Die Aktienschere geht auf
[01.07.2011] Die Aktienmärkte reagieren empfindlich auf Krisen. Das war in der Finanzkrise so – und gilt jetzt auch für Griechenland. Nachdem das griechische Parlament am 29. Juni 2011 das Sparpaket beschlossen hatte, stiegen daher außer den Preisen der Anleihen auch die Aktienkurse, und zwar weltweit. Auch an der griechischen Börse ging es aufwärts. test.de zeigt, wie sich die Aktienmärkte der hoch verschuldeten Euroländer in den vergangenen fünf Jahren im Vergleich zum deutschen Markt entwickelt haben.
Der Staat zieht die Aktien mit nach unten

Infografik: Aktienmärkte im Fünfjahresvergleich.
„Wenn man die Staatsanleihen eines Landes nicht mehr für sicher hält, dann sollte man auch die Unternehmensanleihen und Aktien aus diesem Land kritisch betrachten“, sagt Michael Krautzberger von der Fondsgesellschaft BlackRock. Das gilt insbesondere für Griechenland (Grafik). Wen wundert’s: Die Sparmaßnahmen sind so krass, dass sie die Konjunktur ersticken. Weniger Gehalt für viele Beamte, weniger Rente für die Älteren, mehr Arbeitslose vor allem bei den jungen Leuten – das kann die wirtschaftlichen Aktivitäten nicht beflügeln. Im Gegenteil: Seit seinem Höhenflug Ende 2007 haben griechische Aktien – gemessen am Index von MSCI – 77 Prozent ihres Wertes verloren.
Irland steht schlechter da als Griechenland
Gar noch schlechter lief es für die irische Börse. Sie brach um 79 Prozent ein. Der Absturz der irischen Aktien begann außerdem bereits im Frühjahr 2007, als mit Kreditausfällen am amerikanischen Immobilienmarkt und dem Zusammenbruch zweier Hedgefonds von Bear Stearns die ersten Anzeichen der Finanzkrise erkennbar wurden. Der frühere Erfolg der irischen Wirtschaft war eng mit dem der Finanzinstitute verknüpft, die sich auf der Insel angesiedelt hatten. Irland war beliebt, wegen seiner steuerlichen und bankenaufsichtsrechtlichen Vorzüge.
Portugal noch vor Italien
Dagegen lief es für Portugal, das zweite große Sorgenkind nach Irland, vergleichsweise gut: Der portugiesische Markt entwickelte sich besser als der italienische. Portugal hat seit Herbst 2007 allerdings mittlerweile auch 37 Prozent eingebüßt. Spanien liegt dagegen nur mit 22 Prozent im Minus.
Global besser als lokal
Aber Portugal hat – ebenso wie Spanien – international tätige Unternehmen, die nicht in erster Linie auf das Wohlergehen des Heimatlandes angewiesen sind. Zum Beispiel die großen Telefonkonzerne. Portugal Telecom (PT) ist nicht nur der führende Telekommunikationsanbieter im eigenen Land, sondern auch in Lateinamerika (Brasilien), Afrika (Angola, Kap Verden, Namibia) und Asien (Macao) präsent. Die Aktien von PT stieg bis Ende 2010 wieder auf den Stand, den sie vor Ausbruch der Finanzkrise schon einmal erreicht hatte. Seither fällt ihr Kurs allerdings. Dagegen tritt die Aktie der spanischen Telefónica, Marktführer im eigenen Land und in zahlreichen Ländern Lateinamerikas, seit einiger Zeit auf der Stelle. Besser sieht es aus für den ebenfalls weltweit agierenden Konzern Repsol YPF. Repsol gehört zu den größten Öl- und Gasproduzenten der Welt. In Spanien und in Argentinien ist die Firma Marktführer. Auch die spanischer Banco Santander hat sich in der Krise gut geschlagen – besser sogar als die Deutsche Bank. Santander hat in Lateinamerika so gute Gewinne gemacht, dass sie gar nicht auf die Idee kam, am amerikanischen Subprime-Markt mitzumischen.
Deutschland liegt im Vergleich vorn
Deutschlands Börse hat sich im Fünfjahresvergleich am besten geschlagen. Der Aktienmarkt liegt gegenüber seinem Hoch im Herbst 2007 noch mit 13 Prozent im Minus. Das vergleichsweise gute Ergebnis liegt zum einen am sensationellen Konjunkturaufschwung nach der Finanzkrise. Zum anderen suchen Anleger an den Kapitalmärkten in unsicheren Zeiten am liebsten den Platz, der die meiste Sicherheit verspricht. Aufstrebende Märkte wie die an Europas Peripherie bieten in guten Zeiten zwar höhere Renditechancen – aber eben auch höhere Risiken, wenn es mal weniger gut läuft.