Fern­kurse Betriebs­wirt­schaft Viel Papier

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Fern­kurse Betriebs­wirt­schaft - Viel Papier

Grund­lagen in Betriebs­wirt­schaft kann man sich gut in einem Fern­lehr­gang aneignen. Sieben von neun Kursen im Test über­zeugten. Unterschiede gab es bei Preis, Dauer und Art der Abschluss­prüfung.

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Hohe Belastung

Über 2000 Seiten Lehr­material plus Einsende­aufgaben landeten in den vergangenen 16 Monaten in Anna Schmidts (Name von der Redak­tion geändert) Brief­kasten. Der Fern­lehr­gang „Betriebs­wirt­schaft für Führungs­kräfte“ an der AFW Wirt­schafts­akademie, der längste in unserem Test, hatte es in sich. „Ich habe Aufwand und Belastung unter­schätzt“, sagt Anna Schmidt heute.

Ein Fern­lehr­gang ist ideal für alle, die sich neben dem Job weiterbilden wollen, doch er bedeutet auch Verzicht. Bei unseren Test­personen waren Frei­zeit­aktivitäten über Monate auf ein Minimum reduziert. Während sie nach Feier­abend Marketing­strategien entwickelten oder am Wochen­ende die Wirt­schaftlich­keit von Unternehmen berechneten, steckten Familie und Freunde zurück.

Trotz der Strapazen zogen am Ende fast alle eine positive Bilanz. Denn Wirt­schafts­wissen ist heute in vielen Jobs gefragt.

Wirt­schaft – bei Fern­schülern beliebt

Das Thema Wirt­schaft ist bei Fern­lernenden mit Abstand das beliebteste. 2010 belegten über 51 000 Personen Kurse in diesem Bereich – das waren etwa ein Viertel aller Fern­lernenden.

Neben Lehr­gängen, die auf akademische Abschlüsse wie Bachelor oder Master vorbereiten, gibt es etliche mit nicht-akademischem Abschluss. Aus diesem Segment hat die Stiftung Warentest neun Grund­lagen­kurse für Quer­einsteiger ausgewählt. Sie dauer­ten zwischen sechs und 16 Monaten. Alle Kurse hat die Staatliche Zentral­stelle für Fern­unter­richt (ZFU) zugelassen.

Ergebnis unseres Tests: Sieben der neun Fern­lehr­gänge boten einen guten Einstieg in die Betriebs­wirt­schafts­lehre (BWL). Am besten schnitt die Europäische Fern­hoch­schule Hamburg ab, die zur Unter­nehmens­gruppe Klett gehört.

Am Tabellen­ende steht der mit 430 Euro güns­tigste Kurs der HFH Hamburger Fern-Hoch­schule, einer gemeinnützigen GmbH. Dort fehlten in den Studien­briefen wichtige Inhalte, doch auch hier reichte es für die Note Befriedigend.

Trockene Texte, knappe Korrekturen

Insgesamt könnten die Anbieter ihren Teilnehmern das monate­lange Lernen etwas leichter machen. Bestes Beispiel sind die Studien­briefe. Sie sind das zentrale Lernmedium beim Fern­unter­richt und kommen per Post oder E-Mail. Inhalt­lich waren sie – außer bei der HFH – gut oder sehr gut. Betriebs­wirt­schaftliche Grund­lagen kann man sich damit also „draufschaffen“.

Leichter und lustvoller ginge das aber, wenn der Lehr­stoff weniger trocken aufbereitet wäre: mehr anschauliche Beispiele, authentische und aktuelle Fälle aus der Wirt­schaft statt grauer Theorie. Auf diese Weise ließe sich das Wissen später auch leichter im Job anwenden.

Auch bei den Korrekturen der Einsende­aufgaben versäumten es die Anbieter, ihre Teilnehmer noch stärker zu moti­vieren, und zwar durch ausführ­liche Rück­meldungen. Diese Mühe machte sich nur der Korrektor beim Testsieger. Sonst bekamen unsere Tester die Aufgaben, die sie parallel zu den Studien­briefen bearbeiteten und zur Korrektur einsandten, oft nur knapp kommentiert zurück: hier und da ein Häkchen oder eine kurze Bemerkung wie „zu allgemein“ oder „sehr schön, weiter so“.

Bis zu 15 Stunden pro Woche

Von selbst meldeten sich die Institute nicht bei den Teilnehmern. Wer Fragen zu den Studien­briefen hatte oder mit einer Einsende­aufgabe nicht klarkam, musste selbst aktiv werden, bekam dann aber meist Hilfe. Oft gab es verschiedene Ansprech­partner für Fachliches und Organisatorisches. Fast über­all blieb es damit auch den Teilnehmern über­lassen, wie und wann sie Studien­briefe und Einsende­aufgaben bearbeiten. Die Anbieter empfahlen lediglich, zwischen fünf und 15 Stunden pro Woche fürs Lernen einzuplanen. Aus der Reihe fiel der Kurs bei IWW: Dort gab es Fristen für die Abgabe der Aufgaben. Unserer Test­person war der straffe Zeitplan nur recht: „Der Druck war gut, nur die Urlaubs­planung dadurch schwierig.“

Nur drei Angebote mit Präsenz­tagen

Was vielen unserer Test­personen fehlte: der Austausch mit Mitstreitern. Nur bei drei Fern­lehr­instituten im Test gab es begleitenden Präsen­zunter­richt. Dabei kann dieser die Motivation der Fern­schüler enorm steigern. „Der regel­mäßige Austausch mit Teilnehmern und Dozenten hat mir geholfen, am Ball zu bleiben“, sagte unsere Test­person bei IWW, die dort alle acht freiwil­ligen Präsenztage besucht hatte.

Eine weitere Möglich­keit, sich mit anderen auszutauschen, können Online­studien­zentren mit Chats und Foren bieten. Diese Art der Kommunikation unter­einander ermöglichten am ehesten die Platt­formen der Europäischen Fern­hoch­schule Hamburg und der HAF. Auch deshalb schnitten beide in diesem Prüf­punkt sehr gut ab. Häufig wurden die Online­studien­zentren auch für die Kurs­verwaltung einge­setzt – es gab dann weiteres Lehr­material zum Herunter­laden oder Über­sichten über Noten. Das Lernen unterstützten sie aber meist nicht. Die Möglich­keit, E-Learning in den Kurs zu integrieren, nutzte kaum ein Anbieter. Wikis, Blogs, Simulationen oder auch Plan­spiele suchten wir vergebens.

Studien­briefe viermal fast identisch

Neben dem Testsieger gehören vier weitere Anbieter zur Unter­nehmens­gruppe Klett, und zwar HAF, SGD, ILS und die Fern­akademie für Erwachsenen­bildung. Diese vier boten fast identische Studien­briefe, unterschieden sich aber zum Beispiel in der Beratung vor der Buchung.

Abschluss­prüfung kein Muss

Was den Kurs­abschluss betrifft, waren die Anforderungen der Fern­lehr­institute sehr unterschiedlich. Für eine Teil­nahme­bescheinigung genügte es meist, einen Teil oder alle Einsende­aufgaben zu bearbeiten. Wer einen zusätzlichen Leistungs­nach­weis wollte, den die Anbieter mal Zeugnis, mal Zertifikat oder Diplom nennen, musste bei AFW, IWW und HFH eine Klausur unter Aufsicht schreiben. HAF, SGD und ILS boten statt­dessen eine Heim­prüfung an – der Teilnehmer bearbeitet dann die Prüfungs­aufgaben zuhause. Art der Prüfung und Note zeigt der Leistungs­nach­weis.

Erfreulich: Die Vertrags­bedingungen hatten meist keine oder sehr geringe Mängel. Nur bei AFW entdeckten wir Verstöße gegen das sogenannte AGB-Recht (siehe So haben wir getestet). Das test-Qualitäts­urteil wurde deshalb um eine halbe Note abge­wertet. Der Anbieter behielt sich zum Beispiel vor, Termine sowie Zeit und Ort des Präsen­zunter­richts pauschal zu ändern. So etwas ist nicht in Ordnung.

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