Immer wieder drängen Finanzberater älteren Menschen riskante Unternehmensbeteiligungen auf. Finanztest zeigt, wie die Berater die Unwissenheit ihrer betagten Kunden ausnutzen – aber auch, wie Senioren sich wehren können. Wir erklären, wo sich ältere Menschen unabhängig beraten lassen können, bevor sie Geld anlegen – und welche Vorsichtsmaßnahmen sie treffen können, wenn sie fürchten, ihre Geschäftsfähigkeit zu verlieren.
Satte Provisionen für die Bank
Eine Bank-Filiale im Altersheim, direkt vor der Tür? Das finden viele Senioren praktisch. Doch was bequem ist, muss nicht unbedingt zum Vorteil der Heimbewohner sein. So verkaufte eine Beraterin der Commerzbank einem 78-Jährigen riskante Schiffsbeteiligungen zur langfristigen Anlage, obwohl sie wusste, dass er sein Geld in Kürze für die Pflege benötigte. Das passte zwar nicht zu den Wünschen des alten Herrn, brachte der Bank aber eine satte Provision ein. Der Fall landete vor Gericht.
[Update 2.11.2016] Die Commerzbank hat uns mitgeteilt, dass sie den Verkauf von geschlossenen Fonds an Privatanleger zum 1. Oktober 2016 eingestellt hat. Details siehe Meldung Commerzbank: „Verkauf geschlossener Fonds eingestellt“. [Ende Update]
Oft erleben Alte das Fondsende nicht
Beteiligungen an Schiffen, Immobilien, Umwelt- und Medienfonds bescherten Anlegern in der Vergangenheit Milliardenverluste, wie eine Untersuchung von Finanztest aus dem Jahr 2015 belegt (Geschlossene Fonds: Die schlimme Bilanz einer Branche). Doch von den Verlusten erfahren viele Senioren gar nichts, weil sie das Ende ihrer Beteiligung nicht mehr erleben. Immer wieder berichten uns Leser auch von Fällen, bei denen Berater das Vertrauen Älterer ausnutzen und ihnen mit falschen Versprechen viel zu riskante Finanzprodukte verkaufen. Das geht, weil die Berater nur selten Ärger bekommen. Je älter Anleger sind, desto weniger fühlen sie sich den zumeist nervenaufreibenden Schadenersatzprozessen gewachsen. Dabei lohnt es sich Gegenwehr zu leisten, wie unsere Recherchen zeigen.
Das bietet der Finanztest-Artikel
Unsere zahlreichen Fallbeispiele zeigen, wie Provisionen verschwiegen, Risiken verschleiert und Anleger falsch beraten werden. Und wie Betroffene juristisch dagegen vorgehen können. Doch am besten ist es, wenn es gar nicht erst soweit kommt. Im Interview mit Finanztest erklärt Leif Aertel, wie man sich vor Verträgen schützt, deren Inhalt und Folgen man nicht mehr vollständig überblicken kann. Der Fachanwalt für Sozialrecht sagt, wie Angehörige verhindern können, dass Demenzkranke Verträge abschließen, und welche Vorsichtsmaßnahmen Senioren treffen können, wenn sie fürchten, ihre Geschäftsfähigkeit zu verlieren. Zu konkreten Geldanlageangeboten beraten die Verbraucherzentralen. Unsere Tabelle zeigt, wie Sie einen Termin vereinbaren und was eine Rechtsberatung in Anlagefragen bei einer der 16 Verbraucherzentralen ungefähr kostet. Und schließlich erklärt unser Podcast, wie geschlossene Immobilienfonds eigentlich funktionieren.
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Kommentarliste
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@Testdedanke: Dies ist hier nicht der Ort, um für Ihren Fall zu klären, ob sich jemand an Ihrer Finanzierung bereichert hat, bzw. einen ungesetzlichen Vorteil gesichert hat, bzw. sichern wollte. Bitte wenden Sie sich mit einem solchen Begehren an die im Artikel genannten Stellen. (maa)
Kommentar vom Autor gelöscht.
@Testdedanke: Die Kreditbedingungen der KfW sehen mindestens ein tilgungsfreies Anlaufjahr vor. Das heißt: Die erste Rate mit Tilgungsanteil wird frühestens nach einem Jahr fällig. Vorher zahlt der Kreditnehmer nur Zinsen, deshalb verringert sich die Kreditschuld in dieser Zeit nicht. Es handelt sich hier um eine Vorgabe der KfW, die es schon 2005 gab und die von der finanzierenden Bank nicht beeinflusst werden kann. Wir vermuten, dass in Ihrem Fall der Termin des Tilgungsbeginns (und nicht der Auszahlungszeitpunkt!) entsprechend auf den 30.03.2007 festgelegt wurde, was – bei damals vierteljährlicher Ratenzahlung jeweils zum Quartalsende – genau einem tilgungsfreien Anlaufjahr entspricht. (AK)
Kommentar vom Autor gelöscht.
Engagierte Sozialanwälte (wie den genannten) gibt es m.E. wenige, weil sie fast nur mandantenverschuldete Verwaltungs- oder Zivilrechtsklagegründe finden und dann noch auf eine RSV oder (umständliches) PKH-Vorverfahren angewiesen sind. Daher sollte es ab Renten- und Pensionsalter ohne gute Kenntnisse über Geldanlagemodelle und ihre mögl. Rechtsfolgen nicht mehr zu "einsamen" Bankgeschäften von Rentnern etc. kommen. Dazu könnte StiWa etwas beitragen, indem bei allen relevanten Banking-Anlageberichten und -Vorschlägen, die über (fast) zinslose Sichteinlagen hinausgehen, eine Art "Ampel"-Symbol neben die Spaltenüberschrift gesetzt wird: Grün = gut gesichert und unbedenklich, Gelb = nicht ohne vorherige Risikobesprechung mit den möglichen Erben, Rot = nur mit schriftl. Einverständnis der Person(en), die für lfd. Pflege- und alters-/krankheitsbedingte Zusatzkosten (in spe) ggf. aufzukommen hätten, zumeist die Kinder. Merke: schon Fonds brauchen einen mind. zehnjährigen Anlagehorizont...