist zurzeit sehr niedrig. Im April betrug die Teuerungsrate im Euroraum 1 Prozent. Dass sich die Staaten so hoch verschulden, ist natürlich kein gutes Zeichen. Andererseits drücken die bevorstehenden Sparmaßnahmen auf die Konjunktur. Das wiederum ist kein Szenario, das eine Inflation begünstigt.
Und wenn Sparer trotzdem einer möglichen Inflation vorbeugen möchten?
Karin Baur: Der beste Inflationsschutz ist, eine Rendite zu erzielen, die höher als die Inflation selbst ist. Mit sicheren Anlagen ist das im Moment gar nicht so einfach, beispielsweise zahlen viele Banken für Tagesgeld nicht mal 1 Prozent. Auch Bundesschatzbriefe bringen zumindest zu Beginn kaum etwas. Im ersten Jahr gibt es nur 0,25 Prozent Zinsen. Für Einmalanlagen von einem Jahr oder länger bekommt man aber durchaus 2,5 Prozent oder mehr. Um eine noch höhere Rendite zu erzielen, muss man höhere Risiken eingehen, etwa mit Aktienfonds. Aktien als Sachwerte sind im Allgemeinen sogar eine gute Geldanlage in Inflationszeiten.
Welche Möglichkeiten haben Anleger denn, ihr Geld gut und sicher anzulegen?
Karin Baur: Zunächst einmal: Eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Anleger können sich aber durch eine breite Streuung ihrer Anlagen vor verschiedenen Risiken schützen. Wir empfehlen einen Mix aus Zinsanlagen und breit streuenden Aktienfonds.
Ist die Krisenwährung Gold auch eine Alternative?
Karin Baur: Als sichere Anlage ist Gold nicht geeignet. Anleger spekulieren hier auf einen Rohstoffpreis. Das ist in etwa so, als ob man nur auf eine Aktie setzt. Zudem ist der Preis bereits stark gestiegen. Das heißt zwar nicht, dass er nicht noch weiter steigen könnte, aber es könnte genauso gut auch in die andere Richtung gehen. Einen Totalverlust muss man mit Gold allerdings nicht fürchten – zumindest, wenn man es in Form von Barren oder Münzen kauft. Gegen eine Beimischung von Gold ist nichts einzuwenden.
Soll man jetzt eine Immobilien kaufen?
Karin Baur: Wenn man genug Geld gespart hat und sich das leisten kann, kann man auch eine Immobilie kaufen. Wer früher oder später ohnehin in ein Eigenheim ziehen will, kann sich die derzeit niedrigen Zinsen zunutze machen und jetzt zuschlagen. Wer eine Immobilie als Geldanlage sucht, sollte ebenfalls genug Eigenkapital zusammen haben und sich mit den Kreditraten nicht überfordern. Außerdem sollte er sich die Wohnung unbedingt vorher anschauen. Immer wieder ziehen windige Vermittler Anleger über den Tisch, weil sie ihnen Objekte unterjubeln, die ihr Geld nicht wert sind. Aber selbst wenn man eine gute Immobilie in bester Lage findet, bleiben Risiken. In der Regel macht die Immobilie dann nämlich den mit Abstand größten Teil der Geldanlage aus. Läuft was schief, gibt es auch keinen Inflationsschutz. Im Zweifel ist eine breite Streuung ohne Immobilie deshalb die bessere Wahl.
Viele Anleger wollen ihr Geld aus dem Euro rausziehen und in andere Währungen tauschen, zum Beispiel Dollar oder Schweizer Franken. Was halten Sie davon?
Karin Baur: Auch Währungen sind keine sicheren Geldanlagen, sondern Spekulationen. Steigt zum Beispiel der Dollar oder der Schweizer Franken, geht es gut. Umgekehrt macht man Verlust.
In einer Inflation wird ja nicht nur das Vermögen, sondern auch die Schulden weniger wert. Sollte man jetzt nicht besser Kredite aufnehmen?
Karin Baur: Schuldner profitieren nur dann von einer Inflation, wenn ihre Einkommen, aus denen sie die Schulden zurückzahlen, mit der Inflation ansteigen. Das ist nicht automatisch der Fall. Einfach mal Schulden machen, in der Hoffnung, die Inflation wird den Berg schon abtragen, ist daher Unsinn, zumal wir ja noch nicht einmal wissen, ob und wann eine Inflation kommt.