
Grün fährt voran. Flixbus beherrscht mit einem Anteil von etwa 80 Prozent den deutschen Fernbusmarkt.
Rund 20 Millionen Passagiere fuhren 2015 mit dem Fernbus. Die Tickets sind günstig, die Fahrzeiten oft lang. Während des Tests hat sich der Markt gründlich verändert.
Der offensichtlich gut gelaunte Flixbus-Fahrer geht durch den Gang des Busses und informiert augenzwinkernd seine Gäste: „Schnallen Sie sich an und verhalten Sie sich bitte ruhig. Manche wollen schlafen, zum Beispiel ich da vorn.“ Ein breites Grinsen überzieht sein Gesicht. „Hier unten ist die Toilette. Eigentlich nur für den Notfall und bitte kein großes Geschäft. Dann blinken hier alle Lampen an Bord.“ Wieder das breite Grinsen. „Bei mir können Sie Getränke bekommen – aber nur Alkoholisches – nein, war ein Spaß. Wasser, Cola und so etwas.“ Alle lachen und gehen beschwingt auf die Fernreise.
Nicht alle Fernbusfahrer sind so gut gelaunt unterwegs. Auf unseren Testfahrten begegnen uns auch einige verschlossene und weniger freundliche Fahrer. Und manche sprechen kaum Deutsch.
Fast vier Jahre nach der Liberalisierung des Fernbusmarktes haben wir sieben Anbieter unter die Lupe genommen. Wir wollten unter anderem wissen: Wie einfach lassen sich die Tickets buchen? Wie steht es um Service, Komfort und Pünktlichkeit auf den Fahrten?
Drei Kandidaten abhandengekommen

Einstieg. Wenn der Bus gut gebucht ist, kann es beim Einstieg eng werden. Der Fahrer checkt jeden Gast ein.
Auf dem deutschen Fernbusmarkt findet eine atemberaubende Konzentration statt. So sind uns während des Tests gleich drei Kandidaten abhandengekommen. Zuerst gab der britische Billiganbieter Megabus auf, der Fahrkarten ab 1,50 Euro verkaufte. Etwas später folgte der ambitionierte Postbus, der ein Jahr nach dem Start seinen Partner ADAC verlor. Beide Anbieter hat inzwischen der Marktführer Flixbus übernommen. Der aus der Fusion von MeinFernbus und Flixbus hervorgegangene Gigant auf der Bus-Fernstrecke hat seinen Marktanteil durch die Zukäufe auf rund 80 Prozent gesteigert.
Flixbus wird seine Macht wahrscheinlich noch weiter ausbauen. Mitte September gab die Deutsche Bahn bekannt, dass der zu ihr gehörende BerlinLinienbus vom Markt verschwindet. Schon für Termine im November sind bei BerlinLinienBus keine Tickets mehr buchbar.
Die Ergebnisse unserer Untersuchung für die verbliebenen Busanbieter stellen wir für das Buchen, Stornieren und Fahren in den Kommentaren dar. Dass sich Qualität nicht immer durchsetzt, zeigt Postbus. Er hinterließ im Prüfpunkt Fahren den besten Eindruck, die gelben Busse werden aber bald von den Straßen verschwinden.
Flixbus kontra Bahn
Die großen Fernbusunternehmen, so die eigenen Aussagen, haben bisher keine Gewinne eingefahren. Kein Wunder bei den niedrigen Preisen und der zum Teil sehr geringen Auslastung der Busse. Das könnte sich jetzt ändern. Da es zu Flixbus auf vielen Strecken keine Alternative mehr gibt, werden die Busse wohl voller und die Preise für die Tickets möglicherweise etwas steigen. Groß wird die Anhebung wohl nicht sein. Schließlich konkurriert der Fernbus weiterhin mit der deutlich schnelleren Bahn, die mit attraktiven Sparpreisen lockt.
Bis zu 15 Stunden unterwegs

Gratis-WLan. Theoretisch bieten es fast alle Fernbusse an. Es funktioniert aber bei Weitem nicht immer.
Den Erfolg einer Fernbusfahrt bestimmt zum großen Teil der Busfahrer. Die Kapitäne haben keinen leichten Job und oft einen langen Arbeitstag. Sie müssen die Passagiere einchecken, Gepäck und Fahrräder verstauen, die Gäste informieren, Snacks und Getränke verkaufen – und natürlich fahren. Das bedeutet hohe Konzentration über mehrere Stunden, auch wenn die modernen Busse mit vielen Assistenzsystemen ausgestattet sind. Und am Ziel hat der Fahrer noch lange nicht Feierabend. Die Gewerkschaft Verdi klagt, dass es nicht fair sei, wenn „Waschen, Tanken, Putzen nicht als Arbeitszeit gerechnet und nicht bezahlt werden“. So kämen zur maximal zulässigen täglichen Lenkzeit von 9 Stunden mindestens 1,5 Stunden für weitere Arbeiten hinzu. Die Fahrer seien nicht selten 13 oder sogar 15 Stunden unterwegs. Eine EU-Verordnung legt die Lenk- und Ruhezeiten penibel fest. Nach 4,5 Stunden Lenkzeit muss der Fahrer zum Beispiel eine 45-minütige Ruhepause einlegen. Doch Staus und Fahrten zur Übernahme eines Busses können den Arbeitstag erheblich verlängern.
Immer mehr Busse aus dem Ausland
Die Firmen müssen sparen. Deshalb sitzen immer häufiger ausländische Fahrer in den Fernbussen. Die fahren nicht schlechter als die deutschen, die Servicequalität leidet aber mitunter aufgrund der schlechten Sprachkenntnisse.
Nicht nur die Fahrer, auch die Fahrzeuge kommen immer öfter aus dem Ausland. Die getesteten Fernbusanbieter besitzen selbst keine Busse. Sie sorgen für den einheitlichen Markenauftritt, die Linienplanung und Preisgestaltung, das Marketing und die Buchung. Die Fahrten führen regionale Buspartner durch. So kooperiert Flixbus mit über 140 Busunternehmen.
Die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten wird unter anderem vom Bundesamt für Güterverkehr kontrolliert. 2014 lag die Quote der Beanstandungen mit knapp 15 Prozent unter der des gesamten Personenverkehrs. Im ersten Halbjahr 2015ist sie deutlich angestiegen – auf 27 Prozent. Deutsche Fernbusse schnitten etwas schlechter ab als die aus dem Ausland. Nicht korrekte Arbeitszeitnachweise monierte das Bundesamt fast nur bei deutschen Bussen.
Fahrer telefonieren am Steuer
Auf den Testfahrten, für die wir möglichst lange Strecken ausgesucht haben, waren die Lenk- und Ruhezeiten nicht zu beanstanden. Bei Fahrten mit mehr als 4,5 Stunden Dauer waren oft zwei Fahrer an Bord, die sich abwechselten. Sonst wurden die Ruhezeiten, soweit die Tester das beurteilen konnten, immer eingehalten.
Das Verhalten der Fahrer irritierte aber mitunter. So telefonierten einige Chauffeure während der Fahrt mit dem Handy ohne Freisprecheinrichtung. Das ist nicht nur verboten, sondern sehr gefährlich. Alle Fernbusse sollten selbstverständlich mit einer Freisprecheinrichtung ausgestattet sein.
Den technischen Zustand der Fahrzeuge konnten wir naturgemäß nur begrenzt bewerten. Die Tester beurteilten lediglich den äußeren Zustand der Busse. Da gab es wenige Beanstandungen. Auch die Prüfplaketten waren immer aktuell. Die konnten wir aber nur bei den deutschen Bussen überprüfen. Die Zulassung ausländischer Fahrzeuge unterliegt den Bestimmungen des jeweiligen Heimatlandes.
Busse sind sicherer als Autos
„Busse sind sehr sichere Verkehrsmittel“, bestätigte der Tüv bei der Vorstellung des Busreports 2015. Rund zwei Drittel der Busse erwiesen sich bei der jährlichen Hauptuntersuchung als mängelfrei. Bei 18,5 Prozent stellte der Tüv aber erhebliche Mängel fest, sodass sie noch einmal vorfahren mussten. Zum Vergleich: Bei Autos betraf das 23,5 Prozent, bei Nutzfahrzeugen 25,3 Prozent. Neben der Hauptuntersuchung müssen Busse noch viermal jährlich zu einer Sicherheitsprüfung.
Bahn mit weniger Feinstaub
Sind Fernbusse umweltfreundlich? Genaue Daten hat das Umweltbundesamt dazu noch nicht. So viel sei aber sicher: „Bei Emissionen wie Feinstaub und Stickoxiden steht der Reisebus – und mit hoher Sicherheit auch der Fernbus – schlechter da als die Bahn.“ Der Bus ist viermal gesundheitsschädlicher als die Bahn, besonders in den Städten. Sicher ist aber, so das Umweltbundesamt: Bus und Bahn sind deutlich umweltfreundlicher als Auto und Flugzeug – vor allem wenn sie gut besetzt sind.
Schlecht bezahlt
Der Fernbus wird seinen Siegeszug wohl fortsetzen. Die verbliebenen Anbieter sollten ihr Angebot aber verbessern, beispielsweise bei der Sauberkeit und beim Service. So ist zum Beispiel das Gratis-Internet viel zu häufig ein leeres Versprechen.
Und bei der Sicherheit darf es selbstverständlich keine Abstriche geben. Dazu gehören motivierte und gut bezahlte Fahrer. Auf die Frage, ob er nicht einen sehr anstrengenden Job hätte, sagte der eingangs zitierte Busfahrer: „Ach, so schlimm ist das nicht. Wird allerdings schlecht bezahlt. Das ist der einzige Nachteil.“