Traditionelle Frischmilch oder länger haltbare? Testsieger gibt es bei beiden: Sie heißen Hansano, Landliebe und Tuffi. Die Biomilch von dennree enttäuscht.
Es geschah nahezu unbemerkt vor wenigen Jahren. Sie kam, machte sich breit und dominiert inzwischen die Kühlregale: die länger haltbare Frischmilch, auch ESL-Milch genannt. ESL steht für „extended shelf life“, was längere Lebenszeit im Regal bedeutet. Fast zwei Drittel aller frischen Milchen, die in deutschen Einkaufskörben landen, sind heute ESL-Milch. Sie ist rund zwei Wochen länger haltbar als ihre Konkurrentin, die traditionell hergestellte Frischmilch. Die hält sich höchstens zwölf Tage. Trotz dieses praktischen Vorteils gibt es Bedenken gegenüber ESL: Ist das überhaupt noch echte Frischmilch? Wird sie stark erhitzt? Leiden Geschmack und Vitamine? Wie kann ich sie erkennen?
Fettarme hat den größten Marktanteil
All das wollten wir genauer wissen und haben frische Milchen untersucht: traditionell hergestellte und länger haltbare – darunter Klassiker wie Bärenmarke, Landliebe, Weihenstephan sowie Marken von Handelsketten und Discountern. Wir wählten die fettarme Milch, weil sie den größten Marktanteil hat. 1,5 bis 1,8 Prozent Fett muss sie enthalten. Das ist verpflichtend. Keine Milch im Test liegt unter diesen Werten, wie die Laboranalyse zeigt.
Verwirrung in der Frischmilchwelt
Seit die Kennzeichnungsverordnung für Konsummilch 2007 geändert wurde, herrscht Verwirrung in der Frischmilchwelt. Sowohl bei der traditionell hergestellten Frischmilch als auch bei der ESL-Milch taucht der Begriff „pasteurisiert“ auf. Dabei ist bei der traditionellen eine Kurzzeiterhitzung bis zu 75 Grad gemeint, bei der ESL-Milch kann es eine Hocherhitzung auf bis zu 130 Grad sein. Damit Verbraucher im Laden eine Chance haben, die richtige Milch zu finden, rang sich die Industrie 2009 zu einer freiwilligen Regelung durch: „länger haltbar“ steht auf ESL-Milch, „traditionell hergestellt“ auf der anderen. Dass eine hocherhitzte Milch sich Frischmilch nennen darf, ärgert aber viele. Sie ähnelt in der Herstellung der H-Milch (siehe unten). H-Milch wird allerdings noch stärker und für einige Sekunden länger erhitzt.
Drei Sorten Frischmilch im Test
Die Lebenszeit von Frischmilch kann noch auf einem anderen Weg ausgedehnt werden: indem sie vor dem Pasteurisieren mikrofiltriert wird. Bei dem relativ neuen Verfahren der Mikrofiltration werden die Keime über keramische Membranen, die winzige Poren haben, aus der Milch herausgefiltert (siehe Infografik). Im Test konkurrieren also drei Gruppen: zwei Typen ESL-Milch und traditionelle Frischmilch.
Mikrofiltrierte überzeugt am meisten
Ein klarer Gruppensieger lässt sich nicht küren: Sowohl die beiden traditionell hergestellten Milchen Hansano von Hansa-Milch und Landliebe von FrieslandCampina verdienen ein Sehr gut als auch die mikrofiltrierte Milch Tuffi, ebenso von Campina. Und in jeder Gruppe schneidet eine Mehrzahl gut ab. Insgesamt überzeugen aber die mikrofiltrierten ESL-Milchen am meisten. Alle sind schonend mit Wärme behandelt, stehen auch beim Keimgehalt im Punkt Mikrobiologie sehr gut da.
Milfina von Aldi (Süd) stark erhitzt
Viele Verbraucher wünschen sich eine möglichst unbehandelte Milch. Verglichen mit früheren Tests sind die Wärmeverfahren schonender geworden. Nur bei den hocherhitzten ESL-Milchen gibt es noch etwas zu kritteln: Drei schneiden bei der schonenden Wärmebehandlung nur befriedigend ab, Milfina von Aldi (Süd) sogar ausreichend. Sie wurde wohl intensiv erwärmt, wie die Laboranalysen zeigen. Schmecken konnte man das aber nicht. Typisch wäre ein Kochgeschmack.
Weniger Kochgeschmack als gedacht
Kochgeschmack wird vor allem H-Milch zugeschrieben, aber auch länger haltbarer Frischmilch. Im Test stellten die Prüfer nur bei wenigen ESL-Milchen einen leichten Kochgeschmack fest. Wie in unseren Tests üblich verkosteten sie erst am Ende der Haltbarkeitsfrist, und da hat sich der Kochgeschmack oft verflüchtigt. Auch die traditionell hergestellte Milch von Netto Supermarkt hatte einen ganz leichten Kochgeschmack. Verkostungen allein erlauben also keine klare Zuordnung, um welche Art von Frischmilch es sich handelt.
Gleich viel Kalzium und Vitamine
Wie jede andere Milch liefert auch ESL-Milch alles Lebensnotwendige: Eiweiß, Fett und Zucker. Bei Kalzium, das die Knochen stärkt, stellten wir im Vergleich zu herkömmlich pasteurisierter Milch keine Unterschiede fest: Ein Glas mit 200 Milliliter ESL-Milch deckt ein Viertel des Tagesbedarfs eines Erwachsenen. Es liefert durchschnittlich 250 Milligramm Kalzium. Studien des Max-Rubner-Instituts belegen zudem: Was die Vitamine A, D und mehrere B-Vitamine betrifft, schneidet ESL-Milch kaum schlechter ab. Wie der traditionellen Frischmilch gehen auch ihr bei der Erhitzung gut 10 Prozent Vitamine verloren.
dennree schmeckte alt und unrein
Verbraucher erwarten bei jeder Frischmilch einen frischen, natürlichen Geschmack. Dafür sorgen auch Werbefloskeln wie „himmlisch frisch“ oder „unverfälschter Geschmack“. Tatsächlich können sich die Ergebnisse für Aussehen, Geruch, Geschmack und Nachgeschmack sehen lassen: Zwei von drei Milchen schneiden tadellos ab. Sie rochen rein, schmeckten rein und vollmundig. Aus dem Rahmen fielen die traditionell hergestellte Biomilch von dennree und die Hemme-Milch. Der leicht metallische Geschmack bei Hemme kann auf Enzyme zurückgehen. Auffälliger war der alte, unreine Geschmack bei dennree, das sensorische Urteil lautet nur ausreichend. Wo er herkommt, wissen wir nicht. Verdorben war die Milch aber nicht.
Bei dennree kommt hinzu: Wie bei der Biomilch von Alnatura und Brodowin steht nicht auf der Packung, um welche Frischmilch es sich handelt. „Pasteurisiert“ heißt es da nur – das kann traditionelle, aber auch ESL-Milch bedeuten. Besser wäre der Hinweis „traditionell hergestellt“. Auch Schwarzwälder, eine ESL-Milch mit Biosiegel, gibt nicht an, dass sie „länger haltbar“ ist. Im Test gibt es dafür Punktabzug.
Der Bionachweis bei Milch
Dennoch verdient die Schwärzwälder neben den Biomilchen von Berchtesgadener Land und Alnatura die Gesamtnote gut. Biomilch ist heute in deutschen Supermärkten weit verbreitet. Dabei sind gerade mal 1,7 Prozent aller Milchlieferungen in Deutschland Bio. Der Großteil kommt aus Österreich und Dänemark zu uns.
Um festzustellen, ob eine Biomilch wirklich Bio ist, ermittelt man den Gehalt an Alpha-Linolensäure. Je höher der ist, umso mehr Grünfutter bekamen die Kühe, was typisch für die ökologische Tierhaltung ist. Konventionell gehaltene Kühe erhalten mehr Maisfutter, auch das lässt sich messen. Diesen Messungen zufolge waren die Biomilchen im Test tatsächlich Bio.