Liniendienste werben mit günstigen Preisen um Passagiere für die Langstrecke. Wie pünktlich, komfortabel und sicher sind sie? Neun große Anbieter im Test.
Testergebnisse für 9 Fernbuslinien 07/2014
Von Berlin nach Hamburg für 8 Euro, von Köln nach München für 19 – eine Fahrt mit dem Fernbus ist unschlagbar preiswert. Zeit müssen die Reisenden allerdings mitbringen. Der Bus ist meist viel länger unterwegs als etwa die Bahn. So dauert die Busfahrt von Köln nach München rund acht Stunden. Mit der Bahn ist der Fahrgast schon nach viereinhalb Stunden am Ziel. Dafür kostet das Bahnticket 95 Euro – sofern er einen Sparpreis ergattert.
Seit Januar 2013 dürfen Fernbusse in Deutschland nach einer Gesetzesänderung auch auf Strecken fahren, die mit der Bahn konkurrieren. Seither hat die Branche rasant Fahrt aufgenommen. Konnten Reisende im Januar 2013 aus 86 innerdeutschen Fernbuslinien wählen, waren es im März 2014 schon 247. Etwa 50 Anbieter tummeln sich auf dem Wachstumsmarkt, 5 von ihnen haben ein ausgedehntes Streckennetz aufgebaut.
Flixbus fährt vorn

© Anbieter
Um zu prüfen, was der neue Mobilitätsservice taugt, haben unsere Tester neun überregional bedeutsame Fernbusanbieter untersucht. Sie haben Tickets gebucht und storniert, sind kreuz und quer durchs Land gefahren, mit jedem der Anbieter zehnmal. Das Ergebnis ist erfreulich. Das Urteil für die Testfahrten lautet bei allen geprüften Fernbuslinien mindestens gut. Die Busse sind bequem, pünktlich, der Service ist ordentlich. Auch bei der Verbindungssuche, beim Buchen und Stornieren treten nur gelegentlich Schwächen auf. Als Sieger fährt das 2011 in München gegründete Unternehmen Flixbus aus dem Test, gefolgt von ADAC Postbus, Berlin Linien Bus, IC Bus – alle auf Platz zwei.
Also alles in bester Ordnung? Nicht ganz. Da wären noch die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die das Vertragsverhältnis zwischen Busunternehmen und Fahrgast regeln. Noch bis vor ein paar Monaten waren sie bei den meisten Anbietern alles andere als fair. Erst unter juristischem Druck haben die Firmen ihre Bedingungen geändert AGB: Faire Klauseln erst nach Abmahnungen.
Der Preiswettbewerb ist hart

Papierlos. Das Ticket auf dem Handy. © Thinkstock, Anbieter (M)
Den Wettbewerb tragen die Unternehmen hauptsächlich über den Preis aus. Schwer vorstellbar, dass sie bei Preisen von häufig 9 bis 20 Euro pro Strecke Gewinne einfahren können. Und oft sind die Busse nicht einmal halb voll. Die großen Rennstrecken, wie etwa Berlin–Köln oder München–Frankfurt/Main, werden von mindestens fünf Anbietern parallel betrieben. Das ist schierer Überfluss. Um eine Marktbereinigung wird die junge Branche mittelfristig nicht herumkommen. Für den Verbraucher könnten die Tickets dann aber teurer werden.
Der Bus gilt als eines der sichersten Verkehrsmittel. Weniger als 0,1 Prozent aller 2012 tödlich verunglückten Verkehrsteilnehmer waren Bus-Insassen, so das Statistische Bundesamt. Annähernd 50 Prozent der Todesopfer im Straßenverkehr waren Autofahrer und Mitfahrer.

Service. Snacks und Getränke, kostenloses WLan, eine Toilette und bequeme Sitze sind bei fast allen getesteten Anbietern Standard. © Anbieter
Linienbusse werden streng kontrolliert. Sie müssen jährlich zur Hauptuntersuchung, ab dem zweiten Jahr der Zulassung zusätzlich zur Sicherheitsprüfung. Nach dem dritten Jahr erfolgt diese Prüfung vierteljährlich. Moderne Fernbusse sind unter anderem mit drei unabhängig voneinander wirkenden Bremssystemen, Antiblockiersystem, Antischlupfregelung und Tempobegrenzer ausgestattet.
Für Busfahrer, deren Führerschein alle fünf Jahre verlängert werden muss, gelten strenge Lenk- und Ruhezeiten. So muss der Fahrer nach einer Lenkdauer von viereinhalb Stunden eine 45-minütige Pause einlegen. Um die Fahrtdauer in Grenzen zu halten, setzen viele Unternehmen auf langen Strecken zwei Fahrer ein.
Manche Fahrer sind abgelenkt

Gepäcktransport. Die Busfahrer helfen beim Verstauen der Koffer. Bei den meisten Anbietern sind ein oder zwei Koffer im Preis enthalten. © Anbieter
Unsere Tester sahen sich Zustand und Ausstattung der Busse genau an. Sie kontrollierten, ob Prüfplaketten aktuell waren, und sie beobachteten die Fahrer. An den oft recht neuen Bussen gab es kaum etwas auszusetzen. Die Fahrer waren aber mitunter durch den Verkauf von Snacks und Getränken abgelenkt oder durch Telefonieren.
Bei City2city fiel eine teilweise recht aggressive Fahrweise negativ auf. Auf den meisten Fahrten hatten die Testpassagiere trotzdem ein gutes subjektives Sicherheitsempfinden.
Beengte WC-Kabinen

ADAC Postbus. Bei Ausstattung und Service vorn. © Anbieter
Ausstattung und Service sind bei den meisten getesteten Linien gut. Dein Bus und Eurolines fallen etwas ab, da sie zum Teil mit älteren Bussen unterwegs sind, bei denen nicht alles in Ordnung war. Zum Beispiel war die Inneneinrichtung mitunter etwas abgenutzt, Klapptische beschädigt und der Geruch unangenehm.
Positiv fallen die ADAC Postbusse auf. Das Unternehmen arbeitet wie alle großen Anbieter mit mittelständischen Firmen zusammen, aber alle fahren nur mit zwei speziellen Busmodellen. Die gelben Busse sind mit Drei-Punkt-Sicherheitsgurten ausgestattet und die Toilette befindet sich leicht zugänglich im Heck. In anderen Bussen ist es für ältere und große Fahrgäste eine Tortur, über die steile Treppe am Mitteleingang in die beengte WC-Kabine zu gelangen.
Meist pünktlich

Einstieg. Fernbusse sind beliebt, vor allem bei den Jüngeren. Am Wochenende kann es auf beliebten Rennstrecken voll werden. © Anbieter
Um die Pünktlichkeit zu prüfen, haben wir zusätzlich zu den zehn Fahrten an Busbahnhöfen in Berlin, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München die An- und Abfahrtzeiten gecheckt. So konnten wir für jeden Anbieter 40 Fälle auswerten. Das Ergebnis ist erfreulich gut. 80 Prozent aller Busse waren pünktlich. Sie haben den Fahrplan mit einer Toleranz von fünf Minuten eingehalten. Verspätungen von mehr als 30 Minuten betrafen nur 12 der 360 überprüften Fahrten. Das sind nur rund 3 Prozent.
Fernbusse sind oft lange unterwegs. Mithilfe des kostenlosen WLan kann sich der Fahrgast die Zeit mit Internetsurfen vertreiben. Allerdings war es auf den Testfahrten nicht immer verfügbar. Einen besonderen Service bietet der ADAC Postbus. Über eine App können die Kunden ihr individuelles Unterhaltungsprogramm mit Filmen, Serien und Musik zusammenstellen und während der Fahrt auf ihrem Handy oder Tablet sehen und hören.
-
- In Bus, Flugzeug und Bahn können Urlauber ihr Rad mitnehmen. Das Bedarf allerdings oft früher Planung. Auch der Versand eines Fahrrads ist machbar.
-
- Eine Umfrage in elf Ländern zeigt, dass viele Menschen aus Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus Busse und Bahnen meiden. Dafür fahren deutlich mehr Menschen...
-
- Kurvige Straßen und turbulente Flüge können die Urlaubsreise verleiden. Die Stiftung Warentest nennt Mittel, mit denen sich Schwindel und Brechreiz vorbeugen lässt.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@jubaberlin: Der Sitzabstand war nicht Gegenstand der Untersuchung. Er wurde nicht geprüft, da die Anbieter (mit Ausnahme des ADAC Postbus) keine einheitlichen Busmodelle benutzen und so keine verlässliche Aussage hätte getroffen werden können. Es werden keine speziellen Busse für diesen Fernlinienverkehr hergestellt, sondern es kommen Standardreisebusse zum Einsatz. Insofern gilt Ihre Klage für den Reisebusmarkt generell. Wir können ggf. bei einem weiteren Test darauf eingehen und die gängigen Abstände nennen. (Se)
... ist eine meiner Meinung nach wesentlich Info bezüglich Komfort: Nämlich der Sitzabstand. Es sind nun mal manche Menschen größer als andere und bei stundenlangen Fahrten (mit wesentlich weniger Möglichkeiten aufzustehen als im Hauptkonkurrenten Bahn) ist der Sitzabstand ein wesentliches Kriterium. U.a. bekommt man darüber bei Vergleichen von Fluglinien meistens etwas raus. Dass die Stiftung WT dazu überhaupt nichts schreibt finde ich schon sehr schwach und erstaunlich wenig vom Nutzer her gedacht. Oder hab ich da was übersehen/überlesen?! Wenn nicht: Dann gäbs für mich für diesen Test nur die Bewertung "ausreichend"; fehlende Info zum Sitzabstand führt zur Abwertung...
@solitude: Wir haben den Stornierungsvorgang überprüft und bewertet, das Ergebnis wurde in dem Prüfpunkt "Buchung" berücksichtigt. Unter anderem haben wir überprüft, ob die Stornierungskosten den Vorab-Informationen entsprachen, siehe auch Details im Infokasten "So haben wir getestet". (spl)
Ich finde es schade, dass ein Kriterium für Kundenfreundlichkeit in diesem Test so schwer überprüfbar ist, weil man es erst nach einigen Klicks entdeckt (wenn man danach sucht): Die Bedingungen für Umbuchung bzw. Stornierung einer Fahrt. Während etwa der "Testsieger" Flixbus dafür mindestens 3 € berechnet und der ADAC-Postbus mindestens 5 €, ist dasselbe bei Meinfernbus gratis, wenn man sich den Fahrpreis als Online-Gutschein (12 Monate gültig) gutschreiben lässt. Die Bedingungen findet man erst in der jeweiligen Einzelkritik des Anbieters und wenn ich mir die Platzierung der Anbieter anschaue, frage ich mich, ob dieses Kriterium überhaupt in die Endnote eingegangen ist. Ein deutlicher Hinweis wäre wünschenswert.
Ein Problem bei vielen Anbietern ist das Telefonieren der Busfahrer während der Fahrt: Einige nutzen dafür eine Freisprecheinrichtung, andere aber nicht. Hier sind die Anbieter gefragt, ihren Fahrern die entsprechende Technik zur Verfügung zu stellen
Seit kurzem bietet meinfernbus.de den Transport von Falträdern nur noch zum Fahrradaufpreis an. Obwohl mein Faltrad zusamgeklappt, in einer Tasche sicher verstaut, nicht die Gepäckmaße übersteigt, wurde in allen Fernbussen ein Aufpreis in Höhe der Standardfahrradgebühr verlangt, wobei der Transport doch um einiges weniger Aufwand und Platz erfordert.
Da hat die Bahn noch etwas vorraus.